[403] Papst (der), d.h. nach der griech. Abstammung des Wortes so viel wie Vater, ist in weltlicher Beziehung Gebieter des Kirchenstaates (s.d.), in geistlicher aber das Oberhaupt der katholischen Christenheit, welche in ihm den Nachfolger des Apostels Petrus (s.d.) im bischöflichen Stuhle zu Rom und den sichtbaren Statthalter Christi auf Erden verehrt.
Er heißt daher auch »der heilige Vater«, nennt sich aber selbst »den Knecht der Knechte Gottes«, trägt jedoch zum Zeichen seiner Würde die Tiara, eine mit drei Kronen übereinander gezierte Bischofsmütze. (S. Krone.) Der Bischof von Rom hieß schon Papst, bevor er noch das später mit dieser Würde verbundene große Ansehen genoß, obgleich ihm, als dem geistlichen Oberhaupte der Gemeinde der Hauptstadt, die Bischöfe und Geistlichen der Provinzen des röm. Reiches eine leicht erklärliche Achtung bewiesen, obschon er außerhalb seines Sprengels noch keine Obergewalt besaß. In der Vermehrung dieses Ansehens begünstigte die Verlegung der kais. Residenz nach Konstantinopel die röm. Bischöfe, welche dadurch eine weit selbständigere Stellung bekamen, als der Bischof oder Patriarch der neuen Hauptstadt, welcher vom Glanze des kais. Hofes verdunkelt und vom kais. Willen beschränkt wurde. Indessen bedurfte es doch noch günstigerer Umstände, als die im I. 344 von einer Provinzialsynode und 445 durch ein Decret des Kaisers Valentinian III. erfolgte Anerkennung des röm. Bischofs als Primas und letzte Instanz der übrigen Bischöfe, um diesen Bestimmungen selbst bei der abendländischen Christenheit allgemeine Geltung zu verschaffen. Erst seit dem 8. Jahrh. trat diese durch die fortgesetzten Bestrebungen der röm. Bischöfe immer mehr im Abendlande ein, das allerdings bei der zum Theil von Denk- und Sinnesart der östl. und westl. Völker bedingten Spaltung in kirchlichen Dingen, zunächst im Papste das für nöthig geachtete geistliche Oberhaupt erblicken mußte, dessen Glaubensboten die Franken, Briten und deutschen Völker auch in seinem Namen zum Christenthum bekehrt hatten. Indessen verschmähten die röm. Bischöfe nicht, zur Ausbreitung und Befestigung ihrer Kirchenherrschaft diese natürlichen Verhältnisse durch andere Hülfsmittel zu ergänzen und endlich neben der kirchlichen auch nach der Obergewalt in weltlichen Dingen zu streben. Dahin gehören die um die Mitte des 9. Jahrh. bekannt gemachten Decretalen des falschen Isidorus (s.d.), welche den Papst als das Oberhaupt der Kirche seit Petri Zeiten erscheinen ließen und alle Geltung weltlicher Macht von seiner Bestätigung abhängig zu machen suchten, in den damaligen und nachfolgenden Zeiten der Unwissenheit und der Verblendung in religiösen Dingen aber nur zu unbedingt Glauben fanden. Schon durch den Ehrgeiz der Patriarchen war endlich eine strenge Abstufung der geistlichen Würden eingeführt, welche ein höchstes Oberhaupt voraussetzte, und als solches nahmen nun die Päpste über die Bischöfe und Erzbischöfe eine Oberlehnsherrlichkeit grade so in Anspruch, wie sie von den Fürsten über ihre Vasallen ausgeübt wurde. Im 8. Jahrh. hatte auch die persönliche Überlegenheit ausgezeichneter Päpste viel zur Vermehrung ihres Ansehens beigetragen, welches der staatskluge Nikolaus I. (858–867), der sich zuerst feierlich krönen ließ, mit Nachdruck über alle Bischöfe des Abendlandes, wenn auch nicht immer durch die besten Mittel, geltend machte. Sein Nachfolger Adrian II., gest. 872, war noch als Papst verheirathet und seine Gattin und Tochter wurden ermordet.
