Nachmittagssitzung.

[296] MAJOR JONES: Hoher Gerichtshof! Ich möchte nun die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf Dokument C-23, US-49, auf Seite 3 des Dokumentenbuchs lenken; in ihm wird festgestellt, daß die tatsächliche Wasserverdrängung gewisser deutscher Schlachtschiffe um zwanzig Prozent größer gewesen ist, als sie den Engländern angegeben wurde. Meines Erachtens ist dies für die Täuschungsmanöver Raeders typisch.

Das nächste Dokument, auf das ich kurz verweisen möchte, ist C-166, US-48, auf Seite 36 des Dokumentenbuchs. Es ist ein weiteres betrügerisches Dokument, in welchem befohlen wird, daß Hilfskreuzer, die heimlich gebaut wurden, als »Transportschiffe« bezeichnet werden sollten.

Das nächste Dokument C-29, US-46, auf Seite 8 des Dokumentenbuchs ist von Raeder unterschrieben und befaßt sich mit der Unterstützung der deutschen Rüstungsindustrie durch die deutsche Marine; meiner Ansicht nach beleuchtet es Raeders Mitwirkung an allgemeinen Dingen der Nazi-Politik und die enge Verbindung zwischen Nazi-Politikern, deutschen Truppenbefehlshabern und deutschen Rüstungsindustriellen.


VORSITZENDER: Ist es schon vorgelegt worden?

MAJOR JONES: Es ist als Beweisstück US-46 schon vorgelegt worden.

Einen Rechenschaftsbericht über die Flottenaufrüstung nach 1939 stellt das Dokument C-155 auf Seite 24 des Dokumentenbuchs dar. Es ist ein neues Dokument und wird Beweisstück GB-214. Es ist ein an die deutsche Kriegsmarine gerichteter Brief Raeders vom 11. Juni 1940. Das jetzt dem Gerichtshof überreichte Original zeigt, in wie großem Umfange dieser Brief verteilt wurde. Die Verteilungsliste enthält eine Aufstellung über 467 Abdrucke. Dieser Brief ist ein Versuch Raeders, sich selbst zu rechtfertigen und zu entschuldigen. Die Auszüge haben folgenden Wortlaut:

»Von den zahlreichen Fragen, die im Offizierkorps Gegenstand der Erörterung sind, steht derzeit die Torpedolage und das Problem, ob das Bauprogramm der Kriegsmarine bis Herbst 1939 der Möglichkeit des Kriegsausbruchs bereits 1939 Rechnung getragen hat, oder ob nicht von vornherein der Schwerpunkt auf den Bau von U-Booten hätte gelegt werden müssen, im Vordergrund...

Wenn Stimmen in dem Offizierkorps laut werden, daß das gesamte Schiffsbauprogramm der Kriegsmarine falsch angelegt worden ist und daß man bei Beginn der Wiederaufrüstung zunächst den Schwerpunkt auf die U-Bootwaffe und nach[296] deren Ausbau auf die großen Schiffe hätte legen sollen, so muß ich dazu folgendes feststellen:

Der Aufbau der Flotte richtete sich nach den po litischen Erfordernissen. Sie wurden durch den Führer bestimmt. Der Führer hoffte bis zuletzt, die drohende Auseinandersetzung mit England bis zum Jahre 1944/45 verlegen zu können. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Kriegsmarine über einen Flottenbestand verfügt, der eine gewaltige Überlegenheit der U-Bootwaffe und ein sehr viel günstigeres Stärkeverhältnis in allen anderen Schiffstypen, besonders den für den Hochseekrieg geeigneten, gezeigt hätte. Die Entwicklung der Ereignisse hat die Kriegsmarine – gegen die Erwartung auch des Führers – in einen Krieg gezwungen, den sie noch im Anfangsstadium ihres Rüstungsaufbaues annehmen mußte, so daß die Auffassung, der Schwerpunkt hätte von vornherein auf dem Ausbau der U-Bootwaffe liegen müssen, ihren Vertretern scheinbar Recht gibt. Ich lasse unerörtert, wie weit dieser Ausbau, abgesehen von Personal-, Ausbildungs- und Werftschwierigkeiten, allein durch die politischen Bindungen des deutsch-englischen Flottenabkommens überhaupt gegenüber dem tatsächlichen wesentlich hätte gesteigert werden können. Ich lasse auch unerörtert, wie die zunächst notwendige Schaffung einer wirksamen Luftwaffe den wünschenswerten Ausbau der anderen Wehrmachtteile zurücktreten lassen mußte. Ich weise aber mit Stolz auf die vorzügliche und trotz aller politischen Hemmungen sehr weitgehende Vorbereitung des U-Bootbaues in den Jahren der Systemzeit hin, die nach der Machtübernahme den unge heuer schnellen Aufbau der U-Bootwaffe nach Material und Personal erst ermöglichte...«

Es tritt hier, wie der Gerichtshof sieht, nicht die Spur eines Widerstrebens, an dem Nazi-Programm mitzuarbeiten, in Erscheinung. Im Gegenteil zeigt das Beweismaterial, daß Raeder die Macht der Nazis willkommen hieß und eine ihrer Stützen wurde. Ich werde nun die Beziehungen zwischen Raeder, der Marine und der Nazi-Partei zu schildern versuchen.

Nach Ansicht der Anklagebehörde war es Raeder, der mehr als irgendein anderer dafür sorgte, daß die deutsche Kriegsmarine der Nazi-Bewegung eine widerspruchslose Ergebenheit entgegenbrachte. Diese Ergebenheit gestaltete Dönitz später sogar noch fester und fanatischer.

Raeders Einverständnis mit Hitler zeigte sich besonders klar am 2. August 1934, dem Tag von Hindenburgs Tod, als er und alle seine ihm unterstellten Männer unter großen Feierlichkeiten einen neuen Treueid ablegten, dieses Mal auf Adolf Hitler und nicht mehr auf [297] das Vaterland. Den Eid finden Sie im Dokument D-481, auf Seite 101 des Dokumentenbuchs. Es wird Beweisstück GB-215. Es mag den Gerichtshof interessieren, zu erfahren, wie der neue Eid lautete. Der letzte Absatz heißt:

»Der Diensteid der Soldaten der Wehrmacht lautete: ›Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich dem Führer des Deutschen Reiches und Vol kes, Adolf Hitler, dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.‹«

Der Gerichtshof wird daraus ersehen, daß Raeder »Vaterland« durch »Führer« ersetzte.

Ich möchte die Zeit des Gerichtshofs nicht für eine nochmalige Darstellung der Maßnahmen in Anspruch nehmen, durch welche die deutsche Kriegsmarine allmählich in engste Verbindung zur Nazi-Partei gebracht wurde. Ich erinnere den Gerichtshof nur an historische Tatsachen, wie die Anbringung des Hakenkreuzes in der Flagge der deutschen Kriegsmarine und das Tragen des Hakenkreuzes auf der Uniform von Marineoffizieren und Mannschaften. Das sind Tatsachen, die für sich selbst sprechen.

Die Nazis ihrerseits waren für Raeders Folgsamkeit und Mitarbeit nicht undankbar. Seine Verdienste um den Wiederaufbau der deutschen Kriegsmarine wurden durch Nazi-Propagandisten und die Nazi-Presse voll anerkannt. An seinem 66. Geburtstag veröffentlichte das Hauptparteiorgan, der »Völkische Beobachter«, einen Sonderartikel über ihn; auf diesen Artikel möchte ich den Gerichtshof aufmerksam machen. Er befindet sich im Dokumentenbuch auf Seite 100. Es ist Dokument D-448, GB-216. Es ist eine wertvolle Zusammenfassung von Raeders Beiträgen für den Aufstieg der Nazis:

»Es war Raeders Verdienst,« – schreibt der »Völkische Beobachter« – »trotz der Fesseln von Versailles schon damals aus der zahlenmäßig kleinen Flotte ein schlagkräftiges Instrument gemacht zu haben.

Mit der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus begann auch für die deutsche Flotte die fruchtbarste Zeit des Wiederaufbaues. Der Führer gab seiner Anerkennung für die treuen Dienste und die aufopferungsvolle Mitarbeit Raeders dadurch äußeren Ausdruck, daß er ihn am 20. April 1936 zum Generaladmiral ernannte.«


VORSITZENDER: Halten Sie es für notwendig, das ganze Dokument zu verlesen?

MAJOR JONES: Ich wollte noch aus dem vorletzten Absatz lesen, Herr Vorsitzender; mir erscheint es zweckmäßig:

[298] »Als Soldat und Seemann hat sich der Großadmiral gleich bewährt, er ist der erste und der nächste seemännische Mitarbeiter des Führers.«

Meiner Ansicht nach bringt dies deutlich seinen Rang und seine Stellung im Nazi-Deutschland zum Ausdruck.

Ich möchte mich jetzt mit Raeders persönlichem Anteil an der Nazi-Verschwörung befassen. Das Beweismaterial zeigt, daß Raeder vom Zeitpunkt der Machtübernahme der Nazis an mehr und mehr die Verantwortung für die allgemeine Politik des Nazi- Staates mitübernahm.

Lange vor seiner Beförderung zum Generaladmiral im Jahre 1936 wurde er Mitglied des streng geheimen Reichsverteidigungsrats; er trat diesem am Tage der Gründung, dem 4. April 1933, bei. Auf diese Weise war er schon von einem frühen Zeitpunkt an sowohl militärisch als auch politisch in die Nazi-Verschwörung verwickelt. Das hierfür erhebliche Dokument ist EC-177, US-390, auf Seite 68 des Dokumentenbuchs; es enthält, wie ich den Gerichtshof erinnern möchte, die klassische Nazi-Devise:

»Mündlich übermittelte Dinge sind nicht nachweisbar, sie können in Genf von uns abgestritten werden.«

Am 4. Februar 1938 wurde Raeder zum Mitglied des neugebildeten Geheimen Kabinettsrats für auswärtige Angelegenheiten ernannt. Das ergibt sich aus Dokument 2031-PS, GB-217, auf Seite 88 des Dokumentenbuchs.

Drei Wochen später ordnete ein Erlaß Hitlers an, daß Raeder als einem Reichsminister im Range gleichstehend auch an Kabinettssitzungen teilzunehmen hätte. Das war schon in dem Dokument 2098-PS ausgeführt, das als Beweisstück GB-206 vorgelegt wurde.

Es ist daher meines Erachtens offensichtlich, daß sich die Verantwortlichkeit Raeders für die politischen Entscheidungen des Nazi-Staates von 1933 bis 1938 ständig vergrößerte, und daß er im Laufe der Zeit Mitglied aller Beratungsausschüsse in der großen Politik wurde. In der Tat war er ein aktives Mitglied des inneren Rates der Verschwörer und muß meines Erachtens mit ihnen die Verantwortung für die Handlungen, die zu der deutschen Invasion Polens im Jahre 1939 und zum Kriegsausbruch führten, tragen.

Zur Veranschaulichung möchte ich den Gerichtshof daran erinnern, daß Raeder zwei Schlüsselbesprechungen beiwohnte, in denen Hitler seine Absicht, benachbarte Staaten anzugreifen, offen aussprach. In Dokument 386-PS, US-25, auf Seite 81 des Dokumentenbuchs befindet sich, wie sich der Gerichtshof erinnern wird, eine Sitzungsniederschrift einer Besprechung Hitlers in der Reichskanzlei am 5. November 1937 über Fragen, die für zu wichtig gehalten wurden, um sie im größeren Kreis des Reichskabinetts zu erörtern. Das Dokument, das Herr Alderman vorgelegt hat, liefert [299] den schlagenden Beweis dafür, daß die Nazis ihre Verbrechen gegen den Frieden vorher genau ausgeklügelt hatten.

Bei einer anderen Besprechung Hitlers am 23. Mai 1939, deren Niederschrift sich im Dokument L-79, US-27, auf Seite 74 des Dokumentenbuchs befindet, bestätigte Hitler, wie sich der Gerichtshof erinnern wird, seine wohlüberlegte Absicht, bei der ersten passenden Gelegenheit Polen anzugreifen, wobei er sich bewußt war, daß dies zu einem sich über Europa ausbreitenden Krieg führen würde.

Dies waren die zwei wichtigsten Besprechungen. Bei vielen, vielen anderen war Raeder zugegen, um seine Kenntnisse und seine beruflichen Fähigkeiten in den Dienst der Nazi-Kriegsmaschine zu stellen.

Seine aktive Förderung der militärischen Planung und Vorbereitung für den polnischen Feldzug ist dem Gerichtshof zur Genüge bekannt; ich will daher nicht noch einmal auf dieses Beweismaterial zurückkommen. Gleich nach Kriegsbeginn erwies sich der Angeklagte Raeder jedoch als Meister in einer sehr typischen Kunst der Verschwörer, nämlich des Betrugs im großen. Es gibt kaum einen besseren Beweis für diese Behauptung als seine Behandlung des »Athenia« – Falles.

Wie dem Gerichtshof bekannt ist, war die »Athenia« ein Passagierdampfer, der am Abend des 3. September 1939 auf dem Wege nach Amerika versenkt wurde; dabei fanden ungefähr hundert Menschen den Tod.

Am 23. Oktober 1939 veröffentlichte die Zeitung der Nazi-Partei, der »Völkische Beobachter«, einen Artikel mit der schreienden Schlagzeile »Churchill versenkte die ›Athenia‹«. Ich möchte auf Dokument 3260-PS, GB-218, auf Seite 97 des Dokumentenbuchs hinweisen und bitte den Gerichtshof, einen Augenblick die Kopie des »Völkischen Beobachters« hier einzusehen, um das Ausmaß dieser vorbedachten Lüge voll und ganz zu erfassen. Ich besitze eine Photokopie der betreffenden Seite des »Völkischen Beobachters« dieses Datums. Es ist die dritte Seite, und der Gerichtshof wird auf dem Titelblatt, dick rot unterstrichen, die Worte finden: »Jetzt hat der Angeklagte Churchill das Wort.«

Der Auszug aus dem »Völkischen Beobachter« auf Seite 97 des Dokumentenbuchs lautet wie folgt:

»Churchill versenkte die ›Athenia‹.

