Kreuz

[665] Kreuz, das Strafwerkzeug einer schimpflichen Todesart bei den Römern, ist dadurch, daß Christus an demselben gestorben ist, ein heiliges Zeichen, ein Gegenstand der Andacht, ein Sinnbild der christlichen Religion geworden. Eine besondere Auszeichnung wurde dem Kreuz erst durch Konstantin (s.d.) zu Theil, der es in Beziehung auf das siegverheißende Kreuz, das ihm auf seinem Zuge gegen den Maxentius erschienen war, zum Panier seines Heeres machte, und es nach erlangter Alleinherrschaft auf öffentlichen Plätzen, in Palästen und Kirchen als Sinnbild der neuen Religion aufstellen ließ. Bald wurde das Kreuz ein Gegenstand der Anbetung, wozu besonders das Beispiel der Kaiserin Helena (s.d.) beitrug, die auf einer Wallfahrt nach dem heil. Lande das Kreuz, an dem Christus gestorben, in Jerusalem aufgefunden zu haben glaubte und davon einen Theil nach Konstantinopel brachte. Zum Andenken an diese Begebenheit feiert die Kirche den 3. Mai das erst seit dem 14. Jahrh. allgemein verbreitete Fest der Kreuzeserfindung. Nach der Sage sollte das Kreuz Christi aus Cypressenöl- und Palmbäumen gefertigt worden sein; es findet sich sogar die Angabe, daß man das Kreuz aus einem Balken, welcher im Palaste Salomo's gewesen sei, gemacht habe. Die Königin aus Saba, erzählt man, habe, als sie in den Palast Salomos getreten sei, einen Balken bemerkt und gesagt, daß man diesen zur Hinrichtung eines Mannes, der für ganz Israel verderblich sein werde, gebrauchen würde. Salomo habe solches Unheil abwenden wollen und den Balken in den bei dem Tempel befindlichen Teich werfen lassen. Als man zur Kreuzigung Christi eben ein geeignetes Holz suchte, habe der Balken auf dem Wasser geschwommen und sei zur Verfertigung des Kreuzes Christi benutzt worden. In die Andacht für das heil. Zeichen mischte sich bald der Aberglaube, der demselben eine wunderthätige Kraft beilegte, indem es erstaunenswürdige Thatsachen bewirkt haben sollte. Wunderbar war es auch, daß das zu Jerusalem aufbewahrte Stück des Kreuzholzes, so viele Stückchen und Splitter auch von demselben abgenommen und den Kirchen zum heiligen Gebrauche abgelassen werden mußten, dennoch nach der Aussage des Bischofs von Jerusalem unversehrt blieb. In einem Kriege war es den Persern in die Hände gefallen. Die Wiedergewinnung desselben durch den Kaiser Heraklius 631, der es zu Jerusalem auf der Schedelstätte aufrichten ließ, gab Veranlassung zum Feste der Kreuzeserhöhung, das zum Andenken an diese Begebenheit gestiftet und in der röm. Kirche den 14. Sept. gefeiert wurde. Unter den heil. Bildern der Christen wurde das Kreuz von jeher immer für das bedeutungsvollste gehalten. Es findet sich deshalb mit dem daran gehefteten Bilde des Erlösers (Crucifix) nicht nur in allen Kirchen aufgestellt, um durch seinen Anblick an Christi Leiden und Sterben, sein Verdienst um die Menschheit zu erinnern, sondern es wird auch über den Gräbern der Entschlafenen aufgepflanzt, zum Zeichen, daß sie in Christus vollendet. Ebenso wird das Zeichen des Kreuzes, das Kreuzschlagen, als eine Ceremonie, die sich schon in der ältesten Kirche findet, noch jetzt in den Kirchen von den Geistlichen jeder Confession gebraucht, namentlich bei der Taufe, bei der Einweihung der Elemente im Abendmahle, beim Aufnehmen der Katechumenen (s.d.), bei Segensformeln jeder Art. Man unterscheidet übrigens das Antoniuskreuz von der Gestalt eines T, das Andreaskreuz von der Gestalt eines X und das Schächer- oder Gabelkreuz von der Gestalt eines Y. Aus dem ersten entstand das griechische Kreuz + mit vier gleich langen Armen und das römische Kreuz †, an welchem die beiden Querarme kürzer als die beiden Längenarme sind. – In der Mathematik braucht man ein stehendes Kreuz + als Zeichen der Addition und ein liegendes Kreuz ' als Zeichen der Multiplication. – In der Musik ist das Kreuz vor einer Note Zeichen der Erhöhung des Tones, welchen die Note sonst nach ihrer Stelle bezeichnet, und zwar erhöht das einfache Kreuz ( €) um einen halben Ton, das dop pelte Kreuz ( ' oder € €) um einen ganzen Ton. Dem Namen der mit einen € bezeichneten Note wird is angehängt, sodaß z.B. aus f: fis wird, und der Name der mit € € bezeichneten Note wird demgemäß verdoppelt, z.B. fisfis. Im Generalbasse bezeichnet das Kreuz ohne Ziffer über der Baßnote die große Terz oder den Dreiklang.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 665.
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