Nachmittagssitzung.

[53] VORSITZENDER: Bitte, General Alexandrow!

GENERALMAJOR ALEXANDROW: Herr Vorsitzender! Mit Rücksicht auf die Wünsche des Gerichtshofs sowie die Tatsache, daß der Angeklagte Schacht bereits ausführlich durch Herrn Jackson vernommen wurde, habe ich während der Pause das Protokoll von heute früh durchgesehen und bin in der Lage, die Zahl dieser Fragen an den Angeklagten Schacht in meinem Kreuzverhör beträchtlich zu beschränken. Ich habe jetzt nur zwei Fragen an den Angeklagten Schacht.


[Zum Zeugen gewandt:]


Angeklagter Schacht! Am 21. Mai 1935 hat die Reichsregierung hinsichtlich des Reichsverteidigungsrates einen Beschluß gefaßt, welcher folgendes festlegt. Ich zitiere Punkt 1 dieses Beschlusses:

»Der Generalbevollmächtigte für die Kriegswirtschaft soll nach dem Willen des Führers und Reichskanzlers diese verantwortliche Leitung übernehmen und steht damit neben dem Reichskriegsminister, dem Inhaber der vollziehenden Gewalt, selbständig und für sein Aufgabengebiet verantwortlich unter dem Führer und Reichskanzler.«

Geben Sie zu, daß Sie bei der Durchführung dieses Beschlusses der Reichsregierung an den wirtschaftlichen Vorbereitungen Deutschlands zu den Angriffskriegen aktiv teilnahmen?

SCHACHT: Nein, damit bin ich gar nicht einverstanden, Herr Ankläger.

GENERALMAJOR ALEXANDROW: Am 4. März 1935 haben Sie in Ihrer Rede auf der Frühjahrsmesse in Leipzig folgende Äußerung getan. Ich zitiere Beweisstück US-627, EC-415:

»Meine sogenannten ausländischen Freunde leisten weder mir noch der Sache, aber auch sich selbst gar keinen Dienst, wenn sie mich zu den angeblich unmöglichen nationalsozialistischen Wirtschaftstheorien in einen Gegensatz zu bringen suchen und mich gewissermaßen als den Hüter wirtschaftlicher Vernunft hinstellen. Ich kann Ihnen versichern, daß alles, was ich sage und tue, die absolute Billigung des Führers hat, und daß ich nichts tun und sagen würde, was seine Billigung nicht hat. Also, Hüter der wirtschaftlichen Vernunft bin nicht ich, sondern ist der Führer.«

Geben Sie zu, daß Sie das auf der Frühjahrsmesse in Leipzig gesagt haben?

SCHACHT: Ich gebe das zu und möchte eine Bemerkung anfügen. Ich habe wiederholt gesagt: Erstens, daß mir meine ausländischen Freunde, soweit ich welche hatte, keinen Gefallen getan [53] haben, wenn sie mich öffentlich als Gegner Hitlers anprangerten, denn dadurch wurde meine Stellung außerordentlich gefährdet; zweitens habe ich in dieser Aussprache zum Ausdruck gebracht, daß ich nichts tun würde, was nicht meiner Überzeugung entsprach und daß Hitler alles tat, was ich ihm vorschlug, das heißt, daß das auch seine Meinung war. Wenn ich etwas Gegenteiliges gesagt hätte, dann würde es zum Ausdruck gekommen sein. Ich war völlig einig mit ihm, solange er meine Politik machte; nachher nicht mehr und da bin ich gegangen.

GENERALMAJOR ALEXANDROW: Ich habe keine weiteren Fragen mehr.


VORSITZENDER: Wollen Sie den Angeklagten rückverhören, Dr. Dix?


DR. DIX: Ich werde nur einige Fragen stellen, die durch die cross-examination ausgelöst worden sind. In der cross-examination ist wiederum der Neue Plan behandelt worden, ohne daß Schacht Gelegenheit hatte, sich dazu zu erklären, ob und welche Rolle dieser sogenannte Plan in der Aufrüstungswirtschaft spielte, und wer der Schöpfer, der verantwortliche Schöpfer des Neuen Planes ist. Ich darf daher jetzt diese Frage an Herrn Dr. Schacht stellen.


SCHACHT: Der Neue Plan ist eine ganz logische Konsequenz der wirtschaftlichen Entwicklungsvorgänge gewesen, die nach dem Versailler Vertrag eingetreten sind.

Ich erwähne nur ganz kurz noch einmal, daß durch die Wegnahme des deutschen Privateigentums im Auslande auch die ganze Organisation für den deutschen Außenhandel im Auslande weggenommen wurde und infolgedessen große Schwierigkeiten für den deutschen Export erwuchsen. Ohne diesen Export aber war natürlich auch an keine Bezahlung von Reparationen oder dergleichen zu denken. Nichtsdestoweniger haben alle großen Länder, insbesondere solche, die auch mit Deutschland in der übrigen Welt konkurrierten, zu Zollerhöhungen gegriffen, um die deutschen Waren auszuschließen von ihren Märkten, oder ihnen noch mehr den Absatz zu erschweren, so daß die Möglichkeit, Deutschlands Export zu fördern, dadurch immer geringer wurde. Als trotzdem Deutschland versuchte, durch niedrige Preise, verbunden mit billigen Löhnen und so weiter, seinen Warenexport aufrechtzuerhalten beziehungsweise zu steigern, griffen die anderen Mächte zu anderen Mitteln, um Deutschland zu begegnen.

Ich erinnere daran, daß die verschiedenen Abwertungen der ausländischen Valuten erfolgten, die die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Produkte wiederum herabminderten, und als auch das nicht ausreichte, ersann man das System der Kontingentierungen, das heißt die deutschen Waren, die in ein Land eingeführt wurden, [54] konnten über ein gewisses Maß hinaus, eine gewisse Summe hinaus, nicht eingeführt werden; das war verboten. Solche Kontingentierungen der deutschen Waren hat Holland vorgenommen, hat Frankreich vorgenommen und haben andere vorgenommen; also auch hier eine weitere Erschwerung des deutschen Exportes.

Diese ganze Erschwerung des deutschen Exportes führte schließlich dazu, daß Deutschland auch seine privaten Schulden im Auslande nicht mehr bezahlen konnte. Ich hatte, wie Sie gehört haben hier, seit vielen Jahren vor diesen Schulden gewarnt: Ich war nicht gehört worden. Es wird interessant sein, vielleicht ganz kurz hier zu erwähnen, daß Deutschland gegen meinen Rat innerhalb von fünf Jahren genau so viele Schulden kontrahiert hat im Ausland, wie die Vereinigten Staaten von Amerika in 40 Jahren vor dem ersten Weltkrieg. Dabei war Deutschland ein hoch entwickeltes Industrieland und brauchte gar kein ausländisches Geld, und Amerika war damals noch ein mehr in der kolonialen Entwicklung befindliches Land und konnte von diesem Auslandsgeld nützlichen Gebrauch machen.

Nun aber kam das Letzte. Als wir nicht mehr in der Lage waren, unsere Zinsen im Ausland zu bezahlen, gingen einige Länder dazu über, die Erlöse, die Deutschland für seinen Export in diesen Ländern erzielte, nicht mehr an die deutschen Exporteure auszahlen zu lassen, sondern sie zu beschlagnahmen und aus diesen beschlagnahmten Erlösen die Zinsen unserer Schulden im Ausland ihrerseits zu bezahlen, das heißt gewissermaßen damit zu verrechnen. Dies war das sogenannte Clearing-System. Die privaten Ansprüche wurden beschlagnahmt, um die Ansprüche der Auslandsgläubiger zu befriedigen.

Dieser ganzen Entwicklung gegenüber habe ich nach einem Ausweg gesucht, der den deutschen Export auch weiterhin ermöglichte, und habe ein ganz einfaches Prinzip aufgestellt, welches etwa lautet: »Ich kaufe da, wo der Verkäufer auch bei mir kauft.« Ich habe mich infolgedessen nach Ländern umgesehen, die bereit waren, ihren Bedarf in Deutschland zu decken, wogegen ich bereit war, meine Waren dort einzukaufen. Das ist der Neue Plan.


VORSITZENDER: Ich weiß nicht, was wir damit zu tun haben, Dr. Dix.


DR. DIX: Also, der langen Rede, der notwendig langen Rede kurzer Sinn: Mit der Rüstung hat dieser Neue Plan oder... mit Rüstungsabsichten, geschweige denn irgendwelchen Aggressivabsichten, hat der Neue Plan nichts zu tun?

SCHACHT: Absolut nichts zu tun.


DR. DIX: In diesem Zusammenhang: Haben Sie eine Schätzung, welcher Prozentsatz der deutschen Wirtschaftsproduktion auf die Rüstung entfiel?


[55] SCHACHT: Diese Frage ist mir im Vorverhör bereits einmal gestellt worden und ich habe sie damals nicht beantworten können, weil mir nicht gegenwärtig war, welche Summen Deutschland für seine Rüstung ausgegeben hat. Nunmehr haben wir hier durch das Zeugnis des Herrn Feldmarschall Keitel erfahren, daß die Rüstungsausgaben in den Jahren 1934/1935, 1935/1936, 1936/1937 und so weiter, in diesen Jahren, solange die Reichsbank noch mitarbeitete, betragen haben nacheinander 5 Milliarden Mark, im nächsten Jahr 7 Milliarden Mark und im nächsten Jahr 9 Milliarden Mark. Nun kann man, und das ist eine Schätzung, die die Wissenschaftler aufgestellt haben, das Produkt der gesamten deutschen Wirtschaft in diesen Jahren mit rund 50 bis 60 Milliarden Mark etwa annehmen. Wenn ich das also in Beziehung setze zu den Rüstungsausgaben, die hier unter Zeugenvernehmung gemacht worden sind, dann ergibt sich, daß auf die Rüstungsausgaben etwa 10 bis 15 Prozent der gesamten deutschen Wirtschaft entfielen in den Jahren, wo ich mich daran beteiligt habe.


DR. DIX: Dann ist im Kreuzverhör die Frage Ihrer Bereitschaft oder Nichtbereitschaft, das Amt als Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft abzugeben, aufgeworfen, und Sie haben zum Beleg Ihrer Bekundung, daß der General von Blomberg nicht gewünscht habe, daß Sie dieses Amt abgeben, auf eine Urkunde Bezug genommen, die von der Anklage eingereicht worden ist. Ich darf deshalb sagen, es handelt sich um das Dokument der Anklage EC-244, und zwar ist es ein Schreiben des Reichswehrministers von Blomberg an Hitler vom 22. Februar 1937. Es ist schon vorgetragen. Ich brauche es nicht mehr zu tun.

Ich darf nur darauf hinweisen, daß im letzten Absatz Blomberg den Wunsch ausspricht, daß der Führer entsprechend anordnen möge, beziehungsweise den Reichsbankpräsidenten veranlassen möge, dieses Amt zu behalten. Es deckt also die Aussage von Schacht.

Des weiteren ist im Kreuzverhör von Justice Jackson erörtert worden Ihre Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Darstellung Ihrer kolonialen Aspirationen, unter dem Gesichtspunkt Kolonialpolitik ohne Seeherrschaft; Seeherrschaft Deutschlands bestand nicht, kann man da ernstlich überhaupt koloniale Probleme haben? Das war das Thema von Frage und Antwort.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen: Hatte Deutschland vor 1914 Kolonien?


SCHACHT: Jawohl.

DR. DIX: Hatte Deutschland vor 1914, oder sagen wir besser, von 1884 bis 1914 – das ist die Zeit, wo es Kolonialbesitz hatte – die Seeherrschaft, insbesondere gegenüber Großbritannien?


SCHACHT: Unter keinen Umständen.


[56] DR. DIX: Ist damit erledigt.

Dann ist als weiteres Problem unter dem Gesichtspunkt der inneren Glaubwürdigkeit Ihrer Darstellung erörtert worden die ethische Konfliktfrage Ihrer Eidesleistung auf Hitler, wie Sie sagen, als Staatsoberhaupt, und den von Ihnen bekundeten Absichten, Hitler zu stürzen, ja sogar zu töten.

Sind Ihnen aus der Geschichte nicht manche Fälle bekannt, wo Großwürdenträger eines Staates das Staatsoberhaupt, dem sie Treue geschworen haben, zu stürzen versucht haben?


SCHACHT: Ich glaube, die Geschichte aller Länder zeigt solche Beispiele.


VORSITZENDER: Dr. Dix! Wir befassen uns nicht mit der Geschichte der Vergangenheit, nicht wahr? Glauben Sie, daß die Frage, ob es historische Beispiele dafür gibt, hier eine passende Frage an den Zeugen ist?


DR. DIX: Dann will ich von der weiteren Verfolgung des Punktes absehen. Die Sache der Argumentation kann ich später im Plädoyer verwerten.

Nun, nochmal zurückkommend zur Kolonialfrage: Ist es nicht richtig, daß – abgesehen von Ihren persönlichen kolonialen Aspirationen – in Deutschland, in der deutschen Reichsregierung, amtlich die Erwerbung seiner Kolonien und ihre spätere Verwaltung sehr eingehend vorbereitet wurde? Gab es nicht ein kolonialpolitisches Amt bis 1942/43 ungefähr?


SCHACHT: Aber es steht ja ausdrücklich im Parteiprogramm, daß die Kolonialforderung auch ein Teil des Parteiprogramms war, und selbstverständlich ist auch im Auswärtigen Amt daran gearbeitet worden und ich glaube, auch in der Partei gab es ein kolonialpolitisches Amt.


DR. DIX: Unter dem Ritter von Epp?


SCHACHT: Ja, unter dem Ritter von Epp.