Das Bild oben« – und der Gerichtshof wird finden, daß es ein gutes Bild dieses schönen Schiffes ist – »zeigt die stolze ›Athenia‹, den Ozeanriesen, den Churchills Verbrechen vernichtete. Deutlich sieht man die große Funkanlage an Bord des Dampfers. Nirgends aber wurden SOS-Rufe des Schiffes [300] vernommen. Warum schwieg die ›Athenia‹? Weil ihr Kapitän der Welt nichts mitteilen durfte. Er hütete sich wohlweislich, die Welt darüber aufzuklären, daß Winston Churchill den Versuch unternommen hatte, das Schiff durch Explosion einer Höllenmaschine zu versenken. Er wußte es wohl, aber er mußte schweigen. Fast 1500 Menschen wären ums Leben gekommen, hätte der ursprüngliche Anschlag Churchills das Ergebnis gehabt, das der Verbrecher wünschte. Ja, er hoffte sehnlich, daß die 100 Amerikaner, die auf dem Dampfer fuhren, den Tod in den Fluten finden möchten, damit sich der Zorn des von ihm belogenen amerikanischen Volkes gegen Deutschland als den vermutlichen Urheber der Tat richten sollte. Ein Glücksfall war es, daß die Mehrzahl dem ihnen von Churchill zugedachten Schicksal entging. Unser Bild rechts zeigt 2 verwundete Passagiere. Sie wurden von dem Frachtdampfer ›City of Flint‹ gerettet und, wie hier ersichtlich, dem amerikanischen Küstenschutzboot ›Gibb‹ zur weiteren ärztlichen Behandlung übergeben. Sie sind eine stumme Anklage gegen den Verbrecher Churchill. Sie rufen ihn ebenso wie die Scharen der Umgekommenen vor das Gericht der Welt und legen dem britischen Volk die Frage vor: Wie lange noch darf ein Mörder eines der traditionsreichsten Ämter versehen, das Großbritanniens Geschichte kennt?«

Angesichts der Boshaftigkeit dieser Bekanntmachung des »Völkischen Beobachters«, und um den Männern der britischen Handelsmarine gerecht zu werden, halte ich es für angebracht, zu erwähnen, daß im Gegensatz zur Behauptung dieses Nazi-Blattes die »Athenia« natürlich wiederholt drahtlose Notsignale ausgesandt hatte, die in der Tat von H. M. S. »Electra«, einem Begleitschiff, und auch von dem norwegischen Dampfschiff »Knut Nelson« und der Jacht »Southern Cross« aufgefangen und beantwortet wurden.

Ich werde dem Gerichtshof Beweismaterial unterbreiten, welches ergibt, daß die »Athenia« tatsächlich von dem deutschen U-Boot U-30 versenkt wurde. So ungerechtfertigt war jedoch die Torpedierung der »Athenia«, daß sich die deutsche Marine auf die Fälschung einer ganzen Zahl ihrer Aufzeichnungen und auf andere unehrliche Maßnahmen in der Hoffnung einließ, dadurch das Geheimnis ihrer Schuld zu verbergen. Der Gerichtshof hat erkannt, daß die Nazi-Propagandisten ihrer beliebten Lügenhaftigkeit frönten, die Verantwortlichkeit den Briten in die Schuhe zu schieben.

Der Kommandant des U-30, Oberleutnant Lemp, fiel bei einem späteren Unternehmen, aber einige Männer der ursprünglichen Besatzung des U-30 sind noch am Leben und können jetzt als Kriegsgefangene über den Vorgang aussagen. Um diese Episode restlos aufzuklären, lege ich dem Gerichtshof die eidesstattliche [301] Erklärung eines Mannschaftsmitglieds des U-30 vor; sie behandelt die Versenkung der »Athenia« und die eine Seite des Versuchs, die wahren Tatsachen zu verschleiern.

Ich beziehe mich auf Dokument D-654, GB-219, auf Seite 106 des Dokumentenbuchs. Diese eidesstattliche Erklärung lautet:

»Ich, Adolf Schmidt, Stammrollnummer N 1043-33 T der deutschen Kriegsmarine und ehemaliges Mitglied des Unterseebootes U-30, erkläre hiermit an Eidesstatt, daß:

1) Ich befinde mich als Kriegsgefangener im kana dischen Lager No. 133 Lethbridge, Alta.

2) daß am ersten Kriegstage, 3. September 1939, ein Schiff von ungefähr 10000 Tonnen von der U-30 in den späten Abendstunden torpediert wurde;

3) daß ungefähr eine halbe Stunde nach der Torpedierung des Schiffes wir aufgetaucht waren, und der Kommandant mich auf den Turm rief, um mir das torpedierte Schiff zu zeigen;

4) daß ich das Schiff mit meinen eigenen Augen gesehen habe, aber daß ich nicht glaube, daß das Schiff unser U-Boot wegen der besonderen Position des Mondes zu dieser Zeit sehen konnte;

5) daß nur wenige Leute der Besatzung eine Gelegenheit hatten, auf den Turm zu gehen, um das torpedierte Schiff zu sehen;

6) daß außer mir Oberleutnant Hinsch auf dem Turm war, als ich das Schiff nach dem Angriff sah;

7) daß ich beobachtete, daß das Schiff eine Schlagseite hatte;

8) daß kein Warnungsschuß vor dem Abschuß des Torpedos abgefeuert wurde;

9) daß ich selbst beobachtet hatte, daß auf dem torpedierten Schiff rege Bewegung herrschte;

10) daß ich glaube, daß das Schiff nur einen Schornstein hatte;

11) daß bei dem Angriff auf dieses Schiff ein oder zwei Torpedos abgefeuert wurden, die nicht explodierten, aber daß ich selbst die Explosion des Torpedos gehört habe, das den Dampfer getroffen hat;

12) daß Oberleutnant Lemp bis zur Dunkelheit mit dem Wiederauftauchen wartete;

13) daß ich am 14. September 1939 durch Flieger schwer verwundet wurde;

14) daß mich Oberleutnant Lemp kurz vor meiner Ausschiffung in Reykjavik am Vormittag des 19. September 1939 im Unteroffiziersraum besuchte, wo ich schwer verwundet lag;

[302] 15) daß Oberleutnant Lemp den Offiziersraum von allen Leuten räumen ließ, um mit mir allein zu sein;

16) daß Oberleutnant Lemp mir dann eine eidesstattliche Erklärung vorlegte, derzufolge ich mich verpflichten mußte, über die Vorfälle an Bord der U-30 am 3. September 1939 nichts zu erwähnen;

17) daß der Wortlaut dieser eidesstattlichen Erklärung ungefähr wie folgt lautete:

›Ich Endesgefertigter schwöre hiermit, daß ich alle Vorfälle vom 3. September 1939 an Bord der U-30 verschweigen werde, egal ob Freund oder Feind, und alle Vorfälle dieses Tages aus meinem Gedächtnis verlöschen werde‹;

18) daß ich diese eidesstattliche Erklärung, die von dem Kommandanten in seiner eigenen Handschrift geschrieben wurde, mit der linken Hand – sehr undeutlich – unterschrieben habe;

19) daß mir später in Island, als ich von der Ver senkung der Athenia erfuhr, der Gedanke kam, daß die U-30 am 3. September 1939 die Athenia versenkt haben könnte, zumal der Kapitän mich zur Unterschreibung der oben erwähnten Erklärung veranlaßte;

20) daß ich bis zum heutigen Tage zu niemandem über diese Ereignisse gesprochen habe;

21) daß angesichts der Beendigung des Krieges ich mich von meinem Eid enthoben fühle.«

Der Anteil Dönitz' an der »Athenia«-Episode ist in einer von ihm beschworenen eidesstattlichen Erklärung beschrieben; es ist Dokument D-638, GB-220, auf Seite 102 des Dokumentenbuchs. Die eidesstattliche Erklärung wurde in englischer Sprache beschworen. Ich bitte den Gerichtshof, den Zusatz von vier Worten zu beachten, den Dönitz in seiner eigenen Handschrift am Ende der Erklärung angefügt hat. Die Bedeutung dieses Zusatzes wird sogleich klar werden.

Der Angeklagte Dönitz erklärt:

»U-30 lief ungefähr Mitte September wieder in den Hafen ein. Ich traf den Kommandanten, Oberleutnant Lemp, an der Schleuse in Wilhelmshaven, als das Boot in den Hafen einfuhr, und er bat mich sofort um eine private Besprechung. Ich sah sofort, daß er sehr unglücklich aussah und er erzählte mir gleich, daß er dachte, daß er für die Versenkung der ›Athenia‹ im Nordkanalgebiet verantwortlich sei. Gemäß meiner früheren Anordnung hatte er scharf auf das mögliche Auftauchen von Hilfskreu zern in den Anlaufwegen zu den Britischen Inseln aufgepaßt, und er hat ein Schiff torpediert, [303] welches er später durch einen Rundfunkbericht als die ›Athenia‹ erkannte, da er unter dem Eindruck war, es handelte sich um einen Hilfskreuzer auf Vorpostenstation. Während meines Belehrungsunterrichtes habe ich niemals einen bestimmten Schiffstyp als Hilfskreuzer bezeichnet und habe auch keinen Namen von Schiffen genannt. Ich habe Lemp mit einem Flugzeug nach Berlin geschickt, um sich bei der SKL zu melden, und mittlerweile befahl ich strengste Geheimhaltung als eine vorübergehende Maßnahme. Später, am selben Tage oder in der Frühe des nächsten Tages, bekam ich von Kapitän zur See Fricke folgenden mündlichen Befehl:

1. Die Angelegenheit muß als strengstes Geheimnis behandelt werden.

2. Das OKM ist der Ansicht, daß ein Kriegsgericht nicht angebracht sei, weil es sich davon überzeugte, daß der Kommandant in gutem Glauben gehandelt habe.

3. Erklärungen politischer Natur sollen von dem OKM selbst behandelt werden.

An irgendwelchen politischen Angelegenheiten, in welchen der Führer behauptete, daß kein U- Boot die ›Athenia‹ versenkt habe, habe ich nicht teilgenommen.

Nachdem Lemp von Berlin nach Wilhelmshaven zurückkehrte, habe ich ihn über die Versenkung eingehend verhört und hatte den Eindruck gewon nen, daß er nicht genügend Vorsicht bewahrte, um die Bezeichnung des Schiffes eindeutig zu überprüfen, als er es angriff, obwohl er dabei eine gewisse Vorsicht zeigte.

Schon bevor diese Angelegenheit passierte, hatte ich strengsten Befehl erteilt, daß alle Handelsschiffe und Neutrale nach Prisenverordnung behandelt werden müssen. Aus diesem Grunde habe ich ihn unter Kammerarrest gesetzt, da ich überzeugt war, daß er von einem Kriegsgericht freigesprochen werden würde, welches nur unerwünschte Publizität und...«

Nun kommen die von Dönitz eingefügten Worte

»... gleichzeitig Verlust von Zeit zur Folge haben konnte.«

Es scheint mir richtig, hinzuzufügen, daß die Behauptung Dönitz', der Kommandant der U-30 habe die ›Athenia‹ versenkt, weil er sie irrtümlich für ein Handelsschiff gehalten habe, im Licht eines Dokuments zu würdigen ist, das Oberst Phillimore vorgelegt hat. Es ist Dokument C-191, GB-193, das den Befehl Dönitz vom 22. September 1939 enthält, daß:

»...eine warnungslose Versenkung eines Handelsschiffes mit der möglichen Verwechslung mit Kriegsschiff bzw. Hilfskreuzer begründet werden müßte.«

[304] Die U-30 kehrte am 27. September 1939 nach Wilhelmshaven zurück. Ich lege ein anderes betrügerisches Marine-Dokument vor, und zwar Dokument D-659, GB-221, Seite 110 des Dokumentenbuchs. Es ist ein Auszug aus dem Kriegstagebuch des Oberbefehlshabers der U-Boote vom 27. September 1939 und lautet:

»U-30 läuft ein. Es hat versenkt:

Dampfer ›Blairlogie‹ 4.475 t

Dampfer ›Fanad Head‹ 5.274 t.«

Ein Hinweis auf die Versenkung der »Athenia« ist natürlich überhaupt nicht vorhanden.

Die vielleicht sorgfältigst ausgearbeitete Fälschung im Zusammenhang mit dieser Episode war jedoch die Fälschung des Logbuchs der U-30, die für die Versenkung der »Athenia« verantwortlich war. Ich lege nun das Originallogbuch dem Gerichtshof als Dokument D-662, GB-222, vor. Ein Auszug aus der ersten und erheblichen Seite befindet sich auf Seite 111 des Dokumentenbuchs. Ich möchte den Gerichtshof bitten, das Original zu überprüfen, weil nach Ansicht der Anklagebehörde die erste Seite dieses Logbuchs eine Fälschung ist, aber eine Fälschung, die eine merkwürdig undeutsche Nachlässigkeit in den Einzelheiten aufweist. Der Gerichtshof wird erkennen, daß die erste Seite des Textes an die Stelle von Seiten getreten ist, die entfernt wurden. Die Daten in der ersten Spalte dieser Seite weisen arabische Zahlen auf. Auf der zweiten und viel glaubwürdiger aussehenden Seite, sowie auf allen anderen Seiten des Logbuchs, finden sich dagegen römische Zahlen.

Der Gerichtshof wird auch erkennen, daß keinerlei Hinweise auf das Unternehmen der Versenkung der »Athenia« am 3. September vorhanden sind. Die Eintragungen sind zur Bequemlichkeit des Gerichtshofs auf Seite 111 des Dokumentenbuchs übersetzt.

