Der Zwischenact

[497] Der Zwischenact ist eigentlich die Zeit, welche zwischen zwei Aufzügen bei einem Drama verstreicht, und während welcher der Zuschauer von der Handlung nichts zu sehen bekommt. Diesen Zwischenraum füllt bekannter Maßen in unsern Schauspielen das Orchester durch eine Sinfonie, oder einen andern, längern oder kürzern Satz aus, welches die Franzosen Entreacte nennen. Daß durch solche beträchtliche Zwischenzeiten sehr oft der Eindruck des Ganzen geschwächt wird, ist wohl nicht zu bezweifeln, indem der Zuschauer meistentbeils mit ganz fremden, das Schauspiel nicht angehenden Dingen – gesetzt auch, daß die dazwischen aufgeführte Musik, welches häufig nicht der Fall ist, passend sein sollte – beschäftiget wird. Dennoch läßt sich eine dergleichen Pause in einem besonders lang hinausgeführten Stücke wohl noch entschuldigen, obgleich hierin die Einrichtung des alten, besonders des Griechischen, Schauspiels ganz von der unsrigen abgeht, wo die Zwischenzeit, in welcher die Handlung wirklich stillstand, von dem Chor, welcher die Zuschauer mit Gegenständen, zur Handlung selbst gehörig, unterhielt, ausgefüllt wurde – weil dann vielleicht theils der Ermüdung der Zuschauer vorgebeugt wird, theils die Aufmerksamkeit des Zuschauers wieder eine neue Spannung erhält. Allein ganz verwerflich war nun wohl die zu einer Zeit sehr beliebte Manier der so genannten Zwischenspiele oder Intermezzi, wo eine ganz von der Haupthandlung verschiedene und diese gar nicht angehende Handlung zwischen den Acten vorgestellt wurde (s. den Art. Intermezzi, Th. II. S. 235.); eben so verhält sichs auch mit den auch jetzt noch bei großen Opern gewöhnlichen Ballets, welche die Zwischen - Acte ausfüllen, aber die Aufmerksamkeit zu sehr von der Haupthandlung abziehen, als daß sie von Freunden dramatischer Einheit und Wahrheit gebilliget werden könnten, so sehr auch Mode und Herkommen diese überschreien mögen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 497.
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