4. Der jüdische Gesandte Alfonsos VI., Ibn-Schalbib oder Amram ben Isaak.

[360] Die arabischen Chronographen berichten von der Gesandtschaft eines Juden von seiten Alfonsos von Kastilien an den Hof des Abbadiden Almutamed, der wegen seines schroffen Auftretens ums Leben gekommen ist. Ausführlich [360] Ibnu'l Lebbanah (bei Gayangos, History of the mahometan in Spain II. 252). Almutamed continued to reign in prosperity until the year 475 (1082). In that year the Jew Ibn-Shalib came to Seville with a number of Christian knights, for the purpose of receiving the yearly tribute. – The Jew and his suite alighted at one of the gates of the city, whither, after they had made known the object of their visit, the sultan immediately sent them the money required. by one of the high officers of his court. The Jew, however, refused to receive it saying: »I will not take this money, I will take nothing but pure gold, but next year we will not be satisfied with any thing short of the whole wealth of the country; return it to him.« The money was accordingly returned to Almutamed, who was no sooner acquainted with the Jew's insolent speech, than he ordered some of his guards to drag the Jew and his suite to his presence. – His commands being executed, and the Christians brought before him, Almutamed ordered that the Jew should be nailed to a stake, and his companions sent to prison. When the accursed Jew heard his sentence pronounced, he said to Almutamed: »Thou wilt not do this, for I will redeem myself with the weight in gold.« To which Almutamed replied: »By Allah! wert thou to give me possession of Africa and Andalus, I would not take it.« The Jew was accordingly nailed to a stake (and the Christians of his suite sent to prison). Dieselbe Nachricht hat auch Nowaïr (bei Dozy, Historia Abbadidarum II, 133); nur nennt er den jüdischen Gesandten statt ben Schalib ביבלש. Auch der ältere arabische Historiker Ibn u'l-Katib erzählt die Geschichte in einem erhaltenen Fragment bei Dozy (a.a.O. II. 148). Obwohl der Name in demselben nicht angegeben ist, so geht aus einem Passus hervor, daß derselbe Jude war, weil er von »dem obengedachten« Juden (רוכדמלא ידוהילא) spricht (wie Dozy das. Note 90 bemerkt).

Dasselbe Faktum von der Gesandtschaft des Schalib oder Schalbib an Almutamed, von seinem schroffen Auftreten und seinem gewaltsamen Tod infolge desselben liegt sicherlich einem anderen Berichte bei Almakkari (bei Gayangos a.a.O. S. 271) zugrunde, obwohl die Umstände hier anders erzählt werden. Anstatt der Geldforderung habe der jüdische Gesandte Alfonsos darauf bestanden, daß für dessen Gemahlin die Moschee in Az-Zahra (bei Cordova) eingeräumt werde. Gayangos' Übersetzung lautet: His (Alfonso's) physicians and priests advised him to procure a residence for his wife at Az-zahra. in order that she might visit the mosque of Cordova every day until the time of her. ... The bearer of the message (to Almutamed) was a Jew, who was one of Alfonso's ministers, as may be presumed. – Almutamed indignantly refused to grant his indecent request. The Jew insisted, but the king of Sevilla replied, that he would never consent to it. Again the Jew repeated his demand a third time treating Almutamed in a very indecorous manner and using language, which that spirited monarch could not well breach, upon which, being unable to bear his impudence any longer, he seized inkstand, which was close by him and hurled it at the head of the Jew. The missile was aimed with such dexterily – that it lodged in the skull of the Jew, whose brain fell down his throat. After this Almutamed ordered that the Jew should be nailed to a post, with his head downwards, at the entrance of the bridge of Cordova, which was done as he commanded.

[361] Daß Alfonso zu zwei verschiedenen Zeiten einen jüdischen Gesandten an Almutamed beordert haben soll, und daß beide wegen insolenter Sprache getötet worden wären, ist ganz undenkbar. Es ist in allen Berichten von einem und demselben die Rede. Die Tatsache von dem schroffen Benehmen des jüdischen Gesandten ist den spanischen Arabern denkwürdig geblieben, weil sich daran der Bruch zwischen Alfonso und Almutamed, die Einladung des marokkanischen Eroberers nach Spanien und der endliche Untergang der echtarabischen Dynasten knüpften.