Das Logbuch zeigt, daß die Lage der U-30 am 3. September um 14.00 Uhr mit AL 0278 angegeben war; der Gerichtshof wird erkennen, daß dies eine der wenigen Positionen ist, die überhaupt auf dieser Seite angegeben sind. Sie befindet sich in der Tat 200 Meilen westlich von der Stelle, wo die »Athenia« versenkt wurde. Der Kurs nach Süden und die Geschwindigkeit von 10 Knoten, wie sie im Logbuch verzeichnet sind, sind Eintragungen, die ganz offensichtlich dazu bestimmt sind vorzutäuschen, daß das U-30 am 3. September von der Position der »Athenia« weit entfernt war.

Schließlich wird es der Gerichtshof als sehr merkwürdig ansehen, daß Lemps Unterschrift auf der Seite, die sich mit dem 3. September befaßt, sich von seinen anderen Unterschriften im Text unterscheidet. Seite 1 zeigt, daß Lemps Unterschrift ein römisches »p« [305] am Ende seines Namens enthält, während die anderen Unterschriften ein deutsches »p« aufweisen; daraus ziehe ich den Schluß, daß entweder die Unterschrift eine Fälschung ist, oder daß sie Lemp an einem anderen und höchstwahrscheinlich viel späteren Zeitpunkt nachgeholt hat.

Meiner Ansicht nach ist der gesamte »Athenia«-Zwischenfall ein klarer Beweis dafür, daß die deutsche Marine unter Raeder den Weg des bewußten Betrugs eingeschlagen hatte. Selbst vor Eingang des Berichts von Lemp hatte die deutsche Admiralität wiederholt die Möglichkeit abgestritten, daß ein deutsches U-Boot in dem betreffenden Gebiet operiert haben könnte. Die von Oberst Phillimore eingeführten Karten, die die operationsmäßige Aufstellung der U-Boote und die Position der »Athenia« zur Zeit der Versenkung zeigen, lassen die völlige Unehrlichkeit dieser Bekanntmachungen klar erkennen. Meine Ansicht über diese Angelegenheit ist daher folgende: Raeder kannte als Chef der deutschen Kriegsmarine alle diese Tatsachen. Die Zensur und die Nachrichtenkontrolle in Nazi-Deutschland waren so umfassend, daß Raeder als Chef der Kriegsmarine an der im »Völkischen Beobachter« veröffentlichten Fälschung beteiligt gewesen sein mußte. Es war ein ganz ehrloser Versuch der Nazi-Verschwörer, das Gesicht vor ihrem eigenen Volke zu wahren und den Mythos eines unfehlbaren Führers, der sich auf eine unfehlbare Kriegsmaschine stützte, aufrecht zu erhalten.

Der Gerichtshof hat erkannt, daß es bei der Nazi-Propaganda wenig auf die Wahrheit ankam; es sieht auch so aus, als ob sich Raeder bei seinen Tarnungs manövern nicht darauf beschränkte, seine Schiffe anzustreichen oder sie unter englischer Flagge segeln zu lassen, wie es beim Angriff auf Norwegen und Dänemark der Fall war.

Was nun diese letzte Sache, den Einfall in Norwegen und Dänemark angeht, so halte ich es kaum für notwendig, den Gerichtshof an die führende Rolle zu erinnern, die Raeder bei diesem hinterlistigen Nazi-Angriff spielte. Beweise hierfür sind bereits vorgetragen worden. Ich glaube, ich brauche nur noch Raeders stolze Bemerkungen zu diesen brutalen Einfällen anzufügen, die in seinem Brief in Dokument C-155, auf Seite 25 des Dokumentenbuchs, enthalten sind. Das Dokument liegt dem Gerichtshof schon als GB-214 vor. Es handelt sich um einen Brief Raeders an die Kriegsmarine, aus dem ich einen Teil bereits verlesen habe, und wo es heißt:

»Die Operation der Kriegsmarine zur Besetzung des norwegischen Raumes wird für alle Zeiten die große Waffentat der Kriegsmarine in diesem Kriege bleiben.«

[306] Nach der glücklich vollzogenen Besetzung Norwegens und des größten Teils Westeuropas, richtete Hitler, wie der Gerichtshof gesehen hat, sein Augenmerk auf Rußland. Zugunsten Raeders muß ich feststellen, daß er selbst gegen den Angriff auf Rußland war und sein möglichstes versuchte, Hitler davon abzubringen. Aus den Dokumenten geht jedoch hervor, daß Raeder dieses Problem mit völligem Zynismus behandelte. Er widersetzte sich dem Angriffskrieg auf Rußland nicht, weil dieser rechtswidrig, unmoralisch oder unmenschlich wäre. Sein einziger Einwand bestand darin, daß er unzeitgemäß wäre. Er wollte zuerst England erledigen, ehe er sich in einen weiteren Feldzug einließ.

Die Einzelheiten der Rolle Raeders bei den Beratungen über den Krieg gegen Rußland sind in dem Dokument C-170 auf Seite 37 des Dokumentenbuchs aufgezeichnet; es ist schon als US-136 vorgelegt worden. Dieses Dokument besteht aus Auszügen einer deutschen Zusammenstellung von amtlichen Marineaufzeichnungen der deutschen Seekriegsleitung.

Die erste Eintragung auf Seite 47 des Dokumentenbuchs unter dem Datum des 26. September 1940, Seite 11 des Dokuments C-170, zeigt, daß Raeder Hitler im Gegensatz zu einer kontinentalen Landpolitik eine aggressive Mittelmeerpolitik vorschlug, in deren Durchführung die Flotte eine Spitzenrolle spielen sollte.

Die Eintragung lautet:

»Oberbefehlshaber der Marine beim Führer: Ob.d.M. trägt seine Lage-Auffassung vor: Suezkanal muß mit deutscher Unterstützung genommen werden. Von Suez aus Vorgehen durch Palästina, Syrien; Türkei dann in unserer Gewalt, Rußland- Problem erhält dann anderes Aussehen, Rußland hat im Grunde Furcht vor Deutschland. Fraglich, ob dann noch Vorgehen gegen Rußland von Norden nötig sein werde.«

Die nächste Eintragung auf Seite 48 des Dokumentenbuchs unter dem 14. November:

»Oberbefehlshaber der Marine beim Führer: Führer ist ›immer noch geneigt‹, die Auseinandersetzung mit Rußland zu betreiben. Ob.d.M. empfiehlt Verschiebung auf Zeit nach dem Siege über England, da deutsche Kräfte zu stark beansprucht werden und Ende der Kriegführung nicht abzusehen sei.«

Dann findet sich eine Eintragung auf Seite 50 unter dem 27. Dezember 1940:

»Oberbefehlshaber der Marine beim Führer: Ob.d.M. betont erneut, daß straffe Konzentration unserer gesamten Kriegsmacht gegen England als unseren Hauptgegner das dringende Gebot der Stunde sei. England habe einerseits [307] durch die unglückliche italienische Kriegführung im östlichen Mittelmeer und durch die wachsende amerikanische Unterstützung an Stärke gewonnen. Es könne andererseits durch die bereits wirksam werdende Abschnürung seines Seeverkehrs tödlich getroffen werden. Was für U-Bootbau und Aufbau der See- Luftwaffe geschehe, sei viel zu wenig. Unser gesamtes Kriegspotential müsse für Stärkung der Kriegführung gegen England, also für Marine und Luftwaffe, arbeiten; jede Kräftezersplitterung sei kriegsverlängernd und gefährde den Enderfolg. Ob.d.M. äußert schwere Bedenken gegen Rußland feldzug vor Niederringung Englands.«

Auf Seite 52 des Dokumentenbuchs, unter dem 18. Februar 1941, lautet die Eintragung:

»SKL legt Wert auf Besetzung Maltas noch vor ›Barbarossa‹.«

Auf der nächsten Seite, unter dem 23. Februar, befindet sich folgende interessante Eintragung:

»Unterrichtung durch OKW, daß Wegnahme Maltas, ›für den Herbst 1941 nach Durchführung ›Barbarossa‹ vorgesehen ist‹.«

Der Gerichtshof dürfte dies als ein glänzendes Beispiel dafür ansehen, daß hier der Wunsch der Vater des Gedankens war.

Die nächste Eintragung unter dem 19. März 1941 auf Seite 54 des Dokumentenbuchs zeigt, daß Raeder im März 1941 begonnen hatte, zu erwägen, welche Aussichten auf Flottenunternehmungen der Angriff auf Rußland eröffnen würde. Die Eintragung lautet:

»Für ›Barbarossa‹ bezeichnet Ob.d.M. Besetzung Murmansk als dringende Marineforderung. Chef OKW hält Erfüllung für sehr schwierig...«

Wie die Eintragungen in diesem Dokument zeigen hatte Mussolini der Lakai der Nazis, eine aktivere Mittelmeerpolitik der Nazis gefordert. Ich verweise auf Seite 57 des Dokumentenbuchs, die Eintragung für den 30. Mai. Das Wort »Duce« fehlt in der ersten Zeile. Die Eintragung sollte lauten:

»Duce fordert dringend entscheidende Offensive Ägypten – Suez für Herbst 1941; 12 Divisionen seien notwendig; ›dieser Stoß würde für englisches Weltreich tödlicher sein als Einnahme Londons!‹ – SKL stimmt voll zu...«

Die Eintragung für den 6. Juni schließlich, die die strategischen Ansichten Raeders und der deutschen Marine zu diesem Zeitpunkt zeigt, lautet wie folgt Sie steht auf Seite 58 des Dokumentenbuchs:

»Oberbefehlshaber der Marine beim Führer: Denkschrift der SKL: ›Betrachtung über die strategische Lage im östlichen Mittelmeer nach Balkanfeldzug und Kretabesetzung und die weitere Kampfführung‹.«

[308] Ein paar Sätze weiter unten heißt es:

»Die Denkschrift zeigt in eindrucksvoller Klarheit die kriegsentscheidenden Ziele im Nahen Osten auf, deren Erreichung durch die Erfolge im Ägäischen Raum für uns in greifbare Nähe gerückt ist und betont, daß die offensive Ausnutzung der jetzt geschaffenen Gunst der Lage mit größter Beschleunigung und Energie erfolgen müsse, bevor England mit Hilfe der USA seine Stellung im Nahen Osten wieder verstärkt hat. Sie findet sich mit der als unabänderlich angesehenen Tatsache ab, daß der Feldzug gegen Rußland binnen kurzem eröffnet werden wird, fordert aber, daß das Unternehmen ›Barbarossa‹, ›das an Hand der Größe seiner Zielsetzung naturgemäß im Vordergrund der operativen Pläne der Wehrmachtführung steht‹, auf keinen Fall zu einer ›Aufgabe, Verminderung oder Verzögerung der Kampfführung im östlichen Mittelmeer führen darf‹.«

Auf diese Weise suchte Raeder während der ganzen Zeit eine aktive Rolle für seine Marine in den Kriegsplänen der Nazis zu finden.

Nun Hitler einmal seinen Entschluß gefaßt hatte, Rußland anzugreifen, suchte Raeder eine Rolle für die Marine im russischen Feldzug. Der erste Marine-Operationsplan gegen Rußland war besonders hinterlistig. Ich verweise den Gerichtshof auf Dokument C-170, aus dem ich gerade verlesen habe, und zwar auf Seite 59 des Dokumentenbuchs. Der Gerichtshof wird dort eine Eintragung für den 15. Juni 1941 finden:

»Auf Antrag SKL...wird Waffeneinsatz gegen russische U-Boote südlich Nordgrenze Ölandwarngebiet ab sofort freigegeben; rücksichtslose Vernichtung ist anzustreben.«

Der Angeklagte Keitel gab einen charakteristisch unehrlichen Vorwand für diese Aktion in seinem Brief, Dokument C-38, GB-223, auf Seite 11 des Dokumentenbuchs. Der Gerichtshof sieht, daß Keitels Brief das Datum vom 15. Juni 1941 trägt:

»Betrifft: Waffeneinsatz gegen feindliche U-Boote in der Ostsee.

An OKM (SKL). Der Waffeneinsatz gegen U- Boote südlich der Linie Memel-Südspitze Öland wird freigegeben, falls die Boote bei Annäherung deutscher Seestreitkräfte nicht einwandfrei als schwedisch festgestellt werden.

Als Begründung ist bis zum B-Tag zu unterstellen, daß die eigenen Seestreitkräfte es mit eingedrungenen britischen U-Booten zu tun zu haben glaubten.«

Das war am 15. Juni 1941. Der Gerichtshof wird sich erinnern, daß der Nazi-Angriff auf Rußland nicht vor dem 22. Juni 1941 stattfand. In der Zwischenzeit hatte Raeder Hitler schon am [309] 18. März 1941 gedrängt, das Kampfgebiet des Weltkriegs dadurch auszudehnen, daß Japan zum Überfall auf Singapore veranlaßt würde. Das betreffende Dokument ist C-152, GB-122, auf Seite 23 des Dokumentenbuchs. Nur einen Absatz möchte ich mit Erlaubnis des Gerichtshofs verlesen. Das Dokument beschreibt die Besprechung Raeders mit Hitler am 18. März; die Eintragungen geben in der Tat Raeders eigene Ansichten wieder:

»Japan muß sobald wie möglich zur Wegnahme von Singapore schreiten, da die Gelegenheit so günstig wie nie wieder ist (Bindung der ganzen englischen Flotte, Nichtbereitschaft der USA gegen Japan Krieg zu führen; Unterlegenheit der USA-Flotte gegenüber der japanischen). Japan bereitet zwar diese Aktion vor, will sie nach allen Äußerungen japanischer Offiziere aber erst ausführen, wenn Deutschland zur Landung in England schreitet. Alle Bemühungen Deutschlands müssen sich daher darauf einstellen, Japan zu so fortigem Vorgehen zu veranlassen. Hat Japan Singapore, so sind alle anderen ostasiatischen Fragen gegenüber USA und England damit gelöst (Guam, Philippinen, Borneo, Niederländisch-Indien).

