Zeter

[1694] Zeter, ein sehr alter Ausruf sowohl des höchsten Schmerzens, der höchsten Gewalt, als auch eines geringern Grades des Unwillens. Im ersten Falle wird es noch an manchen Orten bey peinlichen Prozessen gebraucht, wo bey der Verurtheilung eines Mörders eine von der Obrigkeit verordnete Person im Nahmen des Ermordeten über die erlittene Gewalt öffentlich Zeter schreyen muß, daher diese Person der Zeterschreyer, und an manchen Orten der Blutschreyer genannt wird. Zeter über jemand schreyen, aus Verzweifelung über die von ihm erlittene Gewalt schreyen. Im letztern Falle ist dieses Wort noch unter dem großen Haufen üblich, wo es nicht nur in geringen Graden des Unmuths, der Verwunderung u.s.f. gebraucht wird, Zeter über den Menschen! sondern auch in vielen Zusammensetzungen üblich ist: ein Zeterjunge, ein boshafter, leichtfertiger Junge, ein Zetermädchen, ein Zeterding u.s.f.

Anm. Das Wort ist in Obersachsen und Oberdeutschland am üblichsten; in Niedersachsen kennet man es hin und wieder auch, aber in manchen Gegenden ist dafür Jodutte üblich. S. dasselbe. Wachters, Frischens und anderer Ableitung von dem Lateinischen citatur hat nichts, als die zufällige Ähnlichkeit des Klanges, und nicht einmahl eine Ähnlichkeit der Begriffe zum Grunde. Das gerichtliche Zeterschreyen geschiehet ja nicht in der Absicht, den Mörder zu citiren, sondern bey der Verurtheilung eines Mörders, die von ihm dem Ermordeten zugefügte Gewalt desto sinnlicher zu machen. Der Zeterschreyer scheint die Stelle des Bluträchers der ältern Völker zu vertreten. Zeter scheint vielmehr ein alter Ausruf des rohen Volkes zu seyn, eine Interjection ohne Sinn, oder auch eine Verstümmelung eines jetzt unbekannten verständlichen Wortes. Die Schreibart Zetter ist wider die Aussprache, indem das erste e jederzeit gedehnet wird.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1694.
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