Morgen [1]

[189] Morgen oder Osten heißt überhaupt diejenige Himmelsgegend, wo täglich die Sonne aufgeht; der wahre Morgen- oder Ostpunkt aber liegt genau in der Mitte zwischen N. und S., also da, wo der Äquator den Horizont schneidet und wo zweimal im Jahre zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche (21. März und 23. Sept.) die Sonne aufgeht. Im Winter findet dies südl., im Sommer nördl. vom Morgenpunkte statt. Sonst bedeutet Morgen auch so viel wie Morgenzeit, d.h. die Stunden unmittelbar vor und nach Sonnenaufgang. – Morgenroth und Morgenröthe wird die am östl. Himmel kurz vor Sonnenaufgang sich zeigende Röthung genannt, die gleich dem Abendroth (s. Abend) von der Brechung des Sonnenlichts im Dunstkreise der Erde herrührt, mitunter nur matt und wenig ausgebreitet, andere Male hochroth und feurig ist und dann, weil sich eine große Anhäufung von Dünsten dadurch verräth, für die Verkündigerin trüber, regnerischer Witterung gilt. – Morgenstern heißt der nach dem Mercur der Sonne nächste Planet, die Venus, wenn sie vor Sonnenaufgang am Himmel sichtbar ist. – Morgenland oder der Orient werden die von Europa gegen Morgen gelegenen Länder, namentlich das türk. Asien, Persien, Arabien, Syrien genannt, die auch unter der Levante, d.h. der Gegend nach Sonnenaufgang, begriffen werden. – Morgengabe ist nach deutschem Recht ein Geschenk an Geld oder Gut, welches der Ehegatte am Morgen (Tage) nach vollzogener Ehe seiner Gattin macht und das in Eheverträgen oft genau bestimmt wird und dann auch rechtlich daraus gefodert werden kann. Unter der sächs. Morgengabe ward nach altem sächs. Recht Dasjenige verstanden, was nach dem Ableben ihres Mannes eine adelige Witwe aus seinem Landgute auch ohne besondere Zusicherung erhalten mußte und wozu alles weibliche, feldgängige Vieh sammt allem, innerhalb 30 Tagen nach des Mannes Tode fallenden jungen, alles behauene und zugerichtete, aber noch nicht ausgemauerte Bauholz, noch nicht eingeflochtene Zäune und Zaunstöcke und einige andere Gegenstände gehörten, die aber selten in Natur gegeben, sondern meist durch eine vergleichsweise Geldsumme geleistet wurde. Im Königreich Sachsen ist die sächs. Morgengabe am 31. Jan. 1829 gesetzlich aufgehoben worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 189.
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