Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Kriegsverbrechen und Verbrechen

gegen die Menschlichkeit.

[366] Am 18. Oktober 1942 erließ Hitler den Kommandobefehl und einen Tag später eine zusätzliche Erklärung, die nur an Kommandeure gerichtet war. Das Begleitschreiben wurde von Jodl unterzeichnet. Vorentwürfe dieses Befehls wurden von dem Stabe Jodls mit seinem Wissen hergestellt. Jodl sagte aus, daß er aus moralischen und rechtlichen Gründen stark dagegen eingestellt gewesen sei, aber er habe die Weiterleitung nicht verweigern können. Er besteht darauf, daß er versucht habe, die Härte des Befehls in der Praxis dadurch zu mildern, daß er Hitler nicht mitteilte, wenn er nicht ausgeführt wurde. Er zeichnete das Schreiben des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) vom 25. Juni 1944 ab, mit welchem nach den Landungen in der Normandie der Befehl bestätigt wurde.

Ein Plan zur Beseitigung der Sowjet-Kommissare war in der Weisung für den »Fall Barbarossa« enthalten. Die Entscheidung, ob sie ohne Gerichtsverfahren getötet werden sollten, war von einem Offizier zu treffen. Ein Entwurf, der Jodls Handschrift enthält, schlägt vor, daß dies als Vergeltungsmaßnahme behandelt werde, und er sagte aus, daß dies sein Versuch gewesen sei, den Plan zu umgehen.

Als Hitler im Jahre 1945 die Kündigung der Genfer Konvention in Erwägung zog, vertrat Jodl die Auffassung, daß die Nachteile eines solchen Schrittes größer seien als seine Vorteile. Am 21. Februar sagte er Hitler, daß das Festhalten an dieser Konvention auf [366] die Kriegsführung keine störende Wirkung haben würde und führte als Beispiel die Versenkung eines britischen Lazarettschiffes als Vergeltungsmaßnahme an, die dann als Versehen zu bezeichnen wäre. Er sagte, daß er sich so verhalten habe, weil dies die einzige Haltung war, die Hitler in Erwägung ziehen würde, und daß moralische oder rechtliche Gründe wirkungslos gewesen seien. Er stellt sich auf den Standpunkt, daß er auf diese Weise Hitler an der Kündigung der Konvention verhindert habe. Es gibt wenige Anhaltspunkte dafür, daß sich Jodl mit dem Zwangsarbeitsprogramm befaßte, und er scheint sich auf seine Funktion – die strategische Planung – konzentriert zu haben. Jedoch sagte er in seiner Ansprache vom 7. November 1943 an die Gauleiter, daß es erforderlich sei, »mit rücksichtsloser Energie und Härte« in Dänemark, Frankreich und in den Niederlanden vorzugehen, um durchzudrücken, daß die Arbeit an dem Atlantik-Wall ausgeführt werde.

Am 28. Oktober 1944 befahl Jodl durch Fernschreiben die Evakuierung aller Personen aus Nord-Norwegen und die Niederbrennung ihrer Häuser, damit sie den Russen keine Hilfe gewähren könnten. Jodl erklärt, daß er dagegen war, daß Hitler es aber befohlen hätte und daß der Befehl nicht vollkommen durchgeführt worden sei. Eine Urkunde der norwegischen Regierung besagt, daß eine derartige Räumung tatsächlich in Nord-Norwegen stattfand, und daß 30000 Häuser beschädigt wurden. Am 7. Oktober 1941 unterschrieb Jodl einen Befehl, in dem es hieß, daß Hitler kein Übergabeangebot Leningrads oder Moskaus annehmen werde, sondern im Gegenteil darauf bestehe, daß diese Städte vollständig zerstört würden. Er erklärt, daß dies geschehen sei, weil die Deutschen fürchteten, diese Städte würden von den Russen genau so unterminiert werden wie Kiew. Eine Übergabe ist überdies niemals angeboten worden.

Seine Verteidigung, in kurzem genommen, besteht in der Lehre von dem »Befehl des Vorgesetzten«, die durch Artikel 8 des Statuts als Verteidigung ausgeschlossen ist. Es sind keine mildernden Umstände vorhanden. Die Teilnahme an Verbrechen dieser Art ist noch nie von einem Soldaten verlangt worden, und er kann sich jetzt nicht hinter einer mythischen Forderung nach militärischem Gehorsam um jeden Preis als Entschuldigung für diese Verbrechen verbergen.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 366-367.
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