Nachmittagssitzung.

[372] [Der Angeklagte Jodl im Zeugenstand.]


PROF. DR. EXNER: Ich habe noch eine Frage zur Bandenvorschrift. Die Anklage wirft Ihnen vor, daß Sie durch die Ziffer 161 der Bandenvorschrift – das ist das zuletzt benützte Dokument F-665, meine Herren Richter, und zwar Seite 130 des zweiten Bandes – der Vernichtung ganzer Dörfer, ja sogar ganzer Bevölkerungen der Dörfer in Frankreich schuldig seien. Äußern Sie sich dazu!

JODL: Ich glaube, das Gegenteil ist richtig. Ich habe durch diese Ziffer die Kollektivstrafen, die Kollektivmaßnahmen, die der Führer ja schrankenlos angeordnet hatte, zurückgeschraubt auf das nach dem Artikel 50 der Haager Landkriegsordnung Zulässige. In diesem Artikel werden nämlich Kollektivstrafen verboten, wenn nicht die ganze Bevölkerung mitschuldig an irgendwelchen Terrormaßnahmen ist. Ich habe also mit dieser Ziffer nicht das Niederbrennen von Dörfern auch nicht in Ausnahmefällen befohlen, sondern ich habe gesagt, solche Kollektivmaßnahmen dürfen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen stattfinden, und dann nur mit Genehmigung eines Divisionskommandeurs; denn dieser hatte ein Gericht, er konnte eine gerichtliche Prüfung durchführen.

Ich will das Gericht nicht weiter langweilen mit meinen sonstigen Verdiensten, die man aus dieser Vorschrift noch lesen kann. Ich habe von der guten Behandlung der Bevölkerung gesprochen, von der Notwendigkeit, ihr das zum Leben Notwendige zu belassen und so weiter. Ich glaube jedenfalls, daß dieses Dokument wirklich ein Musterbeispiel ist, um diese Art Krieg auch in die Bahnen des Völkerrechts einzufangen; und das habe ich getan, weil ich der Überzeugung war, daß zu diesem Zeitpunkt auch die französische Maquis-Bewegung, auch der Tito-Aufstand, allmählich begonnen hatten, ein regulärer Krieg zu werden.

Es ist nun der Fall der 2. SS-Panzer-Division als Beweis angeführt worden, was ich durch diese Ziffer alles verursacht hätte. Ich kann nur sagen, das Verhalten der 2. SS-Panzer-Division, das muß ihr Kommandeur verantworten. Ich habe davon erst monatelang später erfahren. Ich bin der Französischen Anklagebehörde dankbar, daß sie dieses Dokument vorgelegt hat. Ich bin ihr dankbar für die Erklärung, daß die Maquis-Bewegung zu Beginn nichts anderes war als ein recht übler Franktireurkrieg, dessen Heroismus ich nicht abstreite.


PROF. DR. EXNER: Wir kommen jetzt zu einem anderen Problem: Tiefflieger. Aus der Urkunde 731-PS – das ist Seite 139 und Seite 144 des zweiten Bandes meines Dokumentenbuches – ist [372] ersichtlich, daß von verschiedenen Stellen Vorschläge für die Behandlung von notgelandeten feindlichen Fliegern gemacht worden sind.

Sagen Sie zunächst, was der Anlaß dazu war und wie Sie sich zu den Vorschlägen äußerten?


JODL: Ich will mich möglichst kurz fassen.

Der Anlaß waren viele Meldungen über völkerrechtswidrige Menschenjagd durch einzelne feindliche Jagdflieger. Der Führer forderte Gegenmaßnahmen, und so entstand die Vortragsnotiz 731-PS, RF-1407. Es ist kein Befehlsentwurf, es ist noch weniger ein Befehl, es ist eine Notiz. Sie enthält die Vorschläge der Luftwaffe dazu. Vom Lynchen ist noch nicht die Rede. Daß ich mich mit dem Problem überhaupt befaßte, hat wieder den Grund in der von mir schon geschilderten Verantwortung, die ich seit 1. Mai glaubte, für Völkerrechtsfragen zu haben. Der Zusatz, den ich darauf machte, ist schon verlesen worden. Ich wandte mich gegen eine Ziffer, also gegen einen Vorfall, den ich für absolut völkerrechtlich zulässig hielt. Er wurde später auch gestrichen und wurde ersetzt durch einen anderen, nämlich, daß es auch als Mord zu bezeichnen sei, wenn ein am Fallschirm abspringender eigener Pilot beschossen würde. Diesen Einwand habe ich auf dem Dokument 735-PS gemacht. Der Begriff des Lynchens...


PROF. DR. EXNER: Ich möchte nur bemerken, wo das ist, damit das Gericht sich auskennt. Die Bemerkung, die handschriftlich von Jodl zugesetzt worden ist, befindet sich auf Seite 144 unseres Dokumentenbuches. In dieser Vortragsnotiz werden nämlich verschiedene Vorschläge gemacht, und dann fügt Jodl bei »zu 3«. Das ist seine Einfügung.


[Zum Zeugen gewandt:]


Bitte, wollen Sie sich darüber äußern?


JODL: Ich habe dazu geschrieben:

»Ist Auswärtiges Amt mit dem Punkt 3b) einverstanden?«,

nämlich, daß der Beschuß von am Fallschirm hängenden abgeschossenen eigenen Fliegern als gemeine Terrorhandlung zu betrachten sei.


PROF. DR. EXNER: 3b) ist auf derselben Seite, oben.

JODL: Aber ich wollte nur ergänzen, der Begriff des Lynchens ist durch Goebbels hinzugekommen, und zwar durch seinen Artikel, den er im »Völkischen Beobachter« veröffentlicht hat. Je mehr ich mich mit diesem Problem beschäftigte, um so mehr war mir klar, daß man mit solchen Methoden überhaupt nichts er reichen würde und könnte, denn man würde niemals einen schuldigen Tiefflieger dabei fassen denn entweder entkommt er oder er zerschellt am [373] Boden; es würde nur zu einem allgemeinen Fliegermorden führen. Und daher faßte ich den Entschluß und war mir darüber mit dem Feldmarschall Keitel vollständig einig, diese ganze Aktion zum Scheitern zu bringen. Wenn das Gericht sieht, daß seit dem Dokument 731, das am 21. Mai entstanden ist, bis zum Dokument 735-PS, 16 Tage vergangen waren und nichts geschehen war, wenn ich am 6. Juni eine lange Vortragsnotiz bekomme und auf diese Vortragsnotiz schreibe: »Diese Besprechung genügt nicht« – es muß alles von vorne angefangen werden –, »Wie wird sichergestellt, daß nicht gegen die übrigen feindlichen Flieger ebenso verfahren wird?« – wenn ich schreibe – »Soll man auch gerichtliche Verfahren machen oder nicht?« – dann meine ich, Hohes Gericht, ist das bei der Arbeitsmethode, die ich sonst anzuwenden pflegte, ein absoluter Beweis, daß ich keine andere Absicht hatte, als hin- und herzuschreiben und so lange herumzuschreiben, bis die Sache sich von selbst erledigte. Das ist mir in diesem Falle gelungen. Keine militärische Dienststelle hat einen Befehl gegeben; es ist nicht einmal zu einem Befehlsentwurf gekommen. Es gab nur diese Papierfetzen; und es ist dadurch bewiesen und wird noch bewiesen werden, daß viele Monate später der Führer dann die schwersten Vorwürfe gegen uns und gegen die Luftwaffe vor allem erhoben hat, daß sie damals diesen Befehl torpediert hat.


PROF. DR. EXNER: Jetzt wieder etwas ganz anderes: Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht hat in einem Schreiben 1941 Sie und Warlimont als seine Vertreter in der Zusammenarbeit mit dem Ostministerium Rosenberg genannt. Das war das Dokument 865-PS, US-143. Wie hat sich denn das praktisch ausgewirkt?


JODL: Gar nicht. Ich habe mit dem Ministerium Rosenberg, wenn ich von einer einzigen Besprechung vom Jahre 1943 über einen Aufruf an die Völker des Ostens absehe, gar nichts zu tun gehabt. Die einzige Zusammenarbeit, die laufend stattfand, übte meine Propagandaabteilung aus, weil sie nämlich alle Flugblätter, die sie herstellte und die über Rußland abgeworfen wurden, vorher mit dem Ostministerium besprochen hat.


PROF. DR. EXNER: Wie ist es denn überhaupt zu Ihrer Ernennung gekommen? Wozu war denn dies notwendig?


JODL: Das war eine reine Formsache, weil der Minister Lammers allgemein an jede Oberste Reichsbehörde geschrieben hat, es solle ein Stellvertreter genannt werden. Da hat Feldmarschall Keitel auch einen Stellvertreter genannt.


PROF. DR. EXNER: Nun was Neues: Sie haben da die merkwürdige Urkunde C-2, US-90 vorgelegt bekommen. Sie befindet sich nicht in meinem Dokumentenbuch, aber das Gericht wird sich gleich daran erinnern. Es ist eine tabellenmäßige Zusammenstellung, in welcher in der ersten Reihe gewisse Vorfälle, die völkerrechtlich [374] von Bedeutung sind, genannt sind. In der zweiten Reihe ein Beispiel dafür und dann in der dritten und vierten Reihe...


MR. ROBERTS: Sie ist auf Seite 163 im großen Dokumentenbuch zu finden.


PROF. DR. EXNER: Es ist also eine tabellenmäßige Zusammenstellung, in der auf der einen Seite irgendein Vorfall geschildert wird und dann auf der anderen Seite die Konsequenzen des betreffenden Falles aufgezählt werden, die völkerrechtliche Beurteilung dieses Falles und die propagandamäßige Ausnützung und sonstige Begründung, die diesen Fall berührt.

Nun sagen Sie, wie ist es dazu gekommen? Es ist tatsächlich ein merkwürdiges Dokument, 12 Fälle von Völkerrechtswidrigkeiten auf unserer Seite und dann, ich glaube, 13 Völkerrechtswidrigkeiten auf der Gegenseite.


JODL: Ich glaube, das Dokument ist gar nicht so merkwürdig. Es ist entstanden Ende September 1938, kurz vor der Münchener Verhandlung. Da ich in meiner Abteilung nicht sicher wußte, ob es nicht doch zu einem bewaffneten Konflikt kommen würde, und da uns zu dieser Zeit die völkerrechtlichen Bestimmungen höchst unklar waren, wollte ich durch eine Fülle von Beispielen von der Völkerrechtsgruppe hören, wie nun eigentlich die heutige Auffassung zu solchen völkerrechtswidrigen Vorkommnissen ist. Jeder Offizier meiner Abteilung hat sich nun den Kopf zerbrochen nach irgendeinem Beispiel, so daß wir möglichst sämtliche Sparten des Völkerrechts durch irgendein Beispiel erfaßten.

Ich finde das sehr anerkennenswert, daß wir uns damals schon um den Begriff des Völkerrechts gekümmert haben. Nun kann ja kein Zweifel sein, daß ich nur die Verantwortung trage dafür, daß ich überhaupt diese Beispiele erfunden habe. Sollte man aber Anstoß nehmen an der Beantwortung dieser Beispiele, also an der völkerrechtlichen Beurteilung, an der kriegsrechtlichen Begründung, so kann ich nur sagen: Ja, die stammt ja gar nicht von mir, die stammt vom Amt Canaris, und im übrigen zeigt sie eine recht sorgfältige und beachtliche Stellungnahme zum Völkerrecht, insbesondere in Bezug auf den Luftkrieg, jedenfalls in viel höherem Maße, als es dann in der Praxis geschehen ist.


PROF. DR. EXNER: Es bestand also die Absicht, diese völkerrechtlichen Verletzungen zu begehen?


