Halle

[314] Halle, wegen Ähnlichkeit des Namens mit mehren andern Städten H. in Sachsen, an der Saale oder im Magdeburgischen genannt, ist eine Kreisstadt im Regierungsbezirk Merseburg der preuß. Provinz Sachsen, am rechten Ufer der Saale mit etwa 25,000 Einw. Es besteht [314] eigentlich aus drei Städten: Halle, Glaucha und Neumarkt, und ist berühmt durch seine alte Universität, durch die Francke'schen Stiftungen (s. Francke) und durch seine ergiebigen Salzwerke. Die letztern haben der Stadt jedenfalls den Namen gegeben, wie man schon daraus sieht, daß auch die andern ähnlich benannten Städte, wie Hall (s.d.) und Hallein sämmtlich Salzwerke haben. H. ist schlecht gebaut und in Folge der allgemein eingeführten Heizung mit Braunkohlen schmuzig, aber einzelne Gebäude zeichnen sich durch alterthümlich schöne Bauart aus. Als solche sind die Marienkirche, der in der Nähe derselben auf dem Marktplatz stehende rothe Thurm, der Dom, die Ulrichskirche, die Moritzkirche und das Rathhaus zu nennen. Die Moritzburg steht nur noch in Ruinen da, seit sie im dreißigjährigen Kriege zerstört worden ist. Ein erst vor wenigen Jahren vollendetes schönes Gebäude ist das auf einer kleinen Anhöhe liegende Universitätsgebäude. Die Salzwerke in H. gehören theils der Regierung, theils einer Privatgesellschaft, Pfännerschaft genannt. Die letztere besitzt zwei große Siedehäuser, welche in der Stadt auf einem ziemlich großen Platze, die Halle genannt, liegen, während die kön. Saline außerhalb der Stadt liegt. Die Salinen liefern jährlich 462,000 Scheffel Salz und könnten noch beiweitem mehr geben; sie sind die ergiebigsten in ganz Deutschland. In ihnen arbeiten die Halloren, ein eigenthümlicher wendischer Menschenschlag, die sich durch Gesichtsbildung, Sitten und Kleidung merkwürdig auszeichnen und noch im Besitz einiger Privilegien sind, welche aber früher viel weiter ausgedehnt waren, sodaß sie sogar ehemals eigne Gerichtsbarkeit hatten. Außer mit der Salzbereitung beschäftigen sich die Halloren vorzüglich mit Vogelsang und Fischfang und sind als ausgezeichnete Schwimmer berühmt. Viele gehen als Schwimmlehrer in auswärtige Orte. Die Universität zu H. wurde von Friedrich I., König von Preußen, 1694 gestiftet, wozu die nächste Veranlassung die Auswanderung des berühmten Rechtsgelehrten Thomasius aus Leipzig war. Durch die berühmten Männer, welche an dieser Universität die Wissenschaften lehrten, erlangte dieselbe eine hohe Berühmtheit. Durch Napoleon wurde sie aber 1806 aufgehoben, unter der westfäl. Regierung zwar wiederhergestellt, 1813 aber zum zweiten Male von Napoleon aufgelöst. Als aber bald nachher mit dem Ende der franz. Herrschaft H. an Preußen zurückfiel, wurde die Universität nochmals wiederhergestellt und 1815 mit ihr noch die im Kriege auseinandergegangene wittenberger Universität vereinigt und ihr der Name »Vereinigte Friedrichsuniversität Halle-Wittenberg« ertheilt. Mit der Universität stehen viele wissenschaftliche Bildungsanstalten in Verbindung. – H. ist ein sehr alter Ort, denn schon zu Anfange des 9. Jahrh. wird seiner Erwähnung gethan, und 981 bekam er von Kaiser Otto II. Stadtrechte. Im westfäl. Frieden kam H. an Preußen, von dem es nur während der kurzen Dauer des Königreichs Westfalen, 1806–13, getrennt wurde. Der einst blühende Wohlstand der Stadt ist durch den dreißigjährigen und siebenjährigen Krieg vernichtet worden. Gegenwärtig ist die Stärkefabrikation der blühendste Erwerbszweig. – Halle oder gewöhnlicher Hallein heißt auch eine Stadt in Salzburg an der Salza, mit 5000 Einw. und sehr bedeutenden Salzwerken, welche jährlich gegen 450000 Ctr. Salz liefern. Ansehnliche Erwerbsquellen sind auch eine bedeutende Baumwollen- und eine große Stecknadelfabrik.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 314-315.
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