DR. DIX: Dann zur Frage der MEFO-Wechsel. Nur noch einmal zusammenfassend: Wollten Sie zum Ausdruck bringen, daß die MEFO-Wechsel gerade einer Bremsung der Aufrüstung dienen sollten, weil die Unterschrift des Reiches unter diesen Wechseln, mithin der Reichsregierung, für diese Rückzahlung bindend war?


SCHACHT: Sie sehen, ich habe ganz deutlich ausgeführt, daß die Begrenzung der MEFO-Wechsel auf fünf Jahre und das Fälligmachen der MEFO-Wechsel nach fünf Jahren notgedrungen die Rüstung selbst dann bremsen muß, automatisch bremsen muß.


DR. DIX: Ferner hat Justice Jackson das Thema behandelt, daß der Name Schachts, wenn er das Amt als Minister ohne Portefeuille [57] beibehielt, entsprechende propagandistische Wirkung für das Nazi-Regime im Ausland hatte und so der Förderung der Aggressivabsichten und ihrer Durchführung diente. In diesem Zusammenhang darf ich in Vorwegnahme und zur Abkürzung meines Urkundenbeweises aus meinem Dokumentenbuch Exhibit-37a verlesen. Das ist englischer Text Seite 157, deutscher Text 149, und zwar erklärt Hülse auf der 5. Seite dieser umfangreichen eidesstattlichen Versicherung:

»Die ausländische Presse zog aus der Entlassung« – nämlich aus der Entlassung als Reichsbankpräsident 1939 – »die richtigen Schlüsse und faßte sie als Warnungssignal auf. In diesem Sinne hatte ich auch verschiedentlich und noch Ende 1938 im Einverständnis mit Dr. Schacht ausländische Notenbankvertreter, die ich in Basel bei den Boardsitzungen der B.I.Z. traf, in wiederholten Unterhaltungen unterrichtet, daß ein Rücktritt Schachts und einzelner Mitglieder des Reichsbankdirektoriums bedeute, daß die Dinge in Deutschland einen gefährlichen Weg gingen.«

Des weiteren, der Herr Anklagevertreter der Union der Sowjet-Republiken hat darauf Dr. Schacht vorgehalten, daß in der Biographie Reuters ausdrücklich zum Ausdruck gebracht sei, daß Schacht dem Regime im Stadium des Kampfes um die Macht Dienste geleistet hätte, dem Sinne nach wenigstens war der Vorhalt. Das ist richtig, das steht in dem Reuter. Es steht aber auch etwas anderes in ihm. Ich bitte, ich glaube, wir müssen das noch überreichen – Beweisstück 35, das ist Seite 133 des englischen Textes und 125 des deutschen Textes. Es befindet sich auf der zweiten Seite dieser langen eidesstattlichen Versicherung folgender Satz, der den Erkenntniswert dieser eben genannten Biographie als einer Tendenzschrift einschränkt. Es steht nämlich... da sagt Reuter in der eidesstattlichen Versicherung dieses gleichen Biographen:

»Zweimal, Ende 1933 im R. Kittler-Verlag in Berlin, und Ende 1936 bei der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart, habe ich eine Biographie Dr. Schachts veröffentlicht. Außer einer sachlichen Darstellung seines Lebens und Wirkens diente sie dem Zwecke, ihm gegen seine Angreifer abschirmend zu helfen. Sie ist daher von vornherein nicht mit den Maßstäben einer rein objektiven Geschichtsforschung zu messen, sondern es waren Verteidigungsgesichtspunkte aus der jeweiligen Zeitlage heraus zu berücksichtigen.«

Dies muß man wissen und lesen, wenn man den Beweiswert dieser Biographie würdigen will.

Damit wären meine Fragen als Schlußfragen des Verhörs Schacht beendet.

[58] VORSITZENDER: Dann kann der Angeklagte sich zurückziehen.


[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]


DR. DIX: Ich rufe jetzt den Zeugen Vocke, wenn Euer Lordschaft gestatten.


[Der Zeuge Vocke betritt den Zeugenstand.]


VORSITZENDER: Geben Sie Ihren vollen Namen an.

ZEUGE WILHELM VOCKE: Wilhelm Vocke.


VORSITZENDER: Sprechen Sie mir folgenden Eid nach:

Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.


[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]


Sie können sich setzen.

DR. DIX: Herr Vocke! Sie waren Mitglied des Reichsbankdirektoriums. Wann sind Sie in das Reichsbankdirektorium eingetreten und wann sind Sie ausgeschieden?

VOCKE: Ich bin von dem damaligen Reichspräsidenten Ebert im Jahre 1919 zum Mitglied des Reichsbankdirektoriums ernannt und von Hitler am 1. Februar 1939 aus dem Amt entlassen worden. Ich war sonach rund 20 Jahre Mitglied des Reichsbankdirektoriums und davon rund 10 Jahre unter Schacht.


DR. DIX: Entschuldigen Sie, aber ich muß Sie fragen: Waren Sie Parteimitglied?


VOCKE: Nein.


DR. DIX: Waren Sie Mitglied der SA?


VOCKE: Nein.


DR. DIX: Waren Sie Mitglied der SS?


VOCKE: Nein.


DR. DIX: Waren Sie auch nicht förderndes Mitglied der SA oder SS?


VOCKE: Nein.


DR. DIX: Sie haben keinerlei Parteiverbindung gehabt?

VOCKE: Nein.


DR. DIX: Wann lernten Sie Schacht kennen?


VOCKE: Im Jahre 1915. Ich habe ihn damals flüchtig kennengelernt und habe erst später, als er Reichsbankkommissar und Reichsbankpräsident wurde, ihn näher kennengelernt.


DR. DIX: Kommen wir jetzt zu dem Zeitpunkt der ersten Reichsbankpräsidentschaft Schachts, nämlich zum Jahre 1923. Welche [59] Stellung nahm denn damals das Beichsbankdirektorium gegenüber der Kandidatur Schachts als Reichsbankpräsident ein?


VOCKE: Eine ablehnende Haltung.


DR. DIX: Und aus welchem Grunde?


VOCKE: Wir hatten Helfferich als Kandidaten, als künftigen Präsidenten der Reichsbank gewünscht, weil Helfferich, und zwar in enger Zusammenarbeit mit der Reichsbank, die Rentenmark und die Stabilisierung geschaffen hatte. Wir haben aber zur Begründung der Ablehnung Schachts einen Vorfall angeführt aus den Personalakten Schachts, der auf Schachts Tätigkeit unter Herrn von Jung im Jahre 1915 zurückführte. Es handelte sich damals darum, daß Schacht, der von der Dresdner Bank gekommen war, der Dresdner Bank eine Hilfe geleistet hatte, die Herr von Jung als nicht ganz korrekt angesehen hatte und deswegen Schacht damals entlassen worden ist. Die Reichsregierung hat sich aber an dieser Kritik, die wir an Schacht geübt haben, nicht gestoßen, sondern der Minister Severing, wie er mir noch kürzlich sagte, hat sich an das Sprichwort gehalten »Die schlechtesten Früchte sind es nicht, woran die Wespen nagen«, und Schacht wurde zum Präsidenten ernannt.


DR. DIX: Nun kam also Schacht zu Ihnen als Präsident und wußte doch wahrscheinlich, daß an sich das Direktorium ihn nicht gewünscht hatte, oder jedenfalls einen anderen gewünscht hatte. Es ist deshalb die Frage berechtigt, wie sich denn nun das Verhältnis zwischen diesem Kollegium, also dem Reichsbankdirektorium, und seinem neuen Präsidenten gestaltete?


VOCKE: Schacht hat sein Amt im Januar 1924 angetreten und uns zu einer Sitzung gerufen, in der er über die Situation ganz offen mit uns gesprochen hat, etwa in dem Sinne: »Nun, Sie haben mich ja alle als Präsidenten abgelehnt, denn ich habe ja silberne Löffel gestohlen, aber ich bin jetzt Ihr Präsident und ich hoffe, daß wir gut zusammenarbeiten werden, und wir werden schon längsschiffs kommen.« Diesen Ausdruck gebrauchte Schacht. »Sollte es dem einen oder dem anderen nicht möglich sein, mit mir zusammenzuarbeiten, nun dann muß er eben die Konsequenzen ziehen, und ich werde ihm gern behilflich sein, eine andere Stellung zu finden.«

Unser Verhältnis zu Schacht und unsere Zusammenarbeit mit Schacht hat sich sehr rasch als sehr günstig gezeigt. Es war sehr gut mit Schacht zu arbeiten. Wir haben erkannt, daß er ein unerreichter Meister in seinem Fach und unserem Fach war, und auch sonst war Schachts ganze Führung untadelig. Er war in jeder Beziehung sauber und hat keinerlei Günstlingswirtschaft getrieben oder Günstlinge mitgebracht, die er fördern wollte. Er war auch ein Mann, der jederzeit Widerspruch und selbständige abweichende [60] Meinungen erlaubte und sogar forderte. Er legte keinen Wert auf Mitarbeiter, die ihm nach dem Munde redeten.


VORSITZENDER: Dies steht weder zur Anklage noch zur Diskussion.


DR. DIX: Das ist richtig, Euer Lordschaft, aber ich dachte, es wäre doch ganz dienlich, die frühere Zeit kurz zu streifen. Wir sind aber jetzt schon am Ende und kommen nun zu der Reichsbankpräsidentschaft von 1933 an.


[Zum Zeugen gewandt:]


Nun wurde ja nach dem bekannten kurzen, inzwischen erfolgten Abgang Schacht 1933 wieder Präsident der Reichsbank. Haben Sie damals mit ihm Gespräche über sein Verhältnis zu Hitler und zur Partei überhaupt geführt?

VOCKE: Ja.

DR. DIX: Wollen Sie uns beziehungsweise dem Gericht schildern, in welchem Sinne sich damals Schacht Ihnen gegenüber geäußert hat?


VOCKE: Ich möchte vor allem zwei Gespräche hier anführen, die mir fast noch dem Wortlaut nach im Gedächtnis sind. Während Schacht außer Amtes war, in den etwa drei Jahren, habe ich ihn kaum gesehen, vielleicht drei- bis viermal bei Anlässen im Wilhelmstift. Er hat mich nie besucht, und ich habe ihn auch nie besucht, außer einmal kam Schacht in die Bank, er hatte wohl geschäftlich dort zu tun, und besuchte mich auf meinem Amtszimmer. Wir kamen sofort...


DR. DIX: Wann war das ungefähr?


VOCKE: Das muß 1932 gewesen sein, verhältnismäßig kurze Zeit vor der Machtergreifung. Wir kamen sofort auf die politischen Fragen, auf Hitler, sein Verhältnis zu Hitler, und ich habe den Anlaß genommen, Schacht ernstlich vor Hitler und den Nazis zu warnen. Schacht sagte zu mir: »Herr Vocke, man muß dem Mann oder den Leuten eine Chance geben. Tun sie nicht gut, so werden sie verschwinden und abserviert werden, wie alle ihre Vorgänger auch.« Ich habe zu Schacht gesagt: »Ja, aber es kann sein, daß der Schaden, der inzwischen für das deutsche Volk entsteht, so groß ist, daß er nicht wieder gutgemacht werden kann.«

Schacht nahm das nicht sehr ernst und hat mit einer leichten Bemerkung: »Sie sind ein alter Pessimist« oder etwas Ähnliches die Sache abgetan und sich von mir verabschiedet.

Das zweite Gespräch, über das ich berichten will, fand kurz nach Schachts Wiedereintritt in die Bank statt, also wahrscheinlich im März 1933 oder Anfang April. Schacht trug damals eine gewisse ostentative, ich will mal sagen, Begeisterung zur Schau, und ich habe [61] mit ihm über sein Verhältnis zur Partei gesprochen, wobei ich davon ausging, daß Schacht Parteimitglied war. Ich habe ihm gesagt, ich hätte nicht die Absicht, Parteimitglied zu werden. Darauf sagte Schacht zu mir: »Das sollen Sie ja auch gar nicht. Was denken Sie, mir fällt es selbst gar nicht im Traum ein, der Partei beizutreten. Was glauben Sie denn... ich mich unter das Parteijoch beugen, unter die Parteidisziplin, ich das Parteiprogramm annehmen, und dann bedenken Sie mal, ich soll, wenn ich mit Hitler spreche, die Hacken zusammenschlagen und ›Mein Führer‹ sagen, oder wenn ich an ihn schreibe ›Mein Führer‹ schreiben, das kommt für mich gar nicht in Frage. Ich bin und bleibe ein freier Mann.«

Dieses Gespräch und dieses Wort Schachts fand zu einem Zeitpunkt statt, wo er auf dem Kulminationspunkt seiner Annäherung an Hitler stand und ich habe mir noch manches Mal überlegt, war das wahr und blieb das wahr, daß Schacht ein freier Mann war.

Es war so, daß nach einer Reihe von Jahren Schacht die bittere Erfahrung machen mußte, daß er ein gut Teil seiner Freiheit eingebüßt hatte, daß die Rüstungsfinanzierung, die er begonnen hatte, er nicht zu dem Moment ändern konnte, wo es ihm beliebte, sondern daß sie zu einer Kette geworden war in den Händen Hitlers, an der er jahrelang feilen und rütteln mußte, bis sie zerbrochen ist. Aber trotzdem war das Wort insofern wahr, als es die innere Stellung Schachts zu Hitler betraf. Schacht war nie ein blinder Gefolgsmann, es war mit seiner Natur unvereinbar, sich irgend jemandem zu verschreiben oder zu verkaufen und ihm in blinder Treue ergeben zu sein.

