Fußnoten

1 Ihren Klang mögen einige Grabschriften vergegenwärtigen, wie ϑeotoras und dazihonas platorrihi bollihi.


2 Man hat, freilich auf überhaupt wenig und am wenigsten für eine Tatsache von solcher Bedeutung zulängliche sprachliche Vergleichungspunkte hin, eine Verwandtschaft zwischen der iapygischen Sprache und der heutigen albanesischen angenommen. Sollte diese Stammverwandtschaft sich bestätigen und sollten anderseits die Albanesen – ein ebenfalls indogermanischer und dem hellenischen und italischen gleichstehender Stamm – wirklich ein Rest jener hellenobarbarischen Nationalität sein, deren Spuren in ganz Griechenland und namentlich in den nördlichen Landschaften hervortreten, so würde diese vorhellenische Nationalität damit als auch voritalisch nachgewiesen sein; Einwanderung der Iapyger in Italien über das adriatische Meer hin würde daraus zunächst noch nicht folgen.


3 Nordwestlich von Anah am rechten Euphratufer fanden sich zusammen Gerste, Weizen und Spelt im wilden Zustande (Alph. de Candolle géographie botanique raisonnée 2, p. 934). Dasselbe, daß Gerste und Weizen in Mesopotamien wild wachsen, sagt schon der babylonische Geschichtschreiber Berosos (bei Georgios Synkellos p. 50 Bonn.).


4 Wenn das lateinische vieo, vimen, demselben Stamm angehört wie unser weben und die verwandten Wörter, so muß das Wort, noch als Griechen und Italiker sich trennten, die allgemeine Bedeutung flechten gehabt haben und kann diese erst später, wahrscheinlich in verschiedenen Gebieten unabhängig von einander, in die des Webens übergegangen sein. Auch der Leinbau, so alt er ist, reicht nicht bis in diese Zeit zurück, denn die Inder kennen die Flachspflanze wohl, bedienen sich ihrer aber bis heute nur zur Bereitung des Leinöls. Der Hanf ist den Italikern wohl noch später bekannt geworden als der Flachs; wenigstens sieht cannabis ganz aus wie ein spätes Lehnwort.


5 So finden sich aro aratrum wieder in dem altdeutschen aran (pflügen, mundartlich eren), erida, im slavischen orati, oradlo, im litauischen arti, arimnas, im keltischen ar, aradar. So steht neben ligo unser Rechen, neben hortus unser Garten, neben mola unsere Mühle, slavisch mlyn, litauisch malunas, keltisch malin. - Allen diesen Tatsachen gegenüber wird man es nicht zugeben können, daß es eine Zeit gegeben, wo die Griechen in allen hellenischen Gauen nur von der Viehzucht gelebt haben. Wenn nicht Grund-, sondern Viehbesitz in Hellas wie in Italien der Ausgangs- und Mittelpunkt alles Privatvermögens ist, so beruht dies nicht darauf, daß der Ackerbau erst später aufkam, sondern daß er anfänglich nach dem System der Feldgemeinschaft betrieben ward. Überdies versteht es sich von selbst, daß eine reine Ackerbauwirtschaft vor Scheidung der Stämme noch nirgends bestanden haben kann, sondern, je nach der Lokalität mehr oder minder, die Viehzucht damit sich in ausgedehnterer Weise verband, als dies später der Fall war.


6 Nichts ist dafür bezeichnender als die enge Verknüpfung, in welche die älteste Kulturepoche den Ackerbau mit der Ehe wie mit der Stadtgründung setzte. So sind die bei der Ehe zunächst beteiligten Götter in Italien die Ceres und (oder?) Tellus (Plutarch Romul. 22; Servius zur Aen. 4, 166; Roßbach röm. Ehe (S. 257 301), in Griechenland die Demeter (Plutarch coniug. praec, Vorr.), wie denn auch in alten griechischen Formeln die Gewinnung von Kindern selber ›Ernte‹ heißt 24 A.); ja die älteste römische Eheform, die Confarreatio entnimmt ihren Namen und ihr Ritual vom Kornbau. Die Verwendung des Pflugs bei der Stadtgründung ist bekannt.


7 Unter den beiderseits ältesten Waffennamen werden kaum sicher verwandte aufgezeigt werden können: lancea, obwohl ohne Zweifel mit λόγχη zusammenhängend, ist als römisches Wort jung und vielleicht von den Deutschen oder Spaniern entlehnt.


8 Selbst im einzelnen zeigt sich diese Übereinstimmung z.B. in der Bezeichnung der rechten Ehe als der ›zur Gewinnung rechter Kinder abgeschlossenen‹ (γάμος ἐπὶ παίδων γνησίων ἀρότῳ – matrimonium liberorum quaerendorum causa).


9 Nur darf man natürlich nicht vergessen, daß ähnliche Voraussetzungen überall zu ähnlichen Institutionen führen. So ist nichts so sicher, als daß die römischen Plebejer erst innerhalb des römischen Gemeinwesens erwuchsen, und doch finden sie überall ihr Gegenbild, wo neben einer Bürger- eine Insassenschaft sich entwickelt hat. Daß auch der Zufall hier sein neckendes Spiel treibt, versteht sich von selbst.


10 Wie latus (Seite) und πλᾰτύς (platt); es ist also das Plattland im Gegensatz zu der sabinischen Berglandschaft, wie Campania die ›Ebene‹ den Gegensatz bildet zu Samnium. Lātus, ehemals stlātus gehört nicht hierher.


11 Ein französischer Statistiker, Dureau de la Malle (écon. pol. des Romains 2, 226), vergleicht mit der römischen Campagna die Limagne in Auvergne, gleichfalls eine weite sehr durchschnittene und ungleiche Ebene, mit einer Bodenoberfläche aus dekompo nierter Lava und Asche, den Resten ausgebrannter Vulkane. Die Bevölkerung, mindestens 2500 Menschen auf die Quadratlieue, ist eine der stärksten, die in rein ackerbauenden Gegenden vorkommt, das Eigentum ungemein zerstückelt. Der Ackerbau wird fast ganz von Menschenhand beschafft, mit Spaten, Karst oder Hacke; nur ausnahmsweise tritt dafür der leichte Pflug ein, der mit zwei Kühen bespannt ist und nicht selten spannt an der Stelle der einen sich die Frau des Ackermanns ein. Das Gespann dient zugleich um Milch zu gewinnen und das Land zu bestellen. Man erntet zweimal im Jahre, Korn und Kraut; Brache kommt nicht vor. Der mittlere Pachtzins für einen Arpent Ackerland ist 100 Franken jährlich. Würde dasselbe Land statt dessen unter sechs oder sieben große Grundbesitzer verteilt werden; würden Verwalter- und Tagelöhnerwirtschaft an die Stelle des Bewirtschaftens durch kleine Grundeigentümer treten, so würde in hundert Jahren ohne Zweifel die Limagne öde, verlassen und elend sein wie heutzutage die Campagna di Roma.


12 In Slavonien, wo die patriarchalische Haushaltung bis auf den heutigen Tag festgehalten wird, bleibt die ganze Familie, oft bis zu fünfzig, ja hundert Köpfen stark, unter den Befehlen des von der ganzen Familie auf Lebenszeit gewählten Hausvaters (Goszpodár) in demselben Hause beisammen. Das Vermögen des Hauses, das hauptsächlich in Vieh besteht, verwaltet der Hausvater; der Überschuß wird nach Familienstämmen verteilt. Privaterwerb durch Industrie und Handel bleibt Sondereigentum. Austritte aus dem Hause, auch der Männer, z.B. durch Einheiraten in eine fremde Wirtschaft, kommen vor (Csaplovics Slavonien I, 106. 179). – Bei derartigen Verhältnissen, die von den ältesten römischen sich nicht allzuweit entfernen mögen, nähert das Haus sich der Gemeinde.


13 Das latinische Fest wird geradezu ›Waffenstillstand‹ (indutiae Macrob. sat. 1, 16; ἐκεχειρίαι Dionys. 4, 49) genannt und es war nicht erlaubt, während desselben einen Krieg zu beginnen (Macrob. a.a.O.).


14 Die oft in alter und neuer Zeit aufgestellte Behauptung, daß Alba einstmals in den Formen der Symmachie über Latium geherrscht habe, findet bei genauerer Untersuchung nirgends ausreichende Unterstützung. Alle Geschichte geht nicht von der Einigung, sondern von der Zersplitterung der Nation aus, und es ist sehr wenig wahrscheinlich, daß das Problem, das Rom nach manchem durchkämpften Jahrhundert endlich löste, die Einigung Latiums, schon vorher einmal durch Alba gelöst worden sei. Auch ist es bemerkenswert, daß Rom niemals als Erbin Albas eigentliche Herrschaftsansprüche gegen die latinischen Gemeinden geltend gemacht, sondern mit einer Ehrenvor standschaft sich begnügt hat, die freilich, als sie mit der materiellen Macht sich vereinigte, für die hegemonischen Ansprüche Roms eine Handhabe gewährte. Von eigentlichen Zeugnissen kann bei einer Frage wie diese ist überall kaum die Rede sein; und am wenigsten reichen Stellen wie Festus v. praetor p. 241 und Dionys. 3. 10 aus um Alba zum latinischen Athen zu stempeln.


15 Ähnlichen Lautwechsel zeigen beispielsweise folgende Bildungen sämtlich ältester Art: pars portio, Mars mors, farreum alt statt horreum, Fabii Fovii, Valerius Volesus, vacuus vocivus.


16 Eine wirkliche Zusammensiedlung ist mit dem Synökismus nicht notwendig verbunden, sondern es wohnt jeder wie bisher auf dem Seinigen, aber für alle gibt es fortan nur ein Rat- und Amthaus. Thukyd. 2, 15; Herodot 1, 170.


17 Man könnte sogar, im Hinblick auf die attische τριττύς, die umbrische trifo, die Frage aufwerfen, ob nicht die Dreiteilung der Gemeinde eine graecoitalische Grundform sei; in welchem Falle die Dreiteilung der römischen Gemeinde gar nicht auf die Verschmelzung mehrerer einstmals selbständigen Stämme zurückgeführt werden dürfte. Aber um eine gegen die Überlieferung sich also auflehnende Annahme aufzustellen, müßte doch die Dreiteilung im graecoitali schen Gebiet allgemeiner auftreten, als dies der Fall zu sein scheint, und überall gleichmäßig als Grundschema erscheinen. Die Umbrer können das Wort tribus möglicherweise erst unter dem Einfluß der römischen Herrschaft sich angeeignet haben; im Oskischen ist es nicht mit Sicherheit nachzuweisen.


