Tombuktu, Timbuktu

[163] Tombuktu, Timbuktu. Seit Jahrhunderten erregte diese Wüstenstadt Sudans (s. d.) die gespannteste Aufmerksamkeit der civilisirten Welt. Ein Wunder der Welt sollte sie sein, ein mährchenhafter[163] afrikanischer Bazar, eine diamantene Feenstadt der Tausend und eine Nacht. Eine Menge Abenteurer zogen vergebens aus in die Wüste, um dieses Karawaneneldorado, diesen goldenen Vorhang vor dem Allerheiligsten des innern Afrika in der Nähe zu erschauen. Am nächsten dem Ziele war der berühmte Reisende, der Major Laing, gekommen, doch auch er fiel ein Opfer seiner Neugierde unter den Mörderstreichen der räuberischen Beduinenneger. Endlich (1828) gelang es einem jungen Abenteurer, Namens René Caillié, uns genauen Bericht von der Wunderstadt zu geben, der uns jedoch gänzlich enttäuscht hat. Beim Eintritt in das geheimnißvolle Rom Afrika's fühlte er eine nie zuvor empfundene Freude, doch sah er zu seinem Erstaunen nichts als eine Masse schlechtgebauter Lehmhäuser, nach allen Richtungen hin nur eine unermeßliche Dürre und mit gelblichem Rande bedeckte Flächen. Von keinem Laute eines Vogels unterbrochen, deckte das tiefste Schweigen die ganze Natur, die todte Sandsteppe der Umgegend. Höchstens 12,000 Ew., Neger und Mauren, lebten lediglich vom Handel mit Steinsalz, womit sie Sudan versorgten; ein muhammedanischer Negerkönig leitete das Volk, welches jedoch zu schwach war, um die Angriffe der Tuariks, eines Beduinennegervolkes, abzuhalten, welche, so oft es ihnen gut dünkte, als böse Gäste in die Stadt kamen und Tribut forderten. Nach seinen Berichten kleiden sich die mild- und friedlichgesinnten Einwohner ebenso reinlich als schön; für den Gottesdienst haben sie 7 Moscheen. Die Frauen sind nicht verschleiert, gehen aus, wenn sie wollen, und statten Besuche ab, wie es ihnen beliebt. Gewöhnlich nimmt ein Mann 4 Frauen, und Sclavinnen daneben, soviel ihm seine Umstände erlauben. Wie alle Muhammedaner, haben auch die obenerwähnten Tuari's mehrere Weiber, deren Schönheit gewogen wird; je fetter, desto gesuchter. Eine wahre Tuarikschönheit muß wenigstens 2 Ctr. gutes Gewicht haben und so fett sein, daß sie ohne Hilfe zweier Personen nicht mehr gehen kann. Ein Tuarik, im Besitze einer solchen Frau, dünkt sich im Paradies zu sein.[164]

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 163-165.
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