Wollte man Schachts Verhältnis so charakterisieren, daß er sagte: »Ich habe meinen Führer. Führer befiehl, ich folge dir«; der Führer befiehlt ihm, eine Rüstung zu machen, er sagt: »Ich finanziere die Rüstung; der Führer mag entscheiden, welcher Gebrauch davon gemacht wird, ob für Krieg oder Frieden« – das war unvereinbar mit Schachts Haltung und Charakter. Er war kein Mensch, der subaltern gedacht hat, oder der seine Freiheit aus der Hand gab, und darin unterschied sich Schacht fundamental von sehr vielen, in sehr hohen politischen und militärischen Stellungen befindlichen Männern in Deutschland. Schachts Verhältnis, wie ich es kennen lernte aus seinem Charakter und aus seinen Äußerungen, möchte ich so darstellen: Schacht bewunderte die ungeheure Dynamik dieses Mannes, die die nationale Richtung fand, und er stellte diesen Mann in seine Rechnung und hoffte in ihm ein Werkzeug zu sehen für seine Pläne, für Schachts Pläne eines friedlichen, politischen und wirtschaftlichen Wiederaufstiegs und einer Wiedererstarkung Deutschlands. Das hat Schacht sich gedacht und er glaubte, und ich entnehme das aus vielen Äußerungen Schachts...


[62] DR. DIX: Ich glaube, die Frage ist erschöpft. Nun wirft die Anklage Schacht vor, daß Hitler gerade ihn gerufen hätte, um die Rüstung für einen Angriffskrieg zu finanzieren. Sie, Herr Vocke, waren Mitglied des Reichsbankdirektoriums, haben die ganzen Jahre hindurch mit ihm gearbeitet. Ich bitte Sie deshalb dem Tribunal zu sagen, ob Sie durch Unterhaltungen und Beobachtungen der Tätigkeit und der Arbeit Dr. Schachts irgend etwas feststellen konnten, was die Berechtigung eines solchen Vorwurfs rechtfertigt?


VOCKE: Nein, Schacht hat oft betont, daß nur eine friedliche Entwicklung Deutschland wieder hochführen könnte. Ich habe nie eine Andeutung von ihm gehört, daß er von Kriegsberichten Hitlers etwas gewußt hatte. Ich habe mein Gedächtnis durchforscht und ich habe drei oder vier Vorkommnisse darin gefunden, die für mich diese Frage eindeutig beantworten. Ich möchte sie im Zusammenhang vortragen:

Das erste war der 420-Millionen-Goldmark-Kredit, der im Jahre 1933 zurückbezahlt wurde. Luther hatte, als die Reichsbankdeckung in der Krise zusammenbrach...


DR. DIX: Ich darf einen Moment unterbrechen, bloß für das Tribunal: Luther war der Vorgänger im Amte von Schacht.


VOCKE:... im Jahre 1931, als die Notendeckung unterschritten werden mußte, mich in seiner Not nach England geschickt, um bei der Bank von England einen großen Kredit in Gold zu erwirken, der mit einem Schlage das Vertrauen in die Reichsbank wieder herstellen sollte. Gouverneur Norman war durchaus bereit, mir zu helfen, aber er sagte, es wäre zu dem Zwecke notwendig, auch die Federal Reserve Bank of New York, die Banque de France und die Internationale Bank in Basel mit heranzuziehen. Das geschah. Der Kredit betrug 420 Millionen Goldmark. Aber es hatten sich bei Einbeziehung der Banque de France politische Schwierigkeiten mit Frankreich ergeben, die diesen Kredit um etwa 10 bis 12 Tage verzögerten. Als ich nach Berlin zurückkam, war ich entsetzt zu hören, daß der Kredit zum größten Teil bereits verbraucht war. Das Gold wurde uns aus den Händen gerissen. Und ich habe zu Luther gesagt, wir müssen den Kredit, der seine Wirkung völlig verfehlt hat, sofort zurückzahlen. Unsere Ehrbarkeit ist unser letztes Aktivum, und die Banken, die uns geholfen haben, dürfen keinen Pfennig verlieren. Luther hatte hierfür nicht das nötige Verständnis, sondern sagte ungefähr: »Was man hat, das hat man; wir wissen nicht, wozu wir das Gold noch dringend brauchen können.« Und so wurde der Kredit verlängert und fortgeschleppt durch Jahre.

Als Schacht im März 1933 zur Bank kam, sagte ich mir, Schacht wird mich verstehen und er hat mich sofort verstanden, er hat mir [63] völlig recht gegeben und den Kredit sofort, ohne zu überlegen, zurückgezahlt. Er hatte keine Hintergedanken, wozu man diese Riesensumme von Gold eventuell brauchen könnte, und ich sagte hier, hätte Schacht etwas gewußt oder geplant von einem Krieg, er wäre ein Narr gewesen, 420 Millionen Goldmark zurückzuzahlen.

Das zweite Vorkommnis war, hier weiß ich das Datum nicht genau, ich denke im Jahre 1936. Da bekam die Reichsbankleitung ein Schreiben von der Heeresleitung oder dem Generalstab »Streng geheim«, mit dem Ersuchen, die Goldbestände der Reichsbank, die Effektenbestände und die Notenreserven aus den Randgebieten Deutschlands in eine mittlere Zone zu verlagern. Dieses Ersuchen war begründet, wie folgt: Im Falle eines drohenden Zweifrontenangriffes auf Deutschland ist die Heeresleitung entschlossen, die Randgebiete zu räumen und sich auf eine mittlere Zone zu beschränken, die unter allen Umständen verteidigt werden kann. Ich weiß noch aus der beigegebenen Karte, daß die Ostverteidigungsgrenze von Hof, also hier im...


VORSITZENDER: Es erscheint dem Gerichtshof, daß all dies wenig mit den Fragen, die wir zu entscheiden haben, zu tun hat.


DR. DIX: Euer Lordschaft! Aus dieser Karte, die der Zeuge jetzt schildern will, geht ausgesprochen und unzweideutig die rein defensive Einstellung, und zwar unter Übernahme der größten strategischen Nachteile des deutschen Oberkommandos im Jahre 1936 hervor, mitgeteilt der Reichsbank unter Leitung von Schacht. Es ergibt sich dann also zwingend aus dieser Mitteilung, daß kein Mensch damals an irgendwelche aggressiven Absichten der Heeresleitung glaubte.


VORSITZENDER: Um welche Zeit handelt es sich?

DR. DIX: 1936. Ich habe ihn dahin verstanden, vielleicht äußert er sich am besten selbst dazu hinsichtlich des Zeitpunkts.


VOCKE: Ich kann den Zeitpunkt in meinem Gedächtnis nicht genau feststellen, aber es muß ungefähr um 1936 nach meiner Schätzung gewesen sein.


DR. DIX: Ich glaube, es ist recht erheblich. Darf der Zeuge fortfahren?


VORSITZENDER: Jawohl.


VOCKE: Die Verteidigungslinie im Osten ging von Hof geradewegs herauf bis Stettin. An die westliche kann ich mich nicht so genau mehr erinnern, doch war Baden und das Rheinland aufgegeben. Die Reichsbank hat eigentlich mit Schrecken von dieser Sache Kenntnis genommen, unter Drohung eines Zweifrontenangriffs auf Deutschland unter ungeheurer Preisgabe deutschen Gebiets, und auch von der ungeheuerlichen Idee, daß die Reichsbank, im Falle [64] einer feindlichen Besetzung, diese besetzten Bevölkerungsgebiete ohne Versorgung mit Geld lassen sollte.

Wir haben daher auch dieses letztere Ersuchen abgelehnt, aber bezüglich des Goldes dem Ersuchen entsprochen und es nach Berlin, Nürnberg, München und so weiter verlagert. Über eines konnte man nicht mehr im Zweifel sein nach diesem Geheimdokument: über den rein defensiven Charakter unserer Rüstung.

Ich komme zu einem dritten Erlebnis, das war im Jahre 1937. Da hatte Schacht, als die Wirtschaft schon auf vollen Touren lief und immer noch neues Geld hereingesteckt wurde, die Hilfe der deutschen Professoren, der Nationalökonomen, aufgeboten und sie zu einer Konferenz geladen, um sie zu veranlassen, in seinem Sinne zu wirken, stoppend zu wirken. Bei dieser Gelegenheit hat ein Teilnehmer die ganz unvermittelte Frage an Schacht gerichtet: »Und wie nun, wenn einmal ein Krieg ausbricht?« Darauf hat Schacht sich erhoben und gesagt: »Meine Herren, dann sind wir erledigt, dann ist es aus. Ich bitte dieses Thema hier zu verlassen, darüber können wir uns hier den Kopf nicht zerbrechen.«

Und ich komme jetzt zu dem vierten Erlebnis, das auch unzweideutig Schachts Haltung und Kenntnis erkennen läßt, nämlich ein Gespräch unmittelbar nach Kriegsausbruch. In den ersten Tagen hatten Schacht, Dreyse, Hülse, ich und Schniewind uns zu vertraulicher Aussprache getroffen. Das erste, was Schacht sagte, war: »Meine Herren, das ist ein Betrug, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte. Die Polen haben das deutsche Angebot nie bekommen. Die Zeitungen lügen, um das deutsche Volk einzuschläfern. Die Polen sind überfallen worden, Henderson hat nicht einmal das Angebot bekommen, sondern nur einen kurzen Auszug aus der Note mündlich erfahren. Wenn jemals bei einem Kriegsausbruch die Kriegsschuldfrage klar war, dann in diesem Falle. Das ist doch ein Verbrechen, wie man es sich nicht größer denken kann.«

Und zweitens fuhr Schacht fort: »Was für ein Wahnsinn... wir, mit einer Militärmacht wie Polen, einen Krieg anfangen, die geführt ist von den besten französischen Generalstabsoffizieren. Unsere Rüstung taugt ja nichts, die von Scharlatanen gemacht ist. Ohne Sinn und Plan ist das Geld verschwendet worden.«

Es wurde dann Schacht eingewendet: »Aber wir haben doch eine Luftstreitkraft, die sich sehen lassen kann.« Schacht sagte: »Die Luftstreitkraft entscheidet keinen Krieg, sondern nur die Landarmee. Wir haben keine schweren Kanonen, keine Tanks. In drei Wochen brechen die deutschen Armeen in Polen zusammen. Und dann bedenken Sie noch die Koalition, die uns noch gegenübersteht.«

[65] Das waren Schachts Worte, die auf mich einen tiefen Eindruck gemacht haben und die für mich eine eindeutige und klare Antwort auf die Frage enthalten, die Herr Dr. Dix an mich gerichtet hat.


DR. DIX: Nun, hat sich Schacht im Laufe dieser Jahre von 1933 bis 1939 einmal mit Ihnen über angebliche oder vermutete Kriegspläne Hitlers unterhalten?


VOCKE: Nein, niemals.


DR. DIX: Wie stand Schacht überhaupt grundsätzlich zu dem Gedanken eines Krieges; hat er sich mit Ihnen darüber mal ausgesprochen?


VOCKE: Ja, natürlich, verhältnismäßig oft. Schacht hat immer darauf hingewiesen, daß der Krieg Sieger und Besiegte zerstört und ruiniert, und er hat auf seinem und unserem Gebiet auf das Beispiel der Siegermächte hingewiesen, deren Wirtschaft und deren Währung entwertet und zum Teil sogar zerrüttet wurde. England hatte abwerten müssen, in Frankreich war völlige Zerrüttung der Finanzen, ganz abgesehen von den übrigen Mächten, wie Belgien, Polen, Rumänien und der Tschechoslowakei.


DR. DIX: Das waren Ausführungen von Schacht?


VOCKE: Ja, von Schacht, die er oft genug gemacht hat. Erst recht hat aber Schacht eingehend und nachdrücklich gesprochen im Hinweis auf die neutralen Länder. Schacht hat immer wieder betont, es werden ja auch wieder Konflikte und Kriege kommen, aber für Deutschland gibt es nur eine Politik: absolute Neutralität. Und er wies auf das Beispiel der Schweiz, Schweden und so weiter hin, die durch ihre neutrale Haltung reich und mächtiger geworden und Gläubi gerländer geworden sind. Schacht hat das immer wieder mit allem Nachdruck betont.


DR. DIX: Sie werden in diesem Zusammenhang nun meine Frage verstehen: Wie erklären Sie sich dann, oder wie hat Schacht Ihnen es erklärt, daß er dann überhaupt eine Rüstung finanziert hat?


VOCKE: Schacht glaubte seinerzeit, daß eine gewisse Rüstung, wie sie jedes Land der Erde hatte, für Deutschland auch notwendig sei aus politischen...


DR. DIX: Darf ich Sie einmal unterbrechen; ich bitte, nur Dinge zu bekunden, die Schacht Ihnen gesagt hat, also nicht eigene Ansichten, was damals Schacht etwa gesagt hat, sondern nur, was Schacht Ihnen gegenüber geäußert hat.


VOCKE: Schacht sagte: »Eine Außenpolitik ohne jede Rüstung ist auf die Dauer unmöglich«, Schacht sagte auch, die Neutralität, die er für Deutschland forderte, müßte, wenn es sich um einen Konflikt zwischen Großmächten handelte, eine bewaffnete Neutralität sein. Schacht hielt die Rüstung für notwendig, wenn nicht Deutschland dauernd wehrlos [66] unter gerüsteten Nationen bleiben sollte. Er hat nicht einen bestimmten Angriff vermutet, aber er hat gesagt, in jedem Land gibt es eine Kriegspartei, die heute oder morgen ans Ruder kommen kann, und ein völlig wehrloses Deutschland seinen Nachbarn gegenüber ist auf die Dauer unmöglich, ja, bildet sogar eine Gefahr für den Frieden und einen Anreiz, es eines Tages zu überfallen. Endlich aber und vor allem hat Schacht in der Rüstung das einzige Mittel gesehen, die deutsche Wirtschaft in ihrer Gesamtheit wieder zu beleben und anzukurbeln. Es sollten Kasernen gebaut werden; die Bauwirtschaft, die der Schlüssel der gesamten Wirtschaft ist, sollte befruchtet werden und nur so hoffte er mit der Arbeitslosigkeit fertig zu werden.


