Bischof

[257] Bischof, eine dem Griechischen entlehnte Benennung, bezeichnet nach dem N. T. den Lehrer und Vorsteher einer christlichen Gemeinde. Die Entstehung dieser geistlichen Würde reicht in die früheste Zeit des Christenthums, denn die ältesten Bischöfe wurden von den Aposteln selbst eingesetzt oder von den Gemeinden gewählt, um die Stelle der Apostel zu vertreten, wenn ihr Beruf sie nöthigte, die von ihnen gestifteten Gemeinden zu verlassen. Die Bischöfe wurden also ihre Gehülfen und Nachfolger bei Erhaltung und Verbreitung der Lehre Jesu und führten sowol die Aufsicht über die Gemeinde, als auch über alle geistlichen Beamten derselben, jedoch ohne anfänglich das Ansehen und die Vorrechte zu besitzen, welche ihnen die spätere kirchliche Verfassung zutheilte. Nach dem Tode der Apostel nahm das Ansehen der Bischöfe fortwährend zu; sie erhielten die Verwaltung der Kirchengüter und da sie meist eine für ihre Zeit vorzügliche Bildung besaßen, erhielten sie bald Einfluß auf Staatsangelegenheiten, wurden fast in allen Ländern Mitglieder der Reichsstände und in Deutschland einige sogar unabhängige Reichsfürsten. Die weltlichen Angelegenheiten nahmen sie daher bald so sehr in Anspruch, daß sie zu ihrem geistlichen Amtsgeschäfte weder Zeit noch Luft hatten und nur gewisse vorzüglich heilig gehaltene geistliche Handlungen, wie z.B. die Weihe von Kirchen und Geistlichen, die Confirmation der Jugend, die Verfertigung des heiligen Salböls noch selbst vollzogen. Im Mittelalter fingen sie jedoch an, auch diese von Stellvertretern besorgen zu lassen, welche Weihbischöfe und Coadjutoren genannt wurden, Würden, welche in katholischen Ländern noch zu gleichen Zwecken bestehen. In frühern Zeiten wurden die Bischöfe vom Volke und der Geistlichkeit, bald aber nur von der letztern und endlich blos vom Capitel (s.d.) allein gewählt, gegenwärtig werden sie aber auch in den meisten katholischen Ländern von der Regierung ernannt und vom Papste nur bestätigt, worauf sie die bischöfliche Weihe durch einen Erzbischof (s.d.) oder Bischof erhalten. Die Amtstracht der Bischöfe hat sich zum Theil seit dem 4. Jahrh. erhalten und besteht aus der Wischofsmütze oder Inful, welche aus zwei großen, oben spitzig zulaufenden Blättern von Blech oder Pappe geformt, inwendig hohl, mit weißer Seide überzogen und vorn mit einem Kreuze geziert ist; aus dem Bischofs- oder Krummstabe, welcher das Wahrzeichen der oberhirtlichen Gewalt ist; aus einem goldenen Ringe als Vermählungszeichen mit der Kirche; einem auf der Brust getragenen Kreuze; einem langen, weißen Gewande mit kurzen Ärmeln, Dalmatica genannt; aus der Tunica, einem wollenen Unterkleide; dem Rochetum, einem weißleinenen Überkleide, das über die Dalmatica getragen wird; der Mozzeta, einer Tunica, die nicht über die Schultern hinaufreicht und über dem Rochetum und der Dalmatica getragen wird; aus dem Pallium, einem drei bis vier Finger breiten, weißwollenen Kragen, der um die Schultern getragen wird und von dem über Rücken und Brust Streifen herabhängen, welche mit rothen Kreuzen bezeichnet sind, und aus besondern Handschuhen und Fußbekleidungen. Das Pallium wird nur vom Papste ertheilt und der Stoff dazu von den Nonnen im St.-Agneskloster zu Rom aus der Wolle geweihter Schafe verfertigt, auch muß gewöhnlich eine ansehnliche Summe dafür an die päpstliche Kanzlei entrichtet werden. Der Landesbezirk, welcher in kirchlichen Angelegenheiten unter der Gerichtsbarkeit eines Bischofs steht, heißt bei den Katholiken seine Diöces oder sein Sprengel. Auch die Protestanten gebrauchen diese Bezeichnung für die sämmtlichen, unter der Aufsicht eines Superintendenten stehenden Pfarreien; Bisthum wird das geistliche und weltliche Gebiet eines Bischofs, auch wol die bischöfliche Würde selbst genannt. Es gibt aber auch katholische Bischöfe, deren Diöcesen im Gebiete nichtkatholischer Reiche liegen und die deshalb Bischöfe in partibus infidelium, d.h. in den Ländern der Ungläubigen genannt werden. Ihr Ursprung schreibt sich aus den Zeiten der Kreuzzüge her, wo in den eroberten Gegenden des Morgenlandes viele Bischofssitze gegründet, später aber durch die Mohammedaner wieder zerstört wurden. Trotzdem aber ernannten nach wie vor die Päpste Bischöfe dazu, welche aber natürlich nur den Titel davon führen. Suffraganbischof [257] heißt jeder wirkliche Bischof im Verhältnisse zu dem ihm vorgesetzten Erzbischofe. In der griech. Kirche werden die Bischöfe von den Erzbischöfen ernannt, haben meist einen kleinen Sprengel und weit weniger Ansehen, als in der katholischen. Durch die Reformation wurde die Zahl der Bischöfe sehr vermindert, indem diese Würde in vielen protestantischen Ländern nicht beibehalten wurde. Sie erhielt sich jedoch in dem protestantischen Schweden, Norwegen, Dänemark und mit besonderm Ansehen in England, daher die engl. Kirche auch die bischöfliche heißt. In Preußen wurde in neuester Zeit die bischöfliche Würde als ein Titel für die obersten protestantischen Geistlichen erneuert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 257-258.
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