Aus allen diesen Quellen geht hervor, daß der Hauptgesandte Alfonsos der Jude Ibn-Schalib oder Schalbib war, und daß die Christen ihm nur als Gefolge beigegeben waren. Ungenau ist daher die Nachricht bei Condé, Historia de la dominación II, 13) und nach demselben bei neueren Historikern (Aschbach, Geschichte Spaniens I, 766), daß der Jude Aben-Galib (sic!) eine Nebenperson neben den christlichen Gesandten gewesen: Cuentase que en este tiempo como hubiese enviado el rey Alfonso un embajador a Sevilla y un Judio, su tesorero llamado Aben-Galib que era muy principal y privado suyo. Entweder war Condés Quelle darüber schlecht unterrichtet oder der Übersetzer hat die Stelle schlecht wiedergegeben. Hingegen setzt Condés Quelle dieses Faktum richtig nach der Einnahme von Toledo durch Alfonso, d.h. nach dem 25. Mai 1085; denn bis dahin stand Alfonso nicht nur in engem Bündnisse mit Almutamed, sondern es lag ihm daran, es so lange zu behaupten, bis sein Anschlag auf Toledo gelungen sein werde. Falsch ist daher das Faktum bei Ibn u'l Lebbanah ins Jahr 475 der Hedschra = 1082 gesetzt. Das Datum für die Tatsache der Gesandtschaft liegt zwischen der Einnahme Toledos Mai 1085 und Jussuffs Invasion in Spanien, August 1086.

Dasselbe Faktum von dem Auftreten des jüdischen Gesandten, von seinem Tode und von den Folgen desselben, dem Anschluß des Königs von Sevilla an Jussuff erzählt auch Leo Africanus (aus einer arabischen Quelle); nur nennt er den jüdischen Gesandten nicht Ibn-Schalib, sondern Amram ben Isaak. Die Relation lautet: Emram filius Isaac, natus est in civitate Toleti Hispaniae, medicus, philosophus, astronomus extitit. et suo tempore rex Hispaniae cepit dictam civitatem et oportebat eum habere secretarium linguae arabae duabus de causis, tum propter terrae populum, tum etiam propter scripturam literarum ad Dominos et vicinos regionis illius. Adeoque iste Hemram magnam ejus magistratus diligentiam ostendit. Rex autem cum eum vidisset, plurima ei commendavit et fidit. Postea accidit quod rex destinare volebat oratorem ad Dominum Siviliae, causa recuperandi quaedam tributa eoque delegavit dictum Hemram – supradictus Hemram magna praesumtione usus, inhoneste locutus est contra Dominum in concilio publico, et sic iratus est contra Hemram et jussit (eum) publico concilio interfici. Cum autem hoc intellexisset rex Hispaniae, decrevit venire in Siviliam, ut Dominum puniret et pejorem et potiorem poenam adhiberet. Quod cum praesensisset praefatus dominus, cucurrit ad Gebiltar et ante pedes Juseph filii Thefin (Thesfin), regis Marochi, prostratus, factum oratoris Judaei accensuit. – Fuit autem interfectus Hemram anno 387. (Leo Africanus bei Fabricius, Bibliotheca graeca T. XIII. c. 27 p. 295). Obwohl hier weder der Name des spanischen Königs, noch der des Herrn (Emir) von Sevilla genannt ist, so ist doch offenbar von dem Könige, der Toledo eingenommen hat, also von Alfonso VI. und [362] demgemäß von dem Abbadiden Almutamed von Sevilla die Rede. Die Identität der Tatsache beweist also die Identität von Ibn-Schalbib und Emram oder Hemram (Amram) filius Isaaci. Das Datum ist aber sicherlich falsch, da weder Alfonso VI., noch Jussuff um diese Zeit gelebt. Es muß dafür gesetzt werden 479 = 1086. Im ganzen zeigt die Quelle historisch Authentisches. Wir erfahren also daraus Näheres über den Gesandten Alfonsos.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1896], Band 6, S. 360-363.
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