Garten

[144] Garten nennt man jedes auf irgend eine Weise umgrenzte, künstlich angebaute Landstück, welches die Bestimmung hat, entweder durch den Ertrag an Baumfrüchten, durch Zucht edler Baumarten (Baumgarten), durch Ertrag an Gemüse (Gemüsegarten, Küchengarten) Nutzen zu gewähren, oder das nur zum Vergnügen dienen soll (Lustgarten), indem es das Auge durch den Anblick schöner Gewächse, namentlich Blumen (Blumengarten) ergötzt, schattige Baumgänge liefert, romantische Ansichten und Aussichten darbietet u.s.w. Im Allgemeinen könnte man also die Gärten in Nutz- und Lustgärten abtheilen, und zwischen beiden würden noch die Thiergärten stehen, welche zum Aufenthalte meistens seltener Thiere, die einer besondern Pflege bedürfen, dienen; doch werden sehr häufig verschiedene Arten von Gärten miteinander verbunden. Die Gärtnerei bezieht sich auf die Anlage von Gärten, die Pflege der Gewächse, ihre Fortpflanzung, Veredlung u.s.w. und wird, sobald es bei der Anlage eines Gartens auf Schönheit der Partien, Zucht edler Gewächse und Anordnung derselben zu einem dem Auge wohlthuenden Ganzen ankommt, zur Gartenkunst. Man hat lange gezweifelt, ob in Wahrheit von einer schönen Gartenkunst die Rede sein könne, welche neben Malerei, Musik, Bildnerei genannt werden dürfe. Doch scheint die Möglichkeit derselben entschieden, sobald man unter Kunst jede Nachahmung der Natur versteht, welche vor dieser selbst dies voraus hat, daß ein bestimmter geistiger Inhalt absichtlich ausgedrückt ist. Die Gartenkunst kann als Kunst keinen andern Zweck haben, als auf eine ähnliche Weise, wie dieses durch schöne Gegenden von selbst geschieht, absichtlich die Seele des Beschauers mannichfach zu bewegen, also dieselbe in heitere oder trübe Stimmung zu versetzen. Am nächsten steht hiernach die Gartenkunst der Landschaftsmalerei und hat vor dieser noch den Vorzug, daß sie Dasjenige wirklich ausführt, was in der Malerei nur durch Zeichnung und Farben angedeutet zu werden vermag, während die Phantasie in ihr durch Localität und Klima auf eine Weise beschränkt ist, wie in der Malerei nicht der Fall ist. Schon die Alten hatten Lustgärten, aber erst in neuerer Zeit ist die Gartenkunst über ihren eben ausgesprochenen echt künstlerischen Zweck zum Bewußtsein gekommen. Früher beschränkte man sich darauf, in den Lustgärten einen angenehmen Aufenthaltsort zu schaffen. Es wurden etwa seltene und schöne Gewächse gezogen, schattige Baumplätze, Springbrunnen, Fischteiche, Badehäuser u. dgl. angelegt. Später kam die sogenannte franz. Gartenkunst auf, in welcher die Natur gänzlich unter die Herrschaft des ordnenden Verstandes gestellt und der Hauptzweck eine Regelmäßigkeit wurde, welcher sich die frei aufstrebende Natur fügen mußte. Am weitesten gingen in dieser sich mehr der Baukunst anschließenden Richtung die Holländer. Die regelmäßigen, nach mathematischen Figuren angelegten Blumenbeete, die geraden Heckengänge und Baumpflanzungen, welche sorgfältig nach mannichfachen Formen beschnitten wurden, die steinernen und hölzernen Figuren, welche als Zierden der Gänge aufgestellt wurden u.s.w. gehören diesem Geschmack an. In England nahm man zuerst eine der wahren Kunst sich annähernde Richtung, indem man auf Nachahmung der Landschaft ausging und die Nachahmung der engl. Parks (s.d.) zeigt, daß man auch in dem übrigen Europa den hohen Vorzug dieser wahren Gartenkunst anerkannt hat, obgleich man auch hier theils durch Überladung mit Tempeln, Obelisken, Pyramiden, Ruinen u. dgl. den wahren Schönheitssinn vielfach beleidigt, theils dadurch den Charakter der Kunst aufgehoben hat, daß man sich begnügt hat, natürliche Waldungen, Berggegenden u. dgl. durch einige Gänge und eine Umfriedigung zum Garten umzuwandeln. – Die