Krankenanstalt

[659] Krankenanstalt, Krankenhaus, Heilanstalt, Hospital, Lazareth sind gleichbedeutende Benennungen für Anstalten, in denen nicht nur arme Kranke unentgeldlich ärztlich behandelt, mit Arzneien versehen, beköstigt und verpflegt werden, sondern auch, wenigstens in allen den Städten, wo es Universitäten und Akademien gibt, Unterricht in der Heilkunst ertheilt wird. Dergleichen wohlthätige Anstalten gab es schon lange vor den Kreuzzügen hin und wieder in Europa, vorzüglich aber im Morgenlande. So gründeten schon im 11. Jahrh. Kaufleute ein Krankenhaus dem Täufer Johannes zu Ehren in Jerusalem, dessen Krankenwärter sich später Johanniter nannten. Indeß erst als durch die Kreuzzüge der Aussatz nach Europa verschleppt worden war und als die Venerie daselbst bekannt wurde, zwei durch Ansteckung sich weiter verbreitende Krankheiten, machte sich das Bedürfniß allgemeiner fühlbar, öffentliche Krankenhäuser zu errichten, und zwar hauptsächlich um die von den genannten Krankheiten befallenen Personen in ihnen unterzubringen und abzusondern. Anfangs nahm man jedoch nicht blos Kranke, sondern auch arme, altersschwache Leute in dergleichen Anstalten auf und verpflegte sie daselbst bis an ihr Lebensende, ja selbst Bemittelten war es gestattet, sich lebenslänglich in dieselben einzukaufen. Erst später zwang die mit der immer zunehmenden Bevölkerung auch sich mehrende Zahl der Kranken zur Errichtung besonderer Hospitäler für alte, des Selbsterwerbes nicht mehr fähige Personen, sodaß erst von dieser Zeit an die bisherigen Krankenhäuser Heilanstalten im eigentlichen Sinne des Wortes wurden. Da nun aber nicht selten Mangel an den erfoderlichen Mitteln nöthigte, schon vorhandene Gebäude zu Krankenhäusern einzurichten, so konnte weder auf eine geeignete Loge der Gebäude noch auf Zweckmäßigkeit der Bauart und Zimmereinrichtung diejenige Rücksicht genommen werden, die doch für die Erreichung des Zweckes derselben so nothwendig ist, und daher kommt es, daß es noch heute Hospitäler gibt, die, wenigstens was die äußeren Bedingungen betrifft, ihrem Zwecke nur unvollkommen entsprechen, obschon andererseits wieder nicht zu leugnen ist, daß seit einigen Jahrzehnden sowol von Seiten der Regierungen und Behörden als von Seiten der Ärzte viel für die Vervollkommnung dieser Wohlthätigkeitsanstalten geschehen ist. Handelt es sich nun um Erbauung eines neuen Krankenhauses und hat man hierbei freie Wahl des Ortes, so gilt als Regel, daß man dasselbe außerhalb der Stadt, jedoch nicht in zu großer Entfernung von derselben anlege; nöthigen dagegen die Umstände zur Anlage des Hospitales in der Stadt selbst, so wähle man wenigstens einen freien, von keinen hohen Gebäuden umschlossenen Platz, damit ungehindert ein freier Luftzug stattfinden könne. Befindet sich ein nicht zu kleiner Fluß in der Nähe, der das für Erhaltung der allgemeinen Reinlichkeit so nothwendige Wasser gewährt, desto besser, außerdem muß wenigstens dafür Sorge getragen werden, daß der Anstalt eine hinreichende Anzahl ganz in der Nähe angelegter Brunnen zu Gebote stehe. Die zweckmäßigste Form für ein größeres Krankenhaus ist jedenfalls die eines an einer Seite offenen Vierecks, sodaß dasselbe aus einem Hauptgebäude und zwei Flügeln besteht. Auch darf dasselbe höchstens zwei Stockwerke haben und muß mit der Fronte der Krankenzimmer wo möglich gegen Morgen gelegen sein. Für Städte von nicht viel mehr als 100,000 Einw. reicht