Japan will den Krieg gegen USA möglichst vermeiden, kann dies auch, wenn es entschlossen baldigst Singapore nimmt.«

Die Japaner dachten jedoch, wie die Ereignisse bewiesen haben, darüber anders.

Es ist erwiesen, daß Hitler am 20. April 1941 dem Vorschlag Raeders, die Japaner zu veranlassen, die Offensive gegen Singapore zu eröffnen, zugestimmt hat. Ich beziehe mich wiederum auf Dokument C-170, auf eine Eintragung auf Seite 56 des Dokumentenbuchs unter dem 20. April 1941. Ich verlese einige Sätze davon:

»Oberbefehlshaber der Kriegsmarine beim Führer: Ob.d.M. fragt nach Ergebnis Matsuoka-Besuchs, und nach Beurteilung japanisch-russischen Paktes... Führer hat Matsuoka mitgeteilt, ›daß Rußland nicht angefaßt wird, wenn es sich gemäß Vertrag freundschaftlich verhält. Andernfalls behält er sich Vorgehen vor‹. Japan-Rußland-Pakt sei nach Vereinbarung mit Deutschland abgeschlossen und solle Japan von Vorgehen gegen Wladiwostok abhalten und zum Angriff auf Singapore veranlassen.«

Einen interessanten Kommentar zu diesem Dokument finden wir in Dokument C-66 auf Seite 13 des Dokumentenbuchs. Das Dokument C-66 ist bereits als Beweisstück GB-81 vorgelegt worden. Ich möchte den Gerichtshof auf den dritten Absatz auf Seite 13 des Dokumentenbuchs verweisen.

[310] Zu diesem Zeitpunkt war der Führer zu einem überraschenden Angriff auf Rußland fest entschlossen, ohne Rücksicht auf die russische Einstellung zu Deutschland. Nach den eingehenden Nachrichten änderte sich diese häufig, und dann folgt jener interessante Satz:

»Die Mitteilung an Matsuoka war lediglich auf Tarnung und Sicherung der Überraschung eingestellt.«

Die Achsenpartner waren nicht einmal zueinander ehrlich; dies scheint mir typisch für die Art von Dschungel-Diplomatie, die sich Raeder zu eigen machte.

Mit Erlaubnis des Gerichtshofs gehe ich nun von dem Gebiet der Diplomatie zum letzten Teil des Falles gegen Raeder, zu den Verbrechen auf See über.

Nach Ansicht der Anklagebehörde brachte Raeder während seiner ganzen Laufbahn allen internationalen Regeln oder Kriegsgebräuchen, wenn sie mit seiner Absicht, das Nazi-Eroberungsprogramm durchzuführen, nur im mindesten in Widerspruch standen, eine vollkommene Mißachtung entgegen. Ich möchte dem Gerichtshof nur ein paar Beispiele anführen, wie Raeder die Gesetze und Gebräuche der zivilisierten Staaten verhöhnte.

Raeder selbst hat seine Einstellung besonders trefflich in Dokument UK-65 zusammengefaßt; es wird GB-224 und befindet sich auf Seite 98 des Dokumentenbuchs. Das Dokument UK-65 ist eine sehr lange Denkschrift, die Raeder und die deutsche Seekriegsleitung am 15. Oktober 1939, das heißt, also nur wenige Wochen nach Kriegsausbruch, zusammengestellt hatten. Die Denkschrift befaßte sich mit der Verschärfung des Seekriegs. Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf den letzten Absatz auf Seite 98 des Dokumentenbuchs lenken, der die Überschrift trägt:

»Möglichkeiten der zukünftigen Seekriegführung.

I. Militärische Forderungen für den Entscheidungskampf gegen England:

Die militärische Seekriegführung muß die zur Verfügung stehenden Kampfmittel so wirksam wie möglich zum Einsatz bringen. Hierbei sind die größten militärischen Erfolgsaussichten zu erwarten, wenn mit rücksichtsloser Schärfe gegen die englischen Seeverbindungen überall da, wo sie für uns erreichbar sind, vorgegangen wird mit dem Endziel, jede Einfuhr nach England sowie jede Ausfuhr aus England zu verhindern. Die Schonung der neutralen Interessen ist anzustreben, soweit es ohne Beeinträchtigung militärischer Erfordernisse möglich ist. Eine Stützung der getroffenen militärischen Maßnahmen auf das bestehende Völkerrecht bleibt erwünscht; militärisch als notwendig erkannte Maßnahmen müssen aber, sofern sie kriegsentscheidende Erfolge [311] erwarten lassen, auch dann durchgeführt werden, wenn das geltende Völkerrecht nicht auf sie Anwendung finden kann. Grundsätzlich muß daher das militärische zur Brechung der feindlichen Widerstandskraft wirksame Kriegsmittel rechtspolitisch gestützt werden,« – welcher Art ist nicht angegeben – »auch wenn damit neues Seekriegsrecht geschaffen wird.

Die oberste Kriegsleitung muß...entscheiden, welches militärische und kriegsrechtspolitische Verfahren zur Anwendung kommen soll. Ist die Entscheidung für die schärfste Handelskriegsform in Richtung der militärischen Forderung gefallen, so muß an ihr unter allen Umständen und endgültig festgehalten werden. Keinesfalls darf, wie es im Weltkrieg verhängnisvoll geschehen ist, der einmal gefaßte Entschluß für die schärfste Form des Handelskrieges unter dem politischen Gegendruck der Neutralen wieder fallen gelassen werden oder eine spätere Auflockerung erfahren. Sämtliche Einsprüche der Neutralen müssen zurückgewiesen werden. Auch Drohungen mit einem Eintritt weiterer Staaten, insbesondere der Vereinigten Staaten von Amerika in den Krieg, der bei langer Fortdauer des Krieges mit Sicherheit erwartet werden muß, dürfen nicht zu Einschränkungen in der einmal aufgenommenen Handelskriegsform führen. Je brutaler die Handelskriegführung, umso früher die Wir kung, umso kürzer also der Krieg. Die sich aus den militärischen Maßnahmen ergebenden wirtschaftlichen Folgen für unsere eigene Kriegswirtschaft müssen klar erkannt und durch sofort einsetzende Umsteuerung der deutschen kriegswirtschaftlichen Maßnahmen und entsprechende Vereinbarungen mit den neutralen Staaten –« – und nun folgen die Schlußworte – »nötigenfalls unter stärkstem politischen und wirtschaftlichen Druck ausgeglichen werden.«

Diese Bemerkungen sind meines Erachtens höchst aufschlußreich; es ist die allgemeine Ansicht der Anklagebehörde, daß Raeder als aktives Mitglied des Inneren Rates des Nazi-Staates bis zum Jahre 1943 solche Gedankengänge vertreten hat und deshalb die Verantwortung für die vielen Kriegsverbrechen tragen muß, die von seinen Bundesgenossen und ihren Untergebenen im Laufe des Krieges begangen wurden.

Aber ganz abgesehen von dieser Gesamtverantwortlichkeit Raeders gibt es gewisse Verbrechen, die nach Ansicht der Anklagebehörde im wesentlichen von Raeder selbst eingeleitet und auf dem Dienstwege an untergeordnete Marinedienststellen weitergeleitet wurden.

[312] Ich beziehe mich auf Dokument C-27, GB-225, auf Seite 7 des Dokumentenbuchs. Es ist eine Sitzungsniederschrift über eine Besprechung zwischen Hitler und Raeder am 30. Dezember 1939. Mit Erlaubnis des Gerichtshofs werde ich den zweiten Absatz verlesen, der wie folgt beginnt:

»Chef SKL erbittet Vollmacht an SKL zur Vornahme Verschärfung je nach Lage und Kampfmittel.

Führer gibt grundsätzlich Zustimmung zur warnungslosen Versenkung griechischer Schiffe im amerikanischen Sperrgebiet und neutraler Handelsschiffe in den Teilen des amerikanischen Sperrgebiets, in denen die Fiktion von Minentreffern aufrechterhalten werden kann, z.B. im Bristol-Kanal.«

Damals waren natürlich griechische Schiffe, wie dem Gerichtshof bekannt ist, noch neutral. Meines Erachtens ist dies ein weiterer Beweis dafür, daß Raeder ein Mann ohne Grundsätze war.

Diese Anstiftung zum Verbrechen war meines Erachtens ein typisches Gruppenbestreben, denn in Dokument C-12, auf Seite 1 im Dokumentenbuch wird der Gerichtshof sehen, daß am 30. Dezember 1939 vom OKW mit der Unterschrift des Angeklagten Jodl eine Weisung erlassen wurde, die jener Auffassung der Marine Wirksamkeit verlieh. Das Dokument C-12 wird GB-226. Es ist ein interessantes Dokument, trägt das Datum vom 30. Dezember 1939 und hat folgenden Wortlaut:

»Der Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht hat am 30. Dezember 1939 nach Vortrag durch den Ob.d.M. entschieden:

1. Griechische Handelsschiffe sind in der durch USA und England erklärten Sperrzone wie feindliche zu behandeln.

2. Im Bristol-Kanal ist das warnungslose Vorgehen gegen jeglichen Schiffsverkehr freigegeben, wobei nach außen Minentreffer vorzutäuschen sind.

Beide Maßnahmen sind mit sofortiger Wirkung freigegeben.«

Ein weiteres Beispiel für die gefühllose Einstellung der deutschen Marine unter dem Befehl Raeders gegen die neutrale Schiffahrt findet sich in einer Eintragung in Jodls Tagebuch...

VORSITZENDER: Ich glaube, Sie sollten die Bleistiftnotiz verlesen, nicht wahr?

MAJOR JONES: Die Bleistiftnotiz im Dokument C-12 lautet:

»Zu 1. Angriff muß unbemerkt erfolgen. Die Ableugnung der Versenkung dieser Dampfer im Falle der zu erwartenden Proteste muß möglich sein.«

Herr Vorsitzender! Ich wollte gerade ein weiteres Beispiel für die empfindungslose Einstellung der Raederschen Marine gegen die [313] neutrale Schiffahrt anführen. Es befindet sich in einer Eintragung im Tagebuch Jodls vom 16. Juni 1942 auf Seite 112 des Dokumentenbuchs, Dokument 1807-PS, GB-227. Der Auszug aus Jodls Tagebuch trägt das Datum vom 16. Juni 1942 und hat folgenden Wortlaut:

»Am 29. Mai hat die SKL die Freigabe des Waffeneinsatzes gegen die brasilianischen See- und Luftstreitkräfte beantragt. Sie hält ein schlagartiges Zupacken gegen brasilianische Kriegs- und Handelsschiffe zum jetzigen Zeitpunkt, wo Abwehrmaßnahmen noch unvollständig und die Möglichkeit zur Überraschung gegeben sei, für zweckmäßig, da Brasilien praktisch gegen Deutschland Seekrieg führe.«

Die Herren Richter werden erkennen, daß dies ein Plan für eine Art brasilianisches »Pearl Harbor« war, weil, wie Sie sich erinnern werden, der Krieg zwischen Deutschland und Brasilien nicht vor dem 22. August 1942 ausbrach. Raeder selbst hat auch die Marine veranlaßt, an Kriegsverbrechen, die von anderen Verschwörern angeordnet waren, teilzunehmen. Ich werde nur ein Beispiel dafür anführen.

Wie aus Dokument C-179, US-543, auf Seite 63 des Dokumentenbuchs ersichtlich ist, leitete der Chef der Seekriegsleitung Hitlers berüchtigten Befehl vom 18. Oktober 1942 über die Erschießung von Kommandos, der meines Erachtens darauf hinauslief, den gefangengenommenen Kommandos den Schutz des Genfer Abkommens zu entziehen, an die Marinebefehlsstellen weiter.

Der Gerichtshof wird sich daran erinnern, daß das Dokument das Datum vom 28. Oktober 1942 trägt und lautet:

»Anliegend wird ein Erlaß des Führers über die Vernichtung von Terror- und Sabotagetrupps übersandt.

Dieser Befehl darf schriftlich nicht über Flottillenchefs bzw. Abteilungskommandeuren gleichgestellte Offiziere hinaus verteilt werden. Er ist von diesen, nach mündlicher Bekanntgabe an die unterstellten Einheiten, an die nächsthöhere Dienststelle, die für die Einziehung verantwortlich ist, zur Vernichtung zurückzugeben.«

Welch klareren Beweis für die Billigung der Ungerechtigkeit der von Hitler befohlenen Morde durch die Befehlsstellen der Marine könnte es geben als die Art dieser Belehrungen?

VORSITZENDER: Wollen wir uns jetzt für zehn Minuten vertagen?


[Pause von 10 Minuten.]


MAJOR JONES: Ich habe den Gerichtshof auf die Weiterleitung des Hitlerbefehls über die Erschießung von Kommandos aufmerksam [314] gemacht. Nun möchte ich dem Gerichtshof ein Beispiel für die Ausführung dieses Befehls durch die deutsche Marine zur Zeit, als Raeder ihr Oberbefehlshaber war, geben.

Mein gelehrter Freund, Herr Roberts, hat dem Gerichtshof schon ein Kommandounternehmen vom Dezember 1942, das die Aufgabe hatte, die Schiffahrt im Hafen von Bordeaux anzugreifen, geschildert. Der Gerichtshof wird sich noch an den von ihm zitierten Wehrmachtsbericht UK-57, GB-164, erinnern, der besagte, daß sechs der zehn Teilnehmer dieses Kommandounternehmens verhaftet und diese alle am 23. März 1943 erschossen wurden. In Verbindung mit dieser Episode besitzt die Anklagebehörde ein weiteres Dokument, das mehr Licht auf diesen Zwischenfall in Bordeaux wirft und beweist, um wie vieles schneller die Marine unter Raeder Hitlers Befehl bei diesem besonderen Anlaß ausführte. Ich lenke die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf Dokument C-176, GB-228, auf Seite 61 des Dokumentenbuchs.

