Luther, Martin

[436] Luther, Martin, 1483-1546. = L., der die Scholastik besonders durch die Schriften des G. Biel (Nominalist) kennen lernte, will weder von ihr noch gar von Aristoteles, der »Wehr der Papisten« etwas wissen, neigt vielmehr eher zur Mystik (Eckhart) und hält die philosophierende Vernunft für ungeeignet, die Grundlage der Theologie, in welcher die Bibel und der Glaube neben dem gesunden Menschenverstand herrschen sollen, zu bilden. Daß etwas philosophisch falsch, theologisch aber wahr sein könne (»Doppelte Wahrheit«), ist nach L. ganz wohl möglich. Betreffs der Willensfreiheit verbindet L. die Annahme der psychologisch-ethischen Wahlfreiheit mit der strengen Determiniertheit alles Geschehens, Handelns und Wollens durch die göttliche Vorsehung (»omnia, quae fiunt, etsi nobis videntur mutabiliter et contingenter fieri, re vera tamen fieri necessario et immutabiliter, si Dei voluntatem spectes«).

SCHRIFTEN: Werke, 1539 ff., 1729 ff., 1740 ff., 1820 ff., 1883 ff. – Vgl. CARRIERE, Die philos. Weltanschauung der Reformationszeit, 2. A. 1887. – H. HERING, Die Mystik L.s, 1879. – F. BAHLOW, L.s Stellung zur Philosophie, 1891. – M. STAUB, Die Willensfreiheit bei L. und Zwingli, 1894. – BAUCH, Luther und Kant, 1904.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 436.
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