DR. DIX: Nun kam es im Laufe der Ereignisse zur Militarisierung des Rheinlandes, zur Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht. Haben da Unterhaltungen zwischen Ihnen und Schacht des Inhalts stattgefunden, daß diese Art von Politik Hitlers, die dann fortgesetzt, zu einem Krieg führen könnte, zum mindesten zu einem kriegerischen Einschreiten anderer Staaten, die mit einer solchen Politik nicht einverstanden sein würden?

Haben solche Gespräche stattgefunden zwischen Ihnen und Schacht?


VOCKE: Nicht in dem Sinne, wie Ihre Frage vor. Schacht hat allerdings mit mir über die Vorgänge bei der Wiederbesetzung des Rheinlandes gesprochen, und zwar hat er mir auseinandergesetzt, daß damals Hitler, als Frankreich eine nur etwas drohende Haltung einnahm, entschlossen war, die Besetzung sofort zurückzunehmen, daß Hitler also umgefallen ist und daß er nur von Herrn von Neurath daran gehindert wurde, der ihm sagte: »Ich war zwar gegen diesen Schritt, aber nachdem du ihn getan hast, mußt du stehen bleiben.« Was Schacht mir damals über Hitlers Haltung sagte, war alles eher, als daß Hitler in einem kriegslüsternen Licht erschienen wäre. Auch empfand Schacht, wie er mir sagte, die Freundschaft mit Polen, den Verzicht auf Elsaß-Lothringen, überhaupt Hitlers Politik in den ersten Jahren als eine Friedenspolitik; später sind die ernsten Bedenken außenpolitischer Art erst aufgetaucht.


DR. DIX: Wie waren denn überhaupt Schachts außenpolitische Grundsätze und Ideen im Zusammenhang mit seiner Einstellung auch zu der Hitlerschen Außenpolitik?


VOCKE: Ganz überwiegend ablehnend, vor allem natürlich seit Ribbentrop einen Einfluß auf die Außenpolitik gewonnen hat, in dem Schacht den unfähigsten und verantwortungslosesten Ratgeber Hitlers gesehen hat. Aber auch vorher schon waren tiefgehende Differenzen Schachts gegenüber Hitlers Außenpolitik da. Zum Beispiel gegenüber Rußland hatte Schacht schon in den Jahren 1928/29 das große Russengeschäft aufgebaut, langjährige Kredite, [67] die beiderseits die Wirtschaft befruchtet haben. Er ist deswegen oft angegriffen worden, aber er hat gesagt, ich weiß was ich tue, ich weiß auch, daß die Russen pünktlich und korrekt bezahlen werden. Sie haben das immer getan und Schacht war sehr ärgerlich und unglücklich darüber, als durch die Schimpfkanonaden Hitlers das ganze Verhältnis mit Rußland ruiniert und so auch dieses große Geschäft zum Stillstand gebracht wurde. Oder gegenüber China: Schacht war von der Wichtigkeit des China-Geschäftes überzeugt und war im Begriff, es zu weit größerem Maße zu entwickeln, als Hitler durch seine Option für Japan und die Zurückziehung der deutschen Berater von Tschiang-Kai-Schek auch hier alle Pläne zunichte machte. Schacht sah einen verhängnisvollen Fehler darin und sagte, daß Japan nie imstande oder willens wäre, für das chinesische Geschäft uns einen Ersatz zu geben. Schacht war auf der ganzen Linie für enge Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten, mit England und Frankreich. Schacht bewunderte Roosevelt selbst und war stolz darauf, daß Roosevelt mit ihm durch den Diplomaten Cockerill eine dauernde Verbindung unterhielt. Schacht war von der Notwendigkeit bester Beziehungen zu England und Frankreich überzeugt. Gerade deswegen hat er die Entsendung Ribbentrops nach London erschwert und mißbilligt. Schacht war gegen die Politik Hitlers gegenüber Italien. Er wußte, daß Mussolini von uns nichts wissen wollte und hielt ihn für den unzuverlässigsten und schwächsten Partner. Was Österreich anlangt, so weiß ich nur, daß Schacht Dollfuß geschätzt hat, die Ermordung von Dollfuß mit Entsetzen und Abscheu erfahren hat, und daß er nach der Besetzung Österreichs vieles, was dort geschehen ist, mißbilligt hat.

Ich kann vielleicht in diesem Zusammenhang noch kurz auf Schachts Kolonialpolitik eingehen, die eine Art Steckenpferd von Schacht war, über die er einmal einen Vortrag gehalten hat. Ich kann Schachts Ansichten darüber aus Aufträgen, die er mir gegeben hat, illustrieren. Die Ideen Schachts gingen dahin, mit den Mächten England, Frankreich und so weiter ein Arrangement zu treffen, damit die Mächte einen Teil der portugiesischen Kolonie Angola aufkaufen und Deutschland nicht zur hoheitsmäßigen Verwaltung, sondern zur wirtschaftlichen Nutzung übergeben sollten und er hat Sachverständigengutachten...


VORSITZENDER: Dr. Dix! Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß dies viel zu ausführlich ist.


DR. DIX: Wir können dann die einzelnen Beispiele unterlassen.


[Zum Zeugen gewandt:]


Der verstorbene Generalfeldmarschall Blomberg hat eine Bekundung gemacht, daß die Reichsbank alljährlich vom Wehrministerium schriftliche Mitteilungen über den jeweiligen Stand der [68] Rüstung erhalten habe. Ist Ihnen, der Sie doch Mitglied dieses Direktoriums waren, von solchen Mitteilungen etwas bekannt?

VOCKE: Nein, ich habe nie etwas davon erfahren.

DR. DIX: Halten Sie es nach Ihrer ganzen Erfahrung über den Geschäftsbetrieb der Reichsbank, nach Ihrer ganzen Erfahrung über die Einstellung Schachts zu seinen Mitarbeitern für möglich, daß Schacht persönlich diese Aufstellung erhalten, sie aber seinen Mitarbeitern im Reichsbankdirektorium nicht mitgeteilt hat?


VOCKE: Möglich, aber sehr unwahrscheinlich.


DR. DIX: Nun, wann hatte Schacht angefangen zu versuchen, die Rüstungsfinanzierung und damit die Rüstung zu stoppen, und wenn er es versucht hat, wenn Sie es im bejahenden Sinn beantworten können, was waren seine Gründe hierfür?


VOCKE: Schacht hat die ersten Versuche einer Begrenzung der Rüstung, ich denke um 1936, unternommen, als die Wirtschaft voll im Gang war und als die Weiterrüstung wie eine Schraube ohne Ende aussah. Die Reichsbank war blockiert und ich glaube, im Jahre 1936 hat Schacht mit ernstlichen Bemühungen begonnen, der Rüstung von sich aus ein Ende zu setzen.


DR. DIX: Und wissen Sie aus eigener Erfahrung, worin diese Bemühungen im wesentlichen bestanden haben?


VOCKE: Diese Bemühungen erfüllten die folgenden Jahre. Zunächst hat Schacht versucht, auf Hitler einzuwirken. Das stellte sich als vergeblich heraus. Sein Einfluß sank, sowie er derartige Bemühungen anstellte. Er hat versucht, Bundesgenossen bei den bürgerlichen Ministerien und auch bei den Generalen zu finden. Er hat auch versucht, Göring zu gewinnen und glaubte, Göring gewonnen zu haben. Es hat aber nichts genützt.

Schacht hat dann dafür gekämpft, und zwar schließlich mit Erfolg, daß zunächst die Reichsbankkredite für die Rüstung endlich aufgehört haben, und dieser Erfolg trat März 1938 ein. Er hat aber damit seine Bemühungen, die Rüstung selbst zum Stoppen zu bringen, keineswegs aufgegeben, sondern mit allen Mitteln daran weitergearbeitet, auch mit den Mitteln der Sabotage.

Er hat im Jahre 1938 eine Anleihe herausgebracht zu einem Zeitpunkt, wo er wußte, daß die vorherige Anleihe noch nicht verdaut war, daß die Banken noch voll davon waren, und er hat den Betrag der neuen Anleihe so groß genommen, daß der Mißerfolg eintreten mußte. Wir haben gespannt darauf gewartet, ob unsere Rechnung richtig war und wir waren glücklich, als der Mißerfolg auf der Hand lag, und Schacht hat ihn Hitler mitgeteilt. Ebenso lief auf eine Sabotage der Rüstung hinaus, wenn Schacht den Industrien, die zu der Erweiterung ihrer Anlagen Anleihen aufnehmen wollten, [69] die Aufnahme dieser Anleihen verboten und sie so daran gehindert hat, sich zu erweitern. Aber auch die Beendigung des Reichsbankkredites war nicht nur ein Herausnehmen der Reichsbank, sondern ein Schlag, der die Rüstung selbst getroffen hat, wie sich herausstellte um 1938, als es überall mit der Finanzierung am Ende von 1938 haperte und als nach Schachts Austritt sofort zurückgekehrt werden mußte zu den direkten Krediten der Notenbank, die das einzige Mittel waren, den elastischen Kredit, den sozusagen unendlichen Kredit bereitzustellen, den Hitler brauchte, den er von Schacht niemals hätte bekommen können. Ich weiß das aus persönlicher Erinnerung, denn dieses Gesetz, das mir vorgehalten wurde, das Hitler nach Schachts Abgang erlassen hat, dem habe ich widersprochen und dem Vizepräsidenten erklärt: Ich mache nicht mit. Worauf sofort meine Entlassung erfolgte, zehn Tage nach der Entlassung von Schacht.

DR. DIX: Nun Herr Vocke, für den Außenstehenden könnten ja nun die Beweggründe für dieses Stoppen der Rüstungsfinanzierung auch rein wirtschaftliche gewesen sein. Haben Sie Anhaltspunkte oder unmittelbare Erfahrungen darüber, daß Schacht auch einen Krieg nunmehr gefürchtet und die Möglichkeit eines Krieges durch dieses Stoppen hat bekämpfen wollen?


VOCKE: Ja, jedenfalls im Laufe des Jahres 1938 ist die Besorgnis, daß diese unendliche Weiterrüstung zum Krieg treiben könne, ja müsse, immer stärker geworden, vor allem nach der Konferenz von München. Schacht war inzwischen, und zwar glaube ich seit der Fritsch-Affäre, darüber sich klar geworden, daß Hitler der Todfeind war, und hat nur noch eines gekannt, mit allen Mitteln gegen Hitler, gegen Hitlers Rüstung und Kriegstreiben anzukämpfen. Die Mittel waren natürlich nur finanzielle, wie der Sabotage und so weiter, die ich vorhin geschildert habe. Schließlich blieb als letztes das Memorandum, mit dem Schacht den Austritt erzwungen hat.


DR. DIX: Darauf kommen wir nachher noch zu sprechen. Ich darf Sie vorher fragen: Dem Gerichtshof ist die Finanzierungsart dieses Kredites nämlich durch die MEFO-Wechsel bekannt. Sie brauchen darüber keine Bekundungen zu machen. Was ich Sie fragen möchte, ist, wie nach ihrer juristischen Auffassung diese Rüstungsfinanzierung durch diese eben genannten MEFO-Wechsel mit dem Bankgesetz vereinbart war?


VOCKE: Die MEFO-Wechsel, die Konstruktion dieses Geschäftes und dieser Gesellschaft waren natürlich von vornherein juristisch geprüft worden, auch die Rechtsfrage ist uns vorgetragen worden, und man hat die Frage, ob formal-juristisch diese Wechsel noch unter das Bankgesetz gebracht werden können, allerdings bejaht. Die schwerwiegendere Frage war allerdings die, ob denn diese Wechsel den normalen Anforderungen entsprechen, die eine Notenbank [70] normalerweise an ihr Portefeuille stellen soll, und diese Frage muß natürlich glatt verneint werden.

Wenn man fragt: Warum hat denn die Bank nicht gute Handelswechsel angekauft, sondern MEFO-Wechsel?, so ist die Antwort die, daß damals seit Jahr und Tag keine guten Handelswechsel mehr vorhanden waren, nämlich seit dem Zusammenbruch infolge der Wirtschaftskrise, dem Darniederliegen der Wirtschaft.

Schon unter Brüning war eine Hilfskonstruktion zur Wiederbelebung der Wirtschaft und zur Kreditgewährung aufgezogen worden, die alle nach einem ähnlichen Schema gingen, das heißt ihrem Wesen nach sanktioniert waren, Normalkredite halböffentlich-rechtlicher Art; denn die Bank stand einfach vor der Alternative, mit verschränkten Armen passiv zuzusehen, was aus der Wirtschaft wurde, oder der Regierung bei der Wiederbelebung und Stützung der Wirtschaft so gut sie konnte zu helfen. Alle Notenbanken der Welt standen vor der gleichen Alternative und haben sich im gleichen Sinn entschieden. So haben auch die Rüstungswechsel, die wirtschaftlich gesehen nichts anderes waren wie vorher die Arbeitslosenwechsel, eben zu diesem Zweck dienen müssen. Damit wurde vom Standpunkt der Währungspolitik das alte Wechselportefeuille der Reichsbank, das durch die Krise eingefroren war, sogar wieder gut. Die ganzen Bestimmungen, die bankgesetzlichen und die traditionellen der Bank- und Wechselpolitik, hatten nur den einen Zweck, Verluste zu vermeiden.


DR. DIX: Ich glaube, Herr Vocke, dem Gerichtshof würde es genügen, wenn Sie bestätigen können, daß schließlich die Juristen der Reichsbank die gesetzliche Zulässigkeit dieser MEFO-Wechsel bejaht haben. Die Einzelheiten dieser Begründung, glaube ich, wenn Euer Lordschaft damit einverstanden sind, können wir auslassen.