18 Nachdem die ältere Meinung, daß das Lateinische als eine Mischsprache aus griechischen und nicht griechischen Elementen zu betrachten sei, jetzt von allen Seiten aufgegeben ist, wollen selbst besonnene Forscher (z.B. Schwegler R.G. I, 184. 193) doch noch in dem Lateinischen eine Mischung zweier nahverwandter italischer Dialekte finden. Aber vergebens fragt man nach der sprachlichen oder geschichtlichen Nötigung zu einer solchen Annahme. Wenn eine Sprache als Mittelglied zwischen zwei andern erscheint, so weiß jeder Sprachforscher, daß dies ebenso wohl und häufiger auf organischer Entwickelung beruht als auf äußerlicher Mischung.


19 Daß die quinctischen Luperker den fabischen im Rang vorgingen, geht daraus hervor, daß die Fabulisten dem Romulus die Quinctier, dem Remus die Fabier beilegen (Ovid. fast. 2, 373 fg.; Vict. de orig. 22). Daß die Fabier zu den Hügelrömern gehörten, beweist ihr Geschlechtsopfer auf dem Quirinal (Liv. 5, 46. 52), mag dies nun mit den Luperkalien zusammenhängen oder nicht. – Übrigens heißt der Lupercus jenes Kollegiums auf Inschriften (Orelli 2253) Lupercus Quinctialis vetus, und der höchst wahrscheinlich mit dem Luperkalkult zusammenhängende Vorname Kaeso (siehe röm. Forsch, 1, 17) findet sich ausschließlich bei den Quinctiern und den Fabiern; die bei den Schriftstellern gangbare Form Lupercus Quinctilius und Quinctilianus ist also entstellt und das Kollegium nicht den verhältnismäßig jungen Quinctiliern, sondern den weit älteren Quinctiern eigen. Wenn dagegen die Quinctier (Liv. 1, 30) oder Quinctilier (Dion. 3, 29) unter den albanischen Geschlechtern genannt werden, so dürfte hier die letztere Lesung vorzuziehen und das quinctische vielmehr als altrömisch zu betrachten sein.


20 Wenn späterhin für die Höhe, wo die Hügelrömer ihren Sitz hatten, der Name des Quirinushügels gebräuchlich gewesen ist, so darf darum doch keineswegs der Name der Quiriten als ursprünglich der Bürgerschaft auf dem Quirinal vorbehalten angesehen werden. Denn einerseits führen, wie gezeigt ist, alle ältesten Spuren für diese auf den Namen Collini, andrerseits ist es unbestreitbar gewiß, daß der Name der Quiriten von Haus aus wie nachher lediglich den Vollbürger bezeichnet und mit dem Gegensatz der montani und collini durchaus nichts gemein bat (vgl. unten Kap. 5). Die spätere Benennung des Quirinalis beruht darauf, daß zwar ursprünglich der Mars quirinus, der speertragende Todesgott sowohl auf dem Palatin wie auf dem Quirinal verehrt wurde, wie denn noch die ältesten bei dem nachher so genannten Quirinustempel gefundenen Inschriften diese Gottheit geradezu Mars heißen, späterhin aber der Unterscheidung wegen der Gott der Bergrömer vorzugsweise Mars, der der Hügelrömer vorzugsweise Quirinus genannt ward. – Wenn der Quirinal auch wohl collis agonalis, Opferhügel genannt wird, so wird er damit nur bezeichnet als der sakrale Mittelpunkt der Hügelrömer.


21 Was man dafür ausgibt (vgl. z.B. Schwegler, R.G. 1, 480) geht im wesentlichen auf eine von Varro aufgestellte und von den Späteren wie gewöhnlich einstimmig nachgesprochene etymologisch-historische Hypothese, daß das lateinische quiris quirinus mit dem sabinischen Stadtnamen Cures verwandt und demnach der Quirinalhügel von Cures aus bevölkert worden sei. Auch wenn die sprachliche Verwandtschaft jener Wörter sicher stände, dürfte daraus der geschichtliche Folgesatz nicht hergeleitet werden. Daß die alten Heiligtümer auf diesem Berge – wo es übrigens auch einen ›latiarischen Hügel‹ gab – sabinisch sind, hat man wohl behauptet, aber nicht erwiesen. Mars quirinus, Sol, Salus, Flora, Semo Sancus oder Deus fidius sind wohl sabinische, aber auch latinische Gottheiten, gebildet offenbar in der Epoche, wo Latiner und Sabiner noch ungeschieden beisammen waren. Wenn an den heiligen Stätten des späterhin zurücktretenden Quirinal ein Name wie der des Semo Sancus vorzugsweise haftet (vgl. die davon benannte porta sanqualis), der übrigens auch auf der Tiberinsel begegnet, so wird jeder unbefangene Forscher darin nur einen Beweis für das hohe Alter dieser Kulte, nicht für ihre Entlehnung aus dem Nachbarland erblicken. Die Möglichkeit, daß alte Stammgegensätze dennoch hier mitgewirkt, soll damit nicht geleugnet werden; aber wenn dies der Fall war, so sind sie für uns verschollen und die unseren Zeitgenossen geläufigen Betrachtungen über das sabinische Element im Römertum nur geeignet vor dergleichen aus dem Leeren in das Leere führenden Studien ernstlich zu warnen


22 Es gilt dies nicht bloß von der alten religiösen Ehe (matrimonium confarreatione), sondern auch die Zivilehe (matrimonium consensu) gab zwar nicht an sich dem Manne Eigentumsgewalt über die Frau, aber es wurden doch die Rechtsbegriffe der förmlichen Tradition (coemptio) und der Verjährung (usus) ohne weiteres auf dieselbe angewandt und dadurch dem Ehemann der Weg geöffnet Eigentumsgewalt über die Frau zu gewinnen. Bis er sie gewann, also namentlich in der bis zur Vollendung der Verjährung verfließenden Zeit, war das Weib, ganz wie bei der späteren Ehe mit causae probatio bis zu dieser, nicht uxor, sondern pro uxore; bis in die Zeit der ausgebildeten Rechtswissenschaft erhielt sich dieser Satz, daß die nicht in der Gewalt des Mannes stehende Frau nicht Ehefrau sei, sondern nur dafür gelte (uxor tantummodo habetur. Cicero top. 3, 14).


23 Die folgende Grabschrift, obwohl einer viel späteren Zeit angehörig, ist nicht unwert hier zu stehen. Es ist der Stein, der spricht.

Kurz, Wandrer, ist mein Spruch: halt' an und lies ihn durch.

Es deckt der schlechte Grabstein eine schöne Frau.

Mit Namen nannten Claudia die Eltern sie;

Mit eigner Liebe liebte sie den eignen Mann;

Zwei Söhne gebar sie; einen ließ auf Erden sie

Zurück, den andern barg sie in der Erde Schoß.

Sie war von artiger Rede und von edlem Gang,

Versah ihr Haus und spann. Ich bin zu Ende, geh.

Vielleicht noch bezeichnender ist die Aufführung des Wollspinnens unter lauter sittlichen Eigenschaften, die in römischen Grabschriften nicht ganz selten ist. Orelli 4639: optima et pulcherrima, lanifica pia pudica frugi casta domiseda. Orelli 4860: modestia probitate pudicitia obsequio lanificio diligentia fide par similisque cetereis probeis feminis fuit. Grabschrift der Turia 1, 30: domestica bona pudicitiae, opsequi, comitatis, facilitatis, lanificiis [tuis adsiduitatis, religionis] sine superstitione, ornatus non conspiciendi, cultus modici.


24 Daß Lahmheit vom höchsten Amte ansschloß, sagt Dionys 5, 25. Daß das römische Bürgertum Bedingung wie des Konsuls so auch des Königtums war, versteht sich so sehr von selbst, daß es kaum der Mühe wert ist, die Fabeleien über den Bürger von Cures noch ausdrücklich abzuweisen.


25 Selbst in Rom, wo die einfache Zehnkurienverfassung sonst früh verschwunden ist, findet sich noch eine praktische Anwendung derselben, und merkwürdig genug eben bei demjenigen Formalakt, den wir auch sonst Grund haben unter allen, deren unsere Rechtsüberlieferung gedenkt, für den ältesten zu halten, bei der Confarreation. Es scheint kaum zweifelhaft, daß deren zehn Zeugen dasselbe in der Zehnkurien-, was die dreißig Lictoren in der Dreißigkurienverfassung sind.


26 Es liegt dies schon im Namen. Der ›Teil‹ ist, wie der Jurist weiß, nichts als ein ehemaliges oder auch ein künftiges Ganze, also in der Gegenwart ohne alle Realität.


27 Quĭris quirītis oder quirinus wird von den Alten gedeutet als der Lanzeuträger, von quĭris oder cŭris = Lanze und ire und fällt ihnen insofern zusammen mit samnis, samnitis und săbinus, das auch bei den Alten von σαύνιον, Speer, hergeleitet wird. Mag diese Etymologie, die sich anschließt an arquites, milites, pedites, equites, velites, die mit dem Bogen, die im Tausend, die zu Fuß, die zu Pferde, die ohne Rüstung im bloßen Überwurf gehen, auch unrichtig sein, sie ist mit der römischen Auffassung des Bürgerbegriffs verwachsen. Ebenso werden die Juno quiritis, der (Mars) quirinus, der Janus quirinus als speerschwingende Gottheiten gedacht; und von Menschen gebraucht ist quiris der Wehrmann, das ist der Vollbürger. Damit stimmt der Sprachgebrauch überein. Wo die Örtlichkeit bezeichnet werden soll, wird nie von Quiriten gesprochen, sondern stets von Rom und Römern (urbs Roma, populus, civis, ager Romanus), weil die Benennung quiris so wenig eine lokale Bedeutung hat wie civis oder miles. Eben darum können auch diese Bezeichnungen nicht miteinander verbunden werden: man sagt nicht civis quiris, weil beides, wenngleich von verschiedenen Standpunkten aus, denselben Rechtsbegriff bezeichnet. Dagegen lautet die feierliche Ankündigung der Bürgerleiche darauf, daß ›dieser Wehrmann mit Tode abgegangen (ollus quiris leto datus)‹ und ebenso redet der König die versammelte Gemeinde mit diesem Namen an und spricht, wenn er zu Gericht sitzt, nach dem Rechte der wehrhaften Freien (ex iure quiritium, ganz gleich dem jüngeren ex iure civili). Populus Romanus, quirites (populus Romanus quiritium ist nicht genügend beglaubigt) heißt also ›die Gemeinde und die einzelnen Bürger‹ und werden darum in einer alten Formel (Liv. 1, 31) dem populus Romanus die prisci Latini, den quirites die homines prisci Latini entgegengesetzt (Becker Handb. 2, 20 fg.). Diesen Tatsachen gegenüber kann nur sprachliche und sachliche Unkunde noch festhalten an der Vorstellung, als habe der römischen Gemeinde einst eine gleichartige quiritische gegenüber gestanden und nach deren Inkorporierung der Name der neu aufgenommenen Gemeinde den der aufnehmenden im sakralen und rechtlichen Sprachgebrauch verdrängt. Vgl. S. 53 A.


