Regent

[654] Regent heißt so viel wie ein Staatsoberhaupt, welches vermöge des Erb- oder Wahlrechts mit fürstlicher Machtvollkommenheit und ohne Verantwortlichkeit, nicht in der Art eines bloßen Präsidenten, Directors, Consuls oder Protectors, zur obersten Leitung der Angelegenheiten eines Staates berufen und befugt ist. In beschränkterm Sinne versteht man aber unter einem Regenten (oder einer Regentin) den Stellvertreter des eigentlich zur Regierung Berechtigten in dessen Abwesenheit, wie z.B. Napoleon im März 1813 zur Regentin von Frankreich die Kaiserin Marie Luise ernannte; oder während seiner Minderjährigkeit, wie jetzt die Königin Maria Christina (s.d.) Regentin von Spanien für ihre Tochter Isabella II. ist; oder wegen Geisteskrankheit desselben, weshalb in Großbritannien der nachherige König Georg IV. für seinen Vater als Prinz Regent die Regierung versah, und in Dänemark der nachherige König Friedrich VI. seit 1784 für Christian VII., in Portugal seit 1792 der Prinz von Brasilien für die Königin Maria Franziska Isabella. Unter Regentschaft wird daher eine stellvertretende Regierung verstanden, wenn der eigentliche Regent unmündig, gemüthskrank oder abwesend ist. Im letztern Falle ordnet er selbst an, wer ihn als Reichs- oder Landesverweser vertreten soll, außerdem bestimmen darüber die Haus-oder Landesgesetze. Der Regent besitzt im Ganzen alle Regierungsrechte des eigentlichen Staatsoberhaupts, allein Abänderungen in der Landesverfassung darf er gar nicht oder blos unter gewissen, landesgesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen vornehmen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 654.
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