Ausgang des sizilischen Krieges

[247] Während Athen die neue Armee ausrüstete und entsandte, hatte sich die Lage des Nikias vor Syrakus noch weiter zu seinen Ungunsten verschlechtert. Der Versuch des Gylippos freilich, während des Winters alle sizilischen Städte zu energischem Eintreten für Syrakus zu bestimmen, hatte nur geringen Erfolg gehabt. So wenig man von Athen wissen wollte, so sehr mißtraute man, und mit vollem Recht, Syrakus, dem nach einem entscheidenden Siege die Herrschaft über die ganze Insel zufallen mußte. Agrigent, nächst Syrakus die mächtigste Stadt, lehnte alle Aufforderungen ab und wahrte streng seine Neutralität. Die übrigen Städte ließen sich indessen doch zur Stellung einiger weiterer Truppen bewegen, an deren Spitze Gylippos im Frühjahr 413 nach Syrakus zurückkehrte. Von Hermokrates, der jetzt wieder zu Ansehen gelangt war, eifrig unterstützt, forderte er die sofortige Aufnahme des Angriffs; die Zeit sei gekommen, wo Syrakus versuchen müsse, sich auch zur [247] See mit den Athenern zu messen. Er plante einen kombinierten Angriff auf das Schiffslager am Plemmyrion. Ein Teil der syrakusanischen Schiffe, 35, die in dem großen Golf westlich von der Altstadt lagen, ging mit Tagesanbruch unmittelbar gegen die Athener vor; gleichzeitig liefen die 45 übrigen aus dem Kriegshafen im Norden der Stadt aus, um das Plemmyrion von Osten anzugreifen. Die 60 hier liegenden athenischen Schiffe, die von ihrer alten Seetüchtigkeit bereits viel verloren hatten (s.S. 238), wehrten sich so gut sie konnten; aber erst als die Syrakusaner beim siegreichen Vordringen in Verwirrung gerieten, konnten sie dank der taktischen Überlegenheit, die sie noch immer besaßen, die Feinde werfen und 11 Schiffe in den Grund bohren – sie selbst hatten nur drei verloren. Währenddessen aber hatte Gylippos mit dem Landheer die Kastelle auf dem Plemmyrion überfallen und fast ohne Gegenwehr erobert; die gesamten hier angehäuften Vorräte fielen in seine Hand. Damit war die athenische Stellung unhaltbar; die Kriegsflotte und die Lastschiffe mußten in das alte Lager bei der attischen Umwallung zurückkehren. Fortan waren die Belagerer tatsächlich die Belagerten; nur mit großer Mühe, unter fortwährenden Gefechten, konnten sie sich die Fahrstraße zur See freihalten und die von Italien und Griechenland kommenden Proviantschiffe einbringen220.

In Syrakus durfte man jetzt die Hoffnung fassen, ein Ende zu machen, ehe noch die Verstärkung unter Demosthenes eingetroffen sei. Aufs neue gingen Gesandte – Korinther, Ambrakioten, Spartaner, denn zu der Wirksamkeit eines Hilfsgesuchs aus syrakusanischem Munde hatte man selbst kein Zutrauen – in die sizilischen Städte und brachten auf die Kunde von dem neuen Erfolge [248] auch ein ansehnliches Heer zusammen. Ein Teil desselben wurde allerdings auf dem Marsche durch die von Nikias instruierten Sikeler vernichtet; aber etwa 3000 Mann gelangten glücklich nach Syrakus. Auch die italischen Städte zu gewinnen gelang nicht; so schroff abweisend sich Tarent, Kroton, Lokri und die meisten kleineren Städte gegen Athen verhielten, in den Krieg sind sie nicht eingetreten. Aber wenigstens eine starke Sendung von Proviant und Kriegsmaterial haben die Syrakusaner in Unteritalien abgefangen. – Währenddessen gingen die Gefechte im Golf von Syrakus ununterbrochen weiter. Nikias versuchte, die Pfähle, welche die Syrakusaner eingerammt hatten, zu zerstören, um die Stadt von der Seeseite angreifen zu können, doch ohne größeren Erfolg. Als dann bekannt wurde, daß Demosthenes herannahe, gingen die Syrakusaner aufs neue zum Angriff vor. An Zahl waren sie mit etwa 80 Trieren den 75 der Athener kaum überlegen; aber sie hatten jetzt von den Korinthern die Neuerung übernommen, den Bug der Schiffe zu verstärken und damit gegen die feindlichen Trieren anzurennen; die feineren Schiffsmanöver, in denen die Athener