28 Unter den acht sakralen Institutionen des Numa führt Dionysios (2, 64) nach den Kurionen und den Flamines als dritte auf die Führer der Reiter (οἱ ἡγεμόνες τῶν Κελερίων). Nach dem praenestinischen Kalender wird am 19. März ein Fest auf dem Comitium begangen [adstantibus pon] tificibus et trib (unis) celer (um). Valerius Antias (bei Dionys 1, 13 vgl. 3, 41) gibt der ältesten römischen Reiterei einen Führer Celer und drei Centurionen, wogegen in der Schrift de viris ill. 1 Celer selbst centurio genannt wird. Ferner soll Brutus bei Vertreibung der Könige tribunus celerum gewesen sein (Liv. 1. 59), nach Dionysios (4, 71) sogar kraft dieses Amtes die Verbannung der Tarquinier beantragt haben. Endlich identifizieren Pomponius (Dig. 1, 2, 2, 15. 19) und ähnlich, zum Teil wohl aus ihm schöpfend, Lydus (de mag. 1, 14. 37) den tribunus celerum mit dem Celer des Antias, dem magister equitum des republikanischen Diktators, dem Praefectus Praetorio der Kaiserzeit. – Von diesen Angaben, den einzigen, die über die tribuni celerum vorhanden sind, rührt die letzte nicht bloß von späten und gänzlich unzuverlässigen Gewährsmännern her, sondern widerspricht auch der Bedeutung des Namens, welcher nur ›Teilführer der Reiter‹ heißen kann; vor allen Dingen aber kann der immer nur außerordentlich und späterhin gar nicht mehr ernannte Reiterführer der republikanischen Zeit unmöglich identisch gewesen sein mit der für das Jahrfest des 19. März erforderlichen, also stehenden Magistratur. Sieht man, wie man notwendig muß, ab von der Nachricht des Pomponius, die offenbar lediglich hervorgegangen ist aus der mit immer steigender Unwissenheit historisierten Brutusanekdote, so ergibt sich einfach, daß die tribuni celerum den tribuni militum in Zahl und Wesen durchaus entsprechen und die Abteilungsführer der Reiter gewesen sind, also völlig verschieden von dem Reiterfeldherrn.


29 Darauf deuten die offenbar uralten Wortbildungen velites und arquites und die spätere Organisation der Legion.


30 Lēx, die Bindung (verwandt mit lēgare, zu etwas verbinden) bezeichnet bekanntlich überhaupt den Vertrag, jedoch mit der Nebenbedeutung eines Vertrages, dessen Bedingungen der Proponent diktiert und der andere Teil einfach annimmt oder ablehnt; wie dies z.B. bei öffentlichen Lizitationen der Fall zu sein pflegt. Bei der lex publica populi Romani ist der Proponent der König, der Acceptant das Volk; die beschränkte Mitwirkung des letzteren ist also auch sprachlich prägnant bezeichnet.


31 Habuit plebem in clientelas principum descriptam. Cicero de rep. 2, 2.


32 Die Bestimmungen der zwölf Tafeln über den Usus zeigen deutlich, daß dieselben die Zivilehe bereits vorfanden. Ebenso klar geht das hohe Alter der Zivilehe daraus hervor, daß auch sie so gut wie die religiöse Ehe die eheherrliche Gewalt notwendig in sich schloß (S. 56) und von der religiösen Ehe hinsichtlich der Gewalterwerbung nur darin abwich, daß die religiöse Ehe selbst als eigentümliche und rechtlich notwendige Erwerbsform der Frau galt, wogegen zu der Zivilehe eine der anderweitigen allgemeinen Formen des Eigentumserwerbs, Übergabe von Seiten der Berechtigten oder auch Verjährung, hinzutreten mußte, um eine gültige eheherrliche Gewalt zu begründen.


33 Aus demselben Grund wurde bei der Steigerung des Aufgebots nach dem Eintritt der Hügelrömer die Ritterschaft verdoppelt, bei der Fußmannschaft aber statt der einfachen Lese eine Doppellegion einberufen (S. 83).


34 Schon um 480 erschienen Landlose von sieben Morgen (Val. Max. 3, 3, 5. Colum. 1 praef. 14. 1, 3, 11. Plin. n.h. 18, 3, 18; vierzehn Morgen Victor 33. Plutarch apophth. reg: et imp. p. 235 Dübner, wonach Plutarch Crass. 2 zu berichtigen ist) den Empfängern klein. – Die Vergleichung der deutschen Verhältnisse ergibt dasselbe. Jugerum und Morgen, beide ursprünglich mehr Arbeit- als Flächenmaße, können angesehen werden als ursprünglich identisch. Wenn die deutsche Hufe regelmäßig aus 30, nicht selten auch aus 20 oder 40 Morgen bestand und die Hofstätte häufig, wenigstens bei den Angelsachsen, ein Zehntel der Hufe betrug, so wird bei Berücksichtigung der klimatischen Verschiedenheit und des römischen Heredium von 2 Morgen die Annahme einer römischen Hufe von 20 Morgen den Verhältnissen angemessen erscheinen. Freilich bleibt es zu bedauern, daß die Überlieferung uns eben hier im Stich läßt.


35 Auch die Analogie zwischen der sogenannten servianischen Verfassung und der Behandlung der attischen Metöken verdient hervorgehoben zu werden. Athen hat eben wie Rom verhältnismäßig früh den Insassen die Tore geöffnet und dann auch dieselben zu den Lasten des Staates mit herangezogen. Je weniger hier ein unmittelbarer Zusammenhang angenommen werden kann, desto bestimmter zeigt es sich, wie dieselben Ursachen – städtische Zentralisierung und städtische Entwickelung – überall und notwendig die gleichen Folgen herbeiführen.


36 Ebenso charakteristisch sind die Verwünschungsformeln für Gabii und Fidenae (Macrob. sat. 3, 9), während doch eine wirkliche geschichtliche Verfluchung des Stadtbodens, wie sie bei Veii, Karthago, Fregellae in der Tat stattgefunden hat, für diese Städte nirgends nachweisbar und höchst unwahrscheinlich ist. Vermutlich waren alte Bannfluchformulare auf diese beiden verhaßten Städte gestellt und wurden von späteren Antiquaren für geschichtliche Urkunden gehalten.


37 Aber zu bezweifeln, daß die Zerstörung Albas in der Tat von Rom ausgegangen sei, wie es neulich von achtbarer Seite geschehen ist, scheint kein Grund vorhanden. Es ist wohl richtig, daß der Bericht über Albas Zerstörung in seinen Einzelheiten eine Kette von Unwahrscheinlichkeiten und Unmöglichkeiten ist; aber das gilt eben von jeder in Sagen eingesponnenen historischen Tatsache. Auf die Frage, wie sich das übrige Latium zu dem Kampfe zwischen Alba und Rom verhielt, haben wir freilich keine Antwort; aber die Frage selbst ist falsch gestellt, denn es ist unerwiesen, daß die latinische Bundesverfassung einen Sonderkrieg zweier latinischer Gemeinden schlechterdings untersagte (S. 39). Noch weniger widerspricht die Aufnahme einer Anzahl albischer Familien in den römischen Bürgerverband der Zerstörung Albas durch die Römer; warum soll es nicht in Alba eben wie in Capua eine römische Partei gegeben haben? Entscheidend dürfte aber der Umstand sein, daß Rom in religiöser wie in politischer Hinsicht als Rechtsnachfolgerin von Alba auftritt; welcher Anspruch nicht auf die Übersiedelung einzelner Geschlechter, sondern nur auf die Eroberung der Stadt sich gründen konnte und gegründet ward.


38 Hieraus entwickelte sich der staatsrechtliche Begriff der See- oder Bürgerkolonie (colonia civium Romanorum), das heißt einer faktisch gesonderten, aber rechtlich unselbständigen und willenlosen Gemeinde, die in der Hauptstadt aufgeht wie im Vermögen des Vaters das Peculium des Sohnes und als stehende Besatzung vom Dienst in der Legion befreit ist.


39 Darauf geht ohne Zweifel die Bestimmung der zwölf Tafeln: Nex[i mancipiique] forti sanatique idem ius esto, d.h. es soll im privatrechtlichen Verkehr dem Guten und dem Gebesserten gleiches Recht zustehen. An die latinischen Bundesgenossen kann hier nicht gedacht sein, da deren rechtliche Stellung durch die Bundesverträge bestimmt wird und das Zwölftafelgesetz überhaupt nur vom Landrecht handelt; sondern die sanates sind die Latini prisci cives Romani, das heißt die von den Römern in das Plebejat genötigten Gemeinden Latiums.


40 Es scheint sogar aus einem Teile der albischen Mark die Gemeinde Bovillae gebildet und diese an Albas Platz unter die autonomen latinischen Städte eingetreten zu sein. Ihren albischen Ursprung bezeugt der Julierkult und der Name Albani Longani Bovillenses (Orelli-Henzen 119. 2252. 6019); ihre Autonomie Dionysios 5, 61 und Cicero pro Planc. 9, 23.


41 Beide Namen, obwohl später auch als Lokalnamen und zwar capitolium von der nach dem Fluß, arx von der nach dem Quirinal zu liegenden Spitze des Burghügels gebraucht, sind ursprünglich, genau den griechischen ἄκρα und κορυφή entsprechend, appellativ, wie denn jede latinische Stadt ihr capitolium ebenfalls hat. Der Lokalname des römischen Burghügels ist mons Tarpeius.


42 Die Bestimmung, ne quis patricius in arce auf capitolio habitaret, untersagte wohl nur die Umwandlung des Bodens in Privateigentum, nicht die Anlegung der Wohnhäuser. Vgl. Becker Top. S. 386.


43 Denn von hier führte der Hauptweg, die ›heilige Straße‹, auf die Burg hinauf; und in der Wendung, die diese bei dem Severusbogen nach links macht, ist noch deutlich die Einbiegung auf das Tor zu erkennen. Dieses selbst wird in den großen Bauten, die später am Clivus stattfanden, untergegangen sein. Das sogenannte Tor an der steilsten Stelle des kapitolinischen Berges, das unter dem Namen des janualischen oder saturnischen oder auch des offenen vorkommt und in Kriegszeiten stets offen stehen mußte, hatte augenscheinlich nur religiöse Bedeutung und ist nie ein wirkliches Tor gewesen.


