Bischof

[76] Bischof, mhd. bischof, nach ital. véscovo, aus griech.-latein. episcopus. Ihr Amt war kanonisch-kirchlich schon ausgebildet, als das Christentum bei den Franken Aufnahme fand. Die Wahl fand nach kanonischem Rechte durch die Kleriker und die Gemeinde statt. In der Zeit des sinkenden Römerreiches stand ihnen eine grosse Macht zu, meist waren sie durch Reichtum und persönliches Ansehen ausgezeichnet. Den fränkischen Königen schlossen sie sich bereitwillig an und wurden durch sie mit neuen Ehren und Würden ausgestattet. Meist aus den alten senatorischen Familien hervorgegangen, wurden sie die natürlichen Wortführer und Vertreter der alten Bevölkerung gegen die neuen Herren; sie standen an Ansehen neben den Grafen, übten nach geistlichem Rechte Jurisdiktion über den Klerus, nahmen häufig an den Gerichten der Grafen teil, hatten manchmal sogar von den Königen die Befugnis, die Grafen zu ernennen, und sollten überhaupt die Interessen des Staates zugleich mit denen der Kirche wahren. In den Angelegenheiten des Reichs wussten sie sich eine besonders wichtige Stellung zu verschaffen durch ihre regelmässigen und ausserordentlichen Zusammenkünfte, in denen neben den kirchlichen Fragen auch politische Geschäfte verhandelt werden konnten. Das Recht der Bestätigung ihrer Wahl nahmen die Könige trotz zahlreicher Synodalbeschlüsse in Anspruch, und es geschah unter den Merowingern sogar oft, dass die Könige vertraute Männer durch Bischofssitze belohnten. Unter den Karolingern tritt der weltliche Charakter des Bischofamtes noch stärker hervor; sie werden neben Äbten und Grafen als Königsboten verwendet, sind Ratgeber des Königs am Hofe, ihr Amt wird als Benefizium behandelt, und die Bischöfe werden deshalb angehalten, den Vasalleneid zu leisten, was freilich nicht ohne Widerspruch geschah. Sie waren regelmässig im Heere des Königs anwesend und beteiligten sich unter Umständen persönlich am Kampfe; erhalten Bedeutung durch die zahlreichen abhängigen Leute, die in verschiedenen Verhältnissen auf ihren Gütern leben und als kriegerische Mannschaft für die Heerfahrten in Betracht kommen. Das alles steigert sich in der folgenden Zeit: grosser Grundbesitz, Zoll, Münze, Marktrecht, Zehnten, zahlreiche Hofdienerschaft. Die Bischöfe widerstrebten im ganzen dem Emporkommen der herzoglichen Gewalten, die ihre Herrschaft auch über sie auszudehnen suchten; nicht minder lagen sie im Gegensatz zu den Äbten, wobei es sich um geistliche sowohl als um weltliche Unterordnung dieser unter jene handelte; es gab Abteien, z.B. Reichenau, die ganz in die Hand eines Bischofs gerieten, in diesem Falle des Konstanzer Bischofs; auch geschah es, dass ein Bischof Abt oder ein Abt Bischof wurde, ohne das ältere Amt abzugeben; Erzbischof Hatto von Mainz hatte vier Abteien unter sich. Seit Otto III. wurden den Bistümern ganze Grafschaften verliehen. Das Recht der freien Bischofswahl durch Geistliche und Laien des Stifts wurde zwar im ganzen beibehalten, doch[76] behielt sich der König die Bestätigung regelmässig vor, das Wahlrecht selber galt als ein vom König erteiltes Privilegium, und ohne den Willen des Königs geschah in der älteren Zeit kaum eine Bischofswahl, ja oft wurden die Bischöfe einfach vom König ernannt, meist freilich nach dem Rat der Grossen. Im Laufe der Zeit stellten sich für die Übung des königlichen Bestätigungsrechtes bestimmte Formen fest. Das Symbol der kirchlichen Gewalt für den Bischof waren Stab und Ring, jener, der Hirtenstab, als Zeichen der bischöflichen Gewalt über die Unterthanen, dieser, ein Verlobungsring, als Symbol der Vermählung des Bischofs mit der Kirche. Ältere Sitte kennt bloss den Stab. Gewöhnlich wurden nach dem Tode eines Bischofs die Insignien an den Hof zum König gebracht, wo zugleich die vornehmsten Geistlichen und Weltlichen des Stifts sich einfanden. In öffentlicher Versammlung ward dann die stattgefundene Wahl bestätigt oder der vom König Designierte genannt und durch die Zustimmung der Anwesenden erkoren, worauf er aus der Hand des Königs die Insignien empfing. Erst hierauf folgte die kirchliche Weihe. Der Akt hiess Investitur. Der Bischof leistete darauf den Treueid. Sehr oft gehörten die Bischöfe den vornehmsten Familien an, doch kennt man auch Bischöfe dieser Zeit aus niederem oder doch von wenig vornehmem Stande. Die Pflanzschule des Episkopats war die Kapelle des Königs; auch Kanzler erhielten wohl als Belohnung ihrer Dienste ein Bistum. Oft aber waren Bestechung und Kauf die Mittel zur Erhaltung dieses Kirchenamtes. Dagegen trat nun die besonders durch Clugny ins Leben gerufene Opposition des Papsttums und der Kirche auf; Gregor VII. verbot zuerst 1075 die Investitur des Bischofs durch einen Laien; der Streit, der sich infolge davon erhob, wurde schliesslich durch das Wormser Konkordat, 1123, so gelöst, dass der Kaiser die freie Wahl der Bischöfe bestätigte und auf die Investitur verzichtete; dagegen blieb ihm die Bestätigung der Regalien, d.i. der weltlichen Gewalt der Bischöfe, durch das Szepter, welches in Deutschland gleich nach der in Gegenwart des Kaisers geschehenen Wahl, d.h. vor der kirchlichen Weihe, geschehen sollte. Nach Waitz, Verfassungsgeschichte, besonders VII, Abschnitt 11, und VIII, Abschnitt 16. Über die äussere Erscheinung des Bischofs siehe unsern Artikel geistlicher Ornat.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 76-77.
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