JODL: Keineswegs, aber es war mir als Kenner der Kriegsgeschichte klar, daß es in der Welt noch keinen Krieg gegeben hat, in dem nicht Völkerrechtsverletzungen vorgekommen sind.

Und wenn vielleicht Anstoß genommen wird, daß ganz am Schluß der Absatz steht: »Aufklärung durch das Propagandaministerium«, so weise ich darauf hin, daß das ja am Schluß steht, [375] nämlich nach der kriegsrechtlichen Begründung und der völkerrechtlichen Beurteilung und daß Admiral Bürkner, der es beantwortet hat, eigens darauf hingewiesen hat, daß die Propaganda erst einsetzen darf, wenn die völkerrechtliche Seite geklärt ist, und daß im übrigen diese ganze Beantwortung nur eine vorläufige ist, weil er erst das Auswärtige Amt und die Wehrmachtsteile hören muß.


PROF. DR. EXNER: Ich habe Admiral Bürkner als Zeugen für diese Frage beantragt, aber es scheint mir wirklich ein zu unbedeutender Gegenstand zu sein, und ich möchte daher auf diesen Zeugen verzichten.

Eine allgemeine Frage möchte ich in diesem Zusammenhang an Sie richten:

Wie war denn im allgemeinen Ihre Einstellung gegenüber der Einschränkung der Kriegführung durch das Völkerrecht?


JODL: Ich habe das Völkerrecht als eine selbstverständliche Voraussetzung einer gesitteten Kriegführung gekannt, genau gekannt und geachtet.

Die Haager Landkriegsordnung und die Genfer Konvention lagen nahezu ständig auf meinem Schreibtisch. Durch meine Stellungnahme zum Kommissarbefehl, zu der Lynchjustiz, zu der Absicht, aus der Genfer Konvention auszutreten – was alle Oberbefehlshaber und alle Wehrmachtsteile und das Auswärtige Amt schroff ablehnten –, glaube ich bewiesen zu haben, daß ich bemüht war, soweit es mir möglich war, mich an das Völkerrecht zu halten. Es gibt darüber aber auch eine Menge positiver Beweise, die vielleicht in einzelnen Dokumenten noch durch meinen Verteidiger genannt werden. Ich weise allgemein auf das Verhalten der Deutschen Wehrmacht in Norwegen hin, auf das ich mit hingewirkt habe. Ich verweise auf die Bandenvorschriften...


PROF. DR. EXNER: Ich überreiche hier AJ-14, das ist auf Seite 99 und 100 in meinem Dokumentenbuch, erster Band. Das sind besondere Anordnungen über das Verhalten bei der Besetzung Dänemarks und Norwegens, also eine Vorschrift, die herausgegeben wurde anläßlich der Besetzung dieser Länder. Da sind auch einige recht charakteristische Sätze drin, die ich gern vorlesen würde. Da heißt es auf Seite 98, Nummer 1:

»Die militärische Besetzung Dänemarks und Norwegens erfolgt zum Zweck der Sicherung der Neutralität dieser Länder. Dabei muß es das Ziel sein, diese in friedlicher Form durchzuführen.«

Dann auf Seite 99 oben:

»Richtlinien für das Verhalten im persönlichen Verkehr mit der norwegischen Bevölkerung.

[376] Jeder Angehörige der Wehrmacht muß sich bewußt sein, daß er nicht Feindesland betritt, sondern daß die Truppe zum Schutz des Landes und zur Sicherung seiner Bewohner in Norwegen einrückt.

Daher ist folgendes zu beachten:

1. Der Norweger hat ein ausgesprochenes Nationalbewußtsein. Darüber hinaus fühlt sich das norwegische Volk aufs engste verwandt mit den andern nordischen Völkern. Also: Alles vermeiden, was die nationale Ehre verletzen kann.«

Der zweite Punkt ist auch ganz charakteristisch, und ich lese vielleicht noch den vierten:

»Das Haus des Norwegers ist nach altgermanischer Auffassung heilig. Gastfreundschaft wird gern geübt. Eigentum ist unverletzlich. Das Haus bleibt...«


VORSITZENDER: Es ist nicht notwendig, das alles zu lesen. Ein Absatz genügt wohl, um die Art des Dokuments aufzuzeigen, nicht wahr?

PROF. DR. EXNER: Dann verweise ich also auf den Rest dieses Dokuments, der nicht vorgelesen ist und bitte, daß das Gericht von diesem Dokument Kenntnis nimmt. Dann ist eine Anweisung da, AJ-16...


VORSITZENDER: Aber Dr. Exner, das letzte Schriftstück scheint nicht von dem Angeklagten unterschrieben zu sein, stimmt das?


PROF. DR. EXNER: [zum Zeugen gewandt] In welcher Beziehung steht das zu Ihnen?


JODL: Es ist von von Falkenhorst unterschrieben, aber es ist ja bekannt, daß für das Norwegen-Unternehmen der Wehrmachtführungsstab und der Stab von Falkenhorst eine Einheit bildeten. Ich habe an diesem Dokument mitgearbeitet und es dem Führer vorgelegt, und der Führer hat es gebilligt. Darüber befindet sich sogar eine Eintragung in meinem Tagebuch.


PROF. DR. EXNER: Dann ist AJ-16, das wir überreichen:

»Sonderbestimmungen für die Verwaltung und Befriedung der besetzten Gebiete Hollands, Belgiens und Luxemburgs.«

Das ist Seite 161 des zweiten Bandes meines Dokumentenbuches. Ich lese nur auf Seite 162, um die Sache möglichst abzukürzen, vielleicht den letzten Satz:

»Die völkerrechtlichen Bestimmungen sind in jedem Fall streng zu beachten.«

Ich bitte aber den Gerichtshof, auch die anderen Bestimmungen zur Kenntnis zu nehmen. Hierher gehört auch Dokument 440-PS, Beweisstück GB-107, in meinem Dokumentenbuch Nummer II auf Seite 164: das ist die »Weisung Nummer 8 für die Kriegführung« [377] vom 20. November 1939. Da heißt es über die Aufgabe der Luftwaffe – ich lese den letzten Absatz:

»Ortschaften, insbesondere große offene Städte und die Industrien sind ohne zwingende militärische Gründe weder im holländischen noch im belgisch-luxemburgischen Raum anzugreifen.« Gezeichnet Keitel.

Ist das auch von Ihnen entworfen?

JODL: Dieser Befehl ist von mir entworfen.

PROF. DR. EXNER: Ja, dann kann man vielleicht noch auf die Bandenbekämpfungsvorschriften hinweisen, von denen eben die Rede war.


JODL: Dann verweise ich noch – was ich, glaube ich, schon ausgesagt habe – darauf, daß ich unverzüglich eine Untersuchung über den Vorfall Malmedy anstellen ließ.


PROF. DR. EXNER: Haben Sie sich mit den völkerrechtlichen Vorfragen Ihrer Befehle überhaupt näher befaßt?


JODL: Ich glaube, ich habe das schon gesagt. Ich habe mich sehr eingehend befaßt. Ich will hier nicht das Gericht aufhalten mit der Erkenntnis, die ich aus diesen Bestimmungen gewonnen habe: Daß es nur ein sehr dürftiger Torso ist. Aber ich möchte nur abschließend darauf hinweisen, daß dadurch, daß es keine Bestimmungen für den Luftkrieg gab, diese unglückselige Vermischung der Begriffe eingetreten ist, nämlich zwischen Rebellion und legalem Krieg, zwischen Franktireur, Bandit und Aufklärer, zwischen Spionen und Aufklärer, zwischen Sprengtrupps und Saboteuren. Jederzeit konnte mit Hilfe der Flugzeuge eine Rebellion in einen legalen Krieg verwandelt werden, ein legaler Krieg wieder in den Zustand einer Rebellion überführt werden. Das ist die völkerrechtliche Folge der Fallschirmtruppen und der Versorgung auf dem Luftwege.


PROF. DR. EXNER: Ich möchte in diesem Zusammenhang jetzt das Affidavit Lehmann vorlesen, AJ-10. Das ist dem Gericht nicht vorgelegt worden, weil erst gestern der Herr Staatsanwalt erklärt hat, daß er einverstanden ist mit diesem Affidavit. Ich glaube, es stammt von dem Generaloberstabsrichter Dr. Lehmann. Wenn das Gericht dieses Affidavit für zulässig erklärt, so möchte ich vielleicht nur darauf verweisen und...


VORSITZENDER: Wo ist es?


PROF. DR. EXNER: Ich lege es hiermit vor, aber es ist noch nicht übersetzt, weil erst gestern die Zustimmung gegeben worden ist oder wenigstens gestern die Zustimmung bei Gericht gegeben worden ist.


[378] MR. ROBERTS: Wie Sir David gestern sagte, wird dagegen kein Einspruch erhoben, obwohl keine Entscheidung getroffen wurde, die das Affidavit Lehmanns zuließe. Es ist sehr kurz, Herr Vorsitzender, vor allem das Exemplar, das ich hatte. Ich glaube, es besteht kein Grund, dagegen Einspruch zu erheben.


PROF. DR. EXNER: Ich werde, um die Zeit abzukürzen, hier darauf verweisen; ich bitte das Gericht, diese Ausführungen von Lehmann zu lesen. Sie scheinen mir deshalb von Bedeutung, weil es immerhin der höchste Jurist in der Deutschen Wehrmacht ist, der hier Auskunft gibt, der Generaloberstabsrichter Lehmann.


VORSITZENDER: Ich glaube, Sie sollten dem Dokument eine Beweisstücknummer geben.


PROF. DR. EXNER: 10 habe ich gesagt, AJ-10.


VORSITZENDER: Jawohl.

PROF. DR. EXNER: Er äußert sich über Gespräche über Rechtsprobleme, die er mit Jodl zu führen Gelegenheit hatte und über dessen Einstellung zu Rechtsfragen.

Und jetzt, Herr Generaloberst, im Zusammenhang mit diesen kriegsrechtlichen Verbrechen noch eine letzte Frage, die einem auffällt. Es werden Ihnen da zahlreiche Tagebuchnotizen, Befehle und so weiter zum schweren Vorwurf gemacht. Hatten Sie nicht die Möglichkeit, vor Ihrer Gefangennahme dieses ganze Material zu vernichten?


JODL: Doch, ich hatte vom 3. Mai bis 23. Mai Zeit und Muße, jedes Papier zu verbrennen, aber ich habe an meinen Stab Befehl gegeben, nicht ein Aktenstück zu vernichten, weil ich nämlich nichts zu verbergen hatte. Und ich habe sämtliche Akten und vor allem die besonders wichtigen, die gesamten Original-Führerweisungen seit dem Jahre 1940 dem amerikanischen Offizier bei meiner Gefangennahme übergeben.


PROF. DR. EXNER: Ich komme jetzt zu den angeblichen Verbrechen gegen den Frieden. Dazu muß zunächst einmal geklärt werden, welche Dienststellungen Sie während der kritischen Zeit gehabt haben.

Sagen Sie also, welche Dienststellungen Sie seit 1933 hatten.


JODL: Von 1932 bis 1935 war ich in der Abteilung, die später Operationsabteilung des Heeres hieß. Von Mitte 1935 bis Oktober 1938 war ich Chef der Abteilung Landesverteidigung im Wehrmachtsamt, später OKW genannt.


PROF. DR. EXNER: Das heißt, das Wehrmachtsamt war OKW?


[379] JODL: Das Wehrmachtsamt wurde später OKW. Von Oktober 1938 bis kurz vor Beginn des Polenfeldzuges war ich Artilleriekommandeur in Wien und in Brünn in Mähren; und ab 27. Oktober 1939...


PROF. DR. EXNER: Halt, halt. Am 27. September...


JODL: Nein, vielmehr August. Am 27. August 1939 übernahm ich die Geschäfte und die Aufgaben des Chefs des Wehrmachtführungsstabes.


