Taufe

[375] Taufe (die) ist in der christlichen Kirche die heilige Handlung, durch welche vermittels des äußern Zeichens des Wassers der Täufling auf das Bekenntniß von Vater, Sohn und Geist feierlich geweiht und in den Bund der Christenheit aufgenommen wird. Als ein Sacrament beruht sie auf dem Worte göttlicher Einsetzung und verheißt unter einem äußern Zeichen die Wirkung einer unsichtbaren Gabe der Gnade Gottes, die Vergebung der Sünden und ewiges Leben. Die Verbindung der verheißenen Gnadengabe mit dem Wasser ist eine geheimnißvolle, aber diese ist wirklich vorhanden, wird aber nur vom Glauben empfangen, der dem verheißenden Worte Gottes im Wasser trauet, und je mehr der Glaube durch tägliche Buße und Erneuerung wächst, um so mehr geht die religiöse Bedeutung der Taufe in Erfüllung. Der Getaufte ist darum als solcher nicht schon selig und heilig mit einem Mal, sondern Gott verheißt und versiegelt es, daß er es werden soll, und eignet durch das Wasser der Taufe ihm diese Verheißung zu, indem er ihn aufnimmt in seinen Gnadenbund mit der ganzen Gemeinde der Gläubigen; der Täufling gelobt aber wiederum an seinem Theil, mit gutem Gewissen und rechter Treue seinem Gott zu leben und Alles zu halten, was Christus den Seinen geboten hat. So wird die Taufe ein Bund zwischen Gott und dem Menschen und wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden. Diese Bedeutung hat die Taufe, einige Sekten ausgenommen, bei den verschiedenen Bekennern des Christenthums, und die unten näher zu bezeichnenden [375] Abweichungen einzelner Kirchen betreffen das Aeußerliche. Doch wird bei den Katholiken der Taufe, wie auch den übrigen Sacramenten, eine von dem Glauben unabhängige Gnadenwirkung beigelegt.

Der Ursprung der Taufe ist in den bei den alten Völkern gebräuchlichen religiösen Waschungen und Reinigungen zu suchen. Die Reinigkeit des Leibes galt als ein Bild der innern Reinigkeit des Herzens und feierliche Abwaschungen waren nicht selten als Mittel gebräuchlich, um sich von Verbrechen zu reinigen. Bei den Juden fand für den vom Heidenthum zum Judenthum übergehenden Neubekehrten die Proselytentaufe statt. Die Taufe des Johannes hatte die Bestimmung, zur Buße aufzufodern und dadurch zur Aufnahme in das Himmelreich vorzubereiten. Jesus selbst empfing von Johannes die Taufe im Jordan und ließ während seiner Lehrzeit durch seine Jünger taufen und zuletzt verordnete er die Taufe zu einem Sacramente des neuen Bundes mit besonderer Verheißung für alle Völker. In den ersten christlichen Jahrh. wurden gewöhnlich nur Erwachsene getauft, nachdem sie zuvor als Katechumenen längere Zeit geprüft und in den Heilslehren des Christenthums unterrichtet worden waren. Da man der Taufe die Kraft einer vollkommenen Sündenvergebung beilegte, so führte dies zu der Sitte, daß manche Christen erst spät und kurz vor dem Tode sich taufen ließen, theils um den sündigen Neigungen länger nachzuhängen, theils um sich nach der Taufe durch neue Sünden der Segnungen der Taufe nicht verlustig zu machen. Auch gab es eine Todtentaufe, die man entweder an den Todten vollzog, oder die ein Anderer im Namen des Todten an sich vollziehen ließ, um denselben der Gnadenwirkung der Taufe noch theilhaftig zu machen. Bluttaufe nannte man das durch den Märtyrertod versiegelte Bekenntniß des christlichen Glaubens, der auch dem ungetauften Katechumenen als ein der Taufe gleichgeltendes Mittel zur Seligkeit angerechnet wurde. Die Vorstellung von einem Reiche der Sünde und des Teufels, dem der Täufling vor der Taufe angehöre und in derselben entsage, führte schon im 2. Jahrh. zum Gebrauch des Exorcismus (s.d.). Als ein seit dem 10. Jahrh. üblicher Gebrauch findet noch jetzt in der katholischen Kirche die Glockentaufe statt, die darin besteht, daß man an neuen Kirchenglocken, um sie feierlich zu weihen, eine förmliche Taufhandlung vollzieht. Die jetzt in der Kirche allgemein herrschende Kindertaufe, welche die Wiedertäufer (s.d.) verwerfen, hat ihren Ursprung in den frühesten Zeiten des Christenthums; allgemeiner in die Kirche eingeführt wurde sie, seitdem Augustin die unwiderrufliche Verdammniß der Ungetauften gelehrt hatte. Das Recht derselben gründet die Kirche theils auf das hohe Alter derselben, theils auf die Stellen, in welchen Christus die Kinder segnete, theils endlich darauf, daß Niemand ein Jahr oder eine Zeit zu setzen vermag, von wann Gottes Geist sein Einwirken auf den Menschen beginne. Dennoch soll durch die Taufzeugen oder Pathen (d.h. geistliche Versorger, Ältern in Gott für die Kinder, daher die Gevattern oder Mitväter der leiblichen Ältern), eine Bürgschaft geschehen, daß man die Kinder wirklich im Christenthum unterweisen und sie in den Unterricht der Gnadenmittel einführen wolle, bis sie selbst nach vorhergegangenem Confirmandenunterrichte der Kirche ihr Taufbekenntniß bei der Confirmation ablegen. Ist bei der Geburt eines Kindes eine dringende Besorgniß für das Leben desselben vorhanden, so erhält es die Nothtaufe. In diesem Falle können auch andere, nicht geistliche Personen, wie der Vater des Kindes, die Wehmutter u.s.w., die Taufhandlung verrichten, und in der röm. Kirche kann selbst das nicht vollständig geborene Kind, wenn es für nothwendig befunden wird, getauft werden. Bestimmte Taufzeiten gab es nur in der alten Kirche, wo dieselben auf das Epiphanienfest, Ostern, Pfingsten, die Quinquagesimalzeit, die Gedächtnißtage der Apostel und Märtyrer festgesetzt waren. Gegenwärtig hängt es von den Landesgesetzen oder auch von dem Befinden der Wöchnerin und des Kindes ab, binnen welcher Zeit ein Kind getauft wird, und in Sachsen müssen die Kinder bei Strafe bis zum 14. Tage nach der Geburt getauft werden. Das dreimalige Besprengen bei der Taufe gilt statt des frühern gänzlichen Untertauchens, was in der griech. Kirche jetzt noch gebräuchlich ist, und die religiöse Bedeutung hiervon ist das Absterben des alten und das Auferstehen des neuen Menschen. Die Ceremonien, welche in der katholischen Kirche die Taufhandlung begleiten, sollen auf verschiedene Weise die geistige Ausstattung des Getauften mit den Gaben des Christenthums versinnlichen. So wird nach der Taufe das Kind gesalbt; es wird ihm zum Zeichen seiner geistlichen Jugend Milch und Honig gereicht; es wird ihm das Salz der Weisheit mitgetheilt und zuletzt wird es mit dem Westerhemde bekleidet, was seine Unschuld und Reinigkeit anzeigen soll. Auch wird in der katholischen Kirche am großen Sabbathe, dem Sonntage vor Ostern, das Taufwasser auf das ganze Jahr feierlich geweiht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 375-376.
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