Und nun kommen wir also zu dem von Ihnen bereits erwähnten Memorandum. Wollen Sie dem Gerichtshof eingehend schildern die Erwägung, welche das Bankdirektorium und an seiner Spitze Schacht veranlaßt haben, dieses Memorandum Hitler einzureichen und welche taktischen Ziele das Direktorium und damit Schacht mit diesem Memorandum verfolgte?


VOCKE: Wir hätten, wenn wir frei hätten sprechen können, natürlich gesagt: Ihr müßt die Rüstung stoppen. Aber das kam der Reichsbank an sich nicht zu, sondern wir mußten uns auf unsere Verantwortung für die Währung beschränken. Infolgedessen arbeitete das Memorandum der Reichsbank mit den Währungsargumenten, indem es sagt: Die Fortsetzung der Rüstungsfinanzierung ruiniert die deutsche Währung und bringt eine Inflation über Deutschland. Das Memorandum spricht von uferloser Kreditwirtschaft, von hemmungslosen Ausdehnungen der Kredite und [71] hemmungsloser Ausgabewirtschaft. Die Ausgabe, die wir meinten, war die Rüstung. Das war ganz klar.


VORSITZENDER: Wir haben alle das Memorandum gesehen, nicht wahr?


DR. DIX: Ja, er soll ja auch nicht den Inhalt des Memorandums schildern, sondern nur die Beweggründe und taktischen Ziele seiner Verfassung.


[Zum Zeugen gewandt:]


Also wohlverstanden, Herr Vocke, das Tribunal kennt den Text des Memorandums. Ich bitte Sie also, sich auf das, was ich vorhin gefragt habe, zu beziehen.

VOCKE: Das Memorandum muß mit Währungsargumenten arbeiten, aber trotzdem steht klar darin, was wir verlangen: »Beschränkung der Außenpolitik«. Dieser Satz zeigt klar, was wir eigentlich wollten. Beschränkung der Ausgabenwirtschaft, Beschränkung der Außenpolitik, der außenpolitischen Ziele. Wir haben darauf hingewiesen, daß die Ausgaben ein Maß erreicht haben, mit dem nicht weiter fortgefahren werden kann, und daß damit Schluß gemacht werden muß oder, wie gesagt wird, Einhalt geboten werden muß der Ausgabenpolitik, das heißt der Rüstungspolitik des Reiches.

DR. DIX: Ja. Sahen Sie nun die Wirkungen dieses Memorandums voraus, oder besser gesagt, mit welchen Wirkungen dieses Memorandums auf Hitler rechneten Sie dann taktisch?


VOCKE: Entweder mußte das Memorandum dazu führen, daß Schluß gemacht wurde mit dieser unhaltbaren Ausgabenwirtschaft, die ja uns an den Ruin gebracht hatte; denn am Ende des Jahres 1938 war ja kein Geld mehr vorhanden, sondern ein Kassadefizit von annähernd einer Milliarde. Das mußte eingesehen werden, und der Finanzminister war auf unserer Seite. Wurde es aber nicht anerkannt, dann mußte der Bruch kommen und mußten wir entlassen werden. Eine andere Alternative gab es nicht. Und wir sind zu dem ungewöhnlichen Schritt gekommen, daß das ganze Direktorium dieses Manuskript unterschrieben hat.


DR. DIX: Das ist an sich nach meiner Erfahrung etwas ganz Ungewöhnliches; denn im allgemeinen wird doch eine amtliche Schrift der Reichsbank von dem Präsidenten oder seinem Stellvertreter unterzeichnet.


VOCKE: Das ist richtig, wir wollten die Geschlossenheit des Reichsankdirektoriums mit diesem wichtigen Dokument, das Schluß machen sollte mit der Rüstung, zum Ausdruck bringen.


DR. DIX: Das ist klar, Herr Zeuge. Haben Sie Anhaltspunkte dafür, daß Hitler dies erkannt hat?


[72] VOCKE: Ja, Hitler hat irgendein Wort gebraucht, wie daß das eine »Meuterei« wäre, wie ich glaube, daß dies beim Militär solche Begriffe sind. Ich habe nie gedient, aber ich glaube doch, wenn eine Beschwerde von mehreren Soldaten unterschrieben wird, daß das als eine Meuterei angesehen wird. Von solchen Begriffen ging Hitler aus.


DR. DIX: So etwas gibt es. Sie waren nicht dabei. Wer hat Ihnen denn das erzählt von diesem Ausdruck »Meuterei«?


VOCKE: Das weiß ich nicht mehr, ich glaube, es war Herr Berger vom Finanzministerium. Ich kann das aber nicht mehr mit voller Bestimmtheit sagen.


DR. DIX: Also es wurde in Ministerialkreisen erzählt, diese Äußerung?


VOCKE: Ja.


DR. DIX: Nun, dieses Memorandum enthält aber auch ein Kompliment für Hitler, nämlich eine Bezugnahme auf seine außenpolitischen Erfolge.


VOCKE: Ja, Schacht hatte sich angewöhnt, Hitler stets mit Schmeicheleien zu umgeben und in dem Maß, wie Schacht zum entschiedensten Gegner der Hitler-Regierung geworden war, um so mehr bediente er sich dieser Schmeicheleien und hat daher in diesem Memorandum, jedenfalls am Eingang, wo er von den Erfolgen Hitlers spricht, diese Taktik auch seinerseits angewendet.


DR. DIX: Und was war nun die Folge dieses Memorandums, kurz?


VOCKE: Die Folge war, daß zunächst Schacht, Dreyse und Hülse und dann ich, Erhardt und Lessing entlassen worden sind. Die Folge war allerdings auch, daß das Ausland wußte, was es in Deutschland geschlagen hatte, und zwar hatte mein Kollege Hülse in Basel unzweideutig in diesem Sinn Erklärungen abgegeben, daß, wenn wir entlassen würden, dann unsere Freunde wüßten, wie weit man ist.


DR. DIX: Das hat Ihnen Herr Hülse erzählt?


VOCKE: Das hat mir Hülse erzählt, ja.


DR. DIX: Euer Lordschaft! Sollen wir jetzt eine kurze Pause machen? Ich habe an sich nicht mehr viel, aber ich habe auch noch den Dokumentenbeweis.


VORSITZENDER: Wie lange denken Sie, werden Sie brauchen bis Sie damit fertig sind?


DR. DIX: Es ist dies ganz kurz nur und dann der Dokumentenbeweis, der auch sehr kurz ist. Soll ich noch vor der Pause damit beginnen?


[73] VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird nun eine Pause einschalten.


[Pause von 10 Minuten.]


DR. DIX: Nun, Herr Zeuge, Sie haben dem Tribunal geschildert, wie es zu diesem Abgang, dieser Entlassung von Schacht und Ihrer Person kam. Warum hatte nun Schacht das nicht schon früher gewagt? Hat er sich mit Ihnen darüber unterhalten?

VOCKE: Nein, wir haben die ganzen Jahre 1936, 1937 geschwankt. Es überwog zunächst noch die Hoffnung, daß Hitler sich in einer leidlich vernünftigen Richtung als Staatsmann entwickeln würde. Schließlich, im Jahre 1938, traten schwere, bedenkliche Momente auf, insbesondere im Zusammenhang mit der Münchener Konferenz und nach der Münchener Konferenz. Da allerdings war die Sorge, daß es zu einem Kriege kommen würde, für uns drohend geworden und da sahen wir: Wir müssen die Entscheidung erzwingen. Aber es ist auch folgendes zu berücksichtigen: Wir konnten als Bank nicht mit politischen und militärischen Erwägungen oder Forderungen auftreten, die nicht für unsere Kompetenz waren. Das Inflationsmoment, was wir in diesem Memorandum drohend zeigten, war erst im Laufe des Jahres 1938 aufgetreten, wo der Notenumlauf in den letzten zehn Monaten stärker angeschwollen war als fünf Jahre vorher.


DR. DIX: So, daß sich also erst in diesem Jahre sozusagen ein Vorwand, ein Grund fand, ein Mittel, um den Sprung zu wagen.


VOCKE: Jawohl.


DR. DIX: Nun eine generelle Frage zum Abschluß. Die Intelligenz Dr. Schachts wird ja von niemandem bestritten; daß er sich in Hitler getäuscht hat, ja, daß er von Hitler getäuscht worden ist, sagt er selbst. Sie werden sich wahrscheinlich selbst bei Ihrer Kenntnis der Persönlichkeit Schachts schon Gedanken gemacht haben, wie dieser Irrtum, diese Täuschung Schachts, zu erklären ist.

Wenn deshalb das Tribunal es erlaubt, würde ich dankbar sein, wenn Sie Ihre persönliche Ansicht darüber sagen würden; aber...


JUSTICE JACKSON: Darf ich einen Einwand erheben, Euer Gnaden? Ich verstehe nicht, wie die Denkvorgänge des Herrn Dr. Schacht von jemand anderem erklärt werden können. Ich hatte nichts gegen irgendwelche Tatsachen einzuwenden, die diesem Zeugen bekannt waren. Wir haben sogar zugelassen, daß er hier lang und breit private Unterhaltungen ausführlich schilderte. Jedoch meine ich, daß Betrachtungen über Denkvorgänge Schachts außerhalb der Grenzen eines Beweiswerts liegen.


VORSITZENDER: Ich glaube, ich habe bereits gesagt, daß Sie. Herr Dr. Dix, nicht durch einen Zeugen die Gedanken eines anderen [74] Menschen erklären lassen können. Sie können nur seine Handlungen und Erklärungen wiedergeben lassen.


DR. DIX: Ja, Euer Lordschaft! Ich habe ja schon bei der Einleitung dieser Frage gesagt, »wenn das Gericht einverstanden ist«. Ich bin mir natürlich selbst über die Relativität der Zulässigkeit...

VORSITZENDER: Sie haben jetzt die Antwort: Der Gerichtshof gestattet es nicht.


DR. DIX: Also unterlassen wir die Frage. Dann darf ich Euer Lordschaft noch fragen, ich kann natürlich noch Fragen über die Behandlung der Juden durch Schacht stellen. Ich persönlich glaube, daß dieses Kapitel so ausgeschöpft ist, daß es nicht notwendig ist, daß dieser Zeuge uns noch Beispiele für die Einstellung von Schacht gibt. Dann würde ich bitten mir zu erlauben, die gleiche Frage hinsichtlich der Freimaurer zu stellen, weil da noch nichts gesagt worden ist.


[Zum Zeugen gewandt:]


Wissen Sie etwas über die Behandlung der Freimaurer, die Einstellung Dr. Schachts den Freimaurern gegenüber?

VOCKE: Jawohl, es wurde von der Partei verlangt, daß die Freimaurer aus dem Beamtenkorps ausgemerzt werden. Schacht hat gesagt: »Ich lasse mir nicht hineinreden. Jeder Mensch weiß, daß ich selbst Freimaurer bin. Wie kann ich dann gegen Beamte vorgehen nur aus dem Grunde, weil sie dem Freimaurerorden angehören?« Schacht hat, solange er im Amt war, anstandslos die Freimaurer gehalten und auch ruhig befördert.

DR. DIX: Nun eine letzte Frage. Ist Ihnen etwas bekannt, daß Schacht irgendwelche Dotationen oder sonstwie in der Hitlerzeit wirtschaftliche Vorteile, über seine regulären Bezüge hinaus, als Beamter erhalten hat?

VOCKE: Nein, das kam für Schacht auch gar nicht in Frage. Im übrigen, Dotationen sind ihm nie angeboten worden, aber er hat sich in jeder Beziehung, was Geld anbelangt, als der saubere und charakterfeste Mann stets bewährt. Ich kann hier das Beispiel nennen, wo er zum Beispiel bei seinem Abgang im Jahre 1930 seine Pension um mehr als die Hälfte herabgesetzt hat, unter die des Vizepräsidenten oder die eines Mitglieds, indem er sagte: »Diese Herren haben ihr Leben der Bank gewidmet, ich habe nur eine Gastrolle von ein paar Jahren gegeben.« Ich könnte noch mehr Beispiele für Schachts absolute Korrektheit in dieser Beziehung anführen.


DR. DIX: Ich glaube, daß das Gericht es nicht wünscht, und es wird nicht notwendig sein weitere Beispiele zu geben.

Ich bin damit am Ende meiner Befragung dieses Zeugen.


VORSITZENDER: Wünscht ein anderer Verteidiger, Fragen zu stellen?


[75] DR. GUSTAV STEINBAUER, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SEYSS-INQUART: Herr Zeuge! Erinnern Sie sich noch der finanzpolitischen Maßnahmen anläßlich des Anschlusses Österreichs im März 1938, wenigstens im allgemeinen?

Es sind damals zwei Gesetze erschienen vom 17. März 1938, das eine zwecks Umrechnung des Schillings in Mark und das zweite zur Übernahme der Österreichischen Nationalbank durch die Reichsbank. Herr Dr. Schacht hat gestern als Zeuge angegeben, daß er am 11. März gefragt wurde, welchen Kurs er für den Fall, daß in Österreich einmarschiert würde, als angemessen betrachte. Er hat diese Frage dahin beantwortet, daß er erklärt habe, nach dem letzten Börsenkurs wären zwei Schilling für eine Mark angemessen. Nach dem Anschluß hat mein Klient Dr. Seyß-Inquart beim Führer gegen diese Unterbewertung des Schillings protestiert und durchgesetzt, daß der Schilling mit 1,50 der Reichsmark gegenüber umgerechnet wurde. Ist das richtig?


