Der Orang Outang

[170] Der Orang Outang (Malayisch: so viel als Waldmensch), eine der bekanntesten Affengattungen, welche dem Menschen in vielen Stücken ähneln: sie gehen gewöhnlich auf 2 Beinen, aber mit gebogenen Knieen, an einem Stocke, der ihnen statt Waffe dient; sind am ganzen Leibe, außer am Gesichte an Ohren und Händen, haaricht und von rothbrauner Farbe. Es giebt ihrer zweierlei Arten, nemlich den Jocko (Satyrus), welcher vorzüglich auf Borneo zu Hause, ungefähr 2 bis 4 Fuß lang, sanft, leicht zu zähmen und zu manchen häuslichen Geschäften abzurichten ist, auch sich durch schlankeren Wuchs, kleineren [170] Kopf und ganz andre Gesichtsbildung von dem andern, dem Pongo (Simia Troglodytes) auszeichnet, welcher letztere zwar ein menschlicheres Ansehen hat, aber weit wilder und stärker, als jener, ist. Er, welcher wohl 6 Fuß hoch wird, wohnt im innern Afrika (daher er auch der Afrikanische Waldmensch heißt) und besonders in Angola und Congo. Diese Geschöpfe halten sich in den dicksten Wäldern auf, setzen sich öfters zu den Feuer anzündenden Negern, greifen wohl diese und selbst die Elephanten haufenweise an, rauben auch bisweilen jenen die Kinder, ohne ihnen jedoch etwas zu Leide zu thun. Der Jocko, auch ostindische Waidmensch, pflegt viele Handlungen des Menschen nachzumachen: so ließ man einen in mehreren Ländern sehen, welcher mit den Menschen anständig auf- und abging, sich zu Tische setzte, Messer und Gabel brauchte, sich mit der Serviette abwischte etc. ja, da er krank ward, sich förmlich ins Bette legte, den Arm zum Aderlassen hinreichte u. s. s. Indessen sind diese sogenannten menschenähnlichen Geschöpfe, zu Folge der von dem berühmten holländ. Anatomiker Camper angestellten Zergliederungen, dennoch weder einer menschlichen Rede noch eines natürlichen aufrechten Ganges fähig. – Uebrigens hat man in der neueren Zeit eine sehr sinnreiche Erklärung und Anwendung von diesen Ourang-Outangs auf die bei den Alten so berühmten Halbgötter, die Satyrn oder übrigen Wald- und Feld Götter gemacht.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 170-171.
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