PROF. DR. EXNER: Jetzt gehen wir diese Zeit durch. Hatten Sie in den Jahren 1932 bis 1935, wo Sie also in dem sogenannten Truppenamt waren, mit Kriegsplänen zu tun?


JODL: Damals gab es in der Operationsabteilung keinerlei Vorarbeiten außer einer Kampfanweisung für den improvisierten Grenzschutz Ost. Das war eine milizartige Organisation, und es gab Vorbereitungen für Räumungsmaßnahmen an sämtlichen deutschen Grenzen für den Fall feindlicher Besetzungen, also sogenannter Sanktionen; sonst gab es nichts.


PROF. DR. EXNER: Hatten Sie mit der Verkündung der allgemeinen Wehrpflicht zu tun?


JODL: Nein, damit hatte ich nichts zu tun. Ich glaube, ich habe das am Tage vorher erfahren.


PROF. DR. EXNER: Wie war Ihr Aufgabenkreis als Chef der Abteilung Landesverteidigung, also von Juni 1935 bis Oktober 1938?


JODL: In dieser Stellung hatte ich die operativen, strategischen Richtlinien nach den Befehlen meiner Vorgesetzten Keitel und Blomberg zu bearbeiten. Ich hatte das Problem der Wehrmachtsführung zu studieren und zu klären, Studien und Manöver anzulegen für die großen Wehrmachtsmanöver 1937. Ich hatte die Wehrmachtsakademie zu betreuen, ich hatte mich mit Gesetzesentwürfen zu befassen, die mit der allgemeinen Wehrpflicht zusammenhingen und mit der einheitlichen Vorbereitung einer Mobilmachung im zivilen Sektor, also von Staat und Volk, und dabei gehörte zu mir das sogenannte Sekretariat des Reichsverteidigungsausschusses.


PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, was waren Sie damals, welches war Ihre militärische Charge?


JODL: Ich kam in diese Stellung als Oberstleutnant und wurde dann – ich glaube, im Jahre 1936 – Oberst.


PROF. DR. EXNER: Waren Sie am Reichsverteidigungsgesetz beteiligt?


JODL: Nein, das Gesetz ist entstanden, bevor ich in das Wehrmachtsamt kam.


[380] PROF. DR. EXNER: Aber die Anklage wirft Ihnen diese Beteiligung unter Hinweis auf den Zusatz, den Sie gemacht haben – Urkunde 2261-PS, US-24; das ist die Urkunde im ersten Band, Seite 9 meines Dokumentenbuches – vor. Da heißt es:

»In der Anlage übersende ich je 1 Abdruck des Reichsverteidigungsgesetzes vom 21. Mai 1935...«

Blomberg ist unterschrieben, und das ist datiert vom 24. Juni. Dann kommt ein Zusatz:

»Berlin, 3. September 1935. An Wehrwirtschaft – Gruppe Ia. – Abdruck übersandt. Gezeichnet Jodl.«

Was sagen Sie dazu?

JODL: Es ist unbestreitbar, es ist ein gültiges Reichsgesetz, von dem ich einen Abdruck einer anderen Dienststelle gegeben habe. Mehr braucht man nicht zu sagen.

PROF. DR. EXNER: Sie waren an dem Gesetz selber nicht beteiligt?


JODL: Da war ich nicht beteiligt.

PROF. DR. EXNER: Waren Sie Mitglied des Reichsverteidigungsrates?


JODL: Nein.


PROF. DR. EXNER: Waren Sie Mitglied des Reichsverteidigungsausschusses?


JODL: Das war ich automatisch in dem Augenblick, als ich Chef der Abteilung Landesverteidigung wurde, und in der zehnten Sitzung dieses Referentenausschusses am 26. Juni 1935 hat mich General von Reichenau als seinen Vertreter eingeführt.


PROF. DR. EXNER: Was war die Aufgabe dieses Ausschusses? Es ist davon schon gesprochen worden, nicht wahr? Also bitte, sich kurz zu halten.


JODL: Mit ein paar Worten gesagt: In diesem Ausschuß wurde die einheitliche Mobilmachung, nicht die Kriegführung, sondern die Mobilmachung von Staat und Volk in Übereinstimmung mit der militärischen Mobilmachung vorbereitet und in Mobilmachungsbüchern mit Endziffern und in verschiedene Spannungsstufen gegliedert, festgelegt.


PROF. DR. EXNER: Was waren diese Spannungsstufen?


JODL: Diese Spannungsstufen hatten wir von Frankreich gelernt und übernommen. Frankreich hatte ein Verfahren, die Mobilmachung in fünf Spannungsstufen durchzuführen...


VORSITZENDER: Brauchen wir diese Einzelheiten? Genügt es nicht, zu sagen, daß es von Frankreich übernommen wurde?


PROF. DR. EXNER: Ja.


[381] [Zum Zeugen gewandt:]


Aber vielleicht sagen Sie, was der Sinn war, warum wir diese Spannungsstufen übernommen haben, was der geistige Gedanke dabei war.

JODL: Der Zweck war der, ein Mittel zu haben – was ja in Europa zu dieser Zeit allgemein üblich war –, um eine erhöhte Kriegsbereitschaft herzustellen, bevor man den öffentlichen Mobilmachungsbefehl erließ.

PROF. DR. EXNER: Hatte der Reichsverteidigungsausschuß mit der Aufrüstung zu tun?


JODL: Nein, er hatte mit der Aufrüstung gar nichts zu tun.


PROF. DR. EXNER: Hatte der Reichsverteidigungsausschuß mit politischen Plänen oder Absichten zu tun?

JODL: Auch mit politischen Problemen hat er sich in keiner Weise befaßt.


PROF. DR. EXNER: Aber doch immerhin mit dem Fall eines Krieges?


JODL: Nur mit dem Fall der Mobilmachung.


PROF. DR. EXNER: Aha, wobei ein bestimmter Kriegsfall nicht...


JODL: Für jeden Kriegsfall brauchte man eine Mobilmachung, für jeden Krieg, der überhaupt möglich war.


PROF. DR. EXNER: Sie waren im Ausschuß mit den Mobilmachungsbüchern befaßt, stimmt das?


JODL: Ja. Ich glaube, ich habe schon auseinandergesetzt, daß in diesen Büchern eben alle Einzelheiten jeder Obersten Reichsbehörde, in Spannungsstufen gegliedert, mit Kennzeichen versehen, festgelegt wurden.


PROF. DR. EXNER: Ja, Sie sagen jeder Obersten Reichsbehörde. Was meinen Sie damit?


JODL: Ich meine sämtliche Ministerien.


PROF. DR. EXNER: Also alle Zivilbehörden.


JODL: Alle Zivilbehörden. Deren Vorbereitungen mußten ja in Übereinstimmung gebracht werden mit den militärischen.


PROF. DR. EXNER: Worin bestanden die Vorbereitungen in der entmilitarisierten Zone?


JODL: Die Vorbereitungen in der entmilitarisierten Zone befaßten sich ausschließlich mit der Räumung, also der Preisgabe des westrheinischen Gebietes im Falle einer französischen Besetzung.


PROF. DR. EXNER: Ich glaube, das ist schon sehr deutlich besprochen worden. Ich weise diesbezüglich auf EC-405, GB-160 hin; [382] das ist Seite 11 unseres Dokumentenbuches im ersten Band, wo von der zehnten Sitzung die Rede ist. Nun wird Ihnen aber vorgeworfen, Sie hätten strengste Geheimhaltung vorgeschrieben bei diesen Vorbereitungen, die doch nach Ihrer Schilderung rein defensiver Natur waren. Warum geschah das?


JODL: Die Geheimhaltung derartiger Maßnahmen ist in der ganzen Welt selbstverständlich. Bei uns in Deutschland war es besonders wichtig, weil nämlich die zivilen Behörden seit Jahren gar nicht mehr gewohnt waren, sich mit militärischen Dingen zu befassen, und weil es mir besonders wichtig erschien, daß im Ausland nicht eine falsche Auffassung – sagen wir durch Erbeutung eines solchen Befehls – entstehen würde, ein Mißverständnis, wie es besonders charakteristisch hier in diesem Prozeß ja aufgetreten ist, nämlich über den Begriff »Freimachen des Rheins«.


PROF. DR. EXNER: Warum befahlen Sie besondere Vorsicht? Um das Ausland nicht zu beunruhigen?


JODL: Wir waren in dieser Zeit im Zustand einer noch größeren Schwäche als zu Zeiten des Hunderttausend-Mann-Heeres. Dieses Hunderttausend-Mann-Heer war nämlich jetzt aufgesplittert in Hunderte von kleinen Grüppchen. Es war die Zeit unserer allergrößten Ohnmacht, und in dieser Zeit mußte man wirklich sorgfältigst jegliche Spannung mit dem Ausland vermeiden.


PROF. DR. EXNER: Welcher Art waren die militärischen Pläne jener Zeit?


JODL: Ich sagte schon, es gab die Kampfanweisung für den Grenzschutz Ost, und dann bearbeitete ich in dieser Zeit noch eine Kampfanweisung für den Befehlshaber in Ostpreußen für den Fall, daß er durch einen plötzlichen Überfall Polens vom Reich abgeschnitten würde.


PROF. DR. EXNER: Wußten Sie von irgendwelchen deutschen Angriffsabsichten in jener Zeit?


JODL: Davon war überhaupt keine Rede und kein Gedanke daran.


PROF. DR. EXNER: Dazu möchte ich aus der zwölften Sitzung des Reichsverteidigungsausschusses einen Satz nur vorlesen, und zwar Seite 14 des ersten Bandes unseres Dokumentenbuches EC-407, GB-247. Bei dieser Sitzung sagte Oberstleutnant Wagner OKH – wer was das?


JODL: Das war der spätere Generalquartiermeister.


PROF. DR. EXNER: Er sagte:

»Der Ausgang des Krieges« – nämlich des letzten Krieges – »hat eine völlig veränderte militärpolitische Lage [383] für den Fall eines nächsten Krieges hinterlassen, nämlich die Notwendigkeit, ihn im eigenen Lande zu führen.«

Das sagt er am 14. Mai 1936. Was würden Sie entnehmen aus diesem Satze?

JODL: Ja, man würde vielleicht sagen...

VORSITZENDER: Dr. Exner! Das ist doch sicherlich eine Erklärung von jemand anderem, und diese Erklärung spricht für sich selbst. Dieser Zeuge kann uns das nicht erläutern.


PROF. DR. EXNER: [zum Zeugen gewandt] Ja, nun sagen Sie, haben Sie im Truppenamt und später bei der Landesverteidigung mit der Aufrüstung zu tun gehabt?

JODL: Mit der Aufrüstung im eigentlichen Sinne hatte ich persönlich gar nichts zu tun. Sie war Sache der Wehrmachtsteile, also Heer, Marine, Luftwaffe, wurde von deren Organisationsabteilungen bearbeitet und von den Oberbefehlshabern mit dem Führer unmittelbar besprochen. Daß aber auch meine Generalstabsarbeit zum Wiederaufbau der Deutschen Wehrmacht beigetragen hat, das hoffe ich und will ich nicht bestreiten.


PROF. DR. EXNER: Ihr Tagebuch 1780-PS enthält auch nirgends ein Wort über Aufrüstung. Sie haben sich also offenbar damals nicht mit diesem Problem befaßt. Wie dachten Sie zur Frage der Aufrüstung? Ich meine, waren Sie positiv eingestellt gegenüber der Aufrüstung?


JODL: Ich war damals der Auffassung wie meine Vorgesetzten; und es ist charakteristisch, daß am Tage vor der Erklärung, daß 36 Divisionen aufgestellt würden, sowohl Blomberg wie Fritsch dem Führer vorschlugen, doch nur 24 Divisionen aufzustellen. Sie fürchteten eine Verwässerung des ganzen Heeres. Sie fürchteten vielleicht auch eine zu stürmische Außenpolitik, auf Kräfte gestützt, die nur auf dem Papier standen.


PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, eine mir wichtig erscheinende Frage: Mit welchen Terminen rechnete man denn damals bei der Aufrüstung im Jahre 1935?


JODL: Es waren verschiedene Stufungen vorgesehen. Die erste Stufe bis 1942/1943, den Westwall wollte das Heer bis 1945 im wesentlichen, im Jahre 1952 ganz zu Ende haben, und der Aufbauplan der Marine erstreckte sich auf die Jahre bis 1944/1945.


PROF. DR. EXNER: Was war denn nach Ihrer damaligen Anschauung der Sinn der Aufrüstung?


JODL: Nachdem eine Abrüstung nicht zustandegekommen war, war das Ziel, die militärische Parität gegenüber den Nachbarländern Deutschlands herzustellen.


[384] PROF. DR. EXNER: Ich möchte hier in diesem Zusammenhang auf eine Urkunde hinweisen, die schon vorgelegt worden ist, nämlich den Zweijahresbericht des Generals George Marshall; er ist schon vorgelegt worden, und zwar als »Raeder Nummer 19«. Ich habe hier einen Teil, den ich benützen wollte, unter AJ-3, Jodl-56, vorgelegt, und zwar Seite 168. Zur Frage der Aufrüstung scheinen mir einige Sätze zu stehen, die den Nagel auf den Kopf treffen; zweiter Absatz, Seite 6, letzter Satz:

»Die Welt nimmt die Wünsche der Schwachen nicht ernst. Schwäche ist eine zu große Versuchung für die Starken, vor allem für die Gewalttäter, die nach Macht und Reichtum streben.«

Und dann auf der nächsten Seite noch ein Satz:

»Wir müssen vor allem, scheint mir, das tragische Mißverständnis berichtigen, daß eine Sicherheitspolitik eine Kriegspolitik ist.«

Sagen Sie, wie war damals unser militärisches Stärkeverhältnis zum Ausland?

JODL: Als wir im Jahre 1935 36 Divisionen aufstellten, da besaßen Frankreich, Polen und die Tschechoslowakei 90 Friedensdivisionen und 190 Divisionen im Kriege. Wir hatten kaum eine schwere Artillerie, und die Panzerwaffe war erst in den primitivsten Anfängen. Es ist hier verschiedentlich von dem Begriff defensiver und offensiver Rüstung gesprochen worden. Es würde zu weit führen, darauf einzugehen. Ich möchte nur sagen, daß es für Deutschland in seiner geographischen Lage diesen Begriff nicht gab. Auch die Abrüstungskonferenz ist nach monatelangen Verhandlungen an dieser Begriffsdefinition gescheitert.

PROF. DR. EXNER: Dazu möchte ich einen Sachverständigen zitieren, wieder George Marshall, Seite 168 meines Dokumentenbuches, aus dem ich gerade verlesen habe, auch wieder nur einen Satz, nämlich im ersten Absatz:

»Die einzige erfolgreiche Verteidigung, die eine Nation jetzt aufrechterhalten kann, ist die Kraft des Angriffs...«

Nun behauptet aber die Anklage, Sie hätten wissen müssen, daß eine so ungeheuere Aufrüstung wie die deutsche überhaupt nur einem Angriffskrieg dienlich sein kann. Was meinen Sie?

JODL: Das ist, glaube ich, nur aus militärischer Unkenntnis zu erklären. Wir waren bis zum Jahre 1939 zwar in der Lage, Polen allein zu zerschlagen, aber wir waren niemals – weder 1938 noch 1939 – eigentlich in der Lage, einem konzentrischen Angriff dieser Staaten gemeinsam standzuhalten. Und wenn wir nicht schon im Jahre 1939 zusammenbrachen, so kommt das nur daher, daß die rund 110 französischen und englischen Divisionen im Westen sich [385] während des Polenfeldzuges gegenüber den 23 deutschen Divisionen völlig untätig verhielten.

PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, wann kam es dann wirklich zu einer starken Aufrüstung?


JODL: Die wirkliche Aufrüstung wurde erst nach Kriegsbeginn durchgeführt. Wir traten in diesen Weltkrieg ein mit etwa 75 Divisionen. 60 Prozent unserer gesamten wehrfähigen Bevölkerung waren unausgebildet, das Friedensheer war etwa 400000 Mann stark gegenüber fast 800000 Mann im Jahre 1914. Die Vorräte an Munition und an Bomben – der Zeuge Milch hat davon schon gesprochen – waren geradezu lächerlich.


PROF. DR. EXNER: Dazu möchte ich eine Tagebuchnotiz von Ihnen verlesen, Seite 16 des ersten Bandes meines Dokumentenbuches, das ist 1780-PS, USA-72. Da schreiben Sie am 13. Dezember:

»Generalfeldmarschall trägt nach der Zusammenstellung der L« – also der Landesverteidigung – »den Stand des Kriegspotentials der Wehrmacht vor, dessen größter Engpaß in der schlechten Munitionsbevorratung des Heeres 10 bis 15 Kampftage = 6 Wochen Vorrat liegt.«


JODL: Also 10 bis 15 Kampftage hatten wir Munition.

PROF. DR. EXNER: Nun komme ich zur Frage der Rheinlandbesetzung.


VORSITZENDER: Wir machen jetzt eine Pause.


[Pause von 10 Minuten.]


PROF. DR. EXNER: Herr Generaloberst! Wann hörten Sie zum erstenmal von, Plänen zur Rheinlandbesetzung?

JODL: Am 1. oder 2. März 1936, also etwa sechs Tage vor der tatsächlichen Besetzung. Früher konnte ich davon auch nicht hören; denn früher war der Entschluß beim Führer selbst nicht gefaßt.

PROF. DR. EXNER: Bestanden bei Ihnen und den Generalen militärische Bedenken gegen diese Besetzung?


JODL: Ja, ich muß sagen, daß uns etwa so unheimlich zumute war, wie einem Spieler, der sein ganzes Vermögen im Roulette auf Rot oder Schwarz setzt.


PROF. DR. EXNER: Hatten Sie rechtliche Bedenken?


JODL: Nein, ich war weder ein Völkerrechtler noch war ich Politiker. Es war politisch ausgesprochen, daß diese Paktverflechtung zwischen der Tschechoslowakei, Rußland und Frankreich den Locarno-Pakt illusorisch gemacht hätte. Das nahm ich zunächst als eine Tatsache hin.


[386] PROF. DR. EXNER: Wie stark waren unsere Truppen im Rheinland nach der Besetzung?


JODL: Wir besetzten das Rheinland im ganzen mit rund einer Division, wovon aber nur drei Bataillone in das westrheinische Gebiet vorgeschoben wurden, nämlich je ein Bataillon nach Aachen, nach Trier und nach Saarbrücken.


PROF. DR. EXNER: Drei Bataillone, das ist eigentlich nur eine Besetzung von symbolischer Bedeutung?


JODL: Ja, sie benahmen sich auch nur symbolisch.

PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, haben Sie etwas getan, um einen militärischen Konflikt wegen dieser Besetzung zu vermeiden?


JODL: Es kamen damals sehr ernste Meldungen von unseren Militär-Attachés aus London und Paris, deren Eindruck ich mich auch nicht entziehen konnte, und wir schlugen damals dem Feldmarschall Blomberg vor, doch vielleicht zu erörtern, diese drei Bataillone westrheinisch zurückzuziehen, wenn dafür die Franzosen etwa das Vier- und Fünffache von ihrer Grenze zurückziehen würden.


PROF. DR. EXNER: Ist dieser Vorschlag gemacht worden?


JODL: Der Vorschlag ist dem Führer gemacht worden. Der Führer hat ihn aber abgelehnt. Er hat aber ganz schroff den Vorschlag des Generals Beck abgelehnt, zu erklären, daß wir das westrheinische Gebiet nicht befestigen würden. Das war ein Vorschlag von General Beck, den der Führer schroff ablehnte.


PROF. DR. EXNER: Meinten Sie, daß damals irgendwelche Angriffsabsichten mit dieser Aktion verbunden seien.


JODL: Nein, von Angriffsabsichten konnte gar keine Rede sein.


PROF. DR. EXNER: Warum nicht?


JODL: Ich kann nur sagen, in dieser Lage hätte uns allein die französische armée de couverture hinweggeblasen.


PROF. DR. EXNER: Glauben Sie, daß bei den maßgeblichen Leuten damals Angriffsabsichten vorhanden waren?


JODL: Nein, es bestanden bei niemandem Angriffsabsichten; aber es ist natürlich möglich, daß im Gehirn des Führers mit dieser Besetzung bereits der Gedanke vorhanden war, das sei eine Voraussetzung, damit er später aktiv im Osten handeln könne. Das ist möglich, ich weiß es nicht, denn ich bin nicht im Gehirn des Führers gesessen.


PROF. DR. EXNER: Sie hatten auch kein äußerliches Zeichen dafür?


JODL: Nein, keinerlei.


[387] PROF. DR. EXNER: Kannten Sie das sogenannte Hitler-Testament vom 5. November 1937, das hier vorgetragen wurde?


JODL: Ich habe es zum erstenmal hier im Gerichtssaal gehört.


PROF. DR. EXNER: Was hörten Sie denn damals darüber?


JODL: Der Feldmarschall von Blomberg orientierte den General Keitel und dieser orientierte mich, daß eine Besprechung beim Führer stattgefunden hätte. Auf meine Frage nach einem Protokoll wurde mir erklärt, es sei kein Protokoll geführt worden. Das stelle ich unter Beweis durch Eintragungen in mein Tagebuch, da steht es drin, Dokument 1780-PS. Das, was mir gesagt worden ist, war überhaupt nichts Sensationelles und unterschied sich kaum von dem, was bisher in der allgemeinen Anweisung für die Vorbereitung eines Krieges bereits festgelegt war. Ich kann nur annehmen, daß der Feldmarschall Blomberg damals diese Dinge für sich behalten hat, an deren Ausführung er vielleicht selbst nicht glaubte.


PROF. DR. EXNER: Gab es einen Aufmarschplan gegen Österreich?


JODL: Es gab keinen Aufmarschplan gegen Österreich, das muß ich hier ausdrücklich feststellen.


PROF. DR. EXNER: Nun kommen wir zu dem Dokument C-175, Exhibit Nummer US-69. Das ist eine Weisung in dem Dokumentenband, erstes Buch Seite 18 und folgende für die einheitliche Kriegsvorbereitung der Wehrmacht vom Jahre 1937. Der Ankläger hat seinerzeit aus dieser Weisung nur den Fall »Otto« verlesen, so daß der Anschein entstehen mußte, das Ganze sei ein Aufmarschplan gegen Österreich. Erklären Sie die Bedeutung dieser Weisung.


JODL: Diese Weisung war eine jener typischen einheitlichen Kriegsvorbereitungen für jeden denkbaren Fall. Solche Anweisungen gab es in Deutschland jedes Jahr, seit es überhaupt einen Generalstab und eine allgemeine Wehrpflicht gibt; und diese theoretische militärische Arbeit unterschied zwei Fälle, nämlich solche Kriegsfälle, die ihrer Natur nach politisch wahrscheinlich waren oder wahrscheinlich sein konnten, und solche, die unwahrscheinlich waren. Für die ersteren sollte ein Aufmarsch bearbeitet werden durch das Heer und die Luftwaffe. Für die letzteren sollte man nur Überlegungen anstellen, und wenn das Gericht auf Seite 21 dieses Dokuments geht am Schluß dieser Seite, Teil 3, so findet es den Satz:

»Folgende ›Sonderfälle‹ sind innerhalb des Oberkommandos im allgemeinen ohne Beteiligung von Außenstellen zu durchdenken.«

Und unter diesen Fällen erscheint der Sonderfall »Otto« auf Seite 22.

