Krankheit

[660] Krankheit bezeichnet denjenigen Zustand eines organischen, belebten Körpers, in welchem auf eine wahrnehmbare Weise entweder dessen feste oder flüssige Bestandtheile von ihrer gesundheitsgemäßen Beschaffenheit abweichen oder eine oder mehre Verrichtungen desselben gestört sind. Krankheit und Gesundheit sind die beiden Zustände des Lebens, außer denen ein dritter nicht gedacht werden kann. Wo das Leben aufhört, kann auch keine Krankheit mehr stattfinden. Ein krankhafter Zustand muß sich, wenn er wahrnehmbar sein soll, durch eine oder mehre in die Sinne fallende Erscheinungen offenbaren. Derartige Erscheinungen werden Symptome der Krankheit genannt. Diese Symptome sind wieder doppelter Art, solche, die nur von dem Kranken selbst wahrgenommen werden, Empfindungen, Gefühle, die an sich jedem Andern entgehen, innere, sogenannte subjective Symptome und äußere, auch von Andern wahrnehmbare, objective, die entweder in Störungen der naturgemäse Verrichtungen des Körpers oder in sichtbaren Veränderungen seiner Substanz bestehen. Auf die Art und Weise, wie sich die Krankheitserscheinungen äußern, üben wieder eine Menge von Umständen mehr oder weniger Einfluß, so z.B. das Alter, Geschlecht, Temperament, die besondere Körperconstitution, die durch Lebensweise, Neigungen und Leidenschaften, Krankheiten herbeigeführte Beschaffenheit des Körpers, die unendlich mannichfachen Beziehungen, in denen der Organismus zu der Außenwelt steht. Den Krankheitserscheinungen müssen ferner nothwendig Ursachen zum Grunde liegen, die man in innere und äußere zu trennen pflegt, indem man unter erstern die sogenannten Krankheitsanlagen, unter letztern die sogenannten Gelegenheitsursachen versteht. Die Krankheiten selbst unterscheidet man wieder nach dem Sitze und der Ausdehnung in allgemeine und örtliche, innere und äußere; nach der Dauer in rasch und langsam verlaufende, obwol sich hier keine genauen Grenzen ziehen lassen (in sogenannte acute und chronische); nach ihrer Entstehungsart in ansteckende und nicht ansteckende, ererbte, angeborene und erworbene, in epidemische (s.d.), endemische, d.h. in gewissen Gegenden einheimische und sporadische, d.h. nur vereinzelt vorkommende; ihrem Charakter nach in bösartige, leichte und heilsame, d.h. solche, welche den Körper gesunder verlassen als er war, da sie ihn befielen; ferner in einfache, zusammengesetzte, verwickelte. Die Krankheiten gehen entweder in Genesung oder in andere Krankheiten oder in den Tod über und durchlaufen gewisse Zeiträume, von denen man ganz allgemein drei unterscheidet, den des Erkrankens, den der Höhe oder der Entscheidung und den der Genesung.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 660.
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