II.

[357] Aus diesen festen Daten lassen sich noch andere ermitteln. Das feurige Loblied des Dichters Joseph ben Chasdaï, genannt המותי (bei Dukes. Nachal [357] Kedumim p. 17) auf Samuel Nagid erwähnt auch dessen Sohn mit Lob und zwar, daß er, obwohl noch zarter Knabe und erst mit der Mischnah beschäftigt, doch schon tiefe Weisheit bekunde:


המצעו הלדג הבהא לכ ילע ףסוהי תרופ ןבל יתבהאו

המותס לכ חנעפ תנפצו םיעושעש דליו הירא רוגל

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

.המולעת ראבמ ךר םלעו הנשמב עשעשמ םינש ריעצ


Joseph stand also damals in dem Lebensalter, wo man die Mischnah zu lernen pflegte, d.h. zwischen dem zehnten und fünfzehnten Jahre: הנשמל םינש רשע ןב; mit dem fünfzehnten Jahre wurden die Jünglinge in den Talmud eingeführt. Diese schöne Kasside wurde demnach 1041-45 gedichtet. Um diese Zeit lebte also noch der Dichter Joseph ben Chasdaï. Wenn nun Jona Ibn-G'anach in seinem Rikmah Joseph als einen Verstorbenen erwähnt, so ist dieses grammatische Werk später abgefaßt: תובר םינש רחא הבטרקמ ונילא אבש עריאו ןדע וחונ יאדסח ןב ףסוי (רמע) ובא (Rikmah p. 189). Ferner ist das Rikmah noch vor dem Ableben Samuels geschrieben; denn der Verfasser spricht unglimpflich von ihm, was er sonst nicht getan haben würde, also vor 1055. Man kann demnach die Abfassungszeit des Rikmah 1050-55 setzen. Da sich nun Ibn-G'anach bei Abfassung desselben im heranziehenden Greisenalter fühlte: היהו הילע ונפקשה רשא הנקזה תעל רזעל יל תויהלו החכשה םא ןוטלפא ותוא ארוק (Einl. p. XI.), so mag er damals ein Sechziger gewesen sein. Er war demnach 990-95 geboren, d.h. war ein Altersgenosse des Samuel Nagid, seines Gegners.

Bachja zitiert in seinem תובבלה תובוח bereits Ibn-Ganachs grammatische und lexikalische Schriften: אצוי ונניא ראבלו שרפל (םינומדקה) ונוכש המ לכ יכ יתיארו םיאיבנהו הרותה רפס שרפל םהמ דחאה ;םינינע השלשמ דחאמ השעש ומכ םינינעהו תולמה שוריפ ראבל וא םיכרד ינש לע הזו לכל שומשהו קודקדהו ןושלה ינינע ראבל וא – ל"ז הידעס וניבר חנאג ןב ירפסכ ויתולמ ןקתלו וידדצו וירבע (ed. Jellinek p. 6): Bachja spricht an dieser Stelle offenbar von Ibn-G'anachs bedeutendstem Werke, von חיקנתלא באתכ, welches das grammatische Gebiet (עמללא = המקר) und den lexikalischen Stoff (לוצאלא = םישרש) umfaßte. Bachja verfaßte demnach sein Chabot nach 1050, aber wohl noch beim Leben Ibn-G'anachs, da er bei Nennung seines Namens nicht ל"ז hinzugefügt, also um 1050-1070. Nicht ganz genau ist die Angabe des Karäers Daniel, daß Bachja es 1040 verfaßt habe (Orient, Jahrg. 1851 col. 737) 'ס) ורבחש רבחמהו

