Jugurtha

[500] Jugurtha, ein in der Geschichte der Römer Epoche machender König von Numidien. Schön vom Körper und mit vielen Talenten ausgerüstet, wurde er von seinem Oheim Micipsa, König von Numidien, erzögen. Auch erwarb er sich die zu einem Krieger nöthigen Kenntnisse und Geschicklichkeiten in dem Grade, daß er alle andern übertraf, und Micipsaʼs [500] Liebe sehr erwarb. Dennoch fürchtete dieser von dem gar zu kühnen Geiste des Jugurtha für seine eignen Kinder, suchte ihn bei mehreren gefährlichen Unternehmungen zu gebrauchen, und ihn so unbemerkt Preis zu geben; allein der Plan mißlang, und Jugurtha erwarb sich noch immer mehr die Liebe der Numidier und auch der Römer, so daß zuletzt Micipsa selbst sein Herz ihm wieder zuwandte, ihn an Kindesstatt annahm, und zugleich mit seinen beiden Söhnen zum Erben der Krone erklärte. Allein nach dem Tode seines Oheims kannte Jugurtha keinen größern Wunsch als den der Selbst- und Alleinherrschaft: den Einen seiner Mitregenten, Hiempsal, ermordete er; den andern, Adherbal, verjagte er, und wußte selbst die Römer und den größten Theil des Senats so für sich zu gewinnen, daß sie, obgleich Adherbal zu ihnen geflüchtet war, doch ihn entschuldigten, und nun bei der Theilung dem Jugurtha die schönsten und reichsten Provinzen gaben. Bald reitzte dieser nun durch Einfälle und Gewaltthätigkeiten aller Art auch diesen seinen zweiten Mitregenten: es kam zum Kriege; Adherbals Armee wurde gänzlich geschlagen. Dieser rettete sich in eine Festung, Cirtha, wo er von jenem belagert, und trotz der Bitten an die Römer, die aber größtentheils bestochen waren, seinem Schicksal und der Willkühr seines Feindes überlassen wurde, der ihn zuletzt zur Uebergabe nöthigte, und trotz der gegebenen Versprechungen aufs unmenschlichste ermorden ließ. Diese Schändlichkeit erregte nun endlich den höchsten Unwillen des Römischen Senats und des Volks, und der Consul Calpurnius Piso, zwar ein sehr guter Feldherr, aber von der niedrigsten Habsucht beseelt, erhielt das Commando. Anfangs machte er große Fortschritte und Eroberungen, allein von Jugurtha bestochen, gestand er diesem einen Frieden zu, mit welchem das Volk äußerst unzufrieden war. Jugurtha wurde vor den Richterstuhl des Römischen Volks gefordert: er kam, weil ihm sicheres Geleit versprochen wurde, aber auch hier wußte er einen der Volkstribunen zu b stechen, das Volk ging unverrichteter Sache wieder auseinander, und jener Uebermüthige, auf das ihm zugestandene [501] sichere Geleit pochend, ließ sogar einen Verwandten des Micipsa, für welchen das Volk sehr eingenommen war, meuchelmörderisch umbringen. Jetzt mußte er Rom sogleich verlassen, der Krieg begann aufs neue und – ein schimpflicher Friede für die Römer wurde abgeschlossen, den aber der Senat nicht genehmigte, vielmehr nun den berühmten Metellus nach Numidien schickte, welcher nun den Jugurtha in einem Haupttreffen besiegt, und ihn beinahe schon zu einem für diesen sehr schimpflichen Frieden gebracht hatte, als der stolze und die Rache der Römer fürchtende König noch einmal das Aeußerste versuchte, seine Kräfte aufs neue sammelte, und durch den erneuerten Krieg wenigstens dies gewann, daß unterdessen Marius durch Ränke zu Rom an des Metellus Stelle das Commando erhielt. Zwar hatte Metellus unterdessen durch einen neuen erfochtenen Sieg den Jugurtha, aus allen seinen Ländern zu fliehen, genöthiget. Da dieser aber den mauretanischen König Bocchus um Hülfe anflehte, so rückten diese vereint gegen den unterdessen in Afrika angekommenen Marius vor, griffen ihn an, nöthigten ihn, auf einen Berg sich zurückzuziehen, und in dem Wahne, daß sie nun des Sieges gewiß wären, überließen sie sich dem Trunke und Schmause, wurden aber von den Römern, die unvermuthet von dem Berge herunterstürzten, überfallen und unter furchtbarem Verlust in die Flucht geschlagen. Einen zweiten Versuch nach vier Tagen schlugen die Römer unter dem fürchterlichsten Blutbade ebenfalls zurück; Bocchus machte nun, den Jugurtha wieder verlassend, mit den Römern Friede; ja, vom Sylla überredet, lockte er sogar jenen unter dem Vorwande, den Frieden zu unterhandeln, zu sich an seinen Hof, wo er dann gefangen genommen, dem Sylla ausgeliefert und, nachdem Numidien in eine römische Provinz verwandelt worden, im Triumph des Marius aufgeführt, dann, nach grausamen Mißhandlungen des Pöbels, in einen finstern Kerker geworfen wurde, wo er den schmähligen Hungertod starb, oder, nach Livius, sogleich hingerichtet wurde.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 500-502.
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