Dieses Dokument enthält Auszüge aus dem Kriegstagebuch des Admirals Bachmann, des Marinebefehlshabers von Westfrankreich. Die erste Eintragung auf Seite 61 trägt das Datum des 10. Dezember 1942 und lautet:

»Gegen 10.15. Anruf des persönlichen Referenten des Befehlshabers des SD in Paris, SS-Obersturmführer Dr. Schmidt bei Marbef. Adjutant, der Verschiebung Erschießung erbat, da Vernehmungen noch nicht abgeschlossen...

Nach Rücksprache mit Chef des Führungsstabes wird SD angewiesen, Genehmigung bei Hauptquartier direkt einzuholen.

18.20. SD Bordeaux hat über vorgesetzte SD-Stelle beim Führerhauptquartier 3 Tage Aufschub der Erschießung erbeten. Vernehmungen z.Zt. noch fortgesetzt.«

Der nächste Tag, der 11. Dezember 1942:

»Erschießung der 2 gefangenen Engländer durch ein Kommando von Hafenkommandant Bordeaux in Stärke von 1/16 Mann im Beisein eines Offiziers des SD auf Befehl des Führers durchgeführt.«

Am Rande, gegenüber dieser Eintragung findet sich ein Vermerk mit Grünstift, der wie folgt lautet:

»SD sollte dies besorgt haben. In künftigen Fällen Marinebefehlshaber anrufen.«

Der Gerichtshof wird daher aus diesem Dokument C-176 ersehen, daß die beiden ersten tapferen Männer, die auf Grund des Bordeaux-Unternehmens erschossen werden sollten, tatsächlich von einem Marine-Exekutivkommando am 11. Dezember 1942 getötet wurden; es waren Sergeant Wallace und Matrose Ewart, die das Unglück [315] hatten, am 8. Dezember beim Beginn des Unternehmens in Gefangenschaft zu geraten.

Interessant ist die Bemerkung der Seekriegsleitung zu dieser Erschießung; sie findet sich in Dokument D-658.

VORSITZENDER: Was bedeuten die beiden letzten Zeilen im Dokument C-176, daß das Unternehmen besonders begünstigt war?

MAJOR JONES: »Das Unternehmen war besonders durch das Wetter und die dunkle Nacht begünstigt.« Das bezieht sich vermutlich auf das Unternehmen der Marinekommandos, die mit Erfolg einige deutsche Schiffe im Hafen von Bordeaux in die Luft sprengten. Der mir assistierende Marineoffizier macht mich gerade darauf aufmerksam, daß dies wahrscheinlich einen Hinweis auf die Bedingungen, die zur Zeit der Erschießung der beiden Männer gegeben waren, enthält.


VORSITZENDER: Ich hätte das angenommen.


MAJOR JONES: Ich sehe mich in meiner Erklärung der Angelegenheit durch den Vertreter der Britischen Marine korrigiert.


VORSITZENDER: Geht daraus nicht hervor, daß Marineangehörige es getan haben?


MAJOR JONES: Die Erschießung wurde, wie die Eintragung vom 11. Dezember zeigt, tatsächlich durch Marineangehörige, durch eine zu dem Hafenkommandanten von Bordeaux gehörende Einheit, ausgeführt.


VORSITZENDER: Ja.


MAJOR JONES: Ich wollte den Gerichtshof besonders auf die Bemerkung der Seekriegsleitung zu dieser Erschießung hinweisen. Wir finden sie im Dokument D-658 auf Seite 109, Beweisstück GB-229. Sie lautet:

»Marbef. Westfrankreich meldet, daß im Laufe des Tages Sprengkörper mit Haftmagneten, Kartenmaterial von Girondemündung, Luftbildaufnahmen von Hafenanlagen Bordeaux, Tarnmaterial, Lebensmittel und Trinkwasser für mehrere Tage gefunden wurden. Bergung des Faltbootes ist nicht gelungen. Marbef. Westfrankreich hat, falls angesetzte Vernehmung der beiden Soldaten bisherige Feststellungen bestätigen, ihre sofortige Erschießung wegen versuchter Sabotage befohlen, diese jedoch ausgesetzt, um weitere Auskünfte zu erreichen.

Nach Wehrmachtsbericht sind die beiden Soldaten inzwischen erschossen worden. Maßnahme würde dem besonderen Befehl des Führers entsprechen, bildet jedoch, da die Soldaten Uniform trugen, ein völkerrechtliches Novum.«

[316] Meines Erachtens beweist dieser letzte Satz ganz klar, daß das Marine-Oberkommando unter Raeder der Ergebenheit gegenüber der Nazi-Verschwörung mehr Bedeutung beimaß als jeder Frage moralischer Grundsätze oder beruflicher Ehre und Sauberkeit. Die Erschießung dieser beiden Kommandos war meiner Meinung nach nicht eine Kriegshandlung, sondern ein Mord an zwei tapferen Männern. Nach dieser düsteren Note ist es meine Pflicht, diesen Teil des Falles der Anklagebehörde gegen den Angeklagten Raeder zusammenzufassen.

Nach Ansicht der Anklagebehörde war er nicht etwa eine militärische Marionette, die politische Befehle ausführte. Der Gerichtshof hat gesehen, daß er schon vor der Machtübernahme der Nazis aktiv an dem Wiederaufbau der deutschen Flotte hinter dem Rücken des Reichstags arbeitete. Als die Nazis zur Macht kamen, schloß er sich ihnen ohne Vorbehalt an. Er war es in erster Linie, der die deutsche Marine dazu trieb, ihre Treue auf die Nazi-Partei zu übertragen. Er war ebensosehr ein Mitglied des Inneren Rates der Nazis wie irgendein anderer Angeklagter. Und er war Mitglied ihrer hauptsächlichen politischen Beratungsausschüsse.

Er war sich ihrer Angriffsabsichten wohl bewußt und förderte meines Erachtens ihre Verwirklichung nicht nur als militärischer Sachverständiger, sondern auch als lügnerischer Politiker. Er förderte auch, wie ich dargelegt habe, ihre brutalen Kriegführungsmethoden. Und doch war Raeder von allen diesen Verschwörern einer der ersten, der seinen hohen Posten verlor. Es ist tatsächlich wahr, daß die Ausdehnung des Krieges über die Grenzen Polens hinaus eine Enttäuschung für Raeder bedeutete. Sein Traum von einer Nazi-Armada, die den Atlantik beherrschte, rechnete nicht mit Ribbentrops Diplomatie und Hitlers strategischen Ideen.

Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf Dokument C-161, GB-230, auf Seite 35 des Dokumentenbuchs lenken. Es ist ein Auszug aus einer Denkschrift Raeders vom 10. Januar 1943 kurz vor seinem Rücktritt und trägt die Überschrift: »Die Bedeutung der deutschen Überwasserstreitkräfte für die Kriegführung der Dreierpaktmächte.« Die wesentliche Eintragung lautet:

»... der Plan der nationalsozialistischen Reichsführung, bis zum Jahre 1944/45 der deutschen Kriegsmarine eine solche Stärke zu geben, daß mit der genügenden Schiffszahl, Kampfkraft und Fahrstrecke das Anpacken der britischen Lebensadern auf dem Atlantik möglich war.

Der Aufbau dieser Streitkräfte steckte 1939 bei dem fünf Jahre früher eingetretenen Kriegsbeginn noch in den Anfängen...«

Der Gerichtshof wird aus diesem Dokument ersehen, wie vollständig Raeder in seinen ehrgeizigen Plänen dadurch betrogen [317] wurde, daß er sich in dem Zeitpunkt des Einsatzes seiner Hochseeflotte verrechnete. Der Gerichtshof hat gesehen, wie Raeder sich die größte Mühe gab, etwas von seinem verlorenen Ruhm wieder zu gewinnen als er das arglose Norwegen angriff. Er machte viele Anstrengungen, den Seekrieg auf Kosten der Neutralen und auch der Gebräuche und Gesetze der Seekriegführung zu verschärfen. Seine weiteren Pläne wurden jedoch von seinen Mitver schwörern verworfen; im Januar 1943 zog er sich zurück und war danach nur noch dem Namen nach ein Führer. Ich mache den Gerichtshof auf Dokument D-655, auf Seite 108 im Dokumentenbuch, Beweisstück GB-231, aufmerksam; es ist eine handschriftliche Niederschrift Raeders über seine Besprechung mit dem Führer am 6. Januar 1943, die zu seinem Rücktritt führte. Ich will nur den fünften Absatz verlesen, wo Raeder folgendes schreibt:

»... wenn der Führer Wert darauf lege zu zeigen, daß die Trennung in bestem Frieden erfolge und daß – besonders für das Ausland – der Name R. weiterhin mit der Marine verbunden bleibe, so käme in Frage eine ev. Ernennung zum ›Generalinspekteur‹, entsprechende Veröffentlichung in der Presse u. a. Aber ein neuer Ob.d.M. mit voller Verantwortung für dieses Amt müsse ernannt werden. Die Stellung ›Generalinspekteur‹ oder wie man es sonst nenne, dürfe nur nominell sein.

Führer« – so heißt es in der Niederschrift weiter – »griff diese Anregung lebhaft auf; der G. könne ev. besondere Aufträge von ihm erhalten, Besichtigungsreisen machen usw. Der Name R. solle mit der Marine verbunden bleiben. Auf wiederholte Bitte des Ob.d.M. stimmte der Führer ausdrücklich dem Termin 30. Januar zu – das Nähere wolle er sich noch überlegen.«

Damit endete Raeders Laufbahn unter wesentlich anderen Verhältnissen als zur Zeit seines Aufstiegs im Jahre 1939, als er am 12. März anläßlich des deutschen Heldengedenktages sprach. Ich verweise nun den Gerichtshof auf das letzte Dokument über Raeder, einen Bericht über seine Rede vom März 1939; er befindet sich auf Seite 103 des Dokumentenbuchs, im Dokument D-653, GB-232. Der erste Absatz lautet:

»Der Heldengedenktag wurde in diesem Jahr in allen Ortschaften Großdeutschlands... zum erstenmal zugleich als Tag der Wehrfreiheit begangen.... Im Mittelpunkt der Feiern... stand der herkömmliche Staatsakt in der Staatsoper Unter den Linden in Berlin...«

In Anwesenheit des Führers und von Vertretern der Partei und der Wehrmacht hielt Generaladmiral Raeder eine Ansprache, von der Auszüge unten wiedergegeben sind.

[318] Und ich gehe nun auf Seite 2 der Niederschrift, Seite 104 des Dokumentenbuchs, über, ungefähr die fünfzehnte Zeile:

»Das deutsche Volk« – so sagte Raeder – »hat den aus dem Geiste des deutschen Frontsoldaten geborenen Nationalsozialismus zu seiner Weltanschauung gemacht und folgt den Symbolen seiner Wiedergeburt mit ebenso heißer Liebe wie fanatischer Leidenschaft. Es hat den Nationalsozialismus erlebt und nicht, wie so viele hilflose Kritiker draußen glauben, erlitten.

Der Führer hat seinem Volke gezeigt, daß in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft die größte unversiegbare Kraftquelle liegt, deren Dynamik nicht nur den inneren Frieden sichert, sondern auch die Erschließung aller schöpferischen Volkskräfte ermöglicht.«

Dann folgen Lobgesänge auf Hitler, und ein paar Sätze weiter unten heißt es:

»Darum die klare und schonungslose Kampfansage an den Bolschewismus und das internationale Judentum, deren völkervernichtendes Treiben wir zur Genüge am eigenen Volkskörper zu spüren bekommen haben. Darum der Zusammenschluß mit allen gleichgesinnten Nationen, die, wie Deutschland, nicht gewillt sind, ihre dem Aufbau und dem inneren Friedenswerk gewidmete Kraft von volksfremden Ideologien und artfremden Parasiten zersetzen zu lassen.«

Dann ein paar Sätze weiter:

»Wenn wir diese Erziehungsarbeit einmal im waffentechnischen Sinne leisten, so fordert diese Aufgabe aber auch ebenso die Weiterbildung des jungen Soldaten im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung und Lebensgestaltung. Diesen Teil der Aufgabe, der uns ebenso zur Ehrenpflicht wie zur unabweisbaren Forderung geworden ist, können und wollen wir nur lösen, Schulter an Schulter und in aufrichtiger Kameradschaft mit der Partei und ihren Gliederungen...«

Der nächste Satz:

»Wehrmacht und Partei sind damit immer mehr in Haltung und Geist ein unteilbares Ganzes gewor den.«

Und dann nur zwei Sätze der nächsten Seite:

»Deutschland ist der Schirmherr aller Deutschen, diesseits und jenseits der Grenzen. Die Schüsse von Almeria sind hierfür Beweis.«

Dies bezieht sich auf die Bombardierung der spanischen Stadt Almeria durch eine deutsche Flotteneinheit am 31. Mai 1937 während des spanischen Bürgerkrieges.

[319] Es folgen weitere Bemerkungen über den Führer und sein Führertum, und der letzte Satz des ersten Absatzes auf Seite 3 lautet sodann:

»Sie alle pflanzten die große Tradition des Sterbens für eine heilige Sache in eine junge Generation in der Gewißheit, daß ihr Blut einst den Weg in die erträumte Freiheit bahnen würde.«

Meines Erachtens ist diese Rede Raeders der endgültige Beweis für seine tiefe persönliche Verbundenheit mit der Nazi-Verschwörung. Dort zeigte sich die Mischung von Heroismus und Fatalismus, die Millionen von Deutschen in den Tod führte. Dort wird die Gewalt gerühmt, die gegen die Bewohner von Almeria angewendet wurde. Dort ist das Lippenbekenntnis zum Frieden durch einen Mann, der den Krieg plante. »Wehrmacht und Partei sind damit immer mehr in Haltung und Geist ein unteilbares Ganzes geworden« – das ist die authentische Nazi-Stimme. Dort sehen wir die Verteidigung der Rassenlehre und letzten Endes auch die antisemitische Einstellung, Raeders Beitrag zu einer Anschauung, die zu Belsen führte. Erfüllt von diesen Ideen arbeitete er sowohl auf politischem als auch auf militärischem Gebiet aktiv an der Nazi-Verschwörung zur Herbeiführung von Angriffskriegen und zu ihrer rücksichtslosen Durchführung mit.

