Verstand

[598] Verstand kommt von Verstehen her, was mit Worten geschieht, wenn man dabei Dasselbe denkt, was Der dabei dachte, welcher sie aussprach oder niederschrieb, Sachen aber versteht man, wenn man richtige und vollständige Begriffe davon besitzt. Ist sonach der Verstand das Vermögen zu denken oder der Begriffe, so folgt daraus, daß Begriffe von Dingen menschlicher Erkenntniß zunächst aus Anschauungen und Empfindungen hervorgehen oder in bestimmter Beziehung dazu stehen müssen, daß der Verstand sich hauptsächlich auf dem Gebiete des Sinnlichen, des Räumlichen und Zeitlichen bewegt und von der Erfahrung ausgebildet wird. Von ihr ist auch die Klugheit, d.h. die verständige, ohne Rücksicht auf ihre sittliche Geltung getroffene Wahl der Mittel zur Erreichung eines gegebenen Zweckes abhängig, und nur die Vernunft fodert, daß beide auch an und für sich gut sein sollen. Daher ist der Verstand ein der Vernunft untergeordnetes Vermögen der Seele, jedoch der Vernunft unentbehrlich zu ihrer Wirksamkeit. Im gemeinen Leben pflegen übrigens Verstand und Vernunft als im Allgemeinen gleichbedeutend für das höhere Geistesvermögen gebraucht zu werden. – Als Verstandesmensch wird Jemand bezeichnet, der eine überwiegende Ausbildung des Verstandes und davon die einseitige Richtung besitzt, überall blos erfahrungsmäßigen und sachlichen Ansichten zu folgen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 598.
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