44 Es kommen vier solcher Gilden vor: 1) die Capitolini (Cicero ad Q. fr. 2, 5, 2) mit eigenen magistri (Henzen 6010. 6011) und jährlichen Spielen (Liv. 5, 50); vgl. zu C.I.L. I n. 805; 2) die Mercuriales (Liv. 2, 27; Cicero a.a.O.; Preller Myth. S. 597) ebenfalls mit magistri (Henzen 6010), die Gilde aus dem Circustal, wo der Mercurtempel sich befand; 3) die pagani Aventinenses ebenfalls mit magistri (Henzen 6010); 4) die pagani pagi Ianiculensis ebenfalls mit magistri (C.I.L. I n. 801. 802). Es ist gewiß nicht zufällig, daß diese vier Gilden, die einzigen derartigen, die in Rom vorkommen, eben den von den vier örtlichen Tribus aus-, aber von der servianischen Mauer eingeschlossenen beiden Hügeln, dem Kapitol und dem Aventin und dem zu derselben Befestigung gehörigen Ianiculum angehören; und damit steht weiter im Zusammenhang, daß als Bezeichnung der gesamten städtischen Eingesessenen Roms montani paganive gebraucht wird – vgl. außer der bekannten Stelle Cic. de domo 28. 74 besonders das Gesetz über die städtischen Wasserleitungen bei Festus unter sifus S. 340: [mon]tani paganive si[fis aquam dividunto]. Die montani, eigentlich die Bewohner der palatinischen drei Bezirke (S. 52), scheinen hier a potiori für die ganze eigentliche Stadtbürgerschaft der vier Quartiere gesetzt zu sein; die pagani sind sicher die außerhalb der Tribus stehenden Genossenschaften vom Aventin und Ianiculum und die analogen Kollegien vom Kapitol und dem Circustal.


45 Die ›Siebenhügelstadt‹ im eigentlichen und religiösen Sinn ist und bleibt das engere palatinische Altrom (S. 48). Allerdings hat auch das servianische Rom sich wenigstens schon in der ciceronischen Zeit (vgl. z.B. Cicero ad Att. 6, 5, 2; Plutarch q. Rom 69) als Siebenhügelstadt betrachtet, wahrscheinlich weil das auch in der Kaiserzeit eifrig gefeierte Fest des Septimontium anfing als allgemeines Stadtfest zu gelten; aber schwerlich ist man je darüber zu fester Einigung gelangt, welche von den durch den servianischen Mauerring umfaßten Anhöhen zu den sieben zählen. Die uns geläufigen sieben Berge Palatinus, Aventinus, Caelius, Esquilinus, Viminalis, Quirinalis, Capitolinus zählt kein alter Schriftsteller auf. Sie sind zusammengestellt aus der traditionellen Erzählung von der allmählichen Entstehung der Stadt (Jordan Topographie 2, 206 fg.), aber das Ianiculum ist dabei nur übergangen, weil sonst acht herauskommen würden. Die älteste Quelle, welche die sieben Berge (montes) Roms aufzählt, die Stadtbeschreibung aus der Zeit Konstantins des Großen, nennt als solche Palatin, Aventin, Caelius, Esquilin, Tarpeius, Vaticanus und Ianiculum – wo also der Quirinal und Viminal, offenbar als colles, fehlen und dafür zwei, ›montes‹ vom rechten Tiberufer, darunter sogar der außerhalb der servianischen Mauer liegende Vaticanus mit hineingezogen sind. Andere noch spätere Listen geben Servius (zur Aen, 6, 783), die Berner Scholien zu Vergils Georgiken 2, 535 und Lydus (demens. S. 118 Bekker).


46 Sowohl die Lage der beiden Tempel als das ausdrückliche Zeugnis des Dionysios 2, 25, daß der Vestatempel außerhalb der Roma quadrata lag, bezeugen es, daß diese Anlagen nicht mit der palatinischen, sondern mit der zweiten (servianischen) Stadtgründung im Zusammenhang stehen; und wenn den Späteren dieses Königshaus mit dem Vestatempel als Anlage Numas gilt, so ist die Ursache dieser Annahme zu offenbar, um darauf Gewicht zu legen.


47 In dem Alphabet ist besonders bemerkenswert das r von der lateinischen (R), nicht von der etruskischen Form (D) und das z (Fußnoten); es kann nur aus dem primitiven lateinischen abgeleitet sein und wird dies sehr getreu darstellen. Die Sprache steht ebenfalls dem ältesten Latein nah; Marci Acarcelini he cupa, das ist Marcius Acarcelinius heic cubat; Menerva A. Cotena La. f .... zenatuo sentem.... dedet cuando ... cuncaptum, das ist Minervae A(ulus?) Cotena La(rtis) f(ilius).. de senatus sententiu dedit quando (wohl = olim) conceptum. Zugleich mit diesen und ähnlichen haben sich einige andere Inschriften gefunden von abweichender und unzweifelhaft etruskischer Sprache und Schrift.


48 Ras-ennae mit der S. 117 erwähnten gentilicischen Endung.


49 Dahin gehören z.B. Inschriften caeritischer Tongefäße wie: m i n i c e ϑ u m a m i m a ϑ u m a r a m l i s i a e ϑ i p u r e n a i e ϑ e e r a i s i e e p a n a m i n e ϑ u n a s t a v h e l e f u oder: m i r a m u ϑ a s k a i u f i n a i a.


50 Wie die Sprache jetzt klingen mochte, davon kann einen Begriff geben zum Beispiel der Anfang der großen Perusiner Inschrift: eulat tanna larezu ameυaχr lautn velϑinase stlaafunas sleleϑcaru.


51 So Maecenas, Porsena, Vivenna, Caecina, Spurinna. Der Vokal in der vorletzten Silbe ist ursprünglich lang, wird aber infolge der Zurückziehung des Accents auf die Anfangssilbe häufig verkürzt und sogar ausgestoßen. So finden wir neben Porsēna, auch Porsĕna, neben Caecina Ceicne.


52 Ob der Name der Graeker ursprünglich an dem epirotischen Binnenland und der Gegend von Dodone haftet oder vielmehr den früher vielleicht bis an das Westmeer reichenden Aetolern eigen war, mag dahingestellt bleiben; er muß in ferner Zeit einem hervorragenden Stamm oder Komplex von Stämmen des eigentlichen Griechenlands eigen gewesen und von diesen auf die gesamte Nation übergegangen sein. In den hesiodischen Eöen erscheint er als älterer Gesamtname der Nation, jedoch mit offenbarer Absichtlichkeit bei Seite geschoben und dem hellenischen untergeordnet, welcher letztere bei Homer noch nicht, wohl aber, außer bei Hesiod, schon bei Archilochos um das J. 50 [700] Roms auftritt und recht wohl noch bedeutend früher aufgekommen sein kann (Duncker Gesch. d. Alt. 3, 18. 556). Also bereits vor dieser Zeit waren die Italiker mit den Griechen so weit bekannt, daß jener in Hellas früh verschollene Name bei ihnen als Gesamtname der griechischen Nation blieb, auch als diese selbst andere Wege ging. Es ist dabei nur in der Ordnung, daß den Ausländern die Zusammengehörigkeit der hellenischen Stämme früher und deutlicher zum Bewußtsein gekommen ist als diesen selbst und daher die Gesamtbenennung hier schärfer sich fixierte als dort, nicht minder, daß dieselbe nicht gerade den wohlbekannten nächstwohnenden Hellenen entnommen ward. Wie man es damit vereinigen will, daß noch ein Jahrhundert vor der Gründung Roms Italien den kleinasiatischen Griechen völlig unbekannt war, ist schwer abzusehen. Von dem Alphabet wird unten die Rede sein; es ergibt dessen Geschichte vollkommen die gleichen Resultate. Man wird es vielleicht verwegen nennen, auf solche Beobachtungen hin die herodotische Angabe über das Zeitalter Homers zu verwerfen; aber ist es etwa keine Kühnheit in Fragen dieser Art der Überlieferung zu folgen?


53 So sind die drei altorientalischen Formen des i (Fußnoten ), l (Fußnoten) und r (Fußnoten), für die als leicht zu verwechseln mit den Formen des s, g und p schon früh die Zeichen Fußnoten vorgeschlagen worden sind, in den achäischen Kolonien entweder ausschließlich oder doch sehr vorwiegend in Gebrauch geblieben, während die übrigen Griechen Italiens und Siziliens ohne Unterschied des Stammes sich ausschließlich oder doch sehr vorwiegend der jüngeren Formen bedient haben.


54 So zum Beispiel heißt es auf einem kymäischen Tongefäß Ταταίες ἐμὶ λέFußnotenυϑος. Fὀς δ᾽ ἄν με κλέφσει ϑυφλὸς ἔσται.


55 Die ältesten griechischen Schriften, in denen uns diese tyrrhenische Odysseussage erscheint, sind die hesiodische Theogonie in einem ihrer jüngeren Abschnitte und sodann die Schriftsteller aus der Zeit kurz vor Alexander, Ephoros, aus dem der sogenannte Skymnos geflossen ist, und der sogenannte Skylax. Die erste dieser Quellen gehört einer Zeit an, wo Italien den Griechen noch als Inselgruppe galt und ist also sicher sehr alt; und es kann danach die Entstehung dieser Sagen im ganzen mit Sicherheit in die römische Königszeit gesetzt werden


56 Phoenikisch Karthada, griechisch Karchedon, römisch Cartago.


57 Der Name Afri, schon Ennius und Cato geläufig – man vergleiche Scipio Africanus – ist gewiß ungriechisch, höchst wahrscheinlich stammverwandt mit dem der Hebräer.


58 Sarranisch heißen den Römern seit alter Zeit der tyrische Purpur und die tyrische Flöte und auch als Beiname ist Sarranus wenigstens seit dem hannibalischen Krieg in Gebrauch. Der bei Ennius und Plautus vorkommende Stadtname Sarra ist wohl aus Sarranus, nicht unmittelbar aus dem einheimischen Namen Sor gebildet. Die griechische Form Tyrus, Tyrius möchte bei den Römern nicht vor Afranius (bei Festus p. 355 M.) vorkommen. Vgl. Movers Phön. 2, 1, 174.


59 Dieser ›Wagenstuhl‹ – eine andere Erklärung ist sprachlich nicht wohl möglich (vgl. auch Servius zur Aeneis 1, 16) – wird wohl am einfachsten in der Weise erklärt, daß der König in der Stadt allein zu fahren befugt war (S. 63), woher das Recht später dem höchsten Beamten für feierliche Gelegenheiten blieb, und daß er ursprünglich, solange es noch kein erhöhtes Tribunal gab, auf dem Comitium oder wo er sonst wollte vom Wagenstuhl herab Recht sprach.


