Angriffsvorbereitung.

[208] In »Mein Kampf« hatte Hitler diese Gesichtspunkte ganz klar herausgestellt. Man muß sich daran erinnern, daß »Mein Kampf« nicht ein privates Tagebuch, in dem Hitler seine geheimen Gedanken niedergelegt hatte, blieb. Es wurde vielmehr sein Inhalt von den Dächern geschrien. Es wurde in den Schulen und Universitäten, in der Hitlerjugend, in der SS und in der SA und vom ganzen deutschen Volk gelesen. Ein Exemplar wurde sogar den Ehepaaren bei der Trauung überreicht. Im Jahre 1945 waren bereits über 6,5 Millionen Exemplare verbreitet. Der allgemeine Inhalt ist wohl bekannt. Immer und immer wieder unterstreicht Hitler darin seinen Glauben an die Notwendigkeit der Gewalt als Mittel zur Lösung internationaler Probleme, wie z.B. in dem nachfolgenden Zitat:

»So wie unsere Vorfahren den Boden, auf dem wir heute leben, nicht vom Himmel geschenkt erhielten, sondern durch Lebenseinsatz erkämpfen mußten, so wird auch uns in Zukunft den Boden und damit das Leben für unser Volk keine völkische Gnade zuweisen, sondern nur die Gewalt eines siegreichen Schwertes.«1

»Mein Kampf« enthält zahlreiche derartige Stellen und die Gewalt wird offen als Instrument der Außenpolitik gepriesen. Die genauen Ziele dieser Gewaltpolitik sind gleichfalls in allen Einzelheiten dargelegt. Die allererste Seite des Buches enthält die Erklärung, daß

»... Deutschösterreich wieder zum großen deutschen Mutterlande zurück müsse, und zwar nicht aus irgendwelchen wirtschaftlichen Erwägungen heraus, sondern mit der Begründung, daß gleiches Blut in ein gemeinsames Reich gehöre...«2

Die Wiederherstellung der deutschen Grenzen von 1914 wird als völlig unzureichend erklärt und, wenn Deutschland überhaupt existenzfähig bleiben wolle, so müsse es eine Weltmacht mit notwendiger territorialer Größe sein.

»Mein Kampf« wird sogar besonders deutlich bei der Erklärung darüber, wo dieser Gebietszuwachs zu finden sei:

[208] »Damit ziehen wir Nationalsozialisten bewußt einen Strich unter die außenpolitische Richtung unserer Vorkriegszeit... Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach dem Süden und Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten. Wir schließen endlich ab die Kolonial- und Handelspolitik der Vorkriegszeit und gehen über zur Bodenpolitik der Zukunft. Wenn wir aber heute in Europa von neuem Grund und Boden reden, können wir in erster Linie nur an Rußland und die ihm Untertanen Randstaaten denken.«3

»Mein Kampf« ist nicht lediglich als eine literarische Übung zu betrachten, ebensowenig enthält es Richtlinien als starre Politik oder einen unabänderlichen Plan. Seine Wichtigkeit liegt in der unmißverständlich aggressiven Haltung, die aus jeder Seite spricht.


1 Zentralverlag Eher 1934, 112.-113. Auflage. S. 741

2 Zentralverlag Eher 1934, 112.-113. Auflage. S. 2

3 Zentralverlag Eher 1934, 112.-113. Auflage. S. 743


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 208-209.
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