PROF. DR. EXNER: Und auf Seite 18 dieses Dokuments ist eine Weisung, die gültig ist vom 1. Juli 1937 bis voraussichtlich [388] 30. September 1938, also etwas mehr als ein Jahr. Sie löst wiederum eine frühere derartige Weisung ab, wie sie im ersten Absatz steht, die vorher für dieselben Probleme bearbeitet worden ist. Haben Sie an Besprechungen über den Fall Österreich teilgenommen?

JODL: Nein, ich habe an keinerlei Besprechungen teilgenommen.


PROF. DR. EXNER: Der Trialbrief sagt, Sie seien am 12. Februar 1938 in Obersalzberg gewesen. Keitel hat dies bereits berichtigt. Ihre Eintragung im Tagebuch vom 12. März 1938 beruht demnach nur auf einem Bericht, den Sie von Keitel bekamen. Ist das richtig?


JODL: Ja, es ist nur der Niederschlag einer kurzen Erzählung, die mir der General Keitel über diesen Tag gemacht hat, die vielleicht sogar etwas farbenfroh ausgeschmückt war.


PROF. DR. EXNER: Da heißt es am 11. Februar, abends:

»General Keitel mit General v. Reichenau und Sperrle in Obersalzberg. Schuschnigg mit G. Schmidt werden unter schwersten politischen und militärischen Druck gesetzt.«

Hier steht in der englischen und französischen Übersetzung:

»Schuschnigg mit G. Schmidt werden wieder unter schwersten politischen und militärischen Druck gesetzt.«

Dieses »wieder« ist in meinem deutschen Original nicht vorhanden.

Nun, haben Sie Täuschungsmanöver gegen Österreich vorgeschlagen? Das wird Ihnen verübelt.

JODL: Ich habe keine Täuschungsmanöver vorgeschlagen. Die hat der Führer befohlen. Sie sind auch, glaube ich, gar nicht rechtswidrig; und ich glaube, daß im Spielsaal der Weltgeschichte, in der Politik und in der Kriegführung immer mit falschen Karten gespielt wird. Aber der Führer hatte sie befohlen, das steht auch in dem Tagebucheintrag. Ich habe militärische Unterlagen an Canaris geliefert, nämlich, wo unsere Garnisonen sind, welche Übung zur Zeit stattfindet. Canaris hat sie bearbeitet und hat sie dann in München ausgelöst.

PROF. DR. EXNER: Was meinten Sie, daß der Zweck dieser...


JODL: Ja, als Zweck war mir angegeben, einen gewissen Nachdruck auszuüben, daß sich Schuschnigg an die Vereinbarungen von Obersalzberg auch hält, wenn er wieder zu Hause ist.


PROF. DR. EXNER: Wie lange vor dem Einmarsch haben Sie von den Einmarschabsichten gehört?


JODL: Ich habe zum erstenmal am 10. März, vormittags gegen 11.00 Uhr, davon gehört.

PROF. DR. EXNER: Der Einmarsch war?


[389] JODL: Der Einmarsch war am 12. Als der General Keitel und der General Viehbahn, der damals vorübergehend Chef des Wehrmachtführungsstabes war, überraschend in die Reichskanzlei bestellt wurden, hörte ich zum erstenmal von dieser Absicht.


PROF. DR. EXNER: Und Sie ließen sich dann eine Ausarbeitung machen, oder wie war das?


JODL: Dort hörten sie überraschend durch den Führer, daß es sich um das Problem Österreich drehe, und da erinnerten sie sich, daß es ja eine Generalstabsarbeit »Otto« gibt und ließen mich mit dieser Anweisung nachkommen; sie erfuhren dann von mir, daß zwar eine solche Anweisung bestand, daß aber praktisch gar nichts vorbereitet war, denn sie war ja nur zu durchdenken und war nur für den Fall einer österreichischen Restauration vorgesehen und, da eine solche nicht in Aussicht stand, hatte praktisch das Oberkommando des Heeres gar nichts gemacht.


PROF. DR. EXNER: Wie faßten Sie denn selbst die ganze österreichische Aktion auf?


JODL: Mir erschien es als ein Familienzwist, der sich in ganz kurzer Zeit in Österreich innerpolitisch von selbst lösen würde.


PROF. DR. EXNER: Und worauf gründete sich diese Anschauung?


JODL: Diese Auffassung gründete sich auf meine persönlich sehr guten Kenntnisse von Österreich, mit dem ich durch Verwandtschaft und Bekanntschaft und durch den deutsch-österreichischen Alpenverein als Kenner der sämtlichen österreichischen Berge ja viel mehr verflochten war wie mit dem deutschen Norden, und ich wußte, daß in diesem Lande tatsächlich seit langer Zeit gegen den Willen des Volkes regiert wurde, wofür der Bauernaufstand in der Steiermark ein charakteristisches Beispiel war.


PROF. DR. EXNER: War der Einmarsch eine Ausführung des Vorschlags C-175?


JODL: Nein, der Einmarsch wurde vollkommen improvisiert in wenigen Stunden. Das Ergebnis war auch danach. Es blieben nämlich 70 Prozent der ganzen Panzerwagen und Kraftfahrzeuge auf der Straße Salzburg-Wien und Passau-Wien liegen, weil die Kraftfahrer mitten aus der Rekrutenausbildung heraus vor diese Aufgabe gestellt wurden.


VORSITZENDER: Angeklagter! Sie haben gerade erklärt, daß der Führer Ihnen gesagt habe, dies sei das österreichische Problem. Sie haben das doch gesagt, nicht wahr?

JODL: Ich sagte, daß der Führer den General Keitel und den General von Viehbahn am 10. März, vormittags, orientiert hat. Mit mir hat er nicht gesprochen und ich habe bis zu diesem Tag auch den Führer noch nicht gesprochen.


[390] VORSITZENDER: Ich wollte nur das Datum wissen. Am 10. März sagten Sie?


JODL: Am 10. März, vormittags.


PROF. DR. EXNER: Ist es richtig, daß lediglich Friedensformationen in die Grenzgebiete einmarschiert sind, in die österreichischen Gebiete einmarschiert sind?


JODL: Ja, es sind tatsächlich nur die Friedensformationen, die für die Parade in Wien bestimmt waren, endgültig eingerückt. Alle eventuellen für eine militärische Auseinandersetzung, vielleicht auch mit der Tschechoslowakei oder Italien, vorgesehenen Aufstellungen wurden im letzten Augenblick angehalten und haben die Grenze nicht überschritten.


PROF. DR. EXNER: Also, Munitionskolonnen beispielsweise?


JODL: Nein, alles zurückgeblieben.


PROF. DR. EXNER: Gab es im letzten Augenblick noch ein Schwanken in der politischen Führung bei dieser Sache?


JODL: Ich erhielt am 11. März, nachmittags, aus der Reichskanzlei die Mitteilung, daß die Wehrmacht nicht einrücken würde, sondern daß die Polizei durch die bereitgestellte Wehrmacht hindurchmarschieren und allein einrücken sollte. Aber abends, am 11. März, um 20.30 Uhr wurde mir die endgültige Entscheidung übermittelt, daß die Wehrmacht doch einrücken würde. Den Grund für diese Schwankungen habe ich nicht erfahren.


PROF. DR. EXNER: Es handelt sich also im ganzen nicht um einen gewaltsamen Einmarsch?


JODL: Nein, es handelt sich um einen reinen Friedensmarsch, charakterisiert dadurch, daß ich dem Chef der Operationsabteilung des Heeres vorgeschlagen habe: »Nehmen Sie die Musikkorps an die Spitze und lassen Sie alle Kraftfahrer unbedingt Brillen aufsetzen, sonst werden ihnen durch die Blumen die Augen ausgeworfen.«


PROF. DR. EXNER: Welche Bedeutung hatte der von Ihnen abgezeichnete Einmarschbefehl? Und zwar haben Sie den Einmarschbefehl C-182, USA-77 vorgelegt bekommen. Sie können sich erinnern?


JODL: Ja, ich erinnere mich. Das ist nichts anderes, als die aktenmäßige Niederlegung dessen, was längst vorher mündlich befohlen war und schon in der Ausführung begriffen war. Dieser schriftliche Befehl wäre ja viel zu spät gekommen.


PROF. DR. EXNER: Und welche Bedeutung hat das Dokument C-103. Das ist USA-75 und betrifft einen eventuellen Zusammenstoß mit tschechischen Truppen oder mit italienischen Truppen auf österreichischem Gebiete. Wieso kamen Sie dazu?


[391] JODL: Das beruhte auf einer Anfrage des Generalstabs des Heeres. Er wollte für jeden Fall – auch für den unwahrscheinlichsten – wissen, wie sich die Truppe zu verhalten hätte. Darauf erklärte ich das telephonisch über den General Schmundt beim Führer, und dessen Entscheidung habe ich dann hier schriftlich in seinem Auftrag niedergelegt.


PROF. DR. EXNER: Nun, wie verlief die Aktion tatsächlich?


JODL: Sie verlief genau, wie erwartet. Es war ein Jubel- und Triumphzug, wie er wahrscheinlich selten in der Geschichte stattgefunden hat, wenn man auch heute recht ungern das noch wissen will. Die Bevölkerung kam in der Nacht schon entgegen, die Zollschranken fielen, die Grenzbäume wurden niedergelegt und daher nannte die ganze deutsche Truppe diesen Einmarsch nur den »Blumenkorso«.

PROF. DR. EXNER: Wir kommen jetzt zu der Frage der Tschechoslowakei. Haben Sie an den Besprechungen vom 21. April 1938 und vom 28. Mai 1938, welche von der Anklage als »Verschwörerkonferenzen« betrachtet werden, teilgenommen?


JODL: Ich habe an keiner dieser Besprechungen teilgenommen.


PROF. DR. EXNER: Welcher Art waren damals Ihre Generalstabsarbeiten für den Fall »Grün«? »Grün« war ja der Fall Tschechoslowakei.


JODL: Ich muß dabei wieder zurückgreifen auf das Dokument C-175, Seite 17 des ersten Dokumentenbuches. In dieser allgemeinen Anweisung für eine einheitliche Kriegsvorbereitung waren die zwei Hauptfälle bearbeitet oder zu bearbeiten: Ein Defensivaufmarsch gegen ein den Krieg eröffnendes Frankreich, der Fall »Rot«. Und ein Offensivaufmarsch, Fall »Grün«, gegen die Tschechoslowakei. Das wäre genau so bearbeitet worden, auch wenn wir keinen akuten Konfliktfall mit der Tschechoslowakei gehabt hätten, denn ein Zweifrontenkrieg, vor dessen Problem wir ja immer standen, war niemals anders zu führen noch zu gewinnen, als durch einen Angriff gegen den Schwächeren. Diese Weisung wurde nun oder mußte im Abschnitt Fall »Grün« in dem Augenblick neu bearbeitet werden, als Österreich automatisch als neuer Aufmarschraum dazu gekommen war. Und so entstand am 20. Mai 1938 eine neue Entwurfsfassung für den Fall »Grün«, von mir entworfen, die mit den Worten, die bisher üblich waren, beginnt:

»Es liegt nicht in meiner Absicht, die Tschechoslowakei ohne Herausforderung schon in nächster Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen...«


PROF. DR. EXNER: Warten Sie! Dieses Zitat ist in 388-PS, US-26, das Dokument vom 20. Mai 1938.

[392] »Es liegt nicht in meiner Absicht, das Tschechoslowakei ohne Herausforderung schon in nächster Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen...«

Nun, bitte fortzusetzen.