60 Die Erzählung von dem Tode des Königs Tatius, wie Plutarch (Rom. 23. 24) sie gibt: daß Verwandte des Tatius laurentinische Gesandte ermordet hätten; daß Tatius den klagenden Verwandten der Erschlagenen das Recht geweigert habe; daß dann Tatius von diesen erschlagen worden sei; daß Romulus die Mörder des Tatius freigesprochen, weil Mord mit Mord gesühnt sei; daß aber infolge göttlicher über beide Städte zugleich ergangener Strafgerichte sowohl die ersten als die zweiten Mörder in Rom und in Laurentum nachträglich zur gerechten Strafe gezogen seien – diese Erzählung sieht ganz aus wie eine Historisierung der Abschaffung der Blutrache, ähnlich wie die Einführung der Provokation dem Horatiermythus zugrunde liegt. Die anderswo vorkommenden Fassungen dieser Erzählung weichen freilich bedeutend ab, scheinen aber auch verwirrt oder zurechtgemacht.


61 Die Manzipation in ihrer entwickelten Gestalt ist notwendig jünger als die servianische Reform, wie die auf die Feststellung des Bauerneigentums gerichtete Auswahl der manzipablen Objekte beweist, und wie selbst die Tradition angenommen haben muß, da sie Servius zum Erfinder der Wage macht. Ihrem Ursprung nach muß aber die Manzipation weit älter sein, denn sie paßt zunächst nur auf Gegenstände, die durch Ergreifen mit der Hand erworben werden und muß also in ihrer ältesten Gestalt der Epoche angehören, wo das Vermögen wesentlich in Sklaven und Vieh (familia pecuniaque) bestand. Die Aufzählung derjenigen Gegenstände, die manzipiert werden mußten, wird demnach eine servianische Neuerung sein; die Manzipation selbst und also auch der Gebrauch der Wage und des Kupfers sind älter. Ohne Zweifel ist die Manzipation ursprünglich allgemeine Kaufform und noch nach der servianischen Reform bei allen Sachen vorgekommen; erst späteres Mißverständnis deutete die Vorschrift, daß gewisse Sachen manzipiert werden müßten, dahin um, daß nur diese Sachen und keine anderen manzipiert werden könnten.


62 Nämlich für das zehnmonatliche Jahr den zwölften Teil des Kapitals (uncia), also für das zehnmonatliche Jahr 81/3, für das zwölfmonatliche 10 vom Hundert.


63 Das ist allem Anschein nach das ursprüngliche Wesen der ›Morgenmutter‹ oder Mater matuta; wobei man sich wohl daran zu erinnern hat, daß, wie die Vornamen Lucius und besonders Manius beweisen, die Morgenstunde für die Geburt als glückbringend galt. Zur See- und Hafengöttin ist die Mater matuta wohl erst später unter dem Einfluß des Leukotheamythus geworden; schon daß die Göttin vorzugsweise von den Frauen verehrt ward, spricht dagegen sie ursprünglich als Hafengöttin zu fassen.


64 Aus Maurs, was die älteste überlieferte Form ist, entwickeln sich durch verschiedene Behandlung des u Mars, Mavors, mors; der Übergang in ŏ (ähnlich wie Paula, Pola u. dgl. m.) erscheint auch in der Doppelform Mar-Mor (vgl. Ma-mūrius) neben Mar-Mar und Ma-Mers.


65 Daß Tor und Türe und der Morgen (ianus matutinus) dem Ianus heilig ist und er stets vor jedem andern Gott angerufen, ja selbst in der Münzreihe noch vor dem Jupiter und den andern Göttern aufgeführt wird, bezeichnet ihn unverkennbar als die Abstraktion der Öffnung und Eröffnung. Auch der nach zwei Seiten schauende Doppelkopf hängt mit dem nach zwei Seiten hin sich öffnenden Tore zusammen. Einen Sonnen- und Jahresgott darf man umso weniger aus ihm machen, als der von ihm benannte Monat ursprünglich der elfte, nicht der erste ist; vielmehr scheint dieser Monat seinen Namen davon zu führen, daß in dieser Zeit nach der Rast des Mittwinters der Kreislauf der Feldarbeiten wieder von vorn beginnt. Daß übrigens, namentlich seit der Januarius an der Spitze des Jahres stand, auch die Eröffnung des Jahres in den Bereich des Ianus hineingezogen ward, versteht sich von selbst.


66 Am deutlichsten zeigt sich dies darin, daß in den nach dem latinischen Schema geordneten Gemeinden Augurn und Pontifices überall vorkommen (z.B. Cic. de lege agr. 2, 35, 96 und zahlreiche Inschriften), ebenso der pater patratus der Fetialen in Laurentum (Orelli 2276), die übrigen Kollegien aber nicht. Jene also stehen auf einer Linie mit der Zehnkurienverfassung, den Flamines, Saliern, Luperkern als ältestes latinisches Stammgut; wogegen die Duovirn sacris faciundis und die anderen Kollegien, wie die dreißig Kurien und die servianischen Tribus und Centurien, in Rom entstanden und darum auch auf Rom beschränkt geblieben sind. Nur der Name des zweiten Kollegiums, der Pontifices, ist wohl entweder durch römischen Einfluß in das allgemein latinische Schema anstatt älterer vielleicht mannigfaltiger Namen eingedrungen, oder es bedeutete ursprünglich, was sprachlich manches für sich hat, pons nicht Brücke, sondern Weg überhaupt, pontifex also den Wegebauer. – Die Angaben über die ursprüngliche Zahl namentlich der Augurn schwanken. Daß die Zahl derselben ungerade sein mußte, widerlegt Cic. de lege agr. 2, 35, 96; und auch Livius 10, 6 sagt wohl nicht dies, sondern nur, daß die Zahl der römischen Angurn durch drei teilbar sein und insofern auf eine ungerad Grundzahl zurückgehen müsse. Nach Livius a.a.O. war die Zahl bis zum ogulnischen Gesetz sechs und eben das sagt wohl auch Cicero de rep. 2, 9. 14, indem er Romulus vier, Numa zwei Angurstellen einrichten läßt. Über die Zahl der Pontifices vgl. Staatsrecht 2, 20.


67 Hierin konnte nur unüberlegte Auffassung Überreste alter Menschenopfer finden.


68 Sors, von serere, reihen. Es waren wahrscheinlich an einer Schnur gereihte Holztäfelchen, die geworfen verschiedenartige Figuren bildeten; was an die Runen erinnert.


69 Die bei der deutschen Feldgemeinschaft vorkommende Verbindung geteilten Eigentums der Genossen und gemeinschaftlicher Bestellung durch die Genossenschaft hat in Italien schwerlich je bestanden. Wäre hier, wie bei den Deutschen, jeder Genosse als Eigentümer eines Einzelfleckes in jedem wirtschaftlich abgegrenzten Teile der Gesamtmark betrachtet worden, so würde doch wohl die spätere Sonderwirtschaft von zerstückelten Hufen ausgehen. Allein es ist vielmehr das Gegenteil der Fall; die Individualnamen der römischen Hufen (fundus Cornehanus) zeigen deutlich, daß der älteste römische Individualgrundbesitz faktisch geschlossen war.


70 Cicero (de rep. 2, 9. 14; vgl. Plutarch q. Rom. 15) berichtet: Tum (zur Zeit des Romulus) erat res in pecore et locorum possessionibus, ex quo pecuniosi et locupletes vocabantur. – (Numa) primum agros, quos bello Romulus ceperat, divisit viritim civibus. Ebenso läßt Dionys den Romulus das Land in dreißig Kuriendistrikte teilen, den Numa die Grenzsteine setzen und das Terminalienfest einführen (1, 7. 2, 74; daraus Plutarch Numa 16).


71 Da dieser Behauptung fortwährend noch widersprochen wird, so mögen die Zahlen reden. Die römischen Landwirte der späteren Republik und der Kaiserzeit rechnen durchschnittlich für das Iugerum als Aussaat 5 römische Scheffel Weizen, als Ertrag das fünffache Korn; der Ertrag eines Heredium ist demnach, selbst wenn man, von dem Hans- und Hofraum absehend, es lediglich als Ackerland betrachtet und auf Brachjahre keine Rücksicht nimmt, 50 oder nach Abzug des Saatkorns 40 Scheffel. Auf den erwachsenen schwer arbeitenden Sklaven rechnet Cato (c. 56) für das Jahr 51 Scheffel Weizen. Die Frage, ob eine römische Familie von dem Heredium leben konnte oder nicht, mag danach sich jeder selber beantworten. Der versuchte Gegenbeweis stützt sich darauf, daß der Sklave der späteren Zeit ausschließlicher als der freie Bauer der älteren von Getreide gelebt hat und daß für die ältere Zeit die Annahme des fünffachen Kornes eine zu niedrige ist; beides ist wohl richtig, aber für beides gibt es eine Grenze. Ohne Zweifel sind die Nebennutzungen, welche das Ackerland selbst und die Gemeinweide an Feigen, Gemüse, Milch Fleisch (besonders durch die alte und intensive Schweinezucht) u. dgl. abwirft, besonders für die ältere Zeit in Anschlag zu bringen; aber die ältere römische Weidewirtschaft war wenn auch nicht unbedeutend, so doch von untergeordneter Bedeutung und die Hauptnahrung des Volkes immer notorisch das Getreide. Man mag ferner wegen der Intensität der älteren Kultur zu einer sehr ansehnlichen Steigerung besonders des Bruttoertrags gelangen – und ohne Frage haben die Bauern dieser Zeit ihren Äckern einen größeren Ertrag abgewonnen als die Plantagenbesitzer der späteren Republik und der Kaiserzeit ihn erzielten (S. 34); aber Maß wird auch hier zu halten sein, da es ja um Durchschnittssätze sich handelt und um eine weder rationell noch mit großem Kapital betriebene Bauernbewirtschaftung. Die Annahme des zehnten Korns statt des fünften wird die äußerste Grenze sein, und sie genügt doch weitaus nicht. Auf keinen Fall läßt das enorme Defizit, welches auch nach diesen Ansätzen zwischen dem Ertrag des Heredium und dem Bedarf des Hauswesens bleibt, durch bloße Kultursteigerung sich decken. In der Tat wird der Gegenbeweis erst dann als geführt zu betrachten sein, wenn eine rationelle landwirtschaftliche Berechnung aufgestellt sein wird, wonach bei einer überwiegend von Vegetabilien sich nährenden Bevölkerung der Ertrag eines Grundstückes von 2 Morgen sich als durchschnittlich für die Ernährung einer Familie ausreichend herausstellt. – Man behauptet nun zwar, daß selbst in geschichtlicher Zeit Koloniegründungen mit Ackerlosen von zwei Morgen vorkommen; aber das einzige Beispiel der Art (Liv. 4, 47) die Kolonie Labici vom Jahr 336 wird von denjenigen Gelehrten, gegen welche es überhaupt der Mühe sich verlohnt Argumente zu gebrauchen, sicherlich nicht zu der im geschichtlichen Detail zuverlässigen Überlieferung gezählt werden und unterliegt auch noch anderen sehr ernsten Bedenken (Buch 2 Kap. 5 Anm.). Das allerdings ist richtig, daß bei der nicht kolonialen Ackeranweisung an die gesamte Bürgerschaft (adsignatio viritana) zuweilen nur wenige Morgen gegeben worden sind (so z.B. Liv. 8, 11. 21); aber hier sollten auch keineswegs in den Losen neue Bauerwesen geschaffen, sondern vielmehr in der Regel zu den bestehenden vom eroberten Lande neue Parzellen hinzugefügt werden (vgl. C. 1. L. I p. 88). Auf alle Fälle wird jede andere Annahme besser sein als eine Hypothese, welche mit den fünf Broten und zwei Fischen des Evangeliums ziemlich auf einer Linie steht. Die römischen Bauern waren bei weitem weniger bescheiden als ihre Historiographen; sie meinten selbst auf Grundstücken von 7 Morgen oder 140 römischen Scheffeln Ertrag nicht auskommen zu können.


