Anaximander aus Milet

[15] Anaximander aus Milet, geb. um 610 v. Chr.

A. gehört zu den jonischen Naturphilosophen. Als Prinzip der Dinge bestimmt er einen qualitativ unbestimmten Urstoff, das »Unbegrenzte«, Apeiron (apeiron), welches unsterblich und unvergänglich ist. Er ist wohl nicht ein Gemenge (wie Aristoteles, Ritter, Teichmüller u. a. meinen), sondern eine Substanz, welche die Qualitäten der Dinge nur potentiell, enthielt (Zeller u. a.). Der Urgrund muß unendlich sein, damit das Werden sich nicht erschöpfe. Alles stammt aus dem Apeiron und alle Dinge kehren in dasselbe zurück, »um zu büßen für ihr Verschulden nach der Ordnung der Zeit« (didonai gar auta tisin kai dikên tês adikias kata tên tou chronou taxin). Aus dem Apeiron gehen durch Scheidung zunächst Warmes und Kaltes und dann aus diesem das Feuchte, die Erde, die Luft und das Feuer hervor. Eine unendliche Anzahl von Welten folgt aufeinander. Der ursprüngliche Zustand der Erde war ein flüssiger. Die Tiere haben sich aus dem Feuchten unter dem Einfluß der Wärme entwickelt. Aus Seetieren sind die Landtiere hervorgegangen, darunter auch die Menschen. Hier sind also Anfänge einer Entwicklungstheorie vorhanden. Die Seele des Menschen ist luftartig.

SCHRIFTEN: Peri physeôs (vgl. Diels, Vorsokr. I, 11 ff.). – Vgl. SCHLEIERMACHER, WW. III. Abt., 2. Bd. – NEUHÄUSER, A. Milesius, 1883. – NATORP, Philos. Monatshefte, 1884, Bd. 20.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 15.
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