JODL: Das war am 20. Mai. Am 21. Mai, also am Tage danach, ereignete sich ein ungeheuerlicher Zwischenfall. Die Tschechoslowakei machte nämlich nicht nur mobil, sondern sie marschierte sogar an unseren Grenzen auf. Der tschechoslowakische Generalstabschef erklärte Toussaint das damit, daß zwölf deutsche Divisionen in Sachsen aufmarschiert seien. Ich kann nur feststellen, und meine Tagebucheinträge beweisen das, es war nicht ein deutscher Soldat bewegt worden. Es war nichts, aber auch gar nichts geschehen.

PROF. DR. EXNER: Hier wäre hinzuweisen auf einen Fragebogen AJ-9, und zwar ist das ein Fragebogen, der an den General Toussaint, den damaligen, deutschen Militär-Attaché in Prag gerichtet war. Der bestätigt die damalige Mobilmachung, dritter Band 199; auf Seite 201 unten wird gefragt:

»Was war der Grund für die tschechoslowakische Mobilmachung im Mai 1938?«

Und darauf sagte er:

»Meine persönliche Ansicht ist, daß die Tschechoslowakische Regierung eine klare Stellungnahme der politischen Verbündeten erzwingen wollte. Vom tschechoslowakischen Chef des Generalstabs Krejci wurde mir als Grund für die Mobilmachung mitgeteilt, daß er genaue Nachrichten darüber habe, daß im Raum um Dresden 10 bis 12 deutsche Divisionen aufmarschiert seien und daß er es nicht mehr länger verantworten könne, keine Gegenmaßnahmen zu ergreifen.«

Und demgegenüber wäre jetzt noch eine Tagebuchnotiz von Jodl in Band 1, Seite 26 anzuführen:

»Die Absicht des Führers, das tschechoslowakische Problem noch nicht anzurühren, wird durch den tschechischen Aufmarsch vom 21. 5., der ohne jede deutsche Bedrohung und ohne jeden auch nur scheinbaren Anlaß vor sich geht, geändert. Er führt in seinen Folgeerscheinungen durch das Stillhalten Deutschlands zu einem Prestigeverlust des Führers, den er nicht noch einmal hinzunehmen gewillt ist. Daher ergeht am 30. 5. die neue Weisung für ›Grün‹.«

Das ist also aus dem Tagebuch Jodls, Seite 26, erster Band. Bitte, jetzt setzen Sie fort.

JODL: Das war also die Mitteilung, die ich, sei es durch den General Keitel, sei es durch den damaligen Major Schmundt, über den Eindruck beim Führer bekommen hatte. Die Folge davon war, daß er [393] persönlich meinen Entwurf vom 20. Mai abänderte und an den Anfang die Worte setzte:

»Es ist mein unabänderlicher Entschluß, die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen. Den politisch und militärisch geeigneten Zeitpunkt abzuwarten oder herbeizuführen ist Sache der politischen Führung.«


PROF. DR. EXNER: Diese Worte kommen vor in dem früher schon zitierten Dokument 388-PS, US-26, und zwar in dem Befehl vom 30. 5.1939. Nun sagen Sie kurz, was war der Inhalt dieser Weisung?

JODL: In dieser Weisung vom 30. Mai waren durch den Führer drei Fälle genannt, wie ein Konflikt mit der Tschechoslowakei entstehen könnte, nämlich: Ohne Anlaß politisch ausgeschlossen und nicht möglich; nach einer längeren Spannungszeit sehr unerwünscht, weil das militärische Moment der Überraschung wegfällt; am besten nach einem Zwischenfall – wie sie zu dieser Zeit schon beinahe täglich vorkamen –, der uns moralisch auch gegenüber der Welt die Berechtigung zu einem Einschreiten gibt. Es war dann weiter die Forderung erhoben, daß das Heer am ersten Tage durch die Befestigungen durchbrechen müsse, um damit den beweglichen Kräften, den Panzerdivisionen, den Weg frei zu machen für eine freie Operation, um nach vier Tagen eine Lage herzustellen, die die militärische Situation der Tschechoslowakei aussichtslos erscheinen ließe.


PROF. DR. EXNER: Warum ist nun im Juni die ganze Weisung neu entworfen worden?


JODL: Im Juni ist die ganze Weisung C-175 neu entstanden, und zwar deswegen, weil am 1. Oktober das neue Mobilmachungsjahr begann, und weil ja diese Weisung C-175 ohnehin schon nur bis zum 30. 9. 1938 in Voraussicht dieses Termins Gültigkeit hatte. Die alte Weisung galt natürlich noch bis zum 1. Oktober, wurde aber am 1. Oktober hinfällig durch die Weisung, die am 24. Juni oder 18. Juni von mir entworfen worden ist; und in dieser Weisung stand nun über den Fall »Grün« auch im Sinne der Absichten des Führers, daß er beabsichtige oder daß es das Nahziel seiner Politik sei, ab 1. Oktober 1938 – nicht am, sondern ab 1. Oktober 1938 – jede günstige Gelegenheit auszunützen, um das tschechoslowakische Problem zu lösen, aber nur, wenn Frankreich nicht eingreift oder marschiert und aus demselben Grund dann auch England nicht. Ich stelle damit fest, daß es in keinem Befehl für das Auslösen eines Krieges gegen die Tschechoslowakei einen Termin gibt, sondern die Weisung vom 30. Mai ließ den Termin überhaupt offen; und die neue Weisung C-175 vom 18. Juni, die sagte nur ab 1. Oktober bei der ersten günstigen Gelegenheit.


[394] PROF. DR. EXNER: Das ist auf Seite 29 unseres Dokumentenbuches, und zwar der zweite Satz:

»Ich bin entschlossen, ab 1. 10....«


JODL: Ich darf die Frage damit abschließen, um die Vorgänge ganz scharf zu präzisieren: In der Tat ist vor dem 14. September militärischerseits gar nichts geschehen.

PROF. DR. EXNER: Da wäre wieder auf eine Tagebuchnotiz von Jodl im ersten Band des Dokuments Seite 32 hinzuweisen. Es ist ein Auszug aus 1780-PS, US-72, eine Eintragung vom 14. 9. 1938:

»Mittags gibt ›Ausland‹ die Nachricht, daß in der Tschechei der allgemeine Mobilmachungsbefehl angeschlagen ist... Das ist aber nicht geschehen. Wohl aber sind mit kurzfristigen Gestellungsbefehlen etwa 8 Jahrgänge einberufen worden. Da die Sudetendeutschen in Massen über die Grenze gehen, beantragen wir gegen 17.30 auf Vorschlag des OKH, 2. Abt. die Einberufung des verstärkten GAD (Grenzaufsichtsdienstes) an der tschechischen Grenze im Wehrkreis VIII, IV, XIII und XVII. Der Führer gibt aus München die Genehmigung.«


VORSITZENDER: Woraus lesen Sie denn vor?

PROF. DR. EXNER: Ich habe gelesen von Seite 32 meines Dokumentenbuches I, Seite 32 des ersten Bandes des Dokumentenbuches; das ist ein Auszug aus Jodls Tagebuch, und zwar vom 14. 9., also gerade um diese kritische Zeit.


[Zum Zeugen gewandt:]


Nun, was waren das für militärische Maßnahmen, die da jetzt getroffen wurden?

JODL: Am 13. oder 14. 9. hat die Tschechoslowakei diese acht Jahrgänge einberufen, und wir stellten den verstärkten Grenzaufsichtsdienst, das heißt also den verstärkten Zollgrenzschutz auf, um die vielen flüchtenden Sudetendeutschen aufzunehmen. Am 17. September hat der Führer das Freikorps Henlein gebildet – auch gegen die bisherige Vereinbarung, ohne es uns vorher zu sagen. Denn es war vorher vereinbart, daß diese wehrpflichtigen Sudetendeutschen in das Ersatzheer kommen sollten. Um diese Zeit begannen bereits die politischen Besprechungen. Die erste im Berghof hatte schon stattgefunden. Am 23. 9. hat Benesch die Mobilmachung in der Tschechoslowakei befohlen, und erst jetzt und erst von diesem Zeitpunkt an begann in Vereinbarung mit den politischen Besprechungen der militärische Aufmarsch gegen die Tschechoslowakei. Es gab für mich keinen Zweifel, daß er dem Zwecke dienen sollte für den Fall, daß die Tschechoslowakei sich irgendeiner Vereinbarung, die wir mit den Westmächten getroffen hatten, nicht [395] beugen würde. Denn der Führer hatte ja klipp und klar ausgedrückt, daß er nur handeln würde, wenn ihm Frankreich und England politisch oder militärisch nicht in den Arm fällt.

PROF. DR. EXNER: Sie haben noch zwei Einträge in Ihrem Tagebuch am 22. und am 26. 9. gemacht, die beweisen, daß Sie in dieser Zeit sehr besorgt waren. Aussage Kapitän Bürkner, erster Band meines Dokumentenbuches, Seite 34, wiederum ein Auszug aus 1780-PS vom 22. 9.:

»Chef Ausland Kapitän Bürkner teilt mit, daß nach einem abgehörten Ferngespräch zwischen Prag und dem hiesigen tschechischen Gesandtschaftsrat soeben die Deutsche Gesandtschaft in Prag gestürmt werde. Ich veranlasse sofort die telephonische und funkentelegraphische Verbindungsaufnahme mit Prag durch Oberst Juppe.

10.50 Uhr: Bürkner teilt mit, Nachricht habe sich nicht bestätigt. Auswärtiges Amt hat mit unserer Gesandtschaft gesprochen.

10.55 Uhr bekomme ich Verbindung mit Prag und mit Toussaint. Auf meine Frage, wie es ihm geht, sagt er: danke, ausgezeichnet. Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, der von 1. Meldung verständigt war mit dem Hinweis, sich zu überlegen, welche Maßnahmen zu ergreifen wären, wenn der Führer eine sofortige Bombardierung Prags wünscht, wird durch Ic über die Falschmeldung, die vielleicht gerade den Zweck hatte, uns zu einer militärischen Handlung zu veranlassen, orientiert.«

Und dann sagt er am 26. 9.:

»Wichtig, daß wir uns vor der Antwort Prags nicht durch falsche Meldungen zu militärischen Aktionen verleiten lassen.«

Die Anklage behauptet, es sei schon lange vorher der 1. Oktober 1938 als Angriffstag in Aussicht genommen worden. Sagen Sie einmal, welche Bedeutung hat das Datum des 1. Oktober 1938 für den Fall »Grün« gehabt?

JODL: Ich habe das, glaube ich, schon vorausgenommen. Ich habe schon erklärt, daß das neue Mobilmachungsjahr begonnen hat und daß es überhaupt in keinem Befehl einen Termin gibt, in dem die Auslösung eines Feldzugs gegen die Tschechoslowakei zeitlich festgelegt war.

PROF. DR. EXNER: Glaubten Sie an eine Lokalisierung des Konfliktes?


JODL: Ich glaubte fest daran; denn ich konnte mir nicht vorstellen, daß der Führer in dieser Situation, in der wir uns befanden, einen Konflikt mit Frankreich und England auslöste, der zu unserem sofortigen Zusammenbruch hätte führen müssen.


[396] PROF. DR. EXNER: Und Ihre Einträge im Tagebuch sind ja wohl mit der Sorge wegen Zwischenfällen zu erklären?


JODL: Ja. In meinem Tagebuch am 8. September ist ein Gespräch mit dem General von Stülpnagel eingetragen, das lautet etwa, daß Stülpnagel im Augenblick sehr besorgt ist, der Führer könne von dieser von ihm so oft zitierten Grundlage abweichen und sich doch zu militärischen Handlungen hinreißen lassen auch auf die Gefahr hin, daß Frankreich gegen uns, eingreift; und da habe ich ihm erwidert nach dem Eintrag in mein Tagebuch, daß ich tatsächlich im Augenblick diese Sorgen auch etwas hätte.


