Die Fünf-Hufen-Regel.

[168] Die unrichtige Vorstellung von der Bedeutung der Karolingischen Kapitularien über Wehrpflicht hat auch auf die englische Verfassungsgeschichte verwirrend eingewirkt. Noch neuerdings hat MAITLAND in seinem übrigens höchst wertvollen Buch »Domesday book and beyond« (1897) wieder die Ansicht aufgestellt, daß, so dunkel auch die angelsächsische Kriegsverfassung bei ihrem Untergang sei, man doch als wahrscheinlich annehmen könne, daß die Grafschaften auf je fünf Hufen einen Mann zu stellen hatten.

ROUND, der schon früher (Feudal England 1895) in seiner Untersuchung »the introduction of knights service into England« diese Auffassung in allen ihren Grundlagen aufgelöst und zerstört hatte, hat einen anscheinend neuen Belag für die alte Auffassung, den Maitland gefunden zu haben meinte, in der Engl. Hist. Rev. Bd. 12, S. 492 (1897) widerlegt.

Auch ganz abgesehen von dem Schweigen der Quellen lehrt eine einfache sachliche Betrachtung, daß die Fünf-Hufen-Regel eine Unmöglichkeit ist. Die Kriege und Kriegsbedürfnisse waren ja viel zu verschiedenartig für einen solchen einheitlichen Maßstab. Ein Aufgebot zum Abtreiben einer kleinen Wikingerbande, zur Unterdrückung einer Empörung, zur Bestrafung eines räuberischen Einfalles der Walliser, überhaupt ein Teilaufgebot einzelner Grafschaften und ein Gesamtaufgebot des Landes zu einem großen Kriege, etwa unter Alfred gegen die angesiedelten Dänen, oder gegen die Schotten, waren immer etwas ganz Verschiedenes: auf 5 Hufen ein Mann bald zu viel, bald zu wenig.[168]

Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 168-169.
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