.(ת"ת 'ד) ת"רש תנשב אנד תמדקמ (תובבלה תובוח

Aus dem vorangegangenen lassen sich auch die biographischen Momente des Dichters und Philosophen Ibn-G'ebirol genauer, als es bisher geschehen ist, ermitteln. Sein Todesjahr hat Mose Ibn-Esra (in seiner Poetik) nur annähernd angegeben, daß er im Anfang des achten Jahrhunderts (d.h. nach unserer Sprechweise des neunten Jahrhunderts im fünften Jahrtausend) zu Gott eingegangen sei: אציא רצתחא הרבח אהבו היסנלבב הנמאתלא היאמלא רדצ יפ – הלל (Munk, Mélanges p. 517).8 In dem Auszuge Abraham [358] Zakutos aus dieser Poetik (o. S. 331) scheinen die Worte ל"תת תנשב אייסנלבב רבקנו sein Zusatz zu sein. Sicher ist nur, daß er 1060 noch gedichtet hat, wie das Datum eines liturgischen Stückes ergibt (bei Munk das. S. 156). Nehmen wir auch dieses Jahr als Sterbejahr an, so kann die fernere Notiz M. Ibn-Esras nicht richtig sein, daß er nur über dreißig Jahre alt geworden: ןיתלתלא ילע ימרא דק ןאכו (bei Munk das.). Denn dann wäre er höchstens im Jahre 1030 geboren; es wird sich aber zeigen, daß er noch vor 1030 und zwar mit reifer Kunstfertigkeit gedichtet hat. Munk setzt sein Geburtsjahr um 1025, was auch nicht ganz zutrifft.

Soviel ist nur aus Mose Ibn-Esras Schilderung festzuhalten, daß Ibn-G'ebirol in der Blüte seiner Jahre starb; er bezeichnet ihn öfter als יתפ, als Jüngling, und bemerkt, daß der Weise seine Fehler wegen seiner Jugend und der Verblendung des unreifen Alters entschuldigen wird: היאמעו הותפלא רדע אהיפ טסבי םלאעלא אבצלא (bei Munk das.). Um nun zu einem sicheren Resultate zu gelangen, muß das Todesjahr des von Ibn-G'ebirol verherrlichten und betrauerten Alhassan Jekutiel fixiert werden. Er wurde nicht, wie die neueren Historiker annehmen, im Jahre 1040, sondern ein Jahr vorher hingerichtet. Das sagt ein Vers in Ibn-G'ebirols Elegie auf ihn deutlich:


.ורענ וירחא םיערמ ידיב ריבג רש עשתו םיעשת תנש לפנ


Ein Jahr darauf ereilte seine Feinde die Nemesis:


ורשי דואמ וקדצ יטפשמ יכ בקעי יהלא םש םלועל לדגי

וינפל החוש רשא םויב התיה ת"ת תנש םתדוקפ תת םוי .ורכ


Auch der Monat von Jekutiels tragischem Geschick ist in dieser Elegie angegeben:


.ורבע םגו ךיללצ וטנ סנל היה רשא ןסינ ךל ךפהנ


Demnach wurde Jetutiel Nissan 4799 = April 1039 hingerichtet.

Ibn-G'ebirol dichtete noch beim Leben Jekutiels ein Lobgedicht auf denselben, als der Dichter 17 Jahre alt war (bei Dukes, המלש יריש No. 8):


וסכר הדוהי ןב המלש ימ ןבו הז אוה ימל ולאשת םאו (rekhaso)

– – ובבל (לאיתוקי) רשה ךל רבה רשא

,וסירסמ דבעל רכמנ תעב הערפל הנשמ ימי וינש םאו


d.h. er war damals eben so alt wie Joseph, als er nach Ägypten verkauft wurde = 17 Jahre. Dieses Gedicht ist also vor 1039 verfaßt. Nehmen wir an, daß es im Jahre 1038 war, so wäre der Dichter 1021 geboren. Viel früher dürfen wir sein Geburtsjahr nicht setzen; denn da er im Jahre 1069 noch gelebt hat, so wurde er jedenfalls 48 Jahre alt. Hätte er die Fünfzig überschritten, so hätte ihn M. Ibn-Esra nicht als jung verstorben schildern können. Folglich ist Ibn-G'ebirols Geburtsjahr um 1020-1021 anzusetzen, nicht früher und nicht später. Ebensowenig darf man sein Todesjahr später als 1069-1070 ansetzen. Setzt man das Geburtsjahr vor 1020 oder das Todesjahr nach 1070, so müßte man annehmen, er sei über 50 Jahre alt geworden, was gegen die Voraussetzung ist. Setzt man dagegen sein Geburtsjahr nach 1021, so wäre er im Jahre 1038 noch nicht siebzehn Jahre alt gewesen.

