Vorn

[1283] Vorn, ein Nebenwort des Ortes, an dem ersten oder vordersten Ort, an dem vordersten Theile eines Dinges, ingleichen im Accusativ an den vordersten Ort oder Theil; im Gegensatze des hinten. Vorn ist das Haus neu; hinten alt, am Vordertheile. Ich ging vorn hinein und hinten wieder hinaus. Die Spitze vorn abbrechen. Ein Pferd vorn und hinten beschlagen. Vorn lecken und hinten kratzen.

Ingleichen mit einigen Vorwörtern. Von vorn. Er kommt von vorn, von dem Vordertheile. So bald ich ihn von vorn erblickte, von dem Vordertheile. Nach vorn zu gehen.

Vorn wird für sich allein und ohne Vorwort, so wie dessen Gegensatz hinten, nur im Stande der Ruhe gebraucht, oder doch, wenn die Bewegung oder Handlung, als im Stande der Ruhe gedacht wird. Sie lagerten sich vorn an der Wüsten, 2 Mos. 13, 20. Und sollt es heften vornen (vorn) an den Hut, Kap. 28, 37. Fallen ihm die Haare vornen (vorn) am Haupt aus, 3 Mos. 13, 41. Vorn sitzen, wohnen, liegen. Ist aber die Bewegung nach vorn zu gerichtet, so gebraucht man entweder vor, besonders in Zusammensetzungen, welches dem hinter entgegen stehet, vorlaufen, voreilen u.s.f. oder in manchen Fällen auch voran, voraus, vorher. Voran laufen[1283] Das biblische vorn an, vorne an, vornen an, und vorne vor, für voran, ist im Hochdeutschen veraltet. Sie sollen vorn an ziehen, 4 Mos. 2, 9. Und die vorne vor gingen, Marc. 11, 9. Eben so ungewöhnlich sind folgende Arten des Gebrauches: du sollt es gegen den Gnadenstuhl sprengen vornen an, 3 Mos. 16, 14; vorn an den Gnadenstuhl. Vornen an auf allen Gassen bautest du Altäre, Ezech. 16, 25; für vorn allein.

Anm. Vorn ist aus vor und der adverbischen Endung -en zusammen gezogen, vermittelst welcher auch hinten, oben, unten u.s.f. gebildet sind; voren, zusammen gezogen vorn. Es ist daher unnöthig, ja fehlerhaft, dieses en noch einmahl daran zu hängen, und vornen zu sprechen. Vorne hat gar keine Analogie, indem auch für das e euphonicum kein Grund vorhanden ist. Beyde Formen kommen indessen im gemeinen Leben, in der Deutschen Bibel und bey noch ältern Schriftstellern, z.B. im Schwabenspiegel, häufig vor, die erste vornan, vorn an, lautet. Vorne schloß ein Gitterchen unser Haus, sagt selbst noch Geßner.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1283-1284.
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