Die Schwäche der nächsten Nachfolger Karl's des Großen begünstigte das zunehmende Umsichgreifen der päpstlichen Gewalt, welche selbst durch eine mehr als hundertjährige schmähliche Entweihung der päpstlichen Würde und das ärgerliche Leben ihrer Inhaber nicht gestürzt wurde. Im 10. Jahrh. geboten nämlich zwei lasterhafte Frauen, die toscan. Markgräfin Theodora und ihre Tochter Marozia, während 60 Jahren fast unbeschränkt über die päpstliche Krone, welche sie ihren Buhlern zuwendeten. Gleich unwürdig schaltete nachher ein Sohn der Letztern, Alberich, mit dem päpstlichen Stuhle, welchen 956 ein 18 Jahre alter Sohn desselben als Johann XII. bestieg, der aber seines unsittlichen Lebens wegen durch Kaiser Otto den Großen abgesetzt wurde, später jedoch nach Rom zurückkam, von Neuem als Papst auftrat und, des Ehebruchs überwiesen, erschlagen ward. Sogar ein zwölfjähriger Knabe ward 1033 in Benedict IX. zum Papst erklärt, und wiederholt gab es in Rom mehre Päpste zu gleicher Zeit, welche von den die Papstwahl einander streitig machenden Parteien ernannt worden waren. Diese Wahl geschah von den Baronen und Geistlichen des röm. Gebietes eigentlich nur unter Genehmigung oder Bestätigung der deutschen Kaiser, die auch aus eigner Machtvollkommenheit unwürdige Päpste entsetzten und ernannten, zur beständigen Aufrechterhaltung dieser Rechte aber freilich meist zu fern von Rom waren. Noch Heinrich III. (1039–56) übte dieselben wieder im ganzen Umfange aus, allein schon arbeitete der Unterdiakon und Rathgeber mehrer Päpste, Hildebrand, darauf hin, Macht und Ansehen des päpstlichen Stuhles höher als je zu heben. Auf seinen Betrieb ließ Nikolaus II. (1059–61) auf dem lateranischen Concil den Beschluß fassen, daß kein Geistlicher von einem Laien die Belehnung über ein geistliches Amt oder eine Pfründe annehmen solle, und verordnete, die Wahl des Papstes müsse künftig von den 28 Stadtpfarrern Roms und den sieben Bischöfen des röm. Gebiets, welche Cardinäle genannt wurden, vollzogen werden. Wegen der dadurch schwer gekränkten kais. Rechte war von Heinrich IV., damals ein Kind und unter Vormundschaft hoher deutscher Geistlicher, kein ernster Einspruch zu besorgen, als er aber selbst zur Regierung gelangte und den Anmaßungen der Hierarchie (s.d.) Grenzen setzen wollte, hatte auch jener Hildebrand als Gregor VII. (s.d.) den päpstlichen Stuhl eingenommen, welchem er die Oberherrschaft über alle christlichen Staaten erringen [403] wollte. Seine Nachfolger hielten kühn oder schlau, wie es die Umstände verlangten, die vorgezeichnete Bahn inne und knüpften die Geistlichkeit des Abendlandes durch Einführung einer neuen Eidesformel, den Cölibat (s.d.) und die Investitur (s. Belehnung) immer fester an den päpstlichen Stuhl und dessen Interesse. Gregor VII. (1073–85) sah Kaiser Heinrich IV. als Büßenden vor sich im Staube liegen, Alexander III. (1160–81) brachte die Könige von England und Schottland zu blinder Unterwürfigkeit in Kirchenangelegenheiten und behauptete sich nach langem Kampfe mit Kaiser Friedrich I., dem Rothbart, von dem er sich bei einer Zusammenkunft den Steigbügel halten ließ. Die höchste Macht und Würde erreichte aber das Papstthum unter Innocenz III. (s.d.), der in allen Angelegenheiten europ. Fürsten entschied und unbedingten Gehorsam verlangte. Nach Belieben schaltete er über kirchliche Würden und Pfründen und Kaiser Otto IV., welchen er als Gegenkaiser Philipp's von Schwaben anerkannt hatte, nannte sich »von Gottes und des Papstes Gnaden«. Indem die Päpste durch ihre Legaten und Nuntien (s.d.) das bischöfliche Recht der Entscheidung in kirchlichen und Ehesachen für sich in Anspruch nehmen ließen, erhielt der päpstliche Stuhl das Ansehen der einzigen Weihebehörde in der Welt, von der alle geistliche Befugnisse auszugehen hätten und eine unversiegbare Quelle von Einkünften, die kühn behauptete Infallibilität oder Untrüglichkeit der Aussprüche der Päpste aber machte ihnen die ganze Kirche unterthan. Die Mönchsorden, in deren Händen das Unterrichts-, Beicht- und Predigtwesen und die Inquisition war, dienten ihrer Politik zu vortrefflichen Mittelspersonen, ihrer Macht als zuverlässige Stützen, die dafür sorgten, daß die verblendete und abergläubige Welt nur zu lange vor dem röm. Bannstrahle zitterte. Selbst das Morgenland würde nicht minder unter die Herrschaft des röm. Bischofs gekommen sein, wären die Folgen der Kreuzzüge (s.d.), von denen der päpstliche Stuhl ohnedies im Abendlande Gewinn genug zu ziehen wußte, weniger unbeständig gewesen.