Meister waren, das schnelle Umkreisen und Durchfahren durch die feindlichen Schiffe, um ihnen die Ruder abzubrechen oder im geeigneten Moment mit rascher Wendung einen Stoß in die Seite zu führen, waren ihnen durch die Enge des Raumes unmöglich gemacht. Auch verwendeten die Feinde zahlreiche kleine Kähne, welche sich zwischen die Schiffe drängten, das Ruderwerk beschädigten und die Ruderer durch Steinwürfe und Geschosse belästigten – Maßnahmen, welche auf offener See undurchführbar waren, hier aber, wo die Schiffe sich gegenseitig beengten und nicht frei manövrieren konnten, vollen Erfolg hatten. An Sorgsamkeit ließen es die Athener nicht fehlen; als Gylippos ihre Befestigungen von der Stadt und vom Olympieion aus angriff, um den Angriff der Flotte zu maskieren, gelang es ihnen doch, rechtzeitig die Schiffe zu bemannen und den Angriff abzuwehren. Zwei Tage darauf griff die feindliche Flotte von neuem an, brach dann aber nach mehrstündigem Gefecht den Kampf ab, um zur Mahlzeit ans Land zu gehen. Diesmal ließen die Athener sich täuschen; kaum waren sie gelandet, so gingen die Feinde aufs neue zum Angriff vor. In Eile, ohne gegessen [249] zu haben, und schon vom vorhergehenden Kampfe erschöpft, bestiegen die Mannschaften die Schiffe und nahmen die Schlacht auf. Diesmal wurden sie vollständig geschlagen. Nur dadurch, daß sie sich hinter eine Reihe großer Lastschiffe flüchten konnten, die Nikias vor dem athenischen Lager verankert hatte, entgingen sie der Vernichtung. Aber 7 Schiffe waren versenkt, zahlreiche schwer verletzt und von der Bemannung eine große Zahl umgekommen oder gefangen.

An der Ausnutzung ihres Sieges wurden die Syrakusaner durch die Ankunft des Demosthenes gehindert. Jetzt schien das Gleichgewicht noch einmal wiederhergestellt, ja es konnte zweifelhaft erscheinen, ob Syrakus der gewaltig verstärkten attischen Macht gewachsen sei. Demosthenes beurteilte die Situation richtig; er beschloß den ersten Schrecken auszunutzen und nicht wie Nikias im Jahre 415 die beste Zeit zu verlieren, sondern sofort zu handeln. Gelang gleich jetzt ein entscheidender Erfolg, so mochte man auf einen günstigen Ausgang hoffen; andernfalls war das Unternehmen definitiv gescheitert und mußte möglichst rasch abgebrochen werden, ehe die Feinde zum vernichtenden Schlage ausholen konnten. Er wandte sich sofort gegen den entscheidenden Punkt; man mußte versuchen, ob man jetzt, mit verdoppelter Macht, die Gegenmauer der Syrakusaner zerstören und die Absperrung der Stadt vollenden könne. Nachdem der Versuch, die Mauer durch regelrechte Angriffe mit Belagerungsmaschinen zu nehmen, gescheitert war, bereitete er alles zu einem nächtlichen Sturm – denn bei Tage durfte er nicht hoffen, daß der Überfall gelingen werde, da der Weg vom Lager auf die Höhen zu lang und zu schwierig war. Bald nach Anbruch der Nacht brach er mit dem größten Teil des Heeres auf. Das Kastell Euryelos auf den westlichen Ausläufern des Plateaus von Epipolä (s.S. 237) wurde überfallen und erstürmt; der überraschten Besatzung, die nach den Lagern des Kriegsvolkes vor der Mauer flüchtete, folgten die Athener auf dem Fuße. Auch hier hatten sie zunächst vollen Erfolg; Demosthenes warf die Lagerwache, ein Elitekorps von 600 Mann, eine andere Abteilung drang in das Lager der Syrakusaner ein. Aber bald machten sich alle Gefahren einer nächtlichen Schlacht für die Athener geltend. Die Gegner[250] sammelten sich und leisteten erfolgreichen Widerstand, die Angreifer gerieten beim raschen Vorwärtsdrängen in Verwirrung und stießen zerstreut auf geschlossene Abteilungen der Feinde. Die Vordersten stockten und wichen, von hinten drängten immer neue Scharen nach und hieben oft genug auf ihre weichenden Landsleute ein. Das trügerische Mondlicht steigerte die Unsicherheit, man konnte nicht Freund noch Feind erkennen; dazu standen auf beiden Seiten Truppen aus dem