MR. RALPH G. ALBRECHT, BEIGEORDNETER ANKLÄGER FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Hoher Gerichtshof! Die amerikanische Anklagebehörde wird nun ihre Darlegungen fortsetzen und die persönliche Verantwortlichkeit des Angeklagten von Schirach aufzeigen. Dies wird durch Hauptmann Sprecher geschehen.

HAUPTMANN DREXEL H. SPRECHER, HILFSANKLÄGER FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Hoher Gerichtshof! Es ist meine Aufgabe, die persönliche Verantwortlichkeit des Angeklagten Schirach für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darzulegen, soweit sie unmittelbar den Allgemeinen Plan oder die Verschwörung betreffen. Die Anklagebehörde steht auf dem Standpunkt, daß der Angeklagte Schirach schuldig ist, eine leitende Rolle in der Nazi-Verschwörung vom Jahre 1925 bis zur Niederlage der Nazis gespielt zu haben.

Die Verschwörungsakte und der verbrecherische Charakter des Angeklagten Schirach können der besseren Übersicht wegen in drei Hauptabschnitten behandelt werden:

1. Die erste Unterstützung der Verschwörer während der Jahre 1925 bis 1929,

2. die Führung und Leitung der deutschen Jugend während der Jahre 1929 bis 1945,

3. die Führung des Reichsgaues Wien als Hauptvertreter der Nazi-Partei und des Nazi-Staates in Wien von Juli 1940 bis 1945.

[320] Die Beweisführung wird sich nach einer kurzen Aufzählung der hauptsächlichen Ämter, die Schirach innehatte, mit jedem einzelnen dieser Hauptabschnitte befassen. Wenn wir zunächst die von Schirach bekleideten Ämter aufzählen, so wollen wir nicht zugleich auch den Aufgabenkreis jedes dieser Ämter beschreiben. Sofern in diesem Stadium des Verfahrens eine Beschreibung des Aufgabenkreises irgendeiner besonderen Stellung überhaupt noch notwendig erscheint, wird dieses später bei der Erörterung der verschwörerischen Handlungen Schirachs als Nazi-Jugendführer und Nazi-Beamter in Wien geschehen.

Zu diesem Thema haben wir einen Schriftsatz überreicht, den wir der Würdigung des Gerichtshofs empfehlen. Das Dokumentenbuch enthält englische Übersetzungen von 29 Dokumenten. Obwohl wir glauben, die Anzahl der Dokumente auf ein Minimum beschränkt zu haben, ist das Dokumentenbuch doch umfangreich.

Die Verführung der deutschen Jugend durch Schirach ist jedoch ein umfangreiches Thema, ganz abgesehen von allen seinen anderen Taten. Die meisten dieser Dokumente stammen aus deutschen Veröffentlichungen, von denen der Gerichtshof amtlich Kenntnis nehmen kann. Aus diesem Grunde werden wir diese Dokumente in den meisten Fällen nur umschreiben, es sei denn, daß der Gerichtshof in Sonderfällen den Wunsch einer ausführlicheren Behandlung zu erkennen gibt.

Ehe ich mich dem Beweismaterial zuwende, möchte ich meinen Dank besonders Herrn Major Hartley Murray, Leutnant Fred Niebergall zu meiner Rechten und Herrn Norbert Heilpern für ihre Hilfe bei der Untersuchung, Analyse, Übersetzung und Aufstellung dieser Unterlagen aussprechen.

Schirach gibt zu, folgende Stellungen innegehabt zu haben: Sie finden sich in zwei eidesstattlichen Erklärungen, von denen die eine in Form einer Bestätigung, die andere in Form eines Berichts abgefaßt ist; letztere trägt das Datum vom Dezember 1945 und ist Dokument 3302-PS, US-665, Seite 110 des Dokumentenbuchs. Ich möchte diese eidesstattliche Erklärung als Beweisstück US-665 unterbreiten. Die Bestätigung, auf die ich mich nur wegen eines Punktes beziehen werde, ist Dokument 2973-PS und bereits als Beweisstück US-14 vorgelegt.

Ich wende mich zunächst dem Dokument 3302-PS zu. Diese eidesstattliche Erklärung zeigt, daß Schirach Parteimitglied von 1925 bis 1945 war; daß er Führer des Nationalsozialistischen Studentenbundes von 1929 bis 1931 und Führer der Hitlerjugend von 1931 bis 1940 war; daß er in den Jahren 1931 und 1932 Reichsjugendführer im Stabe der Obersten SA-Führung war, dem seinerzeit alle Nazi-Jugendorganisationen unterstanden. Er war auch Reichsjugendführer der NSDAP von 1931 bis 1940.

[321] Im Jahre 1932 wurde Schirach selbständiger Reichsleiter der Partei. Mit der Erlangung dieser verhältnismäßig unabhängigen Stellung schied er aus dem Stabe der Obersten SA-Führung aus, da er nach Gründung der Reichsjugendführung an die Spitze der Nazi-Jugendorganisationen trat und insoweit Hitler unmittelbar unterstand. Diese Erscheinung fand sich überall in der Partei, wo gemäß dem Führerprinzip der eine Mann, Schirach, an der Spitze stand, und daher für die Behandlung der Jugendfragen durch die SA kein Raum mehr war. Schirach behielt jedoch in der SA den Rang und Titel eines Gruppenführers während der Zeit von 1931 bis 1941 bei; im Jahre 1941 wurde er zum SA-Obergruppenführer befördert. Diesen Rang bekleidete er bis zum Zusammenbruch.

Schirach war Reichsleiter für die Jugenderziehung der NSDAP von 1932 bis zum Zusammenbruch. Mit anderen Worten, der Angeklagte bekleidete von der Zeit vor der Machtübernahme der Nazis an bis zu ihrem schließlichen Zusammenbruch die hohe Stellung eines Reichsleiters in der Partei.

Außer diesen Stellungen in der Partei hatte Schirach noch folgende Posten im Nazi-Staat inne:

Reichsjugendführer von 1933 bis 1940; Reichsstatthalter des Reichsgaues Wien von 1940 bis 1945; Reichsverteidigungskommissar von Wien von 1940 bis 1945.

Obwohl Schirach einige Stellungen in der Führung der deutschen Jugend aufgab, als er im Jahre 1940 diese Posten in Wien übernahm, behielt er dennoch auch weiterhin die Parteistellung eines Reichsleiters für die Jugenderziehung der NSDAP bei. Darüber hinaus erhielt er eine ganz besondere Stellung; er wurde Beauftragter des Führers für die Inspektion der gesamten Hitlerjugend, der Organisation, die er bis 1940 geführt hatte. Die beiden letzten Stellungen hatte er bis zum Zusammenbruch inne.

Die Bestätigung, Dokument 2973-PS, enthält lediglich einen Punkt, auf den ich mich in dieser augenblicklichen Darlegung beziehen will; sie ergibt, daß Schirach von 1932 bis 1945 Mitglied des Reichstags war.

Als nächstes wollen wir zeigen, wie Schirach die NSDAP und die ihr angegliederten Jugendorganisationen vor der Machtübernahme der Nazis aktiv förderte. Schirach war ein vertrauter und ergebener Gefolgsmann Hitlers vom Jahre 1925 an. In diesem Jahr stieß der erst achtzehnjährige Schirach zu den Nazi-Verschwörern, indem er Parteimitglied wurde. Auf besonderen Wunsch Hitlers ging er nach München, um sich eingehender mit der Partei bekannt zu machen. Er widmete sich der Erfassung der Studenten für den Nationalsozialismus. Ich umschreibe hier, meine Herren Richter, den Absatz 2 aus Schirachs eigener eidesstattlicher Erklärung, Dokument 3302-PS US-665, auf Seite 110 des Dokumentenbuchs.

[322] Dies war der Anfang der verschwörerischen Tätigkeit Schirachs, welche er zwei Jahrzehnte lang im Geiste unwandelbarer Treue zu Hitler und nach den Prinzipien des Nationalsozialismus fortführte. Die persönliche Aufmerksamkeit, die Hitler diesem Angeklagten von Anfang an schenkte, trug Früchte für die Verschwörer, und wir sehen, daß Schirachs Ansehen in Parteikreisen während dieser ersten Jahre schnell wuchs.

Im Jahre 1929 wurde Schirach Reichsführer des gesamten Nationalsozialistischen Studentenbundes und behielt diese Stellung zwei Jahre lang bis zum Jahre 1931 bei. Dokument 3464-PS, Seite 121 des Dokumentenbuchs, ist ein Auszug der Ausgabe des Organisationsbuchs der Partei von 1936; ich möchte es als Beweisstück US-666 einreichen. Aus ihm ergibt sich klar, daß der Zweck des Nazi-Studentenbundes der war, die Studenten an Universitäten und Technischen Hochschulen weltanschaulich und politisch zum Nationalsozialismus zu bekehren.

Nach 1931 widmete sich Schirach vollamtlich der Parteiarbeit. 1932 wurde er als Nazi-Mitglied in den Reichstag gewählt und nahm somit an dem unparlamentarischen Verhalten der Nazi-Reichstagsmitglieder während der letzten Monate, in denen der Reichstag noch ein unabhängiges Regierungsorgan war, teil.

Mit der beste Beweis dafür, wie Schirach die Verschwörung in ihren Anfängen unterstützte, sind seine eigenen Worte in seinem Buch »Die Hitler-Jugend«. Auszüge aus diesem Buche befinden sich in Dokument 1458-PS, auf Seite 1 des Dokumentenbuchs. Wir legen es als Beweisstück US-667 vor. Hoher Gerichtshof, da sich dieses Buch auf viele Jahre und viele Dinge erstreckt, werde ich mir gestatten, mich auch später gelegentlich darauf zu beziehen.

Ein Beispiel von Schirachs unterwürfiger Treue zu Hitler während der ersten Jahre befindet sich auf Seite 17 dieses Buches, Seite 12 des Dokumentenbuchs. Hier beschreibt er seine Parteitätigkeit während der ersten Jahre wie folgt:

»Wir konnten unsere Auffassung noch nicht im einzelnen begründen, wir glaubten einfach. Und als dann Hitlers Kampf erschien, war uns dieses Buch wie eine Bibel, die wir fast auswendig lernten, um die Fragen der Zweifler und überlegenen Kritiker beantworten zu können. Fast alles, was heute an verantwortlicher Stelle Jugend führt, kam bereits in jenen Jahren zu uns.«

Vor 1933 bereiste Schirach ganz Deutschland, veranstaltete Demonstrationen und forderte die deutsche Jugend zur Mitgliedschaft in der Hitlerjugend auf. Und als die Hitlerjugend und das Tragen ihrer Uniform gesetzlich verboten wurde, setzte Schirach seine Tätigkeit mit ungesetzlichen Mitteln fort. Über diese Zeit [323] schreibt er selbst auf Seite 26 seines Buches »Die Hitler-Jugend«, Seite 16 bis 17 Ihres Dokumentenbuchs, wie folgt:

»Die HJ gewann in dieser Zeit ihr bestes Menschenmaterial. Was in dieser Verbotszeit zu uns stieß, Mädel oder Junge, setzte alles aufs Spiel.... Wir fuhren mit Pistole in der Manteltasche durch das Ruhrgebiet, während die Steine hinter uns herflogen. Wir zuckten bei jedem Läuten zusammen, weil wir dauernd Haussuchungen und Verhaftungen befürchten mußten.«

Auf Seite 27 des gleichen Buches, Seite 18 des Dokumentenbuchs, weist Schirach darauf hin, daß er bei dem frühen internen Parteikampf zwischen Hitler und Strasser standhaft zur Hitlerclique hielt; über Strasser sprach er vertraulich nur mit Hitler und dem Angeklagten Streicher. Es braucht kaum betont zu werden, daß ein solcher Vertrauter des Führers von Anfang an über die allgemeinen Ziele, Pläne und Methoden der Verschwörung genau informiert war.

Ich glaube, es ist bemerkenswert, daß einige dieser Konferenzen in Schirachs Wohnung in München stattfanden, und daß Hitler gelegentlich dorthin zu kommen pflegte.

Schirach war der führende Nazi-Verschwörer bei der Zerschlagung aller unabhängigen Jugendorganisationen und dem Aufbau der Nazi-Jugendbewegung. In diesem Zusammenhang möchte ich die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf den Schriftsatz des amerikanischen Hauptanklagevertreters mit der Überschrift »Der Umschwung in der Erziehung, Jugendausbildung« lenken. Der Verfasser ist Major Hartley Murray; die darin zitierten Dokumente sind in Abschnitt »b« zu finden. »Die Nazi-Verschwörer ergänzten das Schulsystem, indem sie die Jugend durch Hitlerjugend ausbildeten.« Diese Dokumente wurden als Beweismaterial im Dokumentenbuch »D« zu Beginn des Prozesses eingeführt. Ich erinnere den Gerichtshof auch an den hier am 11. Dezember vorgeführten Film »Der Nazi-Plan« insoweit, als dieser den Angeklagten Schirach und seine Hitlerjugend-Organisation behandelte. An welchen Stellen in diesem Film Schirachs Tätigkeit festgehalten ist, ist im Dokument 3054-PS vermerkt. Dieses Dokument enthält ein Inhaltsverzeichnis sowie Erläuterungen zu diesem Film und liegt bereits als Beweisstück US-167 dem Gerichtshof vor.

Es war Schirachs Aufgabe, das Nazi-Regime für kommende Geschlechter zu verewigen, indem er die Gedankenwelt der Jugend mit der Nazi-Weltanschauung vergiftete und die Jugend für den Angriffskrieg vorbereitete. Dieses Gift wird noch lange nach dem Tode des Angeklagten weiterwirken. Tatsächlich muß es einer der Hauptzwecke dieser Darlegungen sein, den jungen Deutschen, [324] welche die von den Nazis heraufbeschworene Katastrophe überlebten, das wahre Gesicht dieses Mannes zu zeigen, den die Nazi-Propaganda als großen Jugendhelden hinstellte, und gegen den eine freie Kritik und die Wahrheit vor der deutschen Jugend und dem deutschen Volke über ein Jahrzehnt lang nicht zu Worte kommen konnte.