So waren die Päpste im 12. und zu Anfang des 13. Jahrh., im 14. aber begann ihr Ansehen wieder sich zu vermindern. König Philipp der Schöne von Frankreich demüthigte zuerst Bonifaz VIII. (1294–1303), einen der hochfahrendsten Päpste, welcher sich die Sonne nannte, von der Philipp als Mond beleuchtet werde, und der Frankreich endlich an Albrecht von Östreich verschenkte. Dessen spottete aber Philipp wie des päpstlichen Bannes und zwang gleich den ersten der von 1305–77 in Avignon (s.d.) residirenden Reihe von Päpsten, Clemens V., ihm 1312 als Werkzeug zur Aufhebung des Ordens der Tempelherren zu dienen. Nicht minder von Frankreich abhängig waren die Nachfolger desselben, und die Streitigkeiten Johann XXII. mit Kaiser Ludwig dem Baier (s. Deutschland) verminderten auch in Deutschland die päpstliche Macht. Noch weit größere Nachtheile gingen für das päpstliche Ansehen aus dem großen Schisma (Spaltung) von 1378–1417 hervor, während dessen abermals mehre Papste nebeneinander auftraten und sich mit Bannflüchen gegenseitig verfolgten. Zwar machte die Kirchenversammlung zu Konstanz (s.d.) diesem Ärgerniß ein Ende und veranlaßte auch die Päpste, ihren Wohnsitz wieder in Rom zu nehmen. An die Stelle der vom Concil abgesetzten Gegenpäpste wurde Martin V. (1417–31) gewählt, der zwar für die Herstellung der weltlichen und geistlichen Macht des päpstlichen Stuhles thätig war, aber die Abstellung der eingerissenen, vortheilhaften Misbräuche so wenig wie Eugen IV. (1431–47) beabsichtigte, der vielmehr die Wirkung der von der Kirchenversammlung zu Basel erlassenen Reformationsbeschlüsse mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln hintertrieb, und obgleich wegen seines ärgerlichen Lebens und unfriedlichen Treibens von der nämlichen Versammlung abgesetzt, sich doch derselben zum Trotze behauptete. Von den nächstfolgenden Päpsten zeichnete sich besonders Pius II., 1458–64 (vorher Äneas Sylvius und seit 1442 Geheimschreiber Kaiser Friedrich III.) durch Sittenstrenge, Gelehrsamkeit und als Hersteller und Erweiterer des päpstlichen Ansehens aus, sodaß in der Zeit nach ihm die Politik Roms mehr auf Erhaltung des Gewonnenen als auf Erwerbung neuer Rechte ausging. Wie damals in allen Staaten die innern Verhältnisse ein geordneteres Ansehen erhalten hatten, so war dies auch im Kirchenstaate der Fall; dazu hatten sich die Einkünfte des röm. Stuhles vermehrt, dem aus den europ. Ländern die Hälfte der geistlichen Einkünfte unter allerlei Namen zufloß. Allein unter den üppigen und verschwenderischen Nachfolgern Pius II. ward nur wenig von jenen ungeheuren Summen zum Besten der Christenheit verwendet, sondern die Bereicherung und Erhöhung ihrer Familien (s. Nepotismus) verzehrten das Meiste davon; allen Päpsten aber that es darin Alexander VI. (s.d.) in Gemeinschaft seines Sohnes Cäsar Borgia (s.d.) zuvor. Das war denn freilich der Weg nicht, das Urtheil der von Beschränkung und Aberglauben sich allmälig freier machenden Geister zu gewinnen und die seit Wiclef und Huß (s.d.) immer fühlbarern Foderungen wegen einer Kirchenverbesserung zu beschwichtigen, daher das Ärgerniß, welches Leo X. (s.d.) durch Ausschreiben eines allgemeinen Ablasses in Deutschland gab, hier die 1517 beginnende Reformation (s.d.) herbeiführte, welche fast die Hälfte der bisher dem päpstlichen Stuhle gehorsamenden Länder für immer von ihm abwendig machte und in gleichem Grade seine Einkünfte verminderte.