VOCKE: Ich habe vor dem Einmarsch in Österreich nichts gehört von einer Relation des Reichsbankdirektoriums; es ist mit diesen Fragen erst nach dem Einmarsch betraut worden und es hat rein sachlich, bankmäßig die Relation vorgeschlagen, die den Verhältnissen entsprach, wobei nur eine minimale Abrundung für die Umrechnung stattfand. Sache der Regierung war es, wenn sie, um die österreichische Bevölkerung zu kaufen oder sie günstig zu stimmen, ihr etwas Besonderes geben wollte.


DR. STEINBAUER: Das zweite Gesetz beschäftigt sich mit der Österreichischen Nationalbank. Da hat der Zeuge Dr. Schacht heute angegeben, diese Österreichische Nationalbank wurde nicht liquidiert, sondern, wie er sich ausdrückte, amalgamiert. Ich habe das Gesetz herausgesucht, das im Paragraph 2 ausdrücklich sagte, die Österreichische Nationalbank wird liquidiert. Es ist dies Nummer 2313-PS. Nun frage ich Sie, Herr Zeuge:

Wissen Sie da etwas darüber, ist die Österreichische Nationalbank als Notenemissionsanstalt geblieben oder wurde sie liquidiert?


VOCKE: Das Notenrecht in Österreich ging selbstverständlich auf die Reichsbank über, die dann die Österreichische Nationalbank in Wien meines Wissens übernommen und fortgeführt hat. Mir sind keine Details mehr erinnerlich, die Bearbeitung hatte mein Kollege Kesnick.


DR. STEINBAUER: Aber vielleicht werden Sie sich beiläufig erinnern, wenn ich Ihnen aus den amtlichen Mitteilungen der Österreichischen Nationalbank vorhalte, daß der Goldbestand der Österreichischen Nationalbank im März 1938 zweihundertdreiundvierzig Millionen Schilling in Gold und der Devisenbestand einhundertvierundsiebzig Millionen Schilling betragen hat, also rund über [76] vierhundert Millionen Schilling in Gold von der Nationalbank durch die Reichsbank übernommen wurde?


VOCKE: Ich weiß diese Dinge nicht mehr, aber wenn sie gemacht wurden, dann eben durch die Regierung, durch Gesetz.


DR. STEINBAUER: Ja. Ich habe das Gesetz vom 17. März da. Ich wollte das nur richtigstellen, daß sich der Herr Schacht heute sicherlich ohne Absicht geirrt hat. Das Gesetz, das er selber unterschrieben hat, heißt: »shall be liquidated«.

Ich habe sonst keine Fragen.


DR. LATERNSER: Herr Zeuge! Sie haben vorhin ausgesagt, daß Dr. Schacht sich fundamental von den hohen militärischen Führern deswegen unterschieden habe, weil er dem Regime gegenüber ein freier Mann geblieben sei. Ich wollte Sie nun fragen, da in dieser Aussage gewissermaßen ein Urteil über hohe militärische Führer Hegt, welche hohen militärischen Führer sind Ihnen persönlich bekannt?


VOCKE: Kein einziger.


DR. LATERNSER: Wollen Sie dann bei diesem Urteil verbleiben?

VOCKE: In unserem Kreise der Reichsbank galten die Herren Keitel und andere Herren als zu nachgiebig und zu servil gegenüber Hitler.


DR. LATERNSER: Wenn Sie aber keine persönliche Kenntnis dieser Personen haben, glauben Sie dann, daß Sie ein hier vielleicht schwerwiegendes Urteil über diese geben können, so, wie Sie es vorhin getan haben?


VOCKE: Ich glaube, ja.


DR. LATERNSER: Ich habe keine weiteren Fragen.


VORSITZENDER: Wünscht ein Vertreter der Anklage ein Kreuzverhör anzustellen?


JUSTICE JACKSON: Zeuge! Als Sie Dr. Schacht das erstemal sahen, wie ich es verstanden habe, war das anläßlich eines offiziellen Besuches in Brüssel, den Sie von Lumm abstatteten?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Während der ersten Jahre des ersten Weltkrieges?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Hat Schacht damals eine Stellung in von Lumms Stab gehabt?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Welches war Schachts Stellung?


[77] VOCKE: Das kann ich nicht genau sagen. Er war einer der Referenten. Ich habe nichts Näheres mit ihm zu tun gehabt, außer, daß Herr von Lumm, als ich einmal nach Brüssel entsandt wurde, um mit Lumm etwas zu besprechen, Anlaß nahm, mir seine Mitarbeiter vorzustellen, darunter auch Schacht, und es blieb bei der richtigen Vorstellung.


JUSTICE JACKSON: Was war von Lumms Stellung, was hat er in Brüssel gemacht?


VOCKE: Er war Bankkommissar beim Generalkommando.


JUSTICE JACKSON: Beim Generalkommando der Deutschen Wehrmacht?


VOCKE: Bankkommissar der Besatzungsarmee...


JUSTICE JACKSON: Von Deutschland ernannt?


VOCKE: Zweifellos.


JUSTICE JACKSON: Er war doch Deutscher, kein Belgier?


VOCKE: Ja, er war ein Deutscher.

JUSTICE JACKSON: Einige Zeit danach wurde Schacht von Lumm entlassen, nicht wahr?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Und dann hatten Sie eine Unterredung mit von Lumm, sowie eine Unterredung mit Schacht darüber. Stimmt das? Sagen Sie mir, ob Sie den Besuch empfingen...


VOCKE: Ich habe die amtlichen Berichte über die Entlassung Schachts in Berlin gelesen. Ich war Hilfsarbeiter im Reichsamt des Innern. Mit Schacht habe ich über diese Sachen erst gesprochen als er Reichsbankpräsident wurde und mich eines Tages daraufhin ansprach.


JUSTICE JACKSON: Bevor Schacht zum Stab von Lumm kam, war er Direktor der Dresdner Bank?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Und die Entlassung erfolgte, weil Schacht dieser Bank eine beträchtliche Summe belgischer Francs lieferte?


VOCKE: Ja. Ich weiß nicht wie groß der Betrag war.


JUSTICE JACKSON: Aber er war beträchtlich?


VOCKE: Vielleicht.


JUSTICE JACKSON: Und dadurch hatte, wie von Lumm annahm, die Dresdner Bank einen Vorteil, der mit Schachts Obliegenheiten als Staatsbeamter unvereinbar war?


[78] VOCKE: So hat jedenfalls Herr von Lumm die Sache angesehen, von einem strengen Standpunkt aus, den Schacht, der kein Beamter war, noch nicht so ganz kannte.


JUSTICE JACKSON: Von Lumm berief eine Versammlung ein und machte Schacht Vorwürfe?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Schacht gab dann Herrn von Lumm eine Antwort, die Herr von Lumm nicht für aufrichtig, sondern für eine Lüge hielt?


VOCKE: Ja, das war der Standpunkt Lumms.


JUSTICE JACKSON: Also, das hat Ihnen Herr von Lumm darüber erzählt?


VOCKE: Das stand in den schriftlichen Berichten, die ich gelesen habe.


JUSTICE JACKSON: Als Sie mit Schacht darüber und über seine Antworten an Herrn von Lumm sprachen, hat Schacht Ihnen gesagt, daß es vielleicht keine ganz offene Antwort, aber auch keine Lüge war?

VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Nachdem Sie nun beide Seiten gehört haben, waren Sie, zusammen mit allen anderen Direktoren der Reichsbank, gegen die Ernennung Schachts zum Reichsbankpräsidenten, wie Sie hier ausgesagt haben?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Und Sie waren ebenso wie die anderen Direktoren der Ansicht, daß das Verhalten von Dr. Schacht in der belgischen Bankaffäre nicht ganz fair und korrekt war?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Als Dr. Schacht unter dem Nazi-Regime zur Reichsbank zurückkam, herrschte, soweit ich es verstehe, ihm gegenüber eine beträchtliche Animosität und Zurückhaltung seitens des Reichsbankdirektoriums, weil er »in unseren Augen ein Nazi war. Er stand in enger Berührung mit Hitler und hielt verschiedene Dinge vor uns, seinen Kollegen, geheim.« Das ist richtig, nicht wahr?


VOCKE: Das kann ich nicht sagen. Es war allerdings eine Stimmung gegen Schacht vorhanden, von dem, wie ich vorhin ausführte, wir angenommen hatten und ich angenommen hatte, wenn auch zu Unrecht, daß er ein Nazi war; was Schacht uns, oder ob er uns was vorenthalten hat, das ist möglich, aber das weiß ich nicht.


JUSTICE JACKSON: Aber haben Sie nicht in einer Erklärung gesagt, daß er in enger Berührung mit Hitler gestanden und einige Dinge vor »uns, seinen Kollegen« geheimgehalten habe?


[79] VOCKE: Ich weiß nicht, ob er Dinge uns vorenthalten hat. Es ist möglich, aber ich kann es nicht beweisen.


JUSTICE JACKSON: Ist es nicht zutreffend, daß Jahre später, als im Währungssystem, im Geldumlauf, in dem Preis- und Lohnsystem schon schwierige Momente auftraten, »aus halboffiziellen Quellen Gerüchte uns zu Ohren kamen, daß Dr. Schacht Hitler das Versprechen gegeben hätte, die Rüstung zu finanzieren«? Haben Sie das nicht gesagt?


VOCKE: Daß Schacht Hitler das Versprechen gegeben hat? Ja. Es waren in gewissen Kreisen Gerüchte dieser Art im Umlauf. Ob es wahr ist, weiß ich nicht.


JUSTICE JACKSON: Nach dem Münchener Abkommen und nach der Hitler-Rede in Saarbrücken waren Sie der Auffassung, daß das alle Hoffnungen auf Frieden zerstörte, nicht wahr?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Von diesem Tage an haben Sie zusammen mit Pilseck alles getan, um Schacht zu überreden, daß eine Entscheidung erzwungen werden muß?


VOCKE: Jawohl.


JUSTICE JACKSON: Dr. Schacht stimmte mit Ihnen überein, zögerte jedoch, den entsprechenden Schritt zu tun?


VOCKE: Jawohl, er sagte... nicht in der Sache hat Schacht widersprochen, sondern den Zeitpunkt der Übergabe unseres Memorandums wollte er sich vorbehalten, und so kam es, auch weil dieses Memorandum die Unterschrift aller finden sollte, und jeder seine Wünsche daran zu korrigieren hatte, daß vom Oktober bis 7. Januar die Übergabe des Memorandums sich verzögerte.


JUSTICE JACKSON: Wurde das Memorandum von Ihnen und Hülse vorbereitet?


VOCKE: Jawohl.


JUSTICE JACKSON: Und Sie gingen Dr. Schacht immer wieder darum an?


VOCKE: Jawohl.

JUSTICE JACKSON: Er behielt den Entwurf die ganze Zeit und sagte Ihnen, daß er sich über den günstigsten Augenblick, um diesen Entwurf Hitler vorzulegen, im Zweifel war?


VOCKE: Ja.


JUSTICE JACKSON: Und erst als Hitler sich weigerte, Schacht in Berchtesgaden zu empfangen, sandte er ihm schließlich das Memorandum?


[80] VOCKE: Das weiß ich nicht. Ich höre zum erstenmal hier, daß Hitler Schacht in Berchtesgaden nicht empfangen hätte; es kann sein. Ich hörte nur, daß Schacht in Berchtesgaden war. Nachdem er zurückgekommen ist, hat er meines Erinnerns dann von seiner Zusammenkunft mit Hitler gesprochen, und daß jetzt der Moment gekommen ist, das Memorandum zu übergeben.


JUSTICE JACKSON: Ihr Memorandum ist die einzige Quelle meiner Informationen und nach meiner Übersetzung heißt es: »Im Dezember 1938 hat er sich endlich entschlossen, zu unterzeichnen, nach einem letzten Versuch, mit Hitler in Berchtesgaden zu sprechen.«


VOCKE: Jawohl.


JUSTICE JACKSON: Zu diesem Zeitpunkt herrschte eine gewisse finanzielle Krisis?


VOCKE: Jawohl.


JUSTICE JACKSON: Man könnte sagen, daß große Schwierigkeiten und eine Inflation nahezu vor der Türe standen?


VOCKE: Die Regierung stand vor der Fälligkeit von 3 Milliarden MEFO-Wechseln, die nach dem Abkommen nun in dem beginnenden Jahr abgedeckt werden mußten, und es war ein Kassendefizit von einer Milliarde in der Kasse des Finanzministers, der zu uns kam und uns bat, dieses zu überbrücken, weil er sonst am 1. Januar die Gehälter nicht mehr zahlen könnte. Wir haben ihn abgewiesen und ihm keinen Pfennig gegeben. Wir sagten, es kann nichts Besseres passieren, als daß der Bankrott zutage tritt, um die Unmöglichkeit dieses Systems und dieser Richtung abzusetzen. Er hat dann von den Privatbanken Geld bekommen.


JUSTICE JACKSON: Sie und ganz besonders Hülse haben lange Zeit vor diesem Kurs der Reichsbank gewarnt; ist das nicht zutreffend?


VOCKE: Nein, das ist nicht wahr.


JUSTICE JACKSON: Haben Sie und Hülse nicht schon lange vorher gewarnt, daß das mit den MEFO- Wechseln ein schlechtes Ende nehmen würde?


VOCKE: Natürlich hat die Reichsbank seit Jahren gegen die MEFO-Wechsel gekämpft, die ja im März 1938 abgehängt waren, und von da ab hat die Reichsbank keinen Rüstungskredit mehr gegeben.


JUSTICE JACKSON: Nun, nach seiner Entlassung von der Reichsbank haben Sie sich oft mit Schacht über die Dinge unterhalten und Sie haben gefunden, daß er sehr bitter gegen die Regierung geworden war. Ist das nicht wahr?