Aus Schirachs eigener Hand in seinem Buch »Die Hitler-Jugend« haben wir wiederum einen kristallklaren Beweis für die Methoden und die Taktik, die er bei der Zerschlagung der unabhängigen Jugend-Organisationen und ihrer Eingliederung in die Hitlerjugend anwandte. Auf Seite 32, Seite 19 und 20 des Dokumentenbuchs, erklärt Schirach, daß 1933 die neuen Minister zu sehr überlastet waren, um von sich aus die Jugendfrage zu lösen; daher habe er, Schirach, als damaliger Führer der Hitlerjugend einen seiner Mitarbeiter beauftragt, zusammen mit fünfzig Angehörigen der Berliner HJ den Reichsausschuß der deutschen Jugendverbände zu überrumpeln. Als Folge dieser Überrumpelung ging der Reichsausschuß in die Brüche und wurde von der Hitlerjugend übernommen. Eine weitere kurz darauf erfolgte Razzia auf den Verband für Jugendherbergen hatte denselben Erfolg, wie sich aus Seite 33 des Buches »Die Hitler-Jugend«, Seite 20 und 21 des Dokumentenbuchs, ergibt.

Nach diesen erfolgreichen Kundgebungen der Gewalt und des Terrors stieg Schirachs Stern noch höher empor. Er wurde im Juni 1933 von Hitler in aller Feierlichkeit zum Jugendführer des Deutschen Reiches ernannt.

Über seine nächsten Handlungen schreibt Schirach auf Seite 35 und 36 seines Buches, Seite 22 des Dokumentenbuchs, folgendes:

»Die erste Handlung, die ich vornahm, war die Auflösung des Großdeutschen Bundes. Da mir alle deutschen Jugendverbände unterstellt waren und ich damit das Recht erhalten hatte, über ihre Führung zu entscheiden, zögerte ich keinen Augenblick, diesen Schritt zu tun, der für die HJ die Beseitigung eines unerträglichen Zustandes war.«

Schirach bewerkstelligte die Auflösung und Zerschlagung der meisten Jugend-Organisationen durch Befehle, die er als Jugendführer des Deutschen Reiches erließ und unterzeichnete. Dies ergibt sich aus einem Befehl im Dokument 2229-PS, Dokumentenbuch Seite 65, das als Beweisstück US-668 vorliegt. Durch diesen einen Befehl löste Schirach neun Jugendorganisationen, darunter den Pfadfinderbund, auf.

Die protestantischen und katholischen Jugendorganisationen waren die letzten, die zerschlagen und in die Hitlerjugend einverleibt wurden. Schirach erreichte die Einverleibung der protestantischen Jugendorganisationen durch ein Abkommen mit dem von Hitler[325] ernannten Reichsbischof Ludwig Müller, Seite 38 des Buches »Die Hitler-Jugend«, Seite 24 des Dokumentenbuchs.

Schirachs Ziel, die gesamte deutsche Jugend in die Hitlerjugend hineinzuzwingen, wurde schließlich im Dezember 1936 durch das grundlegende Gesetz über die Hitlerjugend erreicht. Dokument 1392-PS ist ein im Reichsgesetzblatt 1936, Teil I, Seite 993 veröffentlichtes Gesetz; ich bitte den Gerichtshof, von ihm amtlich Kenntnis zu nehmen. Ich zitiere Teile aus diesem Gesetz, weil es so deutlich veranschaulicht, was mit der deutschen Jugend unter Schirach geschehen sollte, und was schon mit ihr geschah.

VORSITZENDER: Ist es im Dokumentenbuch enthalten?

HAUPTMANN SPRECHER: Jawohl, Herr Vorsitzender.


VORSITZENDER: Welche Seite?


HAUPTMANN SPRECHER: Es ist Dokument 1392-PS, Seite 6 des Dokumentenbuchs:

»Von der Jugend hängt die Zukunft des deutschen Volkes ab. Die gesamte deutsche Jugend muß deshalb auf ihre künftigen Pflichten vorbereitet werden.

Die gesamte deutsche Jugend innerhalb des Reichsgebietes ist in der Hitlerjugend zusammengefaßt...

Die gesamte deutsche Jugend ist außer in Elternhaus und Schule in der Hitlerjugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen....

Die Aufgabe der Erziehung der gesamten deutschen Jugend in der Hitlerjugend wird dem Reichsjugendführer der NSDAP übertragen....«

Die erste Durchführungsverordnung zu diesem grundlegenden Gesetz über die Hitlerjugend erging am 25. März 1939. Ich verweise auf Seite 40 des Dokumentenbuchs. Diese im Reichsgesetzblatt I, Seite 709 abgedruckte Verordnung bestätigt unter anderem die ausschließliche Zuständigkeit Schirachs für die Erziehung der deutschen Jugend. Ich will nur einen Satz zitieren:

»Der Jugendführer des Deutschen Reiches ist ausschließlich zuständig für alle Aufgaben der körperlichen, geistigen und sittlichen Erziehung der gesamten deutschen Jugend des Reichsgebietes außerhalb von Elternhaus und Schule.«

VORSITZENDER: Hauptmann Sprecher, ich glaube, Ihre Darlegungen haben uns genügend davon überzeugt, daß von Schirach für die weltanschauliche Erziehung der deutschen Jugend voll verantwortlich war.

HAUPTMANN SPRECHER: Ja, Herr Vorsitzender.


[326] VORSITZENDER: Und wir wollen nichts mehr darüber hören.


HAUPTMANN SPRECHER: Ich verstehe. Bei der Ausübung seiner weitgehenden Kontrolle über die deutsche Jugend bediente sich Schirach natürlich der allgemeinen Methoden der Nazi-Verschwörer, einschließlich des Führerprinzips, dessen Wesen dem Gerichtshof bereits dargelegt wurde. Der Gerichtshof wird eine widerliche Verherrlichung und Erklärung des Führerprinzips, wie es auf die deutsche Jugend angewendet wurde, in Schirachs Buch »Die Hitler-Jugend« auf Seite 68 finden. Die Übersetzung steht auf Seite 32 des Dokumentenbuchs. Ich möchte davon nichts verlesen.

In seiner eidesstattlichen Erklärung, Dokument 3302-PS, Absatz 5, erklärt Schirach:

»Es war meine Aufgabe, die Jugend im Sinne der Bestrebungen, Gedankengänge und Richtlinien der NSDAP zu erziehen und darüberhinaus sie zu leiten und zu formen.«

Selbstverständlich schuf und leitete Schirach einen ausgedehnten Propaganda-Apparat, um eine gründliche Vergiftung der Gedankenwelt der deutschen Jugend zu erreichen. Ich überreiche Dokument 3349-PS, Dokumentenbuch Seite 114, als Beweisstück US-666.

Es ist ein Auszug von den Seiten 452 und 453 des Parteiorganisationsbuchs von 1936. Daraus läßt sich ersehen, daß die Reichsjugendführung der NSDAP zahlreiche Schriften verfaßte und herausgab, angefangen mit einem täglichen Nachrichtendienst bis zu Monatsschriften. Dieses Dokument zeigt ebenfalls, daß das Propagandaamt der Hitlerjugend durch seine Verbindungsmänner einen politischen und weltanschaulichen Kontakt mit dem Propagandaamt der NSDAP und dem Propagandaministerium, die beide dem Verschwörer Goebbels unterstanden, aufrecht erhielt.

Schirach teilt mit dem Verschwörer Dr. Robert Ley, dem Reichsorganisationsleiter der NSDAP, die Verantwortlichkeit für die Errichtung und allgemeine Verwaltung der Adolf-Hitler-Schulen. Das ergibt sich aus einer gemeinsamen Erklärung von Ley und Schirach aus dem Jahre 1937, Seite 100 des Dokumentenbuchs. Es ist unser Dokument 2653-PS, US-669. Es zeigt, daß in diesen Adolf-Hitler-Schulen hervorragend bewährte Mitglieder des Jungvolks, der Gliederung für jüngere Knaben in der Hitlerjugend-Bewegung, unentgeltlich ausgebildet wurden. Es zeigt weiter, daß das Ziel dieser Schulen die Heranbildung einer jungen Führerschicht für die Nazi-Partei und den Nazi-Staatsapparat war.

Schirach dehnte seine Jugenderziehung auch auf das juristische Gebiet aus, obwohl dieses Gebiet eigentlich der Kontrolle des Angeklagten Frank unterstellt war. Der Beweis hierfür ist ersichtlich im Dokument 3459-PS, auf Seite 120 des Dokumentenbuchs. Dies ist ein eine Seite langer Auszug aus einem Bericht über den Juristentag im Jahre 1939; er wird als Beweisstück US-670 vorgelegt. Dieses [327] Dokument zeigt, daß die Verschwörer es als Aufgabe der Partei betrachteten, über die rein fachliche Rechtsausbildung hinaus Einfluß auf die Weltanschauung des Bundes der jungen Rechtswahrer zu gewinnen. Dieser Bund war eine Nachwuchs-Organisation des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes, eine von den Nazis kontrollierte Organisation von Juristen.

Auf der Kundgebung, die das Dokument erwähnt, erklärte ein Amtsträger des Bundes junger Rechts wahrer, daß die Unwissenheit über die einfachsten Rechtsgrundsätze am besten innerhalb der »Hitlerjugend« bekämpft werden könne, und daß darum das Rechtserziehungsprogramm der Hitlerjugend weitgehendst unterstützt werden müsse.

Obergebietsführer Arthur Axmann, der Untergebene Schirachs, der ihm im Jahre 1940 als Führer der Hitlerjugend nachfolgte, wurde damals, das heißt Mai 1939, zum Vorsitzenden des Jugendrechts-Ausschusses für die Neubildung des Jugendrechts ernannt. Die Ernennung erfolgte durch den Angeklagten Frank.

VORSITZENDER: Hauptmann Sprecher, ich glaube, ich habe nicht mit genügender Klarheit zum Ausdruck gebracht, daß der Gerichtshof wirklich nicht an den Einzelheiten interessiert ist, wie sich der Angeklagte von Schirach die Macht über die deutsche Jugend verschaffte. Sie haben uns durch Ihre Darlegungen jedenfalls davon überzeugt, daß es ihm gelang, die absolute Herrschaft über die deutsche Jugend zu erlangen. Das einzige, was mir im gegenwärtigen Stadium wesentlich zu sein scheint, ist, ob Sie uns einen unmittelbaren Beweis dafür liefern können, daß der Angeklagte Schirach an den aggressiven Zielen der Reichsführer oder an irgendwelchen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit teilnahm. Falls Sie uns diesen Beweis nicht liefern können, nützt uns Ihr Vortrag in diesem Verfahrensabschnitt wirklich nichts.

HAUPTMANN SPRECHER: Ich werde sogleich auf die Militarisierung der Jugend zu sprechen kommen. Im Augenblick wollte ich nur kurz auf die Beziehungen zwischen der Hitlerjugend und dem Verein für das Deutschtum im Ausland hinweisen, falls dies den Herren Richtern genehm ist.

VORSITZENDER: Gut, das könnte etwas mit den aggressiven Zielen der Reichsführer zu tun haben.


HAUPTMANN SPRECHER: Schirach dehnte den Einfluß der Hitlerjugend auch über die Grenzen Deutschlands hinaus durch eine Zusammenarbeit der Hitlerjugend mit dem Verein für das Deutschtum im Ausland, dem VDA, aus. Dies ergibt sich aus einem Abkommen zwischen Schirach und Führern des VDA im Jahre 1933. Es ist Dokument L-360(h), Dokumentenbuch Seite 3, und wird als Beweisstück US-671 eingereicht.

[328] Schirach streift in seinem Buch »Die Hitler-Jugend« unter der Kapitelüberschrift »Auslandsarbeit«, Kapitel 4 des Buches, Seite 34 bis 38 im Dokumentenbuch, die Beschäftigung der Hitlerjugend mit solchen Nazi-Ideen wie etwa Lebensraum, Kolonialpolitik als weltanschauliche Waffe.

Ich möchte daraus nichts verlesen; denn in gewissem Umfange bezieht es sich auch...


VORSITZENDER: War von »Lebensraum« die Rede?


HAUPTMANN SPRECHER: Das Wort »Lebensraum« wird tatsächlich gebraucht. Auf Seite 36 des Dokumentenbuchs ist die Rede von dem »Ostraum«...


VORSITZENDER: Ich dachte, Sie befaßten sich mit Dokument L-360, Seite 3?


HAUPTMANN SPRECHER: Ich bedaure, ich bin bereits weitergegangen und spreche jetzt über Schirachs Buch, Dokument 1458-PS. Ich hatte gerade erwähnt, daß auf den Seiten 34 bis 38 des Dokumentenbuchs Verschiedenes über die Nazi-Ideen der Kolonialpolitik und des »Lebensraumes« gesagt ist, und daß dieses Buch von Schirach erkennen läßt, daß die Hitlerjugend die Aufgabe hatte, diese Ideen zu verbreiten.

Er gebraucht das Wort »Ostraum«, wenn er vom Lebensraum im Osten spricht; dann behandelt er die Jugendorganisationen im Ausland und die deutschen Schulen in diesen Ländern. Ich möchte hier besonders auf den folgenden Satz auf Seite 37 hinweisen:

»Es wird bei dieser Schulung darauf Bedacht genommen, daß die Grundlinie der deutschen Bevölkerungspolitik, die auf die Auswertung des Ostraumes hinzielt, nicht verletzt wird.«

Die Verschwörer arbeiteten energisch an dem Fortbestand ihres Werkes, indem sie Nachfolger für die Naziführung aussuchten und ausbildeten und aktive Nazis als einfache Mitglieder für die NSDAP und ihre Gliederungen, einschließlich der hier als verbrecherische Organisationen angeklagten SA und SS, aussuchten, ausbildeten und zu gewinnen trachteten.