72 Vielleicht der jüngste, obwohl schwerlich der letzte Versuch den Nachweis zu führen, daß die latinische Bauernfamilie von 2 Morgen Landes hat leben können, ist hauptsächlich darauf gestützt worden, daß Varro (de r.r. 1, 44, 1) als Aussaat auf den Morgen 5 Scheffel Weizen, dagegen 10 Scheffel Spelt rechnet und diesem entsprechend den Ertrag ansetzt, woraus denn gefolgert wird, daß der Speltbau wo nicht den doppelten, doch einen beträchtlich höheren Ertrag liefert als der Weizenbau. Es ist aber vielmehr das Umgekehrte richtig und jene nominell höhere Aussaat und Ernte einfach zu erklären aus dem Umstand, daß die Römer den Weizen ausgehülst lagerten und säeten, den Spelt aber in den Hülsen (Plinius h.n. 18, 7, 61), die sich hier durch das Dreschen nicht von der Frucht trennen. Aus demselben Grunde wird der Spelt auch heutzutage noch doppelt so stark gesäet als der Weizen und liefert nach Scheffelmaß doppelt höheren Ertrag, nach Abzug der Hülsen aber geringeren. Nach württembergischen Angaben, die mir G. Hanssen mitteilt, rechnet man dort als Durchschnittsertrag für den württembergischen Morgen an Weizen (bei einer Aussaat von 1/4-1/2 Scheffel) 3 Scheffel zum mittleren Gewicht von 275 Pfd. (= 825 Pfd.), an Spelt (bei einer Aussaat von 1/2-11/2 Scheffel) mindestens 7 Scheffel zum mittleren Gewicht von 150 Pfd. (= 1050 Pfd.), welche durch die Schälung sich auf etwa 4 Scheffel reduzieren. Also liefert der Spelt verglichen mit dem Weizen im Bruttoertrag mehr als doppelte, bei gleich gutem Boden vielleicht dreifache Ernte, dem spezifischen Gewicht nach aber vor der Enthülsung nicht viel über, nach der Enthülsung (als ›Kern‹) weniger als die Hälfte. Nicht aus Versehen, wie behauptet worden ist, sondern weil es zweckmäßig ist bei Überschlägen dieser Art von überlieferten und gleichartigen Ansetzungen auszugehen, ist die oben aufgestellte Berechnung auf Weizen gestellt worden; sie durfte es, weil sie, auf Spelt übertragen, nicht wesentlich abweicht und der Ertrag eher fällt als steigt. Der Spelt ist genügsamer in Bezug auf Boden und Klima, und weniger Gefahren ausgesetzt als der Weizen; aber der letztere liefert im ganzen, namentlich wenn man die nicht unbeträchtlichen Enthülsungskosten in Anschlag bringt, einen höheren Reinertrag (nach fünfzigjährigem Durchschnitt stellt in der Gegend von Frankenthal in Rheinbayern sich der Malter Weizen auf 11 Gulden 3 Krz., der Malter Spelt auf 4 Gulden 30 Krz.), und wie in Süddeutschland, wo der Boden ihn zuläßt, der Weizenbau vorgezogen wird und überhaupt bei vorschreitender Kultur dieser den Speltbau zu verdrängen pflegt, so ist auch der gleichartige Übergang der italischen Landwirtschaft vom Spelt- zum Weizenbau unleugbar ein Fortschritt gewesen.


73 Oleum, oliva sind aus ἔλαιον ἔλαια, amurca (Ölhefe) aus ἀμόργη entstanden.


74 Aber daß der vor dem Saturnustempel stehende im Jahr 260 umgehauen ward (Plin. 15, 18, 77), ist nicht überliefert; die Ziffer CCLX fehlt in allen guten Handschriften und ist, wohl mit Anlehnung an Liv. 2, 21, interpoliert.


75 Der gesetzliche Verhältniswert der Schafe und Rinder geht bekanntlich daraus hervor, daß, als man die Vieh- in Geldbußen umsetzte, das Schaf zu zehn, das Rind zu hundert Assen angesetzt wurde (Festus v. peculatus p. 237, vgl. p. 34. 144. Gell. 11, 1. Plutarch Poplicola 11). Es ist dieselbe Bestimmung, wenn nach isländischem Recht der Kuh zwölf Widder gleich gelten; nur daß hier, wie auch sonst, das deutsche Recht dem älteren dezimalen das Duodezimalsystem substituiert hat. – Daß die Bezeichnung des Viehes bei den Latinern (pecunia) wie bei den Deutschen (englisch fee) in die des Geldes übergeht, ist bekannt.


76 Vor kurzem ist in Praeneste ein silberner Mischkrug mit einer phoenikischen und einer Hieroglypheninschrift gefunden worden (mon. dell' Inst. X. Taf. 32), welcher unmittelbar beweist, daß was Ägyptisches in Italien zum Vorschein kommt, durch phoenikische Vermittelung dorthin gelangt ist.


77 Velum ist sicher latinischen Ursprungs; ebenso malus, zumal da dies nicht bloß den Mast-, sondern überhaupt den Baum bezeichnet; auch antenna kann von ἀνά (anhelare, antestari) und tendere = supertensa herkommen. Dagegen sind griechisch gubernare steuern κυβερνᾶν, ancora Anker ἄγκυρα, prora Vorderteil πρῶρα, aplustre Schiffshinterteil ἄφλαστον, anquina der die Rahen festhaltende Strick ἄγκοινα, nausea Seekrankheit ναυσία. Die alten vier Hauptwinde – aquilo der Adlerwind, die nordöstliche Tramontana; volturnus (unsichere Ableitung, vielleicht der Geierwind), der Südost; auster, der ausdörrende Südwestwind, der Scirocco; favonius, der günstige vom tyrrhenischen Meer herwehende Nordwestwind – haben einheimische nicht auf Schiffahrt bezügliche Namen; alle übrigen lateinischen Windnamen aber sind griechisch (wie eurus, notus) oder aus griechischen übersetzt (z.B. solanus = ἀπηλιώτης, Africus = λίψ).


78 Zunächst sind die Marken im Lagerdienst gemeint, die ξυλήφια κατὰ φυλακὴν βραχέα τελέως ἔχοντα χαρακτῆρα (Polyb. 6, 35, 7); die vier vigiliae des Nachtdienstes haben den Marken überhaupt den Namen gegeben. Die Vierteilung der Nacht für den Wachtdienst ist griechisch wie römisch; die Kriegswissenschaft der Griechen mag wohl, etwa durch Pyrrhos (Liv. 35, 14), auf die Organisation des Sicherheitsdienstes im römischen Lager eingewirkt haben. Die Verwendung der nicht dorischen Form spricht für verhältnismäßig späte Übernahme des Wortes.


79 Das Latein scheint, abgesehen von Sarranus, After und anderen örtlichen Benennungen (S. 142), nicht ein einziges in älterer Zeit unmittelbar aus dem Phoenikischen entlehntes Wort zu besitzen. Die sehr wenigen in demselben vorkommenden wurzelhaft phoenikischen Wörter, wie namentlich arrabo oder arra und etwa noch murra, nardus n. dgl. m., sind offenbar zunächst Lehnwörter aus dem Griechischen, das in solchen orientalischen Lehnwörtern eine ziemliche Anzahl von Zeugnissen seines ältesten Verkehrs mit den Aramäern aufzuweisen hat. Daß ἐλέφας und ebur von dem gleichen phoenikischen Original mit oder ohne Hinzufügung des Artikels, also jedes selbständig gebildet seien, ist sprachlich unmöglich, da der phoenikische Artikel vielmehr ha ist, auch so nicht verwendet wird; überdies ist das orientalische Urwort bis jetzt noch nicht gefunden. Dasselbe gilt von dem rätselhaften Worte thesaurus; mag dasselbe nun ursprünglich griechisch oder von den Griechen aus dem Phoenikischen oder Persischen entlehnt sein, im Lateinischen ist es, wie schon die Festhaltung der Aspiration beweist, auf jeden Fall griechisches Lehnwort (S. 177).


80 Ursprünglich sind sowohl ›actus‹, Trieb wie auch das noch häufiger vorkommende Doppelte davon, ›iugerum‹, Joch, wie unser ›Morgen‹, nicht Flächen-sondern Arbeitsmaße und bezeichnen dieser das Tage-, jener das halbe Tagewerk, mit Rücksicht auf die namentlich in Italien scharf einschneidende Mittagsruhe des Pflügers.


81 Aus derselben Ursache sind sämtliche Festtage ungerade, sowohl die in jedem Monat wiederkehrenden (kalendae am 1., nonae am 5. oder 7., idus am 13. oder 15.) als auch, mit nur zwei Ausnahmen, die Tage der oben (S. 160) erwähnten 45 Jahresfeste. Dies geht so weit, daß bei mehrtägigen Festen dazwischen die geraden Tage ausfallen, also z.B. das der Carmentis Jan. 11. 15, das Hainfest Juli 19. 21, die Gespensterfeier Mai 9. 11. 13 begangen wird.