VOCKE: Nicht gerade oft waren meine Zusammenkünfte mit Schacht, sondern sie waren alle paar Monate am Anfang und hörten [81] dann auf, als Schacht nach Gühlen zog, wo ich ihn nur ein- oder zweimal noch gesehen habe. Aber Schacht war nicht erst nach seinem Abgang, sondern schon gründlich zum mindesten während des ganzen Jahres 1938 ein erbitterter Feind Hitlers geworden.


JUSTICE JACKSON: Sie haben erklärt: »In seinem Herzen hoffte er, so glaube ich, daß er nach Hitlers Niederlage gerufen würde, um ein neues, besseres Deutschland aufzubauen«?


VOCKE: Gewiß. Schacht hat in Gühlen mit mir über die Männer gesprochen, die kommen müßten, wenn endlich Hitler gestürzt sein würde. Wir haben im Gespräch über die Minister gesprochen, die dann Deutschland aus der Verzweiflung retten sollten, und Schacht war sicher der Meinung, daß auch er dann berufen sein würde, wieder mitzuhelfen.


JUSTICE JACKSON: Ich habe keine weiteren Fragen, Euer Gnaden.


VORSITZENDER: Wünscht ein anderer Anklagevertreter Fragen zu stellen?


DR. DIX: Herr Vocke! Sie haben auf die Fragen von Mr. Justice Jackson die Einstellung und Äußerung des Herrn von Lumm über den besprochenen Vorfall in Brüssel wiedergegeben. Sie haben des weiteren dem Tribunal wiedergegeben eine Äußerung des Ministers Severing, die er vor nicht allzulanger Zeit Ihnen gegenüber über diesen Vorfall abgegeben hat?


VOCKE: Ja.


DR. DIX: Haben Sie nicht mit dem Reichsgerichtspräsidenten Simons, der zu besagter Zeit als Sachbearbeiter im Auswärtigen Amt war und den Fall genau kannte, über diesen Fall gesprochen?


VOCKE: Jawohl, mit ihm und mit Ministerialdirektor Lewald, Exzellenz Lewald. Ich war damals ein junger Assessor.


DR. DIX: Sie müssen dem Gericht sagen, wer Lewald war.


VOCKE: Es ist richtig, ich habe mit dem späteren Reichsgerichtspräsidenten Simons und mit Exzellenz Lewald, dem späteren Staatsuntersekretär im Reichsamt des Innern, über diese Dinge gesprochen, die mir als amtlichen Sachbearbeiter im Reichsamt des Innern dienstlich zur Kenntnis gekommen sind. Diese beiden Herren haben über die bekannte Wichtigtuerei des Herrn von Lumm, der aus kleinen Sachen Riesendinge machte, gelächelt, und auch über das Mißgeschick des Herrn Schacht eigentlich freundlich gelächelt und die ganze Sache als eine Riesenübertreibung angesehen.


DR. DIX: Ich denke, das genügt mir. Ich habe keine weiteren Fragen mehr.

[82] Ich darf nur, wenn das Tribunal es mir erlaubt, bemerken, daß Schacht hier bekundet hat, daß er Hitler am 2. Januar 1939 in Berchtesgaden eingehend und lange gesprochen hat. Nun weiß ich nicht, ob es eine Verwechslung meinerseits von einer Bekundung ist, oder von einer früheren Mitteilung von ihm. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß jedenfalls, wenn er jetzt noch hier auf dem Zeugenstuhl säße, er das bekunden könnte.

Euer Lordschaft! Ich bringe dies, weil die Frage von Mr. Justice Jackson davon ausging, daß Hitler Schacht nicht vorgelassen hätte in Berchtesgaden, und daraufhin erst der Entschluß Schachts zustande gekommen wäre, dieses Memorandum einzureichen. Ich erwähne nur, dieser Zeuge kann es ja nicht wissen, Schacht hat mit Hitler gesprochen. Wenn er es heute früh oder gestern nicht bekundet hat, dann kann er es jederzeit bekunden. Ich kann's jetzt aus dem Kopf nicht sagen. Manchmal verwechselt man in der Erinnerung private Informationen mit dem, was man im Gerichtssaal hört.


VORSITZENDER: Reichen Sie das Mikrophon zu dem Angeklagten Schacht hinüber, so daß er sprechen kann, und befragen Sie ihn über diese Sache.


DR. DIX: Dr. Schacht! Sie waren ja Zeuge des Kreuzverhörs, wollen Sie dem Tribunal sagen, wie die Sache sich verhält?


SCHACHT: Ich habe in meiner Bekundung hier ausgesagt, daß ich eine lange Unterredung am 2. Januar 1939 mit Hitler in Berchtesgaden auf dem Obersalzberg gehabt habe und daß ich nach dieser Unterredung, die mir eine Inflation zumutete, den Zeitpunkt für gekommen sah, um nun den Schritt zu tun, den die Reichsbank dann getan hat, sich von Hitler und seinen Methoden endgültig loszusagen.


VORSITZENDER: Herr Zeuge! Ich möchte eine Frage an Sie stellen. Hat der Angeklagte Schacht Ihnen jemals mitgeteilt, daß er zum Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft ernannt wurde?


VOCKE: Ja.


VORSITZENDER: Wann?


VOCKE: Ja, ich glaube, daß er dieses Amt im Jahre 1935, denke ich, übernahm, ich kann es nicht genau sagen.


VORSITZENDER: Ich frage nicht, wann er ernannt wurde, sondern wann er es Ihnen mitgeteilt hat.


VOCKE: Ich weiß es nicht mehr, denn wir hatten mit diesen Dingen nichts zu tun. Ich weiß nur, daß er ungefähr um das Jahr 1935 oder 1936, ich glaube aber 1935, eine solche Ernennung bekommen hat.


[83] VORSITZENDER: Ja. Die Frage, die ich an Sie stellte, war: Hat der Angeklagte Schacht Ihnen jemals mitgeteilt, daß er ernannt wurde?


VOCKE: Ja.


VORSITZENDER: Wann hat er Ihnen das gesagt?


VOCKE: Ich denke im Jahre 1935.


VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.

DR. DIX: Darf ich den Zeugen in einer letzten Frage noch hören?

Herr Zeuge! Hatten Sie eine Vorstellung von der Bedeutung dieses Amtes?


VOCKE: Nein, ich habe nie gehört, daß Schacht als solcher etwas getan hätte, außer, daß er wohl Briefbogen dieser Art hatte. Er hat seine Betätigung in der Reichsbank so fortgesetzt wie bisher, ohne daß er sich einen Stab, meines Wissens, für dieses Amt angeschafft hat, oder auch ohne daß er, wenigstens soviel ich weiß, die Kräfte der Reichsbank für dieses Amt besonders in Anspruch genommen hätte.


DR. DIX: Wissen Sie etwas davon, ob er ein eigenes Büro, einen eigenen Stab für diese Generalbevollmächtigtentätigkeit unterhalten hat?


VOCKE: Sie meinen doch Generalkommissar für die Rüstung?


DR. DIX: Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft.


VOCKE: Nein, er hatte kein Büro und er hatte, wie ich schon sagte, soviel ich weiß, niemals einen Stab.


VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.


[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]


DR. DIX: Darf ich nunmehr meinen Dokumentenbeweis vortragen? Ich kann den Dokumentenbeweis sehr summarisch und kurz führen; ich werde ihn bestimmt noch heute vor Sitzungsschluß beenden können, weil ich die Möglichkeit hatte, einen größeren Teil meiner Urkunden im Laufe des Zeugenverhörs vorzutragen.

Ich darf generell die Bitte vortragen, von allem, was von mir nicht verlesen wird oder nicht verlesen worden ist, amtlich Kenntnis zu nehmen. Ich darf dies generell sagen.

In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, daß der gesamte Inhalt meines Dokumentenbuches mit einer Ausnahme entweder überreicht ist oder in einigen Exhibits jetzt noch überreicht werden wird. Die Ausnahme des nicht überreichten Dokuments ist das Exhibit 32, nämlich der viel erörterte Artikel der »Basler Nachrichten« vom 14. Januar, 1946, Exhibit 32, den ich aus den gestern [84] erörterten Gründen nicht überreicht habe und demgemäß auch nicht überreichen will.

Ich komme nun zu Band 1 meines Dokumentenbuches, zu den Exhibits, die noch nicht überreicht sind. Das ist erst Exhibit Nummer 5; das ist die Reichstagsrede Adolf Hitlers vom 23. Mai 1933 Dieses Ex hibit ist von Schacht verlesen worden bei seiner Aussage und wird jetzt nachgereicht. Ich überreiche des ferneren Exhibit 23, das ist das Schreiben Schachts an Hermann Göring vom 3. November 1942. Dieses Schreiben ist zwar von der Anklagebehörde dem Tribunal schon eingereicht, wir haben es aber noch einmal eingereicht, und zwar aus folgendem Grunde: In dem von der Anklagebehörde eingereichten Exemplar fehlt das Datum und auch die Jahreszahl; es fehlt natürlich kraft der wortgetreuen Übertragung auch in unserem Exemplar. Wir haben aber durch einen Bestätigungsvermerk von Herrn Professor Kraus auf Grund der Bekundung von Schacht darauf vermerkt, daß es das Schreiben vom 3. November 1942 sein muß, weil es nämlich dasjenige Schreiben ist, welches dann die Entlassung vom Januar 1943 ausgelöst hat. Also es wird nur überreicht, damit dem Tribunal es erleichtert wird, das Datum festzustellen. Das war Exhibit 23.

Dann überreiche ich später noch das Exhibit 27. Ich werde es nicht verlesen, ich bitte nur, amtliche Kenntnis von ihm zu nehmen; das ist die Rede Schachts bei der Feier der Reichswirtschaftskammer vom Januar 1937.

Dann überreiche ich noch das Exhibit 29. Das sind die Auszüge aus dem erörterten Buch von Gisevius, die wir als Beweisdokumente verwerten wollten; ich bitte davon amtlich Kenntnis zu nehmen, ich verlese nichts.

Und dann überreiche ich noch das Exhibit 33 meines Dokumentenbuches. Das Exhibit 33 ist ein Brief eines gewissen Morton, eines früheren Bürgers von Frankfurt am Main, der nach England ausgewandert ist, eines sehr angesehenen Mannes in Frankfurt am Main, der gerichtet war an Treasury Solicitor, England, welcher Brief uns dann hier von der Anklagebehörde zugeleitet worden ist. Ich bitte auch nur von seinem Inhalt amtlich Kenntnis zu nehmen und bitte, nur einen Satz, nämlich auf der letzten Seite, verlesen zu dürfen:

»Zuletzt hörte ich von Schacht auf indirektem Wege. Lord Norman, damals Mr. Montague Norman, der Präsident der Bank von England, sagte mir im Jahre 1939 kurz vor Ausbruch des Krieges, daß er gerade von Basel zurückgekehrt sei, wo er mit Schacht zusammengetroffen sei, der mir Grüße sende. Lord Norman sagte mir auch, daß Schacht, der von Basel nach Deutschland zurückgekehrt sei, in großer persönlicher Gefahr schwebe, weil er bei den Nazis sehr in Ungnade gefallen sei.«

[85] Das erledigt Band 1 meines Dokumentenbuches und ich gehe nun über zu Band 2, der mit den Affidavits beginnt. Hier muß ich schon die einzelnen Affidavits provisorisch durchgehen, lese diese aber nicht.

Das erste ist das Exhibit 34: es ist das schon mehrfach zitierte Affidavit des schwedischen Generalkonsuls Dr. Otto Schniewind, Bankier, zur Zeit München, ein meines Erachtens sehr instruktives, eingehendes Affidavit. Zur Zeitersparnis, es sind 18 Folioseiten, also es würde sehr viel Zeit wegnehmen, beschränke ich mich auf das, was ich aus diesem Affidavit verlesen habe und bitte das Tribunal, von dem übrigen Inhalt nur amtlich Kenntnis zu nehmen. Eingereicht ist es.

Dagegen ist noch das Exhibit 35 zu überreichen, das vorhin nicht überreicht worden ist. Ich bitte um Entschuldigung, es ist schon überreicht. Es ist das Affidavit des genannten Dr. Franz Reuter. Ich habe es überreicht, als ich vorhin über diese Stelle, über die Tendenz dieser Biographie sprach. Von dem übrigen Inhalt bitte ich nur amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das nächste, Exhibit 36, ist eine eidesstattliche Versicherung des jetzigen Oberregierungsrates Dr. van Scherpenberg, früher Botschaftsrat an der Botschaft in London, dann Referent im Auswärtigen Amt, jetzt tätig im Justizministerium in München, Schwiegersohn des Dr. Schacht. Ich habe aus ihm einen Teil verlesen, von dem übrigen nicht verlesenen Teil bitte ich amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das nächste, Exhibit 37a, ist überreicht. Es ist auch eine Stelle auf der deutschen Seite, Blatt 154, bereits verlesen, nämlich über das Warnungssignal durch den Abgang Schachts als Reichsbankpräsident an das Ausland. Von dem übrigen Inhalt bitte ich, amtlich Kenntnis zu nehmen.

Dagegen ist das nächste Affidavit von dem gleichen Herrn, der also auch Mitarbeiter von Dr. Schacht im Reichsbankdirektorium war, zum gleichen Zeitpunkt wie der eben vernommene Zeuge Vocke. Dieses überreiche ich hiermit. Ich brauche nichts zu verlesen, ich bitte nur, von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen.

Das nächste Affidavit, wieder von dem gleichen Herrn, 37c, ist bereits überreicht; ich bitte von seinem Inhalt amtlich Kenntnis zu nehmen; ich brauche aber nichts zu verlesen.