Auch die Politik Kaiser Karl V., von dessen Heere der gegen ihn mit Frankreich verbündete Papst Clemens VII. nach der Eroberung und Plünderung Roms gefangen genommen wurde und seine Freiheit mit 400,000 Dukaten erkaufen mußte, half das päpstliche Ansehen im 16. Jahrh. verdunkeln, welchem die im Geiste der Unwissenheit vergangener Jahrhunderte gefaßten Beschlüsse der Kirchenversammlung zu Trient (s. Concilium) so wenig wie die Errichtung des Ordens der Jesuiten (s.d.) seine nur in abergläubigen und unwissenden Zeitaltern mögliche, frühere Geltung wieder verschaffen konnten. Die schlaue Staatskunst mehrer Päpste, die Milde wie die Anmaßung anderer, z.B. des berüchtigten Ketzerrichters und Erneuerers der Nachtmahlsbulle (s.d.), Pius V. (1566–72), mühten sich ebenso vergeblich ab, wie von Urban VIII. (1623–44) der berühmte Galilei (s.d.) gezwungen ward, die Bewegung der Erde um die Sonne abzuschwören, welche darum doch nicht minder stattfand. Die katholischen Regenten selbst singen immer mehr an, die Verschiedenheit kirchlicher und politischer Angelegenheiten einzusehen und entzogen sich der lästigen Bevormundung von Seiten Roms, wo man endlich, nachdem in dem freilich von den Päpsten nie anerkannten westfäl. Frieden, [404] unter Zustimmung aller europ. Mächte eine den Grundsätzen des Papstthums gradezu widerstrebende Duldung öffentlich ausgesprochen wurde, nur vor der Hand das weitere Sinken der päpstlichen Macht zu verhindern suchte, der auch durch die Jansenisten (s.d.) ein weiterer Theil der Niederlande den Gehorsam aufkündigte. Mit neuer Geringschätzung belud Innocenz X. (1644–55) den päpstlichen Stuhl, indem er sich von der herrsch- und habsüchtigen Olympia Maldachini leiten ließ, und Alexander VII. (1655–67), sowie seine nächsten Nachfolger empfanden besonders Ludwig XIV. Stolz und Neigung zu gewaltthätigen Schritten. Als Clemens XI. (1700–21) sich im span. Erbfolgekriege zu voreilig für Philipp von Anjou erklärt hatte, zwangen ihn kais. Truppen zum Widerruf aller seiner Schritte und weil Clemens XII. 1730–40 ein mit Sardinien eingegangenes, für Rom nachtheiliges Concordat wieder aufhob, zog der König von Sardinien alle geistlichen Lehen in Savoyen und Piemont ein. In Portugal, welchem der Papst einen eignen Patriarchen bewilligen mußte, in Spanien, Neapel und Frankreich erfolgten wiederholte Beschränkungen des päpstlichen Ansehens und nur mit schweren Opfern und durch persönliche Verdienste behaupteten der gelehrte und milde Benedict XIV. (1740–58) und der aufgeklärte Clemens XIV. (s.d.) (1769–75) noch einen Theil der vordem so hohen Achtung vor dem röm. Stuhle. Allein auch ihre Nachgiebigkeit vermochte nicht, der päpstlichen Macht erneuerte Verluste zu ersparen; so hob Venedig z.B. eigenmächtig Klöster auf, verbot alle Nachsuchung von Dispensen (s.d.) in Rom, und Neapel gestattete weder Geldsendungen dahin, noch bei Gelegenheit des Jubeljahres Wallfahrten. Kaiser Joseph II. und der Großherzog Leopold II. von Toscana säcularisirten Klöster in ihren Ländern, stellten die fortbestehenden unter die Gerichtsbarkeit der Bischöfe und gestatteten der päpstlichen Macht nur einen geringen Einfluß in ihren Staaten, ohne den eitlen und