Hand

[322] Hand (die) ist ein dem Menschen eigenthümliches höchst kunstvolles Organ, durch welches derselbe die meisten seiner Thaten verrichtet, weil es Beweglichkeit, Geschicklichkeit und Kraft in sich vereinigt. Von den zwei Händen des Menschen ist gewöhnlich die rechte Hand die kraftvollste und geschickteste, welches wol nicht blos eine Folge der größern Übung ist, sondern schon durch Naturanlagen begründet sein mag, da wir den vorzugsweisen Gebrauch der rechten Hand bei allen Völkern alter und neuer Zeit finden. Kein Thier hat Hände und nur von dem Affen pflegt man zu sagen, daß er vier Hände besitze, weil seine zum Klettern eingerichteten Fuße ähnlich wie Hände sind; doch sind sie weit entfernt von der Geschicklichkeit der menschlichen Hand. Weil der Mensch seine meisten Thaten mit der Hand verrichtet, so hat man alles Thun desselben als Handeln, Handlung bezeichnet. Die Hand ist aber überdies auch das Hauptorgan des Fassens, Anpackens und des Tastens oder Fühlens. In den Fingerspitzen hat der Mensch das feinste Gefühl. Die Hand ist aus 27 Knochen zusammengesetzt, welche durch zahlreiche Bänder untereinander in Verbindung stehen und von 19 Muskeln in die verschiedenste Bewegung gesetzt werden. Man unterscheidet an der Hand die gewölbte Rückenfläche, den Handrücken und die gehöhlte innere Fläche, die hohle Hand. Überdies besteht die Hand aus drei wesentlichen Theilen: der Handwurzel, mittels deren sie in den Unterarm eingelenkt ist, der Mittelhand oder dem Handteller und den fünf Fingern, unter denen der Daumen der stärkste und wichtigste ist, weil er mit jedem der vier übrigen Finger in mannichfache Berührung gebracht werden kann, auch hauptsächlich bei allem Fassen von Gegenständen in Anwendung gebracht wird. Wesentlich trägt es zur Geschicklichkeit der Hand bei, daß die Fingerspitzen auf der innern Seite das feinste Gefühl haben, weil hier die zartesten und zahlreichsten Nervenspitzen ausgehen, und dabei auf der Rückseite durch die Nägel wie von Schildern geschützt und befestigt werden, sodaß sie trotz ihrer Empfindlichkeit doch zum festesten Anpacken ebenso geschickt sind, wie zur zartesten Berührung. Durch anhaltende allzu schwere Arbeiten mit der Hand geht jedoch das seine Gefühl derselben allmälig verloren, indem die Oberhaut schwielig und hornartig wird. Im Innern der Hand bemerkt man durch die Lage der Muskeln bedingte mannichfach verschiedene Erhöhungen und Furchen oder Linien. Fast bei jedem einzelnen Menschen pflegen diese eine eigenthümliche Anordnung und Gestalt zu haben, und schon im zartesten Kindesalter sind sie in ihrer, später nur mehr hervortretenden Weise vorhanden. Man hat daher im Alterthum die Meinung gehegt, diese äußern Merkmale müßten mit der innern (geistigen) Beschaffenheit des Menschen, ja mit seinem Schicksale in Beziehung stehen, und so hat sich die abergläubische Kunst des Weissagens aus dem Anblick der Hände gebildet. (S. Chiromantie.) Auch für den Arzt ist die Hand ein wichtiger Gegenstand der Beobachtung, indem sich ihre Temperatur und Färbung nach dem Gesammtbefinden des Menschen richtet. Auf dieser Beziehung beruht auch die zu [322] Spielereien (s. Temperament) benutzte Annahme, daß das Temperament des Menschen oder auch seine augenblickliche Gemüthsverfassung aus der Beschaffenheit seiner Hand, namentlich aus deren Temperatur sich erkennen lasse. – Die Hand wird als