Jetzt kommt als nächstes Exhibit 38, das Affidavit des Generals Thomas; das ist noch nicht überreicht; ich überreiche es und bitte, eine Stelle verlesen zu dürfen, und zwar auf der ersten Seite beginnend; das ist die englische Seite 172, und die deutsche Seite 164:

»Frage: Schacht will bei Blomberg retardierend auf die Aufrüstung eingewirkt haben. Können Sie darüber Auskunft geben? Wann war das?

Antwort: Von 1934 bis zur Zeit meiner Entlassung im Januar 1943 war ich Chef des Wehrwirtschaftsstabes, [86] beziehungsweise Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes beim OKW. Als solcher hatte ich die Verbindung zum Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsidenten, Hjalmar Schacht. Bis 1936 hat Schacht die Wiederaufrüstung durch Bereitstellung der nötigen Mittel zweifellos gefördert. Ab 1936 hat er jede Gelegenheit benützt, bei Blomberg auf Einschränkung des Tempos und Umfangs der Rüstungen hinzuwirken. Seine Gründe waren folgende:

1. Gefährdung der Währung,

2. mangelnde Produktion von Verbrauchsgütern,

3. die außenpolitische Gefahr, die Schacht in einer übergroßen Rüstung für Deutschland sah.

Der letzte Punkt hat ihn mehrfach veranlaßt, Blomberg und mir gegenüber immer wieder darauf hinzuweisen, daß die Rüstung keinesfalls zu einem neuen Kriege führen darf. Dieses waren auch die Gründe, die ihn 1936 und wiederum 1937 veranlaßten, Blomberg mit seinem Rücktritt zu drohen. Beide Male wurde ich von Blomberg beauftragt Schacht zu veranlassen, seine Rücktrittsdrohung nicht in die Tat umzusetzen. 1937 war ich bei der Besprechung zwischen Blomberg und Schacht zugegen.«

Von dem übrigen Teil der eidesstattlichen Versicherung des Generals Thomas bitte ich amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das nächste Exhibit 39 ist auch teilweise bereits verlesen, nämlich über die Rolle Schachts im Rahmen des 20. Juli, in Verbindung mit General Lindemann, Affidavit des Obersten Gronau. Von dem übrigen nicht verlesenen Teil bitte ich das Tribunal, amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das gleiche gilt von dem nächsten Exhibit 40; das ist eine eidesstattliche Versicherung auch eines Mitarbeiters von Schacht im Wirtschaftsministerium, des Kammerdirektors a. D. Asmis, die ich teilweise, nämlich hinsichtlich der Vorgänge bei der Entlassung als Wirtschaftsminister, auch schon verlesen habe; und vom übrigen Teil bitte ich amtlich Kenntnis zu nehmen.

Und dann kommt Exhibit 41. Das ist das Affidavit des Staatssekretärs a. D. Karl Christian Schmidt. Von dem habe ich noch nichts verlesen. Ich bitte, mir zu erlauben, zwei Stellen verlesen zu dürfen, und zwar die erste auf der deutschen Seite 182 und auf der englischen Seite 190.

»Als das von General von Schleicher arrangierte Brüning-Kabinett...«

steht hier, es ist nicht leserlich, ich glaube es muß anders heißen, aber es ist nicht leserlich.

[87] »... von Schleicher selbst torpediert wurde, sah Schacht die baldige Berufung Hitlers an die Spitze der Regierung für unvermeidbar an. Er verwies darauf, daß nun einmal die große Masse des deutschen Volkes den Nationalsozialismus bejahte und daß die Linke sowie das Zentrum in völlige passive Resignation geraten waren. Die knappe Lebensdauer der Übergangskabinette Papen und Schleicher war ihm von vornherein klar. Schacht trat ent schieden für Zusammenarbeit erfahrener Fachleute mit dem Nationalsozialismus ein, ohne dessen Programm im ganzen zu akzeptieren, das er ironisierte und mir gegenüber später öfters ›als eine wahrhaft bestialische Weltanschauung‹ bezeichnete. Er hielt aber eine Einflußnahme auf die Entwicklung von wichtigen inneren Machtpositionen aus für eine unbedingte patriotische Pflicht und verurteilte scharf Emigrationen und die Flucht in den bequemen Schmollwinkel.«

Und dann auf Seite 184, englische Seite 192, nur zwei ganz kurze Stellen.

»Ich erinnere mich zahlreicher Gespräche mit Dr. Schacht, in denen er einen Krieg als wirtschaftlich unmöglich und einfach verrückt bezeichnete, so beispielsweise auch im Hause des Dr. Fritz Thyssen in Mühlheim, der vor 1933 mit Göring und Hitler nahe verbunden – seit 1934 in schärfster Opposition stand und auch jeden Kriegsgedanken als Wahnwitz bekämpfte.«

Diesen Satz und dann weiter unten auf derselben Seite auch nur einen Satz:

»Die Himmler-Rosenbergschen Lebensraumpläne gegen Rußland pflegte Dr. Schacht im Gespräch mit mir als Beispiel der irrsinnigen Hybris radikaler Parteikreise scharf zu ironisieren. Schachts besonderes Steckenpferd war die Verständigung mit England...«

und so fort.

Ich bitte also, von dem übrigen Teil amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das gleiche gilt für den gesamten Inhalt des Exhibit 42, einer eidesstattlichen Versicherung des Generaldirektors der Oberschlesischen Kokswerke, Berckemeyer.

Nunmehr komme ich zu Exhibit 43; das ist bereits überreicht und teilweise Verlesen. Es ist die Korrespondenz zwischen dem Herausgeber des Doddschen Diary und Sir Nevile Henderson. Ich bitte, von dem nicht verlesenen Teil amtlich Kenntnis zu nehmen, und alles, was jetzt als Exhibit 44 kommt, ist überreicht, und ich bitte von seinem Inhalt amtlich Kenntnis zu nehmen, indem ich auf Verlesung verzichte.

[88] Damit bin ich am Schluß meiner gesamten Beweisführung im Falle Schacht.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof setzt nun das Verfahren gegen den Angeklagten Funk fort.

DR. FRITZ SAUTER, VERTEIDIGER DER ANGEKLAGTEN FUNK UND VON SCHIRACH: Herr Präsident! Mit Ihrer Genehmigung bitte ich zunächst den Angeklagten Dr. Funk selbst auf den Zeugenstand.


[Der Angeklagte Funk betritt den Zeugenstand.]


VORSITZENDER: Sagen Sie bitte Ihren vollen Namen.

WALTHER FUNK: Walther Emanuel Funk.


VORSITZENDER: Wollen Sie mir folgenden Eid nachsprechen:

Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.


[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]


VORSITZENDER: Sie können sich setzen.

DR. SAUTER: Herr Präsident! Ich darf vielleicht eine Bemerkung vorausschicken. Der Angeklagte Funk ist seit Jahren ein kranker Mann und bevor er in das Gefängnis kam, lag er bereits längere Zeit im Krankenhaus und sollte einer Operation unterzogen werden, die mit Rücksicht auf die Zeitverhältnisse nicht mehr durchgeführt werden konnte.

Er steht auch jetzt andauernd in ärztlicher Behandlung. Mit Rücksicht darauf, und weil der Angeklagte unter allen Umständen seine eigene Vernehmung möglichst bald hinter sich bringen möchte, werde ich nur diejenigen Fragen an den Angeklagten stellen, die absolut notwendig sind, damit Sie sich über die Person und über seine Tätigkeit ein ausreichendes Bild machen können.


[Zum Zeugen gewandt:]


Herr Zeuge! Wann sind Sie geboren?

FUNK: Am 18. August 1890.

DR. SAUTER: Sie sind also jetzt 56 Jahre alt?


FUNK: Ja.


DR. SAUTER: Ich will Ihnen zunächst die wichtigsten Daten Ihres Lebenslaufes vorhalten. Sie können dann einfachheitshalber mit Ja oder Nein antworten.

Sie sind also 56 Jahre alt, sind in Ostpreußen geboren?


FUNK: Ja.


[89] DR. SAUTER: Stammen aus einer Königsberger Kaufmannsfamilie?


FUNK: Ja.


DR. SAUTER: Studierten dann in Berlin an der Universität Rechts- und Staatswissenschaften, Literatur und Musik. Sie stammten auch aus einer Familie, die eine ganze Reihe von Künstlern hervorgebracht hat, nicht wahr?


FUNK: Ja.

DR. SAUTER: Im Weltkrieg waren Sie zunächst bei der Infanterie und wurden im Jahre 1916 wegen eines Blasenleidens dienstuntauglich. Stimmt das?


FUNK: Ja.


DR. SAUTER: Dann wurden Sie Redakteur bei einigen großen Tageszeitungen. Sie hatten lange Zeit geschwankt, haben Sie mir gesagt, ob Sie Künstler, also Musiker, oder Journalist werden sollten. Haben sich dann für das letztere entschlossen und wurden dann 1922, denke ich, Chefredakteur bei der »Berliner Börsenzeitung«. Stimmt das alles?


FUNK: Ja.


DR. SAUTER: Vielleicht sagen Sie uns nun, welche politische Richtung hatte diese Zeitung, an welcher Sie ungefähr zehn Jahre als Chefredakteur tätig waren?


FUNK: Die Richtung der Zeitung war bürgerlich-national. Die Zeitung war an keine Partei gebunden und war im Besitz einer alten Berliner Verlegerfamilie.


DR. SAUTER: Wie stand diese Zeitung vor Ihrem Eintritt in die Redaktion und während Ihrer Tätigkeit als Chefredakteur zur Judenfrage?


FUNK: Völlig neutral. Sie hatte sich mit der Judenfrage überhaupt nicht beschäftigt.

DR. SAUTER: Aus einem Affidavit des Herrn Dr. Schacht habe ich entnommen, daß Sie in der damaligen Zeit, also in den zwanziger Jahren, viel in einem Kreise verkehrt haben, der auch von Juden besucht wurde, wo man häufige Diskussionen über wirtschaftspolitische Fragen, zum Beispiel über Goldwährung und dergleichen wählte. Ist das richtig?


FUNK: Ich weiß nichts von diesen Fragen.


DR. SAUTER: Herr Dr. Schacht hat das behauptet, und zwar in einer eidesstattlichen Versicherung vom 7. Juli 1945, 3936-PS.


[90] FUNK: Ich war viel mit Juden zusammen, und zwar erforderte das mein Beruf. Ich war jeden Tag an der Börse mit 4000 Juden zusammen.


DR. SAUTER: Dann haben Sie 1931 Ihre Stellung als Chefredakteur aufgegeben.


FUNK: Ja.


DR. SAUTER: Was waren dazu die Gründe?


FUNK: Ich war der Überzeugung, daß die Nationalsozialistische Partei an die Regierungsmacht kommen würde, und ich fühlte mich berufen, in der Partei meine eigenen wirtschaftspolitischen Ansichten zur Geltung zu bringen.


DR. SAUTER: Wollen Sie diese Ansichten nicht etwas näher darlegen, Herr Dr. Funk, insbesondere hinsichtlich der Frage des damaligen Parteienkampfes, des Klassenkampfes und dergleichen?


FUNK: Das deutsche Volk war damals in einer schweren Not, und zwar sowohl in einer schweren geistigen wie auch in einer schweren materiellen Not. Das Volk war durch den Parteien- und Klassenkampf zerrissen. Die Regierung oder die Regierungen hatten keine Autorität. Das parlamentarische System hatte abgewirtschaftet und ich selbst habe zehn, zwölf Jahre lang vorbei gegen die Tributlast von Versailles in der Öffentlichkeit gekämpft, weil ich der Überzeugung war, daß diese Tribute die hauptsächlichste Ursache an dem wirtschaftlichen Verfall Deutschlands waren. Ich selbst habe mein ganzes Leben lang gekämpft für eine Privatwirtschaft, weil ich der Überzeugung war, daß der Gedanke der Privatwirtschaft unzertrennlich verbunden ist mit dem Gedanken der verschiedenwertigen Leistungsfähigkeiten des Menschen. Ich habe für die private Initiative des Unternehmers gekämpft, für einen freien Leistungswettbewerb, und damals insbesondere für die Beseitigung des wilden Klassenkampfes und für die Herstellung einer sozialen Volksgemeinschaft auf der Grundlage der Betriebsgemeinschaft.

Dieses alles waren Ideen, für die ich eine starke Resonanz in Gesprächen insbesondere mit Gregor Straßer fand.


DR. SAUTER: Wer war Gregor Straßer? Vielleicht sagen Sie das dem Gericht kurz.


FUNK: Gregor Straßer war damals der Reichsorganisationsleiter der Nationalsozialistischen Partei und galt im allgemeinen als der zweite Mann nach Adolf Hitler. Ich habe dann...


VORSITZENDER: Es ist jetzt Zeit zur Vertagung.


[Das Gericht vertagt sich bis

4. Mai 1946, 10.00 Uhr.]


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 13, S. 53-92.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Holz, Arno

Papa Hamlet

Papa Hamlet

1889 erscheint unter dem Pseudonym Bjarne F. Holmsen diese erste gemeinsame Arbeit der beiden Freunde Arno Holz und Johannes Schlaf, die 1888 gemeinsame Wohnung bezogen hatten. Der Titelerzählung sind die kürzeren Texte »Der erste Schultag«, der den Schrecken eines Schulanfängers vor seinem gewalttätigen Lehrer beschreibt, und »Ein Tod«, der die letze Nacht eines Duellanten schildert, vorangestellt. »Papa Hamlet«, die mit Abstand wirkungsmächtigste Erzählung, beschreibt das Schiksal eines tobsüchtigen Schmierenschauspielers, der sein Kind tötet während er volltrunken in Hamletzitaten seine Jämmerlichkeit beklagt. Die Erzählung gilt als bahnbrechendes Paradebeispiel naturalistischer Dichtung.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon