Katechet

[580] Katechet hieß in den frühesten Zeiten des Christenthums Derjenige, welcher die in die christliche Gemeinschaft Aufzunehmenden in den Grundlehren der christlichen Religion unterrichtete und zur Aufnahme in das Christenthum, welche durch die Taufe vollendet wurde, vorbereitete. Das Geschäft dieses Unterrichts konnte jeder Geistliche verwalten, der hierzu vom Bischof beauftragt wurde. Als der Übertritt zum Christenthum häufiger wurde und auch gelehrte und philosophisch gebildete Juden und Heiden den Unterricht in demselben begehrten, wurde es nöthig, daß man zu Katecheten Männer wählte, die neben einer tiefen Einsicht in die Lehren des Christenthums zugleich eine genaue Kenntniß der philosophischen Meinungen ihrer Zeit verbanden, um die Beschaffenheit beider zeigen und jedem Zweifel an den Vorzügen des Christenthums begegnen zu können. Frühzeitig geschah dies zu Alexandrien, dem Sitze vielseitiger Bildung, wo schon in der Mitte des 2. Jahrh. für diesen Zweck durch einen gewissen Pantänus die Katechetenschule, eine Anstalt für religiös-wissenschaftliche Geistesbildung, gegründet ward, die durch die Katecheten Clemens von Alexandrien und Origenes (s.d.) Glanz und Ruhm erhielt. Ähnliche berühmte Lehranstalten gingen später zu Cäsarea in Palästina und zu Antiochia hervor. Ihnen verdankten die ausgezeichnetsten griech. Kirchenlehrer ihre Bildung. Sie blüheten im 3. und 4. Jahrh., bis sie am Ende dieses Zeitraums bei der allgemeinen Verbreitung des Christenthums verschwinden. – Eine andere Bedeutung hat das Wort Katechet in der heutigen christlichen Kirche. Hier wird es im weitesten Sinne von jedem Religionslehrer der Jugend gebraucht, der die Kunst der Katechetik theoretisch und praktisch sich angeeignet hat. In einem engern Sinne nennt man auch hin und wieder im protestantischen Deutschland jüngere Mitglieder der Predigerseminare Katecheten, denen außer den Predigtübungen auch die Verpflichtung obliegt, sich in der Kunst, zu katechisiren, zu vervollkommnen. Im engsten und gewöhnlichsten Sinne endlich nennt man Katecheten eine Gattung von Landschullehrern, die in Dörfern, welche von den Pfarrkirchen und den zu denselben gehörigen Schulen zu weit entfernt sind, den Unterricht der Kinder besorgen. Sie stehen unter den eigentlichen Schulmeistern und betrachten gewöhnlich ihre Stellung als Vorbereitung zu Schulmeisterstellen. – Die Wissenschaft von den Regeln, nach denen man Anfänger und Ungeübte im Christenthume vermittelst Fragen und Antworten unterrichten muß, wird Katechetik genannt. Eine Katechisation ist mithin eine mündliche Unterweisung im Christenthume, welche den Unkundigen durch Fragen und Antworten ertheilt wird. Die Kunst des katechetischen Unterrichts besteht darin, daß in der gegenseitigen Unterredung die mitzutheilende Wahrheit durch das eigne Nachdenken des Lernenden begriffen werden muß. Hierdurch wird die Katechisation das Mittel, die Wahrheiten der Religion für Verstand und Herz fruchtbar zu machen. Allgemein eingeführt in den Schulen wurde das Katechisiren erst seit Dinter (s.d.), der zugleich als Vorbild desselben galt. – In den ersten Zeiten der christlichen Kirche wurden die erwachsenen Juden und Heiden, welche getauft zu werden wünschten, und die deshalb vorher in der christlichen Lehre unterrichtet wurden, also die Lehrlinge im Christenthume Katechumenen genannt. Die Aufnahme in den Stand der Katechumenen geschah durch Auflegung der Hände und durch das Zeichen des Kreuzes, die Entlassung aus demselben mit der Aufnahme in den Christenbund durch die Taufe. [580] Die Zeit der Prüfung durch den Katecheten dauerte gewöhnlich mehre Jahre hindurch, weil man sich von der Würdigkeit der Aufzunehmenden vollkommen überzeugen wollte, theils um ihrer selbst willen, theils um nicht verrätherische Menschen in die Gemeinden aufzunehmen, welche besonders zu den Zeiten gefährlich werden konnten, wo das Christenthum noch Verfolgungen ausgesetzt war. Beim Gottesdienste, wo die Katechumenen einen besondern Platz hatten, war es ihnen zwar erlaubt, die Predigt und das Vorlesen der h. Schrift anzuhören, doch durften sie bei Austheilung des Abendmahls nicht gegenwärtig sein. Gegenwärtig werden diejenigen jungen Christen Katechumenen genannt, welche zum ersten Male zum Abendmahle gehen wollen, und durch Unterricht dazu von dem Ortsgeistlichen vorbereitet werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 580-581.
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