Schlacht bei Mühldorf.

28. Sept. 1322.

[564] Im achten Jahre des Bürgerkrieges zwischen den beiden Gegenkönigen Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen suchte der Habsburger die Entscheidung herbeizuführen, indem er mit gesammelten Kräften von Osten, sein Bruder Leopold von Westen, von Schwaben her, in Bayern eindrang, um sich in Feindesland zu vereinigen. Ludwig und sein Bundesgenosse, König Johann von Böhmen, warfen sich Friedrich, als[564] er eben den Inn überschritten hatte, mit überlegenen Kräften entgegen. Die Schlacht ist mehrfach eingehend behandelt worden, namentlich von PFANNSCHMIDT, Forsch. z. deutsch. Gesch., Bd. III u. Bd. IV, v. WEECH, Forsch. z. d. Gesch., Bd. IV, der eine raisonnierende Übersicht über die Quellen gibt, und KÖHLER II; 283. Überzeugt hat mich keine der Darstellungen.

Schon weshalb Friedrich, statt zunächst auszuweichen und die Vereinigung mit Leopold zu suchen, der sich bis auf 18 Meilen bereits genähert hatte, die Schlacht gegen die Übermacht annahm, ist aus den Quellen nicht zu ersehen. Seine Räte sollen es ihm angeblich geraten, aber er soll gesagt haben, der Krieg habe schon soviel Witwen und Waisen gemacht, daß er die Entscheidung nicht länger aufschieben könne. PFANNSCHMIDT, S. 58, meint, die Bayern hätten den Österreichern den Rückzug über den Inn abgeschnitten und sie dadurch zur Schlacht gezwungen, aber man erkennt nicht, inwiefern ihnen der Rückzug unmöglich geworden war. KÖHLER drückt sich hierüber etwas unklar und widerspruchsvoll aus.

Die Verdienste Münchener Bürger um ihren Herren in dieser Schlacht sind ebenso sagenhaft wie Seyfried Schweppermann.

Die Entscheidung scheint herbeigeführt durch eine Schar von Rittern, die der Burggraf von Nürnberg nachträglich ins Gefecht führte. Ob es auf irgendeinem Plan, ob auf Zufall beruhte, daß Friedrich so spät eingriff, ist nicht zu sagen. Da die Überlegenheit auf der bayerischen Seite war, so ist nicht einzusehen, warum diese Überlegenheit den Sieg nicht ebensogut hätte erringen können, wenn sie von Anfang an, als wenn sie sukzessive eingesetzt wurde.

Die Behauptung einer österreichischen Quelle, daß 500 böhmische Ritter, die sich bereits ergeben hatten, wieder wortbrüchig zu den Waffen griffen, als sie die Erfolge des Burggrafen bemerkten, darf als Parteilegende gestrichen werden. Woher haben die Gefangenen denn die Waffen wiederbekommen?

Auf falschen Vorstellungen beruht auch der Satz bei PFANNSCHMIDT, p. 65: Die »Ritter stiegen von ihren Pferden, um sie nicht von den ungarischen Bogenschützen niederschießen oder niederstechen zu lassen, wie es ihnen und den Böhmen zuvor ergangen war; sie wollten jetzt Gleiches mit Gleichem vergelten.«

Das wäre wohl für Ritter eine üble Methode gewesen, mit feindlichen Schützen zu kämpfen, daß man, statt sie niederzureiten, vom Pferde stieg: zu Fuß konnte man ihnen doch erst recht nicht an den Leib.

Zur 3. Auflage. Im Jahre 1917 hat W. ERBEN eine sorgsam zusammengestellte Sammlung aller Quellen zur Schlacht bei Mühldorf veröffentlicht, auf Grund deren, verbunden mit eingehender Prüfung der Geländeverhältnisse Reg.-Rat Dr. REINER in München die Schlacht[565] nach allen Richtungen untersucht hat. Diese Untersuchung hat mit handschriftlich vorgelegen. Danach hat die Schlacht stattgefunden dicht bei Mühldorf (nicht bei Ampfing, das 8 km weiter aufwärts liegt). Das Schlachtfeld liegt bei dem Dorfe Erharting an der Isen, einem Nebenfluß des Inn, am Fuße des Dornberg, der zwischen Erharting und Pleißkirchen zu suchen ist. Es war eine reine Ritterschlacht. Friedrich hatte etwa 1400 Helme, Ludwig, verbunden mit Johann von Böhmen, 1800. Friedrich hatte außerdem 5-600 berittene ungarische Bogenschützen. Fußvolk spielt in der Schlacht keine Rolle. Die ungarischen Bogenschützen wurden nach Reiners Rekonstruktion von Friedrich über die Isen vorgeschickt, um die feindlichen Ritter beim Übergang über das Flüßchen zu beschießen. Dies Manöver mißglückte, da Ludwig, ehe er über das Flüßchen ging, die Ungarn verjagen ließ. Nunmehr hatte er die unbedingte Überlegenheit und besiegte die Österreicher und nahm sie sämtlich gefangen, indem der Burggraf v. Nürnberg, der zunächst die Ungarn verjagt hatte, jetzt den Österreichern in die Flanke und in den Rücken kam. Unaufgeklärt bleibt das Strategische: in welcher Art sich Friedrich die Vereinigung mit seinem Bruder Leopold gedacht hat, der ihm die sichere Überlegenheit gegeben hätte. Wie kam es, daß diese Vereinigung mißglückte, während es Ludwig und Johann von Böhmen gelungen war, sich zusammenzuschließen? Auf beiden Seiten muß der Feldzug von weither vorbereitet gewesen sein. Auch taktisch bleibt es unaufgeklärt, weshalb die ungarischen Schützen sich vom Gros trennen ließen.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 564-566.
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