Regenwurm

[654] Regenwurm (der) gehört in die Familie der nackten Ringelwürmer und hält sich am liebsten in feuchter und fetter Erde, daher häufig im Dünger, unter den Wurzeln der Gewächse, unter am Boden stehenden Blumentöpfen auf. Ganz jung sieht er weißlich aus, ist so dünn wie ein Zwirnsfaden und blos einige Linien lang; ältere sehen rothbraun, sind so rund und stark wie eine Schreibfeder und können sich länger als einen Fuß ausdehnen. Jeder von seinen Körperringen, deren Anzahl im Durchschnitt 120 beträgt, ist unten mit einem kaum sichtbaren Borstenbüschel besetzt; Augen, Zähne und Fühler fehlen. Im Winter und bei trockenem Wetter verweilen die Regenwürmer tief im Boden, kommen aber nach Regen oder Thau gern hervor, um an den Blättern junger und zarter Pflanzen zu nagen, welche nebst faulenden Pflanzen und thierischen Stoffen ihre Nahrung ausmachen. Maulwürfe, Igel, Eidechsen, Hühner, Drosseln und mehre andere Vögel verzehren die Regenwürmer mit großem Eifer, wo sie derselben habhaft werden können, auch werden sie als Lockspeise beim Fischfang gebraucht und sonst kamen sie sogar getrocknet in den Handel, weil in den Apotheken ein Regenwurmöl daraus bereitet wurde. In den Gärten sucht man sie zu vertilgen, weil sie an jungen Pflanzen oft viel Schaden thun, und sammelt sie nach einem warmen Regen des Abends mit der Laterne ein, wobei man aber so leise wie möglich verfahren muß, weil sie bei der geringsten Erschütterung in ihre Löcher zurückkriechen. Merkwürdig ist die Ergänzungskraft der Regenwürmer, indem ein in zwei Stücke zertheilter sich binnen gar nicht langer Zeit zu zwei vollständigen Thieren mit allen, jedem einzelnen eignen innern Theilen ausbildet.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 654.
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