Peloponnes, die dasselbe Kriegsgeschrei erhoben. Die Syrakusaner hatten den vollen Vorteil der Defensive; sie konnten geschlossen bleiben und auf bekanntem Terrain vorwärtsdringen. So wurden die Athener schließlich an allen Stellen geworfen; in wilder Flucht ergossen sie sich über das felsige Gelände, eine leichte Beute der nachdringenden Feinde; nicht wenige, die den nächsten Weg zum Lager einschlagen wollten, fanden in den steilen Abhängen auf der Südseite des Plateaus den Untergang. So endete der Angriff mit einer vernichtenden Niederlage des athenischen Heeres (Ende Juli 413).

Nach Demosthenes' Auffassung war jetzt der Krieg entschieden. Es war unmöglich, mit dem geschlagenen Heer den Angriff zu erneuern, zumal jetzt im Hochsommer in dem Sumpfterrain des Lagers die Krankheiten um sich griffen und es von Tag zu Tag weiter schwächten. Es blieb nichts als schleunige Heimkehr, solange es noch möglich war, um den Rest der Armee und die Flotte mit allem Material für den Krieg daheim zu retten. Aber Nikias weigerte sich. So sehr er sich gegen den Krieg gesträubt hatte, so wenig konnte er sich jetzt, wo es geboten war, entschließen, den Schauplatz zu verlassen, der nach so großen Erfolgen das Grab seines Ruhmes geworden war. Er kannte die Athener und wußte, daß man alle Verantwortung für den unglücklichen Ausgang auf die Feldherren abwälzen, daß eben die Soldaten, welche jetzt dringend Befreiung aus ihrer Notlage forderten, daheim am lautesten schreien und die Feldherren des Verrates und der Bestechlichkeit beschuldigen würden. Auch sah er die Lage noch nicht so schlimm an. Die Athener hätten noch immer, seit der Verstärkung durch Demosthenes, das volle Übergewicht zur See, und die Machtmittel von Syrakus seien mindestens ebenso erschöpft wie die eigenen. Bereits habe [251] die Stadt mehr als 2000 Talente aufgewendet und dazu noch große Schulden gemacht; sie werde bald nicht mehr imstande sein, die fremden Truppen zu zahlen, und dann würden diese schwierig werden und davongehen. Man solle also warten. Auch jetzt noch gab es in Syrakus eine Partei, die zu Athen neigte – das stramme Regiment, das Gylippos führte und durch das auch Hermokrates wieder zu Ansehen gelangt war, rief unter der Oberfläche eine starke Opposition hervor –, und Nikias war durch geheime Verbindungen über die Vorgänge in der Stadt genau unterrichtet. So wollte er die Hoffnung nicht aufgeben, doch noch zum Ziel zu gelangen. Demosthenes wollte von all diesen Illusionen nichts wissen; er forderte zum mindesten, man solle von Syrakus abziehen und sich an einem anderen Punkte der Insel, in Thapsos oder Katana, festsetzen, wo man sich frei bewegen könne und die See offen habe. Aber obwohl ihm Eurymedon beistimmte, konnte er damit nicht durchdringen; Nikias verhinderte jeden entscheidenden Entschluß, und die Wochen vergingen in voller Untätigkeit. – Während dessen hatte Gylippos noch einmal Verstärkungen aus den sizilischen Städten herbeigeholt, die – mit Ausnahme von Agrigent, wo die syrakusanisch gesinnte Partei bei dem Versuch, ihren Willen durchzusetzen, erlegen und verjagt war – jetzt endlich mit vollem Eifer für Syrakus eintraten; und außerdem brachte er die im Frühjahr abgegangenen peloponnesischen Truppen (s.S. 245) mit, die von Kyrene nach langer Fahrt an der afrikanischen Küste in Selinus eingetroffen waren. Da gab endlich auch Nikias nach; er willigte ein, daß alle Vorbereitungen zur Einschiffung und Abfahrt getroffen wurden. Da trat in der Nacht, in der man aufbrechen wollte – es war der 27. August 413 –, eine Mondfinsternis ein. Das erschien den Athenern als ein böses Vorzeichen; vor allem aber erklärte Nikias, jetzt im Unglück noch abergläubischer als früher, peremptorisch, vor Ablauf eines vollen Monats könne von einem Aufbruch keine Rede sein. Damit hat er das Verderben für sich selbst und das ganze Heer unabwendbar gemacht.