82 Die Geschichte des Alphabets bei den Hellenen besteht im wesentlichen darin, daß gegenüber dem Uralphabet von 23 Buchstaben, das heißt dem vokalisierten und mit dem u vermehrten phoenikischen, die verschiedenartigsten Vorschläge zur Ergänzung und Verbesserung desselben gemacht worden sind und daß jeder dieser Vorschläge seine eigene Geschichte gehabt hat. Die wichtigsten dieser Vorschläge, die auch für die Geschichte der italischen Schrift im Auge zu behalten von Interesse ist, sind die folgenden. – I. Einführung eigener Zeichen für die Laute ξ φ χ. Dieser Vorschlag ist so alt, daß mit einziger Ausnahme desjenigen der Inseln Thera, Melos und Kreta alle griechischen und schlechterdings alle aus dem griechischen abgeleiteten Alphabete unter dem Einfluß desselben stehen. Ursprünglich ging er wohl dahin die Zeichen Fußnoten = ξῖ, Fußnoten = φῖ, Fußnoten = χῖ dem Alphabet am Schluß anzufügen und in dieser Gestalt hat er auf dem Festland von Hellas mit Ausnahme von Athen und Korinth und ebenso bei den sizilischen und italischen Griechen Annahme gefunden. Die kleinasiatischen Griechen dagegen und die der Inseln des Archipels, ferner auf dem Festland die Korinther scheinen, als dieser Vorschlag zu ihnen gelangte, für den Laut ξῖ bereits das fünfzehnte Zeichen des phoenikischen Alphabets (Samech) Fußnoten im Gebrauch gehabt zu haben; sie verwendeten deshalb von den drei neuen Zeichen zwar dasFußnoten auch für φῖ, aber das Fußnoten nicht für ξῖ, sondern für χῖ. Das dritte ursprünglich für χῖ erfundene Zeichen ließ man wohl meistenteils fallen; nur im kleinasiatischen Festland hielt man es fest, gab ihm aber den Wert ψῖ. Der kleinasiatischen Schreibweise folgte auch Athen, nur daß hier nicht bloß das ψῖ, sondern auch das ξῖ nicht angenommen, sondern dafür wie früher der Doppelkonsonant geschrieben ward. – II. Ebenso früh, wenn nicht noch früher hat man sich bemüht, die nahe liegende Verwechselung der Formen für i Fußnoten und s Fußnoten zu verhüten; denn sämtliche uns bekannte griechische Alphabete tragen die Spuren des Bestrebens beide Zeichen anders und schärfer zu unterscheiden. Aber schon in ältester Zeit müssen zwei Änderungsvorschläge gemacht sein, deren jeder seinen eigenen Verbreitungskreis gefunden hat: entweder man verwendete für den Sibilanten, wofür das phoenikische Alphabet zwei Zeichen, das vierzehnte (Fußnoten) für sch und das achtzehnte Fußnoten für s, darbot, statt des letzteren lautlich angemesseneren vielmehr jenes – und so schrieb man in älterer Zeit auf den östlichen Inseln, in Korinth und Kerkyra und bei den italischen Achäern – oder man ersetzte das Zeichen des i durch einfachen Strich Fußnoten, was bei weitem das Gewöhnlichere war und in nicht allzu später Zeit wenigstens insofern allgemein ward, als das gebrochene i Fußnoten überall verschwand, wenngleich einzelne Gemeinden das s in der Form Fußnoten auch neben dem festhielten. – III. Jünger ist die Ersetzung des leicht mit Fußnoten γ zu verwechselnden λ Fußnoten durch Fußnoten, der wir in Athen und Böotien begegnen, während Korinth und die von Korinth abhängigen Gemeinden denselben Zweck dadurch erreichten, daß sie dem γ statt der haken- die halbkreisförmige Gestalt Fußnoten gaben. – IV. Die ebenfalls der Verwechselung sehr ausgesetzten Formen für pFußnoten und r Fußnoten wurden unterschieden durch Umgestaltung des letzteren in Fußnoten; welche jüngere Form nur den kleinasiatischen Griechen, den Kretern, den italischen Achäern und wenigen andern Landschaften fremd geblieben ist, dagegen sowohl in dem eigentlichen wie in Großgriechenland und Sizilien weit überwiegt. Doch ist die ältere Form des r Fußnoten hier nicht so früh und so völlig verschwunden wie die ältere Form des l; diese Neuerung fällt daher ohne Zweifel später. – Die Differenzierung des langen und kurzen e und des langen und kurzen o ist in älterer Zeit beschränkt geblieben auf die Griechen Kleinasiens und der Inseln des ägäischen Meeres. – Alle diese technischen Verbesserungen sind insofern gleicher Art und geschichtlich von gleichem Wert, als eine jede derselben zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Orte aufgekommen ist und sodann ihren eigenen Verbreitungsweg genommen und ihre besondere Entwickelung gefunden hat. Die vortreffliche Untersuchung Kirchhoffs (Studien zur Geschichte des griechischen Alphabets), welche auf die bisher so dunkle Geschichte des hellenischen Alphabets ein helles Licht geworfen und auch für die ältesten Beziehungen zwischen Hellenen und Italikern wesentliche Daten ergeben, namentlich die bisher ungewisse Heimat des etruskischen Alphabets unwiderleglich festgestellt hat, leidet insofern an einer gewissen Einseitigkeit, als sie auf einen einzelnen dieser Vorschläge verhältnismäßig zu großes Gewicht legt. Wenn überhaupt hier Systeme geschieden werden sollen, darf man die Alphabete nicht nach der Geltung des Fußnoten als ξ oder als χ in zwei Klassen teilen, sondern wird man das Alphabet von 23 und das von 25 oder 26 Buchstaben und etwa in dem letzteren noch das kleinasiatisch-ionische, aus dem das spätere Gemeinalphabet hervorgegangen ist, und das gemeingriechische der älteren Zeit zu unterscheiden haben. Es haben aber vielmehr im Alphabet die einzelnen Landschaften sich den verschiedenen Modifikationsvorschlägen gegenüber wesentlich eklektisch verhalten und ist der eine hier, der andere dort rezipiert worden. Eben insofern ist die Geschichte des griechischen Alphabets so lehrreich, als sie zeigt, wie in Handwerk und Kunst einzelne Gruppen der griechischen Landschaften die Neuerungen austauschten, andere in keinem solchen Wechselverhältnis standen. Was insbesondere Italien betrifft, so ist schon auf den merkwürdigen Gegensatz der achäischen Ackerstädte zu den chalkidischen und dorischen mehr kaufmännischen Kolonien aufmerksam gemacht worden (S. 133); in jenen sind durchgängig die primitiven Formen festgehalten, in diesen die verbesserten Formen angenommen, selbst solche, die von verschiedenen Seiten kommend sich gewissermaßen widersprechen, wie das Fußnoten γ neben dem Fußnoten l. Die italischen Alphabete stammen, wie Kirchhoff gezeigt hat, durchaus von dem Alphabet der italischen Griechen und zwar von dem chalkidisch-dorischen her; daß aber die Etrusker und die Latiner nicht die einen von den andern, sondern beide unmittelbar von den Griechen das Alphabet empfingen, setzt besonders die verschiedene Form des r außer Zweifel. Denn während von den vier oben bezeichneten Modifikationen des Alphabets, die die italischen Griechen überhaupt angehen (die fünfte blieb auf Kleinasien beschränkt), die drei ersten bereits durchgeführt waren, bevor dasselbe auf die Etrusker und Latiner überging, war die Differenzierung von p und r noch nicht geschehen, als dasselbe nach Etrurien kam, dagegen wenigstens begonnen, als die Latiner es empfingen, weshalb für r die Etrusker die Form Fußnoten gar nicht kennen, dagegen bei den Faliskern und den Latinern mit der einzigen Ausnahme des Dresselschen Tongefäßes (S. 213 A.) ausschließlich die jüngere Form begegnet


83 Daß das Koppa den Etruskern von jeher gefehlt hat, scheint nicht zweifelhaft: denn nicht bloß begegnet sonst nirgends eine sichere Spur desselben, sondern es fehlt auch in dem Musteralphabet des galassischen Gefäßes. Der Versuch es in dem Syllabarium desselben nachzuweisen ist auf jeden Fall verfehlt, da dieses nur auf die auch späterhin gemein gebräuchlichen etruskischen Buchstaben Rücksicht nimmt und nehmen kann, zu diesen aber das Koppa notorisch nicht gehört; überdies kann das am Schluß stehende Zeichen seiner Stellung nach nicht wohl einen anderen Wert haben als den des f, das im etruskischen Alphabet eben das letzte ist und das in dem die Abweichungen des etruskischen Alphabets von seinem Muster darlegenden Syllabarium nicht fehlen durfte. Auffallend bleibt es freilich, daß in dem nach Etrurien gelangten griechischen Alphabet das Koppa mangelte, da es sonst in dem chalkidisch-dorischen sich lange behauptet hat; aber es kann dies füglich eine lokale Eigentümlichkeit derjenigen Stadt gewesen sein, deren Alphabet zunächst nach Etrurien gekommen ist. Darin, ob ein als überflüssig werdendes Zeichen im Alphabet stehen bleibt oder ausfällt, hat zu allen Zeiten Willkür und Zufall gewaltet; so hat das attische Alphabet das achtzehnte phoenikische Zeichen eingebüßt, die übrigen aus der Lautschrift verschwundenen im Alphabet festgehalten.


84 Die vor kurzem bekannt gewordene goldene Spange von Praeneste (Mitt. des röm. Insts. 1887), unter den verständlichen Denkmälern lateinischer Sprache und lateinischer Schrift das weitaus älteste, zeigt die ältere Form des m, das rätselhafte Tongefäß vom Quirinal (herausgegeben von Dressel in den Annali dell' Instituto 1880) die ältere Form des r.


85 In diese Zeit wird diejenige Aufzeichnung der zwölf Tafeln zu setzen sein, welche späterhin den römischen Philologen vorlag und von der wir Trümmer besitzen. Ohne Zweifel ist das Gesetzbuch gleich bei seiner Entstehung niedergeschrieben worden; aber daß jene Gelehrten selber ihren Text nicht auf das Urexemplar zurückführten, sondern auf eine nach dem gallischen Brande vorgenommene offizielle Niederschrift, beweist die Erzählung von der damals erfolgten Wiederherstellung der Tafeln, und erklärt sich leicht eben daraus, daß ihr Text keineswegs die ihnen nicht unbekannte älteste Orthographie aufwies, auch abgesehen davon, daß bei einem derartigen überdies noch zum Auswendiglernen für die Jugend verwendeten Schriftstück philologisch genaue Überlieferung unmöglich angenommen werden kann.


86 Dies ist die S. 213 A. angeführte Inschrift der Spange von Praeneste. Dagegen hat selbst schon auf der ficoronischen Ciste Fußnoten den späteren Wert vonFußnoten


87 So ist Fußnoten Gaius, Fußnoten Gnaeus, aber Fußnoten Kaeso. Für die jüngeren Abkürzungen gilt dieses natürlich nicht; hier wird γ nicht durch Fußnoten, sondern durch Fußnoten ( Fußnoten Galeria), κ in der Regel durch Fußnoten (Fußnoten centum, Fußnoten consul, Fußnoten Collina), vor a durch Fußnoten ( Fußnoten karmentalia, Fußnoten merkatus) bezeichnet. Denn eine Zeitlang hat man den Laut κ vor den Vokalen e i o und vor allen Konsonanten durch Fußnoten ausgedrückt, dagegen vor a durch Fußnoten, vor u durch das alte Zeichen des Koppa Fußnoten.