PROF. DR. EXNER: Das ist ein Eintrag, den das Gericht findet auf Seite 26, erster Band meines Dokumentenbuches, wiederum ein Auszug aus 1780-PS, Eintragung vom 8. 9. 1938.

Und was war Ihre Besorgnis? Das haben Sie schon gesagt, unsere Schwäche?

JODL: Es war ganz ausgeschlossen, mit fünf aktiven Divisionen und sieben Reservedivisionen in einer Westbefestigung, die nur eine große Baustelle war, 100 französischen Divisionen standzuhalten. Das war militärisch unmöglich.


PROF. DR. EXNER: Nun haben Sie am 24. August in einem Schreiben an Schmundt Ausführungen gemacht über den Wert eines Zwischenfalles für die Aufgaben der Wehrmacht in diesem Falle hier. Das wird Ihnen schwer zum Vorwurf gemacht. Welche Bedeutung hatte dann diese Ausführung Ihrerseits?

Das ist wiederum 388-PS, Seite 35, erster Band; es ist ein Auszug aus der schon oft zitierten 388-PS, eine Vortragsnotiz zum Zeitpunkt des X-Befehls und die Frage der Vorausmaßnahme. Bitte, erklären Sie, was Sie hier in dieser Generalstabsarbeit beabsichtigt haben?


JODL: Der Befehl des Führers vom 30. Mai, den ich schon erläuterte, der ließ gar keine andere Wahl, als zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt, wenn es überhaupt zu einem solchen Falle kommen sollte, anzugreifen. Das konnte nur auf Grund eines Zwischenfalles sein, denn ohne Anlaß ging es ja nicht und nach einer langen Spanne Zeit sollte es nicht sein. Das Heer brauchte, um zu einem solchen überraschenden Durchbruch durch die tschechoslowakischen Befestigungen bereit zu sein, vier Tage Vorbereitung. Geschah nach diesen vier Tagen nichts, dann ließen sich die militärischen Vorbereitungen nicht mehr geheimhalten, und die Überraschung fiel weg. Es blieb also gar keine andere Möglichkeit, als entweder ein spontaner Zwischenfall in der Tschechoslowakei, der vier Tage später die militärische Handlung auslöste, oder aber der Termin wurde vorher bestimmt; dann mußte in diesen vier Tagen, [397] die das Heer zu seinem Aufmarsch brauchte, ein Zwischenfall eintreten. Anders war die Forderung, die der Führer gestellt hatte, generalstabs-technisch gar nicht zu lösen, und diese Schwierigkeit oder diese Zwangslage dem Führer eindeutig klarzulegen, das war der Zweck meines Schreibens an den Major Schmundt.

Nun ereigneten sich damals ja jeden Tag Zwischenfälle, denn ich darf erinnern, daß seit der ersten tschechoslowakischen Teilmobilmachung die sudetendeutschen Wehrpflichtigen sich zum größten Teil der Einberufung entzogen hatten. Sie flüchteten über die Grenze nach Deutschland, und der tschechoslowakische Grenzschutz hat auf sie geschossen. Täglich kamen die Einschläge der Geschosse auf deutsches Gebiet. Im ganzen sind etwa 200000 Sudetendeutsche auf diese Weise über die Grenze geflüchtet. Insofern war der Begriff eines Zwischenfalles nicht eine kriminelle Gemeinheit, als was ich sie bezeichnen würde, wenn man zum Beispiel einen solchen Gedanken gegenüber der friedlichen Schweiz erwogen hätte. Wenn ich also sagte, welch großes Interesse wir an einem solchen Zwischenfall hätten, sollte damit zum Ausdruck gebracht werden, daß ein solcher Zwischenfall eben dann, falls überhaupt militärisch gehandelt würde-es sind ja alles nur theoretische Überlegungen –, zu einem »casus belli« gemacht werden mußte.


PROF. DR. EXNER: Nun, wie erklärt sich Ihre Bemerkung,

»sofern nicht ohnehin die Abwehrabteilung mit der Organisation des Zwischenfalls beauftragt wird«.

Diese Bemerkung steht auf Seite 38, im zweiten Absatz am Ende. Das ist der Auszug aus 388-PS.

JODL: Ich war ein zu guter Kenner der Kriegsgeschichte – der europäischen Kriegsgeschichte, möchte ich sagen –, um nicht zu wissen, daß die Frage des ersten Schusses – also des äußeren Kriegsanlasses, nicht die tiefere Kriegsursache – in fast jedem Krieg und auf jeder Seite eine große Rolle gespielt hat. Die Schuld für den Kriegsausbruch dem Gegner zuzuschieben ist – das beweist, glaube ich, die Geschichte – keine typisch deutsche Eigenschaft, sie war allen europäischen Staaten gemeinsam, die je Krieg miteinander geführt haben. In dem Fall der Tschechoslowakei lag die tiefere Kriegsursache offen zutage. Ich brauche den Zustand mit den dreieinhalb Millionen Deutschen nicht zu schildern, die hier gezwungen werden sollten, gegen ihr eigenes Volk zu kämpfen. Ich habe diese Tragödien, kann ich nur sagen, aus nächster Nähe in meinem eigenen Hause erlebt. In diesem Falle lag die tiefere Kriegsursache fest, und der von England entsandte Lord Runciman hat darüber keinen Zweifel gelassen. In einer solchen Lage hatte ich allerdings keine moralischen Bedenken, einen dieser Zwischenfälle auch noch etwas auszuweiten und durch [398] die Abwehr – durch eine Gegenaktion – in der man auf ein solches Treiben von tschechischer Seitemal kräftig erwiderte, einen solchen Zwischenfall etwas, ich möchte sagen, auszuweiten und aufzubauschen, um, falls die Lage das überhaupt politisch erlaubte, England und Frankreich nach Ansicht des Führers nicht eingreifen würden, hier einen Grund, einen wirklich sichtbaren Grund zu einer Aktion zu haben.

PROF. DR. EXNER: Meine Herren Richter! Ich möchte noch auf einen Punkt aufmerksam machen. Nach meiner Ansicht findet sich wieder ein Fehler der Übersetzung, nämlich im zweiten Absatz von unten auf Seite 36; das ist diese Vortragsnotiz über den Zwischenfall. Der zweite Absatz von unten auf Seite 36 lautet im Deutschen:

»Die Aktion ›Grün‹ wird ausgelöst durch einen Zwischenfall in der Tschechei, der Deutschland den Anlaß zu militärischem Eingreifen gibt.«

Die Übersetzung dieser letzten Worte im Englischen ist »provocation«. »Anlaß« ist »provocation«.

VORSITZENDER: Was sagen Sie? Was ist die Änderung?

PROF. DR. EXNER: Ich glaube, daß das keine richtige Übersetzung ist, ich bin nicht ganz sicher. Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichts darauf lenken. »Anlaß«, im Französischen heißt es »Prétexte«, nach dem, was wir wissen, – »Vorwand«.


VORSITZENDER: Herr Dr. Exner! Es ist kein Unterschied in der Bedeutung der Worte »Provokation« oder »Anlaß«.


PROF. DR. EXNER: Es klingt aggressiver, nicht wahr, »Provokation«. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, daß es im Deutschen »Anlaß« heißt, nicht etwa »Provokation«.

Nun, die Anklage nennt diese Überlegungen, über die wir gerade gesprochen haben, kriminelles Denken und bringt sie in Zusammenhang mit der angeblich geplanten Ermordung des Deutschen Gesandten in Prag; wir hätten diesen Mord geplant, um einen Anlaß zum Einmarsch in die Tschechoslowakei zu haben. Was haben Sie dazu zu sagen?


JODL: Das ist natürlich grotesk. Dieses Beispiel, das der Führer gegenüber dem Feldmarschall Keitel gebraucht hatte, daß der Deutsche Gesandte durch den Prager Pöbel ermordet wird, kannte ich überhaupt nicht. Das hat mir der General Keitel gar nicht erzählt, das habe ich hier erst gehört. Im übrigen ist es, glaube ich, müßig, darüber weiter zu reden, denn wir haben genau das Gegenteil gemacht. Wir haben dem General Toussaint den Befehl gegeben, die Deutsche Gesandtschaft in Prag in Verteidigungszustand zu setzen und das Leben aller ihrer Insassen zu schützen, denn sie war einmal tatsächlich ernsthaft bedroht.


[399] PROF. DR. EXNER: Dies wird erwiesen durch Jodl 62, AJ-9, dritter Band des Dokumentenheftes, Seite 200. Es ist wiederum der Fragebogen, gerichtet an Toussaint, der damals Militär-Attaché in Prag war. Die dritte Frage lautete:

»Ist es wahr oder nicht, daß Sie im Sommer 1938 den Befehl bekommen haben, die Deutsche Gesandtschaft in Prag zu verteidigen und das Leben aller Deutschen in der Gesandtschaft zu schützen?«

Antwort: »Ja, es beruht auf Wahrheit. Ich erinnere mich an die Tatsache, daß dieser Befehl wahrscheinlich im September 1938 telephonisch gegeben wurde.« – und so weiter. Und dann in der vierten Frage:

»Es ist wahr, daß die Deutsche Gesandtschaft...«

VORSITZENDER: Der Zeuge hat schon einmal gesagt, daß es so war.

PROF. DR. EXNER: Ich berufe mich also nur auf die Zeugenaussage Toussaints.

Nun wird darüber hinaus behauptet, der Zwischenfall wäre von uns projektiert oder geplant gewesen. Nun, darauf brauchen wir nicht näher einzugehen. Ist es dann wirklich zu einem Zwischenfall gekommen?


JODL: Nein. Es ist weder ein Zwischenfall vorbereitet worden, noch war ein Zwischenfall notwendig. Die Zwischenfälle überschlugen sich überhaupt von Tag zu Tag, und die Lösung war ja eine politische und eine ganz andere.


PROF. DR. EXNER: Also diese Vortragsnotiz, die wir ja schon öfters vorgelesen haben, ist nur rein theoretischer Natur geblieben?


JODL: Die ist reine Papierarbeit geblieben. Es war ein Gedanke, der eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre. Aber es ist ja schon klargestellt worden, daß in dem Augenblick, als die politischen Besprechungen begannen, ich mich unablässig bemühte, daß die Provokationen, die von der tschechoslowakischen Seite offenbar gewünscht waren, uns nicht zu irgendwelchen militärischen Maßnahmen veranlaßten.


PROF. DR. EXNER: Waren den Signatarmächten in München Ende September die militärischen Vorbereitungen in Deutschland bekannt? Wußten die dort verhandelnden Staatsmänner, daß wir militärisch vorbereitet sind?


JODL: Ich habe aus der Darstellung der Anklagebehörde den subjektiven Eindruck gewonnen, als ob man das erst heute wüßte und im Herbst 1938 in München nicht gewußt hätte. Das ist aber ganz ausgeschlossen. Die ganze Welt wußte von der Einberufung der acht Jahrgänge in der Tschechoslowakei Mitte September. Die [400] ganze Welt wußte von der Totalmobilmachung am 23. September. Der politische Mitarbeiter der »Times« hat am 28. September in einem langen Artikel gegen diese tschechoslowakische Mobilmachung polemisiert. Kein Mensch wunderte sich, daß wir sofort nach der Unterschrift in München am 1. Oktober eingerückt sind...


VORSITZENDER: Herr Dr. Exner...


PROF. DR. EXNER: Nun, damit ist dieser Fall erledigt. Ist es richtig, daß Sie im August 1938 einen neuen Aufmarschplan entwarfen, den Sie schon am 7. Juli angekündigt hatten? Also einen neuen Aufmarschplan nach dem bisherigen?