das Organ der Thätigkeit auch zu symbolischen Handlungen benutzt, welche nur zum Ausdruck geistiger Verhältnisse dienen. Dieses ist so natürlich, daß der Mensch beim Sprechen fortwährend, je lebhafter aufgeregt er ist, desto mehr die Hand auf die mannichfachste Weise bewegt. Die Geberdensprache (s. Geberde) beruht großentheils auf Handbewegungen. Gewisse Geberden haben eine allgemein angenommene feierliche Würde erlangt. Solche sind das Handaufheben, Emporheben der Hand beim Schwure, der Handschlag als Zeichen der Wahrhaftigkeit der Gesinnung, das Darreichen der Hand zum Zeichen der Versöhnung, der Handdruck als Zeichen herzlicher Zuneigung, das Händefalten als Äußerung der Frömmigkeit, das Auflegen der Hand auf die Brust, als Betheuerung, die Vereinigung der Hände zweier Personen zum Zeichen unauflöslicher Verbindung. Verträge, Wetten u. dgl. werden geschlossen, indem man der Gegenpart die Hand gibt und ein Zeuge die Hände durchschlägt, als Zeichen, solche Vereinigung solle nicht anders, denn durch Gewalt gebrochen werden können. Durch Händeklatschen gibt man seinen Beifall zu erkennen. Die Hand, der man sich demüthig unterwirft, küßt man; beim Segnen legt der Segnende die Hand auf das Haupt des Gesegneten (Handauflegen), daß so die Hand Gottes über ihm ruhen, d.h. ihn beschützen möge. Indem man die Hand auf einen Gegenstand legt, zeigt man ferner an, daß man ihn für sein Eigenthum erkläre u.s.w. Das Handgelöbniß ist ein mit weniger Feierlichkeit abgelegter Eid. Der Schwörende gibt dem Richter die Hand und spricht ihm dabei die Worte nach: »So wahr mir Gott helfe.« – Handgeld empfängt der Soldat, der sich freiwillig zum Kriegsdienst anwerben läßt. Durch Annahme des Handgeldes verpflichtet er sich zum Eintritt in den Dienst. – Handfeste ist ein eigenhändig schriftlich ausgestelltes Versprechen, womit man sich statt Handschlags verpflichtet. – Todte Hand (manus mortua) ist ein rechtlicher Begriff, einen Besitzer, der niemals sterben kann, bezeichnend, wie Kirchen und Stiftungen. (S. Amortisiren.) Gesammte Hand, s. Lehnswesen. – Viele Gegenstände werden durch Vorsetzung des Wortes Hand als solche bezeichnet, die sich bequem, mit Leichtigkeit benutzen lassen (die handlich sind, sich leicht handhaben lassen, zum Handgebrauch dienen), z.B. Handbuch, Handlexikon, Handmörser und verschiedene andere. Wer mit seiner Hände Arbeit sich seinen Lebensunterhalt erwirbt, ist ein Handarbeiter, im Gegensatz gegen Die, von denen die Thätigkeit des Verstandes (des Kopfes) vorzugsweise in Anspruch genommen wird. Man unterscheidet die Handarbeiter in solche, welche mehr kunstreiche, eine größere Übung und Fertigkeit erfodernde Arbeiten verrichten, die Handwerker (s. Handwerk), und solche, die nur Körperkraft zu ihrer Arbeit ohne besondere Geschicklichkeit nöthig haben, Handlanger. – Da sich der Mensch beim Schreiben der Hand vorzugsweise bedient und die Schrift oft die Hand vertreten muß (um etwas zu bewirken), so nennt man die eigenthümliche Schrift eines Menschen häufig seine Hand und spricht von guter und schlechter Hand für gute und schlechte Schrift. Die Hand ist das Zeichen der Macht und so sagt man Hand an Jemand legen für ihm Gewalt anthun, etwas oder Jemand in seiner Hand haben für in seiner Macht haben u. dgl.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 322-323.
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