Als die Kunde von den Vorgängen im athenischen Heer nach Syrakus kam, gewann man volle Siegeszuversicht. Auch zur See wagten die Athener offenbar nicht mehr standzuhalten; um so mehr [252] Anlaß hatten die Syrakusaner, trotz der Überzahl der feindlichen Schiffe den Seekrieg wiederaufzunehmen. Gleich im ersten Treffen trugen sie den vollen Sieg davon; ein Landangriff des Gylippos auf das Schiffslager wurde freilich zurückgeschlagen; aber 18 attische Schiffe waren erbeutet, auch Eurymedon war im Kampf gefallen. Die Athener versanken in volle Verzweiflung; die Syrakusaner aber dachten jetzt nicht mehr daran, die Feinde zu besiegen, sondern sie zu vernichten. Sie sperrten die Einfahrt in den Golf durch verankerte Schiffe ab, um ihnen die Zufuhr abzuschneiden und jedes Entrinnen unmöglich zu machen. Jetzt blieb den Athenern keine Wahl mehr; sie mußten versuchen, sich durchzuschlagen. Sie zogen alle Truppen in ein verschanztes Lager in der Niederung zusammen. Hier sollten die Kranken und die Bagage zurückbleiben, während Nikias mit einem Teil des Heeres das Ufer besetzte. Alle übrigen Mannschaften wurden unter Demosthenes' Kommando auf die Schiffe gebracht, um den Durchbruch zu versuchen. Es waren im ganzen noch 110 Trieren, die einigermaßen brauchbar waren. Sie waren nach Möglichkeit repariert; auf den Vorderkastellen hatte man Enterhaken angebracht, um die Stöße der Feinde unmöglich zu machen, und die Verdecke mit Schützen und Schleuderern besetzt. So hoffte man die feindlichen Angriffe abwehren und die Schlacht möglichst wie eine Landschlacht gestalten zu können, wobei dann die große Zahl Hopliten, die man an Bord hatte, von Vorteil sein konnte. In Wirklichkeit konnte allerdings über den Ausgang kein Zweifel sein. Die Athener hatten die Ausfahrt der Bucht erreicht und versuchten die Sperre zu sprengen, als die Schlacht begann; bald sahen sie sich von allen Seiten angegriffen und in den heftigsten Kampf verwickelt. Alle verzweifelten Anstrengungen halfen nicht mehr; nach hartnäckigster Gegenwehr wurden sie zurückgedrängt und ans Land geworfen. Da gab es kein Halten mehr; alles was sich retten konnte, flüchtete mit dem Landheer in die Verschanzung. 50 Schiffe, fast die Hälfte der Flotte, waren untergegangen oder erbeutet; die Syrakusaner hatten etwa halb so viele verloren. Wenn die Syrakusaner jetzt zu Lande angriffen, war das Ende da. Hermokrates riet denn auch, wenigstens sofort alle Straßen zu besetzen und das Lager einzuschließen, und die Behörden willigten [253] ein; aber sie konnten ihren Willen nicht durchsetzen. Die Mannschaften, die auf der Flotte gekämpft hatten, waren zu erschöpft, und die gesamte Bevölkerung gab sich während der Nacht ungestüm der Siegesfreude hin und war für militärische Aufgaben nicht zu haben.

