Zahm

[1647] Zahm, -er, -ste, adj. & adv. der Wildheit beraubt, durch Cultur unschädlich, gesellig, folgsam gemacht; im Gegensatze des wild. 1. Eigentlich von Thieren. Zahme Thiere. Ein Thier zahm machen. Zahmes Geflügel. So zahm als ein Lamm. Zahme Bienen, welche von Menschen gepfleget und gewartet werden, im Gegensatze der wilden. Zahme Fische, welche in Teichen gepfleget werden, zum Unterschiede von den wilden; daher die zahme Fischerey, im Gegensatze der wilden. 2. In weiterer Bedeutung. (a) Von Menschen, biegsam, folgsam. Eine freundliche Miene macht ihn so zahm, wie ein Lamm. (b) Von Gewächsen, durch menschlichen Fleiß gebauet, auch im Gegensatze des wild. Zahme Hölzer. Nach einer noch weitern Figur sind im Hüttenbaue zahme Erze, welche sich auf die bereits bekannte Art schmelzen lassen; im Gegensatze der wilden. Im Oberdeutschen bedeutet es auch so viel als bewohnt: ein zahmes Land, ein bewohntes.

Anm. Schon bey dem Notker u.s.f. zam, im Nieders. taam, tamm, im Angels. und Engl. tame, im Schwed. und Möso-Goth. tam. Bey einem so alten Wurzelworte läßt sich die erste eigentliche Bedeutung nur vermuthen. Wachter, Frisch und andere halten es für einen Verwandten von Zaum; aber es kann auch der Begriff des Schweigens der Stammbegriff seyn, da es denn zu dem Hebräischen דמם sowohl schweigen, als gebändigt werden, gehören würde. Erwäget man, daß für zahm in vielen Gegenden auch heimlich üblich ist, von Heim, Haus, so hat auch die Vermuthung ihre Wahrscheinlichkeit, daß zahm ein Verwandter von Domus, das Haus, ist, weil zahme Thiere und Hausthiere in vielen Fällen gleich bedeutend sind. Übrigens sind das Griech. δάμάν, zähmen, das Lat. domare, und vielleicht auch Dominus genau damit verwandt. Im Nieders. ist Täms, Ruhe, Friede.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1647.
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