Immunität

[452] Immunität heisst das von den Merowingern und namentlich von den Karolingern den Stiftern und Klöstern erteilte Recht der Befreiung von öffentlichen Lasten, der Erhebung der königlichen Einkünfte für eigene Rechnung und der Aufnahme ihrer Hörigen in den besonderen königlichen Schutz mit den sich daran knüpfenden Wirkungen. Weitere Folge der Immunität war es, dass die Könige jenen Anstalten durch besondere Privilegien für ihre Besitzungen auch die Befreiung vom Zutritt der öffentlichen Beamten verliehen, von welcher Zeit an Gerichte und Strafgewalt von Beamten des Stiftes gehandhabt und zugleich die entsprechenden Bussen und Strafgelder bezogen wurden. Zur Handhabung des königlichen Schutzes wies der König gewöhnlich einen mächtigen Herrn an; später wurde durch Privilegien dem Bischofe oder Abte die Wahl des Schirmvogtes überlassen und diesem sodann für sein Amt gewisse jährliche Ehrengeschenke überwiesen. Der Defensor der Advokatur, der schon nach den alten Kirchengesetzen zum Schutze und zur Vertretung der Kirche nach aussen bestimmt war, wurde jetzt infolge der Immunität der eigentliche Gerichts- oder Dingvogt. Ahnlich den Centenarien sollte er unter der Mitwirkung des Grafen und des Volkes ausgewählt werden und zwar aus den in der Grafschaft Begüterten, nur nicht der Centenarius des Grafen oder der Graf selbst. Sie hatten zu ihrem Amte den Genuss bestimmter Höfe und nach Art der Grafen ein Dritteil der Strafgefälle. Den Blutbann musste der Vogt, da die Kirche nach den kanonischen Satzungen keine Blutgewalt haben durfte, vom Könige selbst empfangen. Ausser den Stiftern und Klöstern waren auch die Krongüter und Reichshöfe, die grossen Besitzungen der weltlichen Magnaten und mit der Zeit Städte, Flecken und Dörfer durch Immunitäts-Privilegien von der gemeinen Gerichtsbarkeit befreit und handhabten ihr Recht durch besondere Gerichte. Die Immunität gab den mit ihr ausgestatteten Besitzungen den Charakter besonderer, von dem übrigen Körper des Reichs abgesonderter Gebiete oder Herrschaften.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 452.
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