So leuchtete dem Rest der Athener noch einmal ein Schimmer der Rettung. Demosthenes verlangte, man solle am nächsten Morgen in aller Frühe sofort den Durchbruchsversuch zur See wiederholen; die 60 geretteten athenischen Schiffe seien den nicht ganz 50 der Syrakusaner immer noch gewachsen. Nikias stimmte zu; aber die Truppen wollten davon nichts mehr wissen und weigerten den Gehorsam. Da blieb nur der Abzug zu Lande. Hätte man ihn sofort angetreten, man wäre entkommen; aber Nikias ließ sich durch eine Botschaft betören, die Hermokrates unter dem Namen der Parteigänger Athens sandte, alle Wege seien besetzt, bei Nacht sei ein Durchbruch unmöglich. Darauf beschloß man, die Nacht und dann auch noch den folgenden Tag zu warten, um die Kräfte möglichst zu sammeln. Inzwischen aber waren die Wege wirklich gesperrt und alle Pässe und Übergänge besetzt worden. Alle Habe mußte man zurücklassen, ebenso die Kranken, den Feinden zur sicheren Beute; die Schiffe hatten die Syrakusaner bereits vom Strande gezogen, nur einige wenige hatten die Athener selbst verbrannt. Die Sklaven und der Troß waren meistens entflohen; immerhin aber war es noch eine stattliche Schar, die auszog, wenn auch die Zahl von 40000 Mann, die Thukydides angibt, beträchtlich zu hoch sein wird221. Aber sie war vollständig deprimiert, ohne Lebensmittel und ohne Vertrauen, und dazu beständig den Angriffen der feindlichen Reiter und Plänkler ausgesetzt. Nikias hoffte ins Binnenland zu den Sikelern [254] zu entkommen, wo man in Sicherheit war. Es gelang auch, unter fortwährenden Verlusten den Anapos zu überschreiten und bis an den Rand der Ebene vorzudringen; als man aber am dritten Tage den Fuß der Berge erreichte, fand man die Höhen besetzt. Alle Durchbruchsversuche mißlangen; man mußte sich nach Süden wenden. Schließlich, in der Nacht des fünften Tages, versuchte man, das Meer wieder zu erreichen, um nach Süden zu entkommen. Dabei blieb Demosthenes mit der größeren Hälfte des Heeres weiter zurück; als die nachsetzenden Syrakusaner sie am nächsten Morgen einholten, waren sie in voller Auflösung222. Demosthenes versuchte noch einmal einen Angriff zu organisieren; aber die Feinde ließen es nicht zum Nahkampf kommen, schossen dagegen unaufhörlich in die dichten Haufen. Gylippos sicherte denen, die die Waffen niederlegten, das Leben zu, darauf ergab sich der Rest, noch etwa 6000 Mann. Demosthenes selbst wollte Hand an sich legen, wurde aber dabei gefangen223. Zwei Tage später ereilte die Vorhut unter Nikias dasselbe Schicksal am Bach Assinaros; Nikias ergab sich selbst dem Gylippos und erwirkte dadurch, daß das Morden eingestellt ward224. Von den Versprengten und aus der Gefangenschaft Entflohenen sammelten sich allmählich nicht wenige in Katana und setzten von hier aus den Guerillakrieg fort225. Von den Gefangenen wurden viele von den Soldaten unterschlagen und auf eigene Rechnung verkauft. Nach Syrakus wurden noch über 7000 Mann eingebracht. Bisher hatte man, erbittert durch die Gefahr, die sie über die Stadt gebracht hatten, die Gefangenen mit Ausnahme der Sklaven meist getötet; den jetzt Gefangenen war das Leben zugesichert. Daher wurden die Athener und die Gefangenen aus Sizilien und Italien in [255] die tiefen Steinbrüche geworfen, aus denen kein Entrinnen möglich war, und verkamen hier im Elend; die übrigen sind, soweit sie noch am Leben waren, zwei Monate später verkauft worden. Dem Nikias und Demosthenes hätte Gylippos gern das Leben gerettet, um sie im Triumph nach Sparta zu führen. Aber die übrigen Bundesgenossen forderten ihren Tod, vor allem die Korinther und ebenso die Syrakusaner selbst, da sie Enthüllungen des Nikias über seine Verbindungen in der Stadt fürchteten. So sind beide den Schergen übergeben worden226.


Quelle:
Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. Darmstadt 51965, Bd. 4/2, S. 247-257.
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