JODL: Ja, ich habe schon vor der Lösung nach dem Münchener Abkommen aus eigener Initiative einen Sicherungsaufmarsch für alle Grenzen Deutschlands entworfen, und zwar derart, daß die Grenzen nur abzusichern waren und die Masse des Heeres als Zentralreserve in der Mitte Deutschlands bereitgestellt werden sollte. Dieser Entwurf war bei der Voruntersuchung auch mal hier, und zwar in seiner vollständigen Ausfertigung. Er ist jetzt im Dokument 388-PS nicht mehr enthalten, aber es ist ein Hinweis darauf vorhanden.


PROF. DR. EXNER: Auf Seite 40 unseres Dokumentenbuches. Das ist wieder ein Auszug aus 388-PS, Seite 40, erster Band des Dokumentenbuches; da heißt es, ganz unten zu b:

»... nach Abschluß von ›Grün‹ muß man bald einen provisorischen Aufmarsch in Kraft setzen können.«

Und dann:

»Bei diesem wird es in Erweiterung des... Gesagten zunächst darauf ankommen, mit der Wehrmacht den Schutz der deutschen Grenzen einschl. des neuen Zuwachses zu gewährleisten und sich die Verfügung über die Masse des Feldheeres und der Luftwaffe noch offen zu halten. Ein solcher zukünftiger Aufmarsch ›Grenzsicherung‹ müßte für die verschiedenen Fronten getrennt in Kraft gesetzt werden können.«

Warum haben Sie diesen »Grenzsicherungsaufmarsch« gemacht, was veranlaßte Sie dazu?

JODL: Der Anlaß war, daß, wenn die Notwendigkeit für einen Aufmarsch gegen die Tschechoslowakei nach Erledigung dieses Problems in irgendeiner Form weggefallen war, wir überhaupt keinen Aufmarschplan mehr hatten. Und da mir keine andere Absicht des Führers bekannt war, habe ich diesen Aufmarsch, der ja für alle möglichen Fälle gelten konnte, aus eigener Initiative entworfen.

PROF. DR. EXNER: Wußten Sie nach dem Münchener Abkommen irgend etwas von den Absichten des Führers, auch weiterzugehen und Böhmen und Mähren zu besetzen?


[401] JODL: Nein, davon hatte ich keinerlei Vorstellung. Ich habe den Inhalt seiner Rede vom 26. September, wo er sagte: »Vor uns liegt nun das letzte Problem, das zu lösen ist« – diese Versicherung hatte ich geglaubt, und das geht auch daraus hervor, daß ich in diesen Tagen – es war am 10. oder 11. September – dem Feldmarschall, damals General Keitel vorgeschlagen hatte, er möge doch die angekündigte Englische Delegation nach Iglau erbitten – das liegt in Mähren –, weil in Iglau die zahlreichen Deutschen, die dort wohnten, durch bewaffnete tschechoslowakische Kommunisten bedroht waren, ein Vorschlag, den ich nie gemacht hätte, wenn ich eine Ahnung gehabt hätte, daß der Führer noch weitere Absichten auf Böhmen-Mähren hatte.


PROF. DR. EXNER: Nun ist diese weitergehende Absicht des Führers am 21. Oktober 1938 in einer Weisung niedergelegt worden. Haben Sie das noch im OKW erlebt, oder wie war das?


JODL: Nein, diese Weisung habe ich nicht mehr erlebt und nicht mehr gesehen. Ich habe die hier im Gerichtssaal gesehen, also in der Voruntersuchung.


PROF. DR. EXNER: Sie wurden also jetzt versetzt nach?


JODL: Ich wurde versetzt nach Wien, und zwar als Artilleriekommandeur der dortigen 44. Division.


PROF. DR. EXNER: Ende Oktober, nicht wahr?


JODL: Ende Oktober.


PROF. DR. EXNER: Wie haben Sie sich militärisch das Weitere vorgestellt... Das haben Sie uns eigentlich schon beantwortet.


JODL: Ich rechnete tatsächlich jetzt mit einer Periode der politischen Entspannung und eines Friedens. Das kann ich ruhig sagen.


PROF. DR. EXNER: Und wie gestaltete sich jetzt Ihr persönliches Schicksal?


JODL: Ich hatte eben, weil ich von keiner anderen Absicht wußte, meinen Wohnsitz nach Wien verlegt. Ich bin nach Wien umgezogen mit meinen Möbeln, was ich niemals getan hätte, wenn ich nur die Vorstellung eines bevorstehenden Krieges gehabt hätte; denn ich wußte ja, daß ich im Falle eines Krieges als Chef des Wehrmachtführungsstabes vorgesehen war, also wieder nach Berlin zurück mußte. Ich habe den General Keitel gebeten, daß er mir behilflich ist, zum 1. Oktober 1939 Kommandeur der 4. Gebirgsdivision in Reichenhall zu werden, eine Bitte, die mir auch nicht in den Sinn gekommen wäre, wenn ich eine Ahnung gehabt hätte von dem, was uns bevorsteht.


PROF. DR. EXNER: Blieben Sie als Artilleriekommandeur in Wien in Beziehung zum OKW?


[402] JODL: So gut wie gar nicht. Ich hatte keinerlei Beziehungen. Ich erhielt keinerlei militärische Schriftstücke aus dem Oberkommando der Wehrmacht während dieser ganzen Zeit.


PROF. DR. EXNER: Wer hat Sie dann während dieser ganzen Zeit über die Lage orientiert?


JODL: Niemand. Ich wußte während dieser Zeit über das, was vorging und was beabsichtigt war, nicht mehr als jeder Leutnant in meiner Artillerie.


PROF. DR. EXNER: Standen Sie mit Keitel in privatem Briefverkehr?


JODL: Ich habe von General Keitel einen Brief bekommen, und zwar war es Ende Juli 1939, in dem er mir selbst die erfreuliche Mitteilung machte, daß ich aller Voraussicht nach am 1. Oktober Kommandeur der 4. Gebirgsdivision in Reichenhall würde und daß als Chef des Wehrmachtführungsstabes – und zwar nunmehr friedensmäßig besetzt – der General von Sodenstern diese Stelle ab 1. Oktober übernehme,


PROF. DR. EXNER: Waren Sie beteiligt an dem Plan, die restliche Tschechoslowakei zu besetzen?


JODL: Nein, ich war nicht beteiligt. Ich blieb zunächst während dieser Besetzung in Wien und übernahm vorübergehend die Stelle des Chefs des Stabes vom 18. Armeekorps in Wien. Ich wurde allerdings dann später mit der ganzen 44. Division in die Tschechoslowakei, nämlich nach Brünn, verlegt.


PROF. DR. EXNER: Wann hörten Sie dann von der Sache?


JODL: Von dieser Aktion im März 1939 erfuhr ich durch die Befehle meines Divisionsstabes etwa zwei oder drei Tage vorher.


PROF. DR. EXNER: War dieser Einmarsch in die Tschechoslowakei eine Ausführung des ursprünglich von Ihnen entworfenen Planes »Grün«?


JODL: Nein, damit hat er gar nichts mehr zu tun. Es waren auch ganz andere Truppen, und es war nicht mal die Hälfte der Truppen, die im Jahre 1939 in die Tschechoslowakei einrückten, als wie im Jahre 1938 vorgesehen waren.


PROF. DR. EXNER: Nun, in dieser Zeit, während Sie in Wien waren, ist am 23. Mai 1939 eine Besprechung beim Führer gewesen, die hier oft zitiert wurde über die Ignorierung der Neutralität und so weiter. Es heißt da wiederholt: Warlimont sei anwesend gewesen als Ihr Vertreter. Wie steht es damit? War er Ihr Vertreter?


JODL: Es wurde das mit einer ungeheueren Beharrlichkeit immer wieder hinzugesetzt, an der Besprechung nahm der General Warlimont teil. Er war der Stellvertreter, oder einmal hieß es auch, [403] daß er der Gehilfe Jodls war. Davon ist gar keine Rede, er war mein Nachfolger, aber nicht mein Stellvertreter. Wenn man das auch noch so oft wiederholt, deswegen wird es nicht wahr. Er war mein Nachfolger.


PROF. DR. EXNER: Sie waren ausgeschieden aus dem OKW, nicht wahr?


JODL: Ich war aus dem OKW vollkommen ausgeschieden. Daß Warlimont später zufällig mein Stellvertreter wurde, das hat ja mit den Ereignissen im Mai 1939 nichts zu tun.


PROF. DR. EXNER: Wann haben Sie zum erstenmal von dieser Sitzung im Mai 1939 gehört?


JODL: Hier in Nürnberg erst, im Jahre 1946.


PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, hatten Sie inzwischen irgendwelche Beziehungen zu Parteiführern oder zu österreichischen Nationalsozialisten?


JODL: Nein, nicht im geringsten, mit niemandem.


PROF. DR. EXNER: Oder zu den hier Angeklagten?


JODL: Auch nicht.


PROF. DR. EXNER: Der Führer war in dieser Zeit einmal mit Keitel in Wien. Ich glaube für zwei Tage oder was. Hatten Sie sich bei ihm zu melden?


JODL: Ja, er ist von Prag kommend unauffällig in Wien gewesen, und bei dieser Gelegenheit habe ich den General Keitel kurz gesprochen, den Führer aber nicht.


PROF. DR. EXNER: Sie wurden ihm nicht vorgestellt?


JODL: Nein.


PROF. DR. EXNER: Wie waren denn Ihre Kriegs dienstbestimmungen?


JODL: Wie ich schon sagte, ich sollte im Falle eines Krieges der Chef des Wehrmachtführungsstabes werden.


PROF. DR. EXNER: Und welches waren Ihre privaten Pläne für diesen Sommer?


JODL: Ich hatte in diesem Sommer bereits die Schiffskarten, um eine Reise ins östliche Mittelmeer anzutreten am 23. September 1939.


PROF. DR. EXNER: Am 23. September 1939 sollte die Reise...


JODL:... sollte die Reise von Hamburg aus beginnen, und die Karten hatte ich bereits bezahlt.


PROF. DR. EXNER: Wann hatten Sie die Karten besorgt, können Sie sich daran erinnern?


[404] JODL: So ungefähr in der zweiten Hälfte Juli.


PROF. DR. EXNER: Wann kehrten Sie nach Berlin zurück?


JODL: Ich bin mir über den genauen Termin nicht klar, aber ich vermute am 23. oder 24. August auf Grund eines Telegramms, das mich überraschend in Brünn erreichte.


PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, wenn Sie dieses Telegramm nicht bekommen hätten, wann hätten Sie denn dann nach Berlin fahren müssen?


JODL: Im Falle einer allgemeinen Mobilmachung hätte ich auch so nach Berlin fahren müssen.


PROF. DR. EXNER: Und hatten Sie sich in Berlin jetzt dem Führer vorzustellen?


JODL: Nein, ich habe mich auch nicht gemeldet. Ich habe mich nur selbstverständlich bei General Keitel und bei dem Generalstabschef des Heeres und der Luftwaffe und bei der Seekriegsleitung gemeldet.


PROF. DR. EXNER: Herr Präsident! Ich wäre mit dem Gegenstand fertig. Ich glaube, es wäre jetzt geeignet, Schluß zu machen.


VORSITZENDER: Können Sie uns sagen, wie lange Sie wahrscheinlich noch brauchen werden?


PROF. DR. EXNER: Ich hoffe sehr... ja, ich glaube sicher, daß ich im Laufe des morgigen Vormittags fertig werde. Ich glaube, das kann man wohl ziemlich sicher sagen bis Mittag.


DR. GUSTAV STEINBAUER, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SEYSS-INQUART: Ich habe im Namen meines Klienten Ihnen die Bitte vorzutragen, ihm zu gestatten, daß er zur Vorbereitung seines Falles zwei Tage von der Sitzung fernbleibt.


VORSITZENDER: Gewiß.


[Das Gericht vertagt sich bis

5. Juni 1946, 10.00 Uhr.]


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 15, S. 372-406.
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