Ostern

[363] Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu, hat seinen deutschen Namen wahrscheinlich von der Göttin Ostera, deren Fest im April von den alten Deutschen gefeiert worden sein soll, womit sich die Ableitung von dem alten Worte oster, Urstan, Urstende, d.i. auferstehen, wie es z.B. in altdeutschen Glaubensbekenntnissen heißt: »Ich gelob Urstand meines liebes«, sehr gut vereinigen läßt. Das Osterfest reicht bis in die frühesten Zeiten des Christenthums und ward ursprünglich als ein christliches Passah (s.d.), wie dies auch Christus gethan hatte, mit dem Genusse des Osterlammes begangen. Wie jenes ein Dankfest der Israeliten für die Errettung ihrer Väter aus der ägypt. Knechtschaft war, sollte das Osterfest eine Dankfeier der christlichen Bruderfamilie für die der ganzen Menschheit zu Theil gewordene Befreiung aus der geistlich-sittlichen Knechtschaft und die Ertheilung der sichern Aussicht auf den einstigen Eintritt in das Land der ewigen Freiheit sein. Über die Zeit der Feier fand jedoch anfangs unter den Christen nicht einerlei Meinung statt. Die Gemeinden in den Morgenländern hielten es nämlich zugleich mit dem Passahfeste der Juden, weil aber dabei die dem Osterfeste vorangehenden Fasten unterbrochen wurden und das Fest selbst nicht immer auf einen Sonntag, als den Auferstehungstag Jesu, fiel, so war es bei den abendländischen Christen gebräuchlich, das Osterlamm, wo dies noch als eine jüdische Sitte beibehälten wurde, am Abend vor Ostern zu essen und die Feier derselben nur an einem Sonntage und zwar an dem auf den Vollmond der Frühlingsnachtgleiche zunächst folgenden zu beginnen. Diese Verschiedenheit der Osterfeier veranlaßte am Ende des 2 Jahrh. zwischen dem röm. Bischofe Victor und [363] den Bischöfen Kleinasiens den sogenannten Osterstreit, der aber die gleichmäßige Feier des Festes nicht herbeiführte, die erst nach der Synode von Nicäa 325 allmälig eintrat, indem man sich von jetzt an die drei Regeln hielt: das Osterfest solle immer an einem Sonntag und zwar an dem begangen werden, welcher unmittelbar auf den Vollmond nach der Frühlingsnachtgleiche folgt; würde aber der Vollmond und also auch die Ostern der Juden auf einen Sonntag fallen, sollten die Christen ihre Ostern erst den folgenden Sonntag und also acht Tage später anfangen. Nach dieser Annahme wird der 22. März als der früheste, der 25. Apr. als der späteste Ostertag angesehen Vorbereitet wurde das Osterfest durch das 40tägige Fasten (s.d.) und eine mehre Wochen dauernde Nachfeier beschloß das größte aller christlichen Feste. Jeder Tag der demselben vorangehenden sogenannten Charwoche (s.d.) galt als ein Festtag, der Sonnabend aber, der Ruhetag des Herrn im Grabe, war ein beliebter, sinniggewählter Tauftag der Katechumenen (s. Katechet), worin vielleicht der Volksglaube vom Osterwasser, das am Ostermorgen vor Sonnenaufgange stillschweigend geschöpft, für heilsam gehalten und zu abergläubischen Zwecken benutzt wird, seine Erklärung findet. Am feierlichsten wurde die Nacht vom Sonnabend auf den Sonntag begangen; manche Städte waren prachtvoll erleuchtet, und von der allgemeinen Bewegung wurden selbst Juden und Heiden mit fortgerissen. Das christliche Volk, voll von der Freude des kommenden Festes und selbst dem Glauben an die sichtbare Wiederkunft des Auferstandenen nicht fern, strömte mit Kerzen in die Kirchen und durchwachte hier in banger Furcht und sehnsüchtiger Freude die Nacht, bis mit dem frühen Morgen des Sonntags der Sonntage, der Ruf als allgemeiner Festgruß erklang: »Der Herr ist erstanden«, und erwiedert wurde: »Er ist wahrhaftig auferstanden«, was noch jetzt bei den Bekennern der griech. Kirche gewöhnlich ist. Mit diesem dem Gedächtnisse des auferstandenen Erlösers geweihten Tage, als dem Tage der Freude, wurde das Fasten geschlossen. Bemerkenswerth ist besonders die schöne Sitte, daß man im begeisterten Ausdruck der Festfreude dieselbe auch äußerlich durch Werke der Liebe und Barmherzigkeit an den Tag legte. So wurden an dem Ostersonntage und schon die Zeit vorher, besonders die Armen bedacht. Die christlichen Kaiser lösten die Fesseln der Gefangenen, wenn sie nicht grobe Verbrecher waren und manche christliche Herren schenkten ihren Sklaven die Freiheit zu Ehren des in diesen Tagen gefeierten Gebers der geistigen Freiheit. Auch die Kirche kam den aus der Gemeinschaft ausgeschlossenen reuigen Gliedern entgegen und nahm sie wieder in ihren Schoos auf. Die früher viertägige Feier des Osterfestes wurde im 11. Jahrh. auf drei Tage festgesetzt und ist gegenwärtig in vielen protestantischen Ländern, noch um einen Tag verkürzt worden. Am Vorabende des Osterfestes, von dem oben bezeichneten feierlichen Durchwachen der Nacht die Vigilie genannt, werden bei dem Katholiken die Gotteshäuser festlich verziert und die sogenannte Osterkerze wird auf einen großen Leuchter, welcher die Gestalt eines Engels hat, gesteckt. Nach der Vigilie wird das feierliche Hochamt gehalten und zwar stets von dem obersten Geistlichen, welcher an einer Kirche ist. In Rom stehen dem Papste bei der Verwaltung des Hochamtes zwei Cardinal-Diakonen zur Seite, welche die Engel am Grabe Jesu vorstellen sollen. In der protestantischen Kirche wird das Osterfest am Tage vor demselben, dem Osterheiligabend. durch das Läuten der Glocken angekündigt, und am Oster, morgen ertönt in vielen Gegenden eine Choralmusik vom Kirchthurme. – Die sogenannten Ostereier (s. Eier) gelten besonders nach der oriental.-griech. Betrachtungsweise, auch als ein sinnreiches Bild der Auferstehung und neuen Weltschöpfung. Das Osterfeuer, welches an einigen Orten am Osterfest oder am Osterabend angezündet wird, scheint gleichfalls wie die Osterkerze in der Ostervigilie, ein Bild des wiedererwachenden Lebens zu sein. Ein grober Misbrauch war das Ostergelächter, indem während der Osterpredigten, um die Zuhörer zu erheitern, allerlei abgeschmackte Histörchen, Ostermärlein genannt, von dem Geistlichen dem Volke erzählt und dieses dadurch zum Lachen gebracht wurde. Die breiten dünnen Kuchen, welche zu Ostern gebacken zu werden pflegen (Osterkuchen, Osterfladen) erinnern an die jüdischen Matzos (s.d.) des Passahfestes. In Niedersachsen heißen sie Ostermohne, weil sie mit Mohn bedeckt sind. Ostertanz bezeichnet in der Sprache der Landleute das angebliche Hüpfen der Sonne bei ihrem Aufgehen am ersten Ostertage, welches auf jene kindliche Volksvorstellung zurückweist, daß auch die Sonne sich freue über die große Thatsache der Auferstehung.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 363-364.
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