ein Krankenhaus aus, in welches dann freilich Kranke aller Art mit Ausschluß von Irren aufgenommen werden müssen, wobei sich jedoch von selbst versteht, daß die in ein solches allgemeines Krankenhaus aufgenommenen Kranken je nach der Art ihrer Krankheit voneinander abzusondern und so unterzubringen sind. In dieser Hinsicht hat sich als das zweckmäßigste Auskunftsmittel eine Scheidung der Anstalt in sechs Abtheilungen bewährt, und zwar 1) für innerlich Kranke, 2) für äußerlich Kranke, 3) für Augenkranke, 4) für Venerische, 5) für Krätzige und 6) für Schwangere. Hierbei müssen nicht nur beide Geschlechter, sondern auch überdies [659] die Venerischen und Krätzigen von den übrigen Kranken sorgfältig getrennt werden. Außer den baulichen Verhältnissen eines Krankenhauses und der zweckmäßigen Raumvertheilung in demselben gibt es aber noch Vieles, was in einer Heilanstalt eine besondere Aufmerksamkeit verdient. Hierher gehört zunächst die Sorge für Erhaltung einer reinen Luft durch Erneuerung derselben, Räucherungen u. dergl., für eine zweckmäßige Einrichtung der Abtritte, für angemessene Heizung der Zimmer, für Einrichtung einer Badeanstalt, in welcher Venerische, Krätzige oder mit andern ansteckenden Krankheiten Behaftete ihre besondern Badewannen haben müssen, und ein sogenanntes russisches Bad oder an dessen Stelle wenigstens Schwitzkasten und die nöthigen Vorrichtungen zu Douchen nicht fehlen dürfen. Ferner bedarf es für die Kranken zweckmäßig eingerichteter Lagerstätten, daher wo möglich eiserner Bettstellen mit Matratzen von Pferdehaaren, Stroh, Heu, Moos oder Seegras zur Unterlage und wollenen, gut ausgewalkten, weißen oder grün gefärbten Decken zur Bedeckung und eines gehörigen Vorrathes an Leib- und Bettwäsche. Wichtiger noch aber als alles Dieses ist die Anstellung tüchtiger, für ihren Beruf hinreichend vorbereiteter und unterrichteter, überhaupt zuverlässiger Wärter und Wärterinnen, die sich der Pflege der Kranken mit Liebe unterziehen, über pünktliche Befolgung der von den Ärzten ertheilten Vorschriften wachen, namentlich auch darüber, daß gegen die diätetischen Verordnungen in Essen, Trinken u.s.w. kein Verstoß begangen werde. Wenn nun auch Krankenhäuser Allen offen stehen müssen, die eine Zuflucht in ihnen suchen, daher auch Wohlhabenden, zumal wenn diese fremd oder unverheirathet sind und deshalb außer dem Spitale die erfoderliche Abwartung nicht haben können, oder wenn sie sich lebensgefährlichen Operationen und Curen unterwerfen müssen, so sind sie doch in gegenwärtigen Zeiten vorzugsweise für arme Kranke aus den niedern Classen bestimmt, denen ihre Angehörigen in ihrer Behausung aus Mangel an Mitteln nicht die gehörige Pflege zu Theil werden lassen können, daher namentlich auch für kranke Dienstboten, arme Handwerksgesellen und Lehrlinge, arme Reisende, die fern von ihrer Heimat erkranken, Kranke aus Zucht- und Armenhäusern, kranke Vagabunden u.s.w. – Ausgezeichnete Krankenhäuser sind das Friedrichshospital in Kopenhagen, das kön. Lazareth und das Danwickshospital in Stockholm, das Hospital vom h. Johannes in Turin, das Hospital in Mailand, das allgemeine Krankenhaus in Wien, die Charité in Berlin, das Senkenberg'sche Hospital in Frankfurt a. M., das Juliushospital in Würzburg, die Krankenhäuser in München, Bamberg, Hamburg u.s.w.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 659-660.
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