verschwenderischen, den Nepotismus erneuernden, in seinen Entschlüssen schwankenden Pius XI., aus dem gräflichen Hause Braschi, zu fragen, der 1775 auf den päpstlichen Stuhl kam und 1782 vergebens eine pomphafte Reise nach Wien unternahm, um des Kaisers Ansichten umzustimmen. Nur durch Vermittelung von Spanien und Frankreich erhielt er einen gütlichen Vergleich mit Joseph II. und blos der Einfluß des bair. Hofes und das Privatinteresse einiger deutschen Bischöfe vereitelten den durch die emser Punctation (s. Ems) von den deutschen Erzbischöfen unternommenen Versuch, ihre Stellung gegen den Papst unabhängiger zu machen. Die franz. Revolution und ihre Folgen vernichteten endlich die Reste von Macht und Ansehen, welche dem Papste verblieben waren und nachdem Pius VI. mit großen Geldopfern und durch Abtretung von Kunstwerken und werthvollen Seltenheiten 1796 und 1797 wiederholt das Fortbestehen des Kirchenstaates erkauft hatte, mußte er denselben doch 1798 in eine Republik verwandeln und sich als Gefangener nach der Citadelle von Valence bringen sehen, wo er am 29. Aug. 1798 starb. Sein Nachfolger Pius XII. (1800–23) erhielt sich bis 1809 nur durch seine Willfährigkeit gegen Napoleon, der ihn, als diese aufhörte, gefangen nach Frankreich bringen ließ. Erst Napoleon's Entsetzung verdankte er 1814 seine Freiheit und dem Willen der verbündeten Mächte, von denen Preußen und England nach röm. Begriffen Ketzer sind und Rußland einer schismatischen Kirche gehört, seine Wiederherstellung im Kirchenstaate, bewies aber dessenungeachtet sehr bald, wie fest er an dem alten Systeme der Kirche und des Papstthumes halte. Er erneuerte Inquisition, Jesuiten und andere geistliche Orden und gab durch die von ihm mit Frankreich, Neapel und Baiern, sowie die mit Preußen abgeschlossene Übereinkunft den Boden und das Beispiel, auf welchem und wie seine Nachfolger fortzubauen hätten, um bei gelegener Zeit ihre eigentlichen Ansprüche geltend machen zu können. Sie traten auch in der That in seine Fußtapfen und Leo XII. (1823–29), Pius VIII. (1829–31) und Gregor XVI. (s.d.) bemühten sich fast in gleichem Geiste um Herstellung jenes, der höhern Geistesentwickelung wie der wahrhaft christlichen Liebe und Duldung allezeit feindlich gewesenen Papstthums. Zwar legten die Ereignisse in Portugal und Spanien (s.d.) dem Emporkommen desselben in den letzten Jahren dort neue Hindernisse in den Weg, dafür aber sah Gregor XVI. langvorbereitete Bestrebungen sich verwirklichen, die Jesuiten sich in Östreich ausbreiten und die bair. Regierung eifrig in Herstellung der Klöster; die Anmaßung aber, mit welcher er bei der neuerdings in Preußen eingetretenen Verweigerung des Gehorsams gegen die Staatsgesetze von Seiten mehrer katholischer Bischöfe auf die Seite der Widerspenstigen getreten ist und dabei die Autorität Roms höher als die jeder Staatsregierung geltend machen will, kann nur von Neuem die Ohnmacht der päpstlichen Curie darthun, welche noch 1839 so weit entfernt ist, die von der höhern Bildung überall ausgesprochenen Grundsätze religiöser Duldung anzuerkennen, daß sie erklärte in Rom die öffentliche Ausübung des protestantischen Gottesdienstes nimmer dulden zu wollen.
