Sonntag

[222] Sonntag heißt der gewöhnlich dem Gottesdienste der Christen geweihte Tag. Diese Bestimmung gründet sich nicht auf einen göttlichen Befehl im N. T., sondern der Tag erhielt sie durch die frühzeitig unter den Christen entstandene Gewohnheit, neben dem jüdischen Sabbath den ersten Tag der Woche, als einen Tag der Freude, zum Andenken an die Auferstehung Christi, zu feiern. Diese kirchliche Feier des Sonntags war sehr einfach; man beschäftigte sich mit dem Vorlesen prophetischer und apostolischer Abschnitte, die Gemeinde hörte einen religiösen Vortrag ihres Geistlichen an, betete, empfing das h. Abendmahl und gab Almosen. Ein besonderes Merkmal derselben war es, daß man nicht fastete und beim Gebet nicht kniete. Wichtig für die würdige Feier des Sonntags waren die Gesetze, welche die Kaiser Konstantin und Theodosius erließen, und in denen sie Stillstand von aller Arbeit geboten und öffentliche Vergnügungen und die Theilnahme an denselben, Schauspiele und Pferderennen im Circus untersagten. – Der zu Anfang des 18. Jahrh. mit vieler Lebhaftigkeit zwischen Juristen und Theologen geführte Sonntagsstreit floß aus der von Sam. Stryck, Professor der Rechte zu Halle, aufgestellten Behauptung her, daß man den Sonntag, wie den jüdischen Sabbath, für eine menschliche Anordnung halten müsse, und daß er vom Landesfürsten auf einen andern Tag verlegt, auch wol gar aufgehoben werden könne. – Die Namen, welche die einzelnen Sonntage führen, haben sie entweder von den Festen, welchen sie folgen, oder von den Collecten, mit welchen der Gottesdienst an denselben zu beginnen pflegte, erhalten. Sie sind folgende: 1) ein Sonntag nach Neujahr; 2) sechs Epiphaniensonntage; 3) ein Sonntag Septuagesima, Sexagesima, Fastnachtssonntag (Estomihi); 4) die Fastensonntage, nämlich: Invocavit, Reminiscere, Oculi, Lätare, Judica, Palmarum; 5) sechs Sonntage nach Ostern, nämlich: Quasimodogeniti, Misericordias Domini, Jubilate, Cantate, Rogate und Exaudi; 6) die Trinitatissonntage; 7) die Adventsonntage (s. Advent); 8) ein Sonntag nach Weihnachten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 222.
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