Haus

[342] Haus wird nicht allein jedes zur Wohnung oder zum vorübergehenden Aufenthalt des Menschen errichtetes Gebäude genannt, sondern auch in übertragener Bedeutung jede Gesammtheit [342] der Menschen, welche von der Natur auf einen gemeinsamen Wohnort hingewiesen oder aus ihm hervorgegangen ist; also die Familie, das Geschlecht, der Stamm, oder auch in engerer Bedeutung der Zweig eines (adeligen) Geschlechts. Nach der Natur gehört in das Haus kein Fremder, sondern zunächst sind Hausgenossen: Mann und Weib, dann Kinder, höheres und niederes Gesinde. Der Familienvater ist der Hausherr, er erwirbt, hält auf Recht im Hause selbst und vertritt das Recht und Eigenthum der Familie nach außen. Mehr nach innen wirkt die tüchtige Hausfrau, erhaltend, vorsorgend und auf Sitte und Zucht unter den Hausgenossen bedacht, daher sie richtig und schön von Rittern und Bürgern im Mittelalter als Hausehre bezeichnet wurde. Der Mann gehört mehr der Welt als dem Hause an, er hat in diesem nur den sichern Grund und Boden, auf welchem fußend er sich dem Allgemeinen nützlich zu machen strebt und den er sich erhält, indem er die Früchte seiner Thätigkeit selbst wieder ihm zuwendet; die Frau dagegen gehört mehr dem Hause als der Welt an, ihr liegt daher ob, den Erwerb des Mannes zum Wohle des Hauses zu benutzen und mit Klugheit auszutheilen, damit nicht ein Bedürfniß im Übermaß befriedigt werde, während in Bezug auf ein anderes Mangel eintritt, das Geschäft der Haushaltung und Hauswirthschaft. Alles Dasjenige, was sich auf die innere Wohlfahrt des Hauses bezieht, steht hiernach mehr der Frau zu, während der Mann für die äußere Wohlfahrt desselben zu sorgen hat. Die Wohlfahrt ist theils leiblich, theils geistig und so ist es der Hausfrau wohl angemessen, nicht nur für Essen, Trinken, Kleidungsstücke und Erhaltung des Wohngebäudes selbst und alles zu seiner Ausstattung Gehörige zu sorgen, sondern auch für die Pflege der Hausgenossen in leichten und schweren Krankheitsfällen Sorge zu tragen. Sie soll also auch die ohne Gefahr und in vielen Fällen anwendbaren Arzneimittel, die sogenannten Hausmittel kennen und in Bereitschaft halten, ohne jedoch durch Quacksalberei den Arzt ersetzen zu wollen. Am besten ist es, sich dieser Mittel, wenn es irgend sein kann, nur unter Anleitung und Berathung des Arztes zu bedienen. Die Gesammtheit der Hausmittel bildet die kleine, oft, besonders auf dem Lande, höchst nützliche Hausapotheke. Dagegen steht es dem Manne zu, das Hausrecht (s.d.), wo es noth thut, zu üben, alle Vermögens- und Erwerbsangelegenheiten zu besorgen, auf die Beobachtung der Hausverträge (s. Familie) zu halten u.s.w. In Allem werden aber Hausherr und Hausfrau sich theilnehmend und berathend zur Seite stehen und ein besonders beide gleich sehr interessirendes Geschäft wird die Erziehung der Kinder und die Anleitung des Gesindes zur Erfüllung seiner Pflicht, zur Rechtschaffenheit und Frömmigkeit sein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 342-343.
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