Die Lehre der katholischen Kirche vom Papste als Statthalter Christi und Mittelpunkt der Hierarchie (s.d.) und von dessen Untrüglichkeit in Religions- und Kirchensachen wird Papismus, ein Anhänger derselben Papist genannt. In Rom pflegt der Papst jährlich an wichtigen Kirchenfesten geistliche Verrichtungen vorzunehmen, den Processionen beizuwohnen und namentlich am Ostermorgen Messe am Hauptaltar der Peterskirche zu lesen, zu dem er sich mit vielem Pomp auf die umstehend abgebildete Art, d.h. auf einem prächtigen Lehnsessel begibt, den zwölf in die gelb, blau und schwarze päpstliche Livrée gekleidete Palastbeamte tragen und neben welchem zwei andere mit großen Fächern hergehen, die prächtige Pfauenschwänze vorstellen. Stirbt ein Papst, so ertönt eine nur bei dieser Veranlassung geläutete Glocke auf dem Capitol, der Siegel- oder Fischerring des Verstorbenen wird vom Cardinalkämmerling im Beisein dreier Cardinäle zerbrochen, der Leichnam wo möglich noch an demselben Tage einbalsamirt, mit dem päpstlichen Ornat bekleidet und in die Peterskirche gebracht. Hier stellt man ihn hinter einem Gitter so aus, daß die Füße vom Volke geküßt werden können, und nach drei Tagen erfolgt die Beerdigung, der eine neuntägige Leichenfeier in der Gregoriuscapelle der Peterskirche sich anschließt. Am zehnten Tage versammeln sich die Cardinäle, so viele anwesend sind, um sich nach dem Conclave zu begeben und dort zur Wahl eines neuen Papstes aus ihrer Mitte zu schreiten, welcher 55 Jahre alt, in Italien geboren sein muß, mit keinem regierenden Hause verwandt und von keinem auswärtigen Hofe zur Cardinalswürde vorgeschlagen worden sein darf. Das Conclave wird nämlich [405] sowol der Ort, wo die Cardinäle sich zur Papstwahl versammeln, als auch ihre desfallsige Versammlung selbst genannt, wozu man im vaticanischen Palaste mehre Gemächer so eingerichtet, daß jeder Cardinal für sich und seinen Conclavisten, d.h. den von ihm gewählten geistlichen oder weltlichen Gefährten für die Dauer der Wahl, sowie für seinen Kammerdiener einen in drei Zellen abgetheilten Raum erhält. Hier bleiben sämmtliche Cardinäle, bis sich zwei Drittel ihrer täglich zweimal schriftlich abzugebenden Stimmen über den neuen Papst vereinigt haben, unter sorgfältiger Bewachung von allem Verkehr abgeschlossen und die für jeden täglich anlangenden Speisen werden nur mittels einer Vorrichtung in das Conclave befördert. Ist die Wahl, bei der übrigens Östreich, Frankreich und Spanien das Recht haben, jedes wider die Ernennung eines gewissen, ihnen etwa unangenehmen Cardinals Einspruch zu thun, binnen drei Tagen nicht zu Stande gekommen, so erhalten die Cardinäle an den nächsten fünf Tagen für jede Mahlzeit blos ein Gericht und sollen später sogar auf Wein, Wasser und Brot beschränkt werden. Der gewählte Papst nimmt sogleich einen andern Namen an, den des Petrus jedoch ausgeschlossen, wird mit dem päpstlichen Ornat bekleidet und empfängt in der Gregoriuskapelle [406] die Huldigung der Cardinäle, worauf er den päpstlichen Stuhl besteigt und feierlichst nach der Peterskirche getragen wird. Die Huldigung der Cardinäle wird hier wiederholt und einige Tage später wird vor der Peterskirche seine Krönung als weltlicher Gebieter des Kirchenstaats vollzogen.
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