Herz

Herz

[380] Herz wird ein hohles, muskulöses, in verschiedene Abtheilungen getrenntes Eingeweide von kegelförmiger Gestalt und der Größe einer Faust genannt, welches in der Brust und zwar so gelegen ist, daß es sich mehr in der linken Hälfte der Brusthöhle, in der Mitte zwischen beiden Lungen befindet, von denen es zum Theil bedeckt wird.

Übrigens hat dasselbe eine in doppelter Hinsicht schiefe Lage, einmal von links nach rechts und sodann von hinten nach vorn. Mit seiner Grundfläche oder Basis nämlich liegt es nach oben, hinten und rechts hinter dem Brustbeine, mit seinem spitzen Ende nach links und unten gegen die Knorpel der fünften und sechsten Rippe, da, wo diese Knorpel mit ihren Rippen verbunden sind. Seine vordere gewölbte Fläche ist nach aufwärts gerichtet, seine untere ebene Fläche ruht zum Theil auf dem Zwerchfelle, einem Muskel, den die Brusthöhle von der Bauchhöhle trennt. Das ganze Organ ist mit einer eigenthümlichen Hülle versehen, einem häutigen, in sich selbst zurückgeschlagenen Sacke, dem sogenannten Herzbeutel, der es mit Ausnahme weniger Stellen überall überzieht. Wie schon bemerkt, besteht das. Herz aus verschiedenen Abtheilungen und zwar aus zwei seitlichen Hälften, [380] die bei dem Erwachsenen keine Gemeinschaft miteinander haben, sondern überall durch eine häutige Scheidewand voneinander getrennt sind und von denen jede wieder in zwei Höhlen geschieden ist, in eine obere und eine untere. Die untere größere heißt Herzkammer und steht mit der obern kleinern, dem Vorhofe, durch eine mit Klappen versehene Öffnung in Verbindung. So verhält es sich auf beiden Seiten, in der rechten und linken Hälfte des Herzens. In den rechten Vorhof münden durch die beiden großen Hohlvenen sämmtliche Blutadern des Körpers und bringen auf diese Weise alles Blut, nachdem es den Körper durchströmt hat, nach dem Herzen zurück. Aus dem rechten Vorhofe ergießt sich das Blut in die rechte Herzkammer und diese treibt es durch ihre Zusammenziehungen in die sogenannte Lungenschlagader, welche es in die Lungen bringt, wo es die für die Erhaltung und Ernährung des Körpers nothwendige Umwandlung in rothes Blut erleidet. So verändert wird das Blut durch die sogenannten Lungenblutadern nach dem linken Vorhofe gebracht, dessen Zusammenziehungen es in die linke Herzkammer treiben, aus welcher es, während diese sich ebenfalls zusammenzieht, was gewöhnlich mit vieler Kraft geschieht, die, Aorta genannte, große Pulsader aufnimmt, um es in den ganzen Körper zu verbreiten. Auf diese Weise bildet das Herz den Mittelpunkt des Blutumlaufs im Körper. Nachstehende Abbildung zeigt das Herz, entblößt vom Herzbeutel, in seiner natürlichen Lage zwischen den Lungen. Bei dem noch ungeborenen Menschen zeigt das Herz eine von der spätern abweichende Organisation. Vor der Geburt nämlich stehen die beiden später gänzlich voneinander getrennten Vorhöfe durch eine in ihrer gemeinschaftlichen Scheidewand befindliche Öffnung miteinander in Verbindung, sodaß das Blut, welches in den rechten Vorhof gelangt, unmittelbar aus diesem in den linken Vorhof überströmt, ohne, wie später nach der Geburt, in. die rechte Herzkammer und aus dieser durch die Langen getrieben zu werden. Schließt sich die erwähnte Öffnung nach der Geburt nicht, so ist die Folge davon eine Krankheit, die, unter dem Namen der Blausucht bekannt, durch die Kunst unheilbar ist und zu einem frühen Tode Veranlassung wird. Fast alle Thiere haben ein Herz, doch bietet dieses je nach den Classen der Thiere hinsichtlich der Gestalt, der Lage, des Umfangs und der innern Zusammensetzung viele Verschiedenheiten dar. Die Krankheiten, von denen das Herz befallen werden kann, sind sehr zahlreich, und, was noch weit schlimmer ist, schwer zu erkennen und zu heilen. Außerdem kommen, jedoch ziemlich selten, Fehler der ersten Bildung vor, die sich auf sein Dasein, seine Loge, Gestalt, Zahl seiner Höhlen u.s.w. beziehen. Zu den Krankheiten, deren Sitz das Herz sein kann, gehören die Entzündung desselben mit ihren Folgeübeln, die Vergrößerung, Erweiterung des ganzen Organs oder nur einzelner seiner Theile mit oder ohne gleichzeitige Verdickung der Wandungen, ferner Verkümmerung, Verhärtung und Erweichung des Herzens, fettige, knorpelige und knöcherne Entartungen einzelner Partien desselben, die schon genannte Blausucht, ferner Wassersucht des Herzbeutels, Polypenbildung, widernatürliche, zuweilen sackförmige Ausdehnungen der großen, mit dem Herzen in unmittelbarer Verbindung stehenden Gefäßstämme, das Herzklopfen, Herzzittern (die Krampfsucht des Herzens), die Herzbräune u.s.w. – In übertragener Bedeutung nennt man Herz das Gefühl des Menschen, sowie man den Muth auf das Herz bezieht, und im Allgemeinen die eigenthümliche, nicht durch Bildung, sondern von Natur dem Menschen eigne geistige Beschaffenheit als sein Herz bezeichnet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 380-381.
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