Das Schachspiel

[70] Das Schachspiel. Dieses so bekannte als scharfsinnige Bretspiel, über dessen Erfindung so vielerlei Meinungen herrschen, hat wohl ohne allen Zweifel den Morgenländern und am wahrscheinlichsten den Indianern seine Entstehung zu verdanken. Ein Indianischer König theilte es in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts dem Persischen König Cosroes mit; von den Persern kam es zu den Arabern und von diesen nach Spanien. Zur Zeit der Kreuzzüge, besonders im zwölften Jahrhundert, ward es durch die Araber erst noch bekannter in Europa und besonders auch in Italien, wo es verschiedene Abänderungen in Ansehung der Namen – z. B. daß der General (Ferz) in die Königin, der Elephant in einen Thurm, der Laufer in einen Narren verwandelt wurde – erlitt. In den Deutschen poetischen Ritterromanen von der Tafelrunde wird denn auch zuerst des Schachspiels erwähnt; und in einem Dorfe, Ströpke, zwischen Braunschweig und Halberstadt, haben die Bauern von jeher den Ruf geschickter Schachspieler gehabt. – Man hat aber hauptsächlich dreierlei Arten dieses Schachspiels, nehmlich 1) das kleine oder alte, das mit 16 Steinen auf einer Tafel von 64 Feldern, 2) das neue oder große Schachspiel, auch das Courierspiel genannt, wo auf einer Tafel von 96 Feldern mit 24 Steinen (worunter vier Couriers sich befinden) und endlich 3) das Welsche (das in Italien seine Gestalt erhalten hat), welches bei uns in allen feinen Gesellschaften gespielt wird. – Die Steine bei dem Schachspiele sind bekannter Maßen gebildete Figuren, welche lauter Kriegspersonen der Morgenländischen Völker vorstellen, z. B. der Schach (Fürst oder Herr), bei uns der König; der Pharz oder Ferz (Feldherr), bei uns die Königin; Pil (der Laufer, bei den Franzosen der Narr); der Cavalier oder Springer; Roch (bei den Morgenländern ein Kamehl oder Dromedar), bei uns ein Thurm oder Elephant etc. Ueber den Rösselsprung im Schachspiel s. diesen Art. – Von dem so beruhmt gewordenen[70] Schachspieler des Herrn von Kempelen s. den Art. Automat.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 70-71.
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