88 Wenn dies richtig ist, so muß die Entstehung der homerischen Gedichte, wenn auch natürlich nicht gerade die der uns vorliegenden Redaktion, weit vor die Zeit fallen, in welche Herodot die Blüte des Homeros setzt (100 [850] vor Rom); denn die Einführung des hellenischen Alphabets in Italien gehört wie der Beginn des Verkehrs zwischen Hellas und Italien selbst erst der nachhomerischen Zeit an.


89 Ebenso altsächsisch writan eigentlich reißen, dann schreiben.


90 Das Rätsel, wie die Latiner dazu gekommen sind das griechische dem v entsprechende Zeichen für das lautlich ganz verschiedene f zu verwenden, hat die Spange von Praeneste (S. 213 A.) gelöst mit ihrem fhefhaked für fecit und damit zugleich die Herleitung des lateinischen Alphabets von den chalkidischen Kolonien Unteritaliens bestätigt. Denn in einer demselben Alphabet angehörigen böotischen Inschrift findet sich in dem Worte fhekadamoe (Gustav Meyer, griech. Grammatik § 244 a.E.) dieselbe Lautverbindung, und ein aspiriertes v mochte allerdings dem lateinischen f lautlich sich nähern.


91 So gibt der ältere Cato (de r.r. 160) als kräftig gegen Verrenkungen den Spruch: hauat hauat hauat ista pista sista damia bodannaustra, der vermutlich seinem Erfinder eben so dunkel war, wie er es uns ist. Natürlich finden sich daneben auch Wortformeln; so z.B. hilft es gegen Gicht, wenn man nüchtern eines andern gedenkt und dreimal neunmal, die Erde berührend und ausspuckend, die Worte spricht: ›Ich denke dein, hilf meinen Füßen. Die Erde empfange das Unheil, Gesundheit sei mein Teil‹ (terra pestem teneto, salus hic maneto. Varro de r.r. 1, 2, 27).


92 Nos, Lares, iuvate! Ne veluem (= malam luem) ruem (= ruinam), Mamers, sinas incurrere in plures! Satur esto, fere Mars! In limen insili! sta! verbera (limen?)! Semones alterni advocate cunctos! Nos, Mamers, iuvato! Tripudia! Die ersten fünf Zeilen werden je dreimal, der Schlußruf fünfmal wiederholt. Die Übersetzung ist vielfach unsicher, besonders der dritten Zeile. – Die drei Inschriften des Tongefäßes vom Quirinal (S. 213 A.) lauten: ioue sat deiuosqoi med mitat nei ted endo gosmis uirgo sied – asted noisi ope toitesiai pakariuois – duenos med feked (= bonus me fecit) enmanom einom dze noine (wahrscheinlich = die noni) med malo statod. Sicher verständlich sind nur einzelne Wörter; bemerkenswert vor allem, daß Formen, die wir bisher nur als umbrische und oskische kannten, wie das Adjektiv pacer und die Partikel einom im Wert von et, hier wahrscheinlich doch als altlateinische uns entgegentreten.


93 Der Name bezeichnet wohl nichts als das ›Liedermaß‹, insofern die sătura ursprünglich das beim Karneval (S. 28) gesungene Lied ist. Von demselben Stamm ist auch der Säegott Saeturnus oder Saiturnus, später Sāturnus benannt; sein Fest, die Saturnalien ist allerdings eine Art Karneval und es ist möglich, daß die Possen ursprünglich vorzugsweise an diesem aufgeführt wurden. Aber Beweise einer Beziehung der Satura zu den Saturnalien fehlen und vermutlich gehört die unmittelbare Verknüpfung des versus sāturnius mit dem Gott Saturnus und die damit zusammenhängende Dehnung der ersten Silbe erst der späteren Zeit an.

94 Die Erzählung, daß ehemals die römischen Knaben etruskische wie späterhin griechische Bildung empfangen hätten' (Liv. 9, 36), ist mit dem ursprünglichen Wesen der römischen Jugendbildung ebenso unvereinbar wie es nicht abzusehen ist, was denn die römischen Knaben in Etrurien lernten. Daß das Studium der etruskischen Sprache damals in Rom die Rolle gespielt habe wie etwa jetzt bei uns das Französischlernen, werden doch selbst die eifrigsten heutigen Bekenner des Tages-Kultus nicht behaupten; und von der etruskischen Haruspicin etwas zu verstehen galt selbst bei denen, die sich ihrer bedienten, einem Nichtetrusker für schimpflich oder vielmehr für unmöglich (Müller Etr. 2, 4). Vielleicht ist die Angabe von den etruskisierenden Archäologen der letzter. Zeit der Republik herausgesponnen aus pragmatisierenden Erzählungen der älteren Annalen, welche zum Beispiel den Mucius Scaevola seiner Unterhaltung mit Porsena zuliebe als Kind etruskisch lernen lassen (Dionys 5, 28. Plutarch Popticola 17; vgl. Dionys 3, 70). Aber es gab allerdings eine Epoche, wo die Herrschaft Roms über Italien eine gewisse Kenntnis der Landessprache bei den vornehmen Römern erforderte.


95 Den Gebrauch der Leier im Ritual bezeugen Cicero de orat. 3, 51, 197; Tusc. 4, 2, 4; Dionys 7, 72; Appian Pun. 66 und die Inschrift Orelli 2448 vgl. 1803. Ebenso ward sie bei den Nenien angewandt (Varro bei Nonius unter nenia und praeficae). Aber das Leierspiel blieb darum nicht weniger unschicklich (Scipio bei Macrob. sat. 2, 10 und sonst); von dem Verbot der Musik im J. 639 wurden nur der ›latinische Flötenspieler samt dem Sänger‹, nicht der Saitenspieler ausgenommen und die Gäste bei dem Mahle sangen nur zur Flöte (Cato bei Cic. Tusc. 1, 2, 3. 4, 2, 3; Varro bei Nonius unter assa voce; Horaz carm. 4, 15, 30). Quintilian, der das Gegenteil sagt (inst. 1, 10, 20), hat, was Cicero de or. 3,51 von den Götterschmausen erzählt, ungenau auf Privatgastmähler übertragen.


96 Das Stadtfest kann ursprünglich nur einen Tag gewährt haben, da es noch im sechsten Jahrhundert aus vier Tagen szenischer und einem Tag circensischer Spiele bestand (Ritschl parerga 1, 313) und notorisch die szenischen Spiele erst später hinzugekommen sind. Daß in jeder Kampfgattung ursprünglich nur einmal gestritten ward, folgt aus Livius 44, 9; wenn später an einem Spieltag bis zu fünfundzwanzig Wagenpaaren nacheinander liefen (Varro bei Servius Georg. 3, 18), so ist das Neuerung. Daß nur zwei Wagen und ebenso ohne Zweifel nur zwei Reiter und zwei Ringer um den Preis stritten, folgt daraus, daß zu allen Zeiten in den römischen Wagenrennen nur so viel Wagen zugleich liefen, als es sogenannte Faktionen gab und dieser ursprünglich nur zwei waren, die weiße und die rote. Das zu den circensischen gehörende Reiterspiel der patrizischen Epheben, die sogenannte Troia, ward bekanntlich von Caesar wieder ins Leben gerufen; ohne Zweifel knüpfte es an den Aufzug der Knabenbürgerwehr zu Pferde, dessen Dionys 7, 72 gedenkt.


97 Vates ist wohl zunächst der Vorsänger (denn so wird der vates der Salier zu fassen sein) und nähert sich dann im älteren Sprachgebrauch dem griechischen προφήτης: es ist ein dem religiösen Ritual angehörendes Wort und hat, auch als es später vom Dichter gebraucht ward, immer den Nebenbegriff des gotterfüllten Sängers, des Musenpriesters behalten.


98 Daß die Atellanen und Fescenninen nicht der kampanischen und etruskischen, sondern der latinischen Kunst angehören, wird seiner Zeit gezeigt werden.


99 Dieser Art sind die servianischen Mauern gewesen. Sie bestehen teils aus einer Verstärkung der Hügelabhänge durch vorgelegte bis zu 4 Metern starke Futtermauern, teils in den Zwischenräumen, vor allem am Viminal und Quirinal, wo vom esquilinischen bis zum collinischen Tore die natürliche Verteidigung fehlte, aus einem Erdwall, welcher nach außen durch eine ähnliche Futtermauer abgeschlossen wird. Auf diesen Futtermauern ruhte die Brustwehr. Ein Graben, nach zuverlässigen Berichten der Alten 30 Fuß tief und 100 Fuß breit, zog sich vor dem Wall hin, zu dem die Erde aus eben diesem Graben genommen war. – Die Brustwehr hat sich nirgends erhalten; von den Futtermauern sind in neuerer Zeit ausgedehnte Überreste zum Vorschein gekommen. Die Tuffblöcke derselben sind im länglichen Rechteck behauen, durchschnittlich 60 Centimeter (= 2 röm. Fuß) hoch und breit, während die Länge von 70 Centimetern bis zu 3 Metern wechselt, und ohne Anwendung von Mörtel, abwechselnd mit den Lang- und mit den Schmalseiten nach außen, in mehreren Reihen nebeneinander geschichtet. – Der im Jahre 1862 in der Villa Negroni aufgedeckte Teil des servianischen Walls am viminalischen Tor ruht auf einem Fundament gewaltiger Tuffblöcke von 3 bis 4 Metern Höhe und Breite, auf welchem dann aus Blöcken von demselben Material und derselben Größe, wie sie bei der Mauer sonst verwandt waren, die Außenmauer sich erhob. Der dahinter aufgeschüttete Erdwall scheint auf der oberen Fläche eine Breite bis zu etwa 13 Metern oder reichlich 40 röm. Fuß, die ganze Mauerwehr mit Einrechnung der Außenmauer von Quadern eine Breite bis zu 15 Metern oder 50 röm. Fuß gehabt zu haben. Die Stücke aus Peperinblöcken, welche mit eisernen Klammern verbunden sind, sind erst bei späteren Ausbesserungsarbeiten hinzugekommen. – Den servianischen wesentlich gleichartig sind die in der Vigna Nussiner am Abhang des Palatins nach der Kapitolseite und an anderen Punkten des Palatin aufgefundenen Mauern, die von Jordan (Topographie 2, 173) wahrscheinlich mit Recht für Überreste der Burgmauer des palatinischen Rom erklärt worden sind.


100 Ratio Tuscanica; cavum aedium Tuscanicum.


101 Wenn Varro (bei Augustin de civ. dei 4, 31, vgl. Plutarch Num. 8) sagt, daß die Römer mehr als 170 Jahre die Götter ohne Bilder verehrt hätten, so denkt er offenbar an dies uralte Schnitzbild, welches nach der konventionellen Chronologie zwischen 176 und 219 der Stadt dediziert und ohne Zweifel das erste Götterbild war, dessen Weihung die dem Varro vorliegenden Quellen erwähnten. Vgl. oben S. 216.



Quelle:
Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Berlin 1923, Bd. 1.
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