Eine Reihe von der Parteikanzlei erlassener Befehle unter der Überschrift »Nachwuchsfragen« zeigen die überragende Rolle, die Schirach und seine Hitlerjugend auf diesem Gebiet spielten. Unser Dokument 3348-PS, eine Auslese aus Band I der »Verfügungen, Anordnungen, Bekanntgaben« der Parteikanzlei, das bereits als Beweisstück US-410 vorgelegt wurde, enthält einige der Befehle, die ich jetzt nicht verlesen will. Sie sind jedoch alle auf einer Seite, Seite 113 des Dokumentenbuchs, abgedruckt.

Nur solche Mitglieder der Hitlerjugend, die sich bewährt hatten, sollten in die Partei aufgenommen werden. Nazi-Führer waren angewiesen, hauptberufliche Hitlerjugendführer in ihre Stäbe aufzunehmen, [329] um ihnen Gelegenheit zur praktischen Erfahrung zu geben und dadurch die notwendigen Nachfolger für das Korps der Politischen Leiter, das ebenfalls als verbrecherische Organisation angeklagt ist, sicherzustellen. Wie außerordentlich wichtig diese Aufgaben der Hitlerjugend für die Beherrschung des deutschen Lebens durch die Partei waren, ist ebenfalls ersichtlich aus Seite 80 und 81 des Parteiorganisationsbuchs von 1938, Beweisstück US-430, Seite 74 des Dokumentenbuchs.

VORSITZENDER: Bezieht sich diese letzte Seite, Seite 113, auf einen der Punkte, auf die ich Sie aufmerksam gemacht habe? Sie sprechen nur von der Organisation der Jugend; das hat mit irgendwelchen verbrecherischen Zielen nichts zu tun.

HAUPTMANN SPRECHER: Die Anklagebehörde steht unbedingt auf dem Standpunkt, Herr Vorsitzender, daß jemand, der aktiv mitgewirkt hat, diesen verbrecherischen Organisationen junge Mitglieder zuzuführen, ein Verbrechen begangen hat.


VORSITZENDER: Das verstehe ich vollkommen. Aus diesem Grunde habe ich Ihnen gesagt, daß wir nach Ihren bisherigen Ausführungen davon überzeugt sind, daß er sich die uneingeschränkte Herrschaft über die deutsche Jugend verschafft hatte und ihr Führer war. Das einzige, worüber wir jetzt etwas hören wollen, ist, ob er an den Plänen für Angriffskriege, an Kriegsverbrechen oder an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt war. Das wollen wir hören und sonst nichts.


HAUPTMANN SPRECHER: Ich möchte dann zu der Verbindung der Hitlerjugend mit der SS übergehen. Dokument 2396-PS, Seite 69 des Dokumentenbuchs, das als Beweisstück US-673 vorliegt, enthält eine Ausführung über den Streifendienst der Hitlerjugend. Der Streifendienst ist eine Art eigener Polizeiorganisation der Hitlerjugend. Die Stelle, die ich verlesen möchte, wird zeigen, daß diese Organisation in erster Linie den Nachwuchs für die SS stellte.

Sind die Herren Richter daran interessiert, daß ich diesen Auszug über die Hitlerjugend als Hauptquelle für den Nachwuchs der SS verlese?


VORSITZENDER: Ja vielleicht, ich habe es nicht gelesen.


HAUPTMANN SPRECHER: Dieses Dokument ist ein Abkommen zwischen Schirach und Himmler. Es wurde im Oktober 1938 abgeschlossen und sollte, glaube ich, zum Teil verlesen werden.

»Aufbau des Streifendienstes.

1. Da der Streifendienst in der Hitlerjugend ähnliche Aufgaben durchzuführen hat wie die SS für die gesamte Bewegung, wird er als Sondereinheit zur Sicherstellung des Nachwuchses für die allgemeine SS aufgebaut, doch soll auch möglichst der Nachwuchs für die SS-Verfügungstruppe,[330] SS-Totenkopfverbände und Junkerschulen aus diesen Formationen genommen werden.«

Ich springe jetzt zu Absatz 4a über, der in Ihrem Buch rot unterstrichen ist:

»Die Auswahl der Streifendienstangehörigen ge schieht nach den Grundsätzen für die rassische Auswahl der Schutzstaffel; die zuständigen Stellen der Schutzstaffel, in erster Linie Einheitsführer, Rassereferenten und SS-Ärzte werden zu der Aufnahmeuntersuchung zugezogen.«

Und nun Absatz 5:

»Um von vornherein ein enges Einvernehmen zwischen der Reichsjugendführung und der Reichsführung-SS zu gewährleisten, wird ab 1. Oktober 1938 von der Reichsjugendführung ein Verbindungsführer ins SS-Hauptamt abgestellt, Die Abstellung weiterer Führer zu den SS-Oberabschnitten unterliegt einer späteren Vereinbarung.«

Dann komme ich zu dem meiner Meinung nach schlagendsten Zitat, Absatz 6:

»Nach durchgeführtem Aufbau nimmt die Schutzstaffel ihren Ersatz in erster Linie aus diesen Streifendienstgefolgschaften. Eine Aufnahme von Jugendlichen deutschen Blutes, die nicht Mitglieder der Hitlerjugend sind, ist dann nur noch nach Mitteilung und Anhören des zuständigen Bannführers möglich.«

Der erwähnte Bannführer war der örtliche Führer der Hitlerjugend; ohne seine Zustimmung konnte nach Abschluß dieses Abkommens vom Oktober 1938 künftig niemand mehr in die SS eintreten.

Das zweite Abkommen zwischen Schirach und Himmler kam im Dezember 1938 zustande. Es befindet sich in unserem Dokumentenbuch Seite 98; es ist Dokument 2567-PS und wird als US-674 vorgelegt. Darin heißt es, der Landdienst der Hitlerjugend

»ist nach Erziehungsarbeit und Zielsetzung ganz besonders als Nachwuchsorganisation für die Schutzstaffel (allgemeine SS und ihre unter den Waffen stehenden Teile; SS-Verfügungstruppen und SS-Totenkopfstandarten) geeignet.«

Das Abkommen schließt mit der Erklärung, daß Landdienstangehörige der Hitlerjugend, die den Aufnahmebestimmungen der SS genügen, nach Ausscheiden aus dem Hitlerjugend-Landdienst sofort in die allgemeine SS übernommen werden. Dies bedeutete, wie ich besonders herausstellen möchte, daß nach diesem Zeitpunkt jedes Mitglied der Hitlerjugend, das dem Landdienst angehört hatte, verpflichtet war, in die SS einzutreten.

[331] Und nun komme ich unmittelbar zu dem Punkt, über den Sie, Herr Vorsitzender, mich befragten.

Während der ganzen sechs Jahre nationalsozialistischer politischer Herrschaft in Deutschland vor dem Ausbruch des Angriffskrieges befaßte sich Schirach aktiv mit der Militarisierung der deutschen Jugend. Von Anfang an war die Hitlerjugend nach militärischen Gesichtspunkten mit Uniformen, Rangstufen und Titeln aufgebaut. Sie war organisiert und nach dem Führerprinzip in militärischer Form geführt.

Wenn die Herren Richter irgendeine Ausgabe des Organisationsbuchs zur Hand nehmen und die Tafeln, beginnend mit der Tafel 54, Blatt für Blatt durchsehen würden, so werden sie finden, welche auffälligen Abzeichen die Hitlerjugend trug, und wie ähnlich diese den regulären Militärabzeichen waren. Sie werden weiter bemerken, daß eins der Hauptabzeichen ein »S« von derselben Linienführung ist, wie es die Nazis für die SS verwendeten. Sie werden auch feststellen, daß zu der Uniform ein Dolch gehörte.

VORSITZENDER: Ist das nicht alles ein Teil dessen, was diese Leute die Nazi-Weltanschauung zu nennen beliebten? Ich meine, das Führerprinzip und die militärische Ausbildung?

HAUPTMANN SPRECHER: Es besteht vielleicht ein Zusammenhang zwischen all diesen Dingen und dem Führerprinzip, weil das Führerprinzip das gesamte deutsche Leben absolut beherrschte. Wenn ich Ihnen, meine Herren Richter, an Hand dieses Anschauungsmaterials die Ähnlichkeit der Uniform der Hitlerjugend mit militärischen Umformen aufzeige, so hat dies meines Erachtens einiges mit der Vorbereitung von Angriffskriegen zu tun, die ich sofort noch weiter erörtern werde.

Dokument 2654-PS, Seite 102 des Dokumentenbuchs, ist ein ganzes Buch, das sich ausschließlich mit dem Aufbau und den Abzeichen der Hitlerjugend befaßt. Der Gerichtshof wird daraus ersehen, wie die Hitlerjugend in Abteilungen oder Divisionen eingeteilt war, die militärischen Divisionen sehr ähnlich waren. Dieses Dokument wird als Beweisstück US-675 vorgelegt. Ich will mich nicht weiter mit ihm beschäftigen.

Im Februar 1938, als die Verschwörer die Tarnung, mit der sie ihre anfänglichen Kriegsvorbereitungen auf militärischem Gebiet umgeben hatten, schon teilweise hatten fallen lassen, sprach Hitler in einer Rede über die militärische Ausbildung der Hitlerjugend; die Rede ist im »Völkischen Beobachter« vom 21. Februar 1938 abgedruckt. Dies ist Dokument 2454-PS, US-676, und befindet sich auf Seite 97 des Dokumentenbuchs.

Hitler sagte bei dieser Gelegenheit, daß Tausende deutscher Jungen eine Spezialausbildung in Marine-, Segelflug- und Motorgruppen der Hitlerjugend erhalten hätten, und daß über siebentausend [332] Schießwarte über eine Million Hitlerjungen im Kleinkaliberschießen unterwiesen hätten. Dies war im Februar 1938, kurz vor dem Anschluß. Achten Sie bitte auf den Fortschritt der militärischen Ausbildung innerhalb der Hitlerjugend zwischen diesem Zeitpunkt und August 1939, gerade einen Monat vor dem Einmarsch in Polen.

Zu dieser Zeit trafen der Angeklagte Schirach und der Angeklagte Keitel als Chef des Oberkommandos eine weitere jener kennzeichnenden Vereinbarungen, wie sie viele dieser Angeklagten gern unter sich abschlossen. Dies ist Dokument 2398-PS, US-677, Seite 72 des Dokumentenbuchs; es ist dem »Archiv« entnommen. In dem Vorwort zu dem eigentlichen Abkommen wird erklärt, daß dieses Abkommen »das Ergebnis der engen Zusammenarbeit« zwischen Schirach und Keitel war. Das Abkommen selbst lautet auszugsweise wie folgt:

»Während es ausschließlich Aufgabe der HJ ist, die Durchbildung ihrer Einheiten in dieser Richtung auszuführen, ist es im Sinne einer einheitlichen und einer den Erfordernissen der Wehrmacht entsprechenden Ausbildungsform zweckmäßig, die Führerschaft der HJ durch besondere Lehrgänge für ihre verantwortliche Tätigkeit als Ausbilder und Erzieher auf allen Gebieten der Wehrertüchtigung zu unterstützen.«

Und dann ziemlich am Ende werden Sie folgende Stelle in dem Abkommen finden:

»Eine große Anzahl von Lehrgängen ist im Gange.«

Herr Vorsitzender, wenn Sie mir nur noch fünf Minuten Zeit lassen, so kann ich diesen einen Teil des Themas ›Angriffskrieg‹ abschließen.

VORSITZENDER: Sehr gut.

HAUPTMANN SPRECHER: Während Hitler im Februar 1938 erwähnte, daß 7000 Hitlerjugendführer deutsche Jungens im Kleinkaliberschießen unterwiesen, stellten Schirach und Keitel in ihrem Abkommen vom August 1939 folgendes fest;

»... 30000 HJ-Führer werden jährlich bereits im Geländedienst ausgebildet. Die Vereinbarung mit der Wehrmacht gibt die Möglichkeit, diese Zahl etwa zu verdoppeln. Die Unterbringung und Verpflegung der HJ-Führer geschieht nach den bereits vorliegenden Ausführungsbestimmungen in den Kasernen, Übungsplätzen usw. der Wehrmacht zu einem Tagessatz von 25 Pfennig.«

Genau so, wie Schirach mit dem Chef der SS verhandelte, um eifrige Rekruten für das organisierte Banditentum und die Begehung von Greueltaten zu gewinnen, so traf er mit dem Oberkommando der Wehrmacht Vereinbarungen über die Bereitstellung von jungen Männern als Kanonenfutter für den Angriffskrieg.

[333] Die Ausbildung der deutschen Jugend läuft wie ein roter Faden durch die ganze Nazi-Verschwörung. Sie ist eine der Offenbarungen des Nazismus, die die ganze zivilisierte Welt erschüttert hat. Die Hauptverantwortlichkeit für die Planung und Ausführung der Nazi-Jugendpolitik fällt auf diesen Angeklagten.

Ich möchte nur einen Satz aus seiner eigenen eidesstattlichen Erklärung zitieren, Absatz 5 des Dokuments 3302-PS; damit wird in der Tat weder vor diesem Gerichtshof noch vor der ganzen Welt ein Zweifel bestehen, wie der Angeklagte selbst über seine Verantwortlichkeit denkt:

»Für die Politik der Jugendbewegung in der Partei und später im Reichsgebiet fühle ich mich verantwortlich.«

Ich unterstreiche den Satz:

»Ich fühle mich verantwortlich.«

Ich glaube, Herr Vorsitzender, daß wir hier abbrechen sollten, bevor wir zu Schirachs Teilnahme an den Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommen.

VORSITZENDER: Sehr gut.


[Das Gericht vertagt sich bis

16. Januar, 10.00 Uhr.]


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 5, S. 296-335.
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