Daß Ibn-G'ebirol mit dem Minister Samuel in freundschaftlichem Verkehr [359] stand, beweist seine Elegie auf dessen Tod (bei Dukes Schire No. 28), die in der Handschrift die Überschrift trägt: ןב המלש 'רמ דיגנה לאומש 'ר תריטפ לע לוריבג (Codex Pococke 74 Bl. 24). Saadia Ibn-Danan hat eine Notiz, woraus sich das Jahr entnehmen läßt, in welchem Ibn-G'ebirol in Granada bei Samuel war. Er berichtet nämlich, daß der erstere Zuhörer des R. Nissim war, als derselbe seine Tochter dem Sohne des Samuel zuführte: רבכו דיגנה יולה ףסוהי 'רל ותב האבוהשכ הטנארג תנידמל םיסנ 'ר אב ןב הדוהי 'ר ןב המלש 'ר היה וידימלתמו םידימלת הב דמלו לוריבג (Chemda p. 29). Das war, wie oben (S. 357) nachgewiesen, 1049-1050. Nach 1045 war der Dichter aus Saragossa ausgewiesen worden. Wir können uns also denken, daß er von dem jüdischen Fürsten in Granada gastfreundlich aufgenommen worden. Der Grammatiker Jona Ibn-G'anach scheint ebenfalls zu seinen Feinden gehört zu haben, die ihn aus Saragossa verbannt haben. Wenigstens lassen sich einige Verse in einer Satire (das. Nr. 9, S. 16, V. 12-15) nur auf Ibn-G'anach deuten:


םינומטב םלועל יאנוש ינפ שובחאו ותרישב רבגתאו

םינאמ יכ םיעמוש םניאו ןויערו בל ירירע המה רשא

םינודז דוע וברהו הב וגשו תובשחמ הב ובשח לא תדו

.םיניבו רסומ (?) יחאל השקו הקומע ירבע ןושל תנוכתמו


Es scheint eine Polemik gegen Ibn-G'anachs Manier zu sein, die Lesarten in der Bibel zu emendieren. Diese Satire scheint, wenn man die Verse (S. 16 unten und 17) berücksichtigt, Samuel gewidmet zu sein, weil darin auch seine Kunde von der hebräischen Grammatik hervorgehoben wird:


השודקה תד ןושל לעב אוהו

.םינשי הב שדחו היצולח ץלחו הירגח חתפ אוהו


Die letzten neun Verse, die in dem Kodex an der Seite stehen, passen aber nicht auf Samuel, weil es darin heißt, er habe seine Größe ererbt:


.םינבל ותירחאל םושירויו ויתובאמ ויתולעמ שריו


Vielleicht sollte dieser Zusatz Joseph Nagid gelten.

Das Resultat dieser Untersuchung wäre demnach:

Samuel Ibn-Nagrela geb. 993 st. 1055.

Joseph Ibn-Nagrela geb. 1031 st. 1066.

Joseph ben Chasdaï dichtete 1041-1045.

Jona Ibn-G'anach geb. 990-995, schrieb sein Hauptwerk 1050-1055.

Bachja verfaßte sein Chobot ha-Lebabot nach 1050.

Ibn-G'ebirol geb. 1020-1021 st. 1069-1070.

R. Nissim von Kairuan war um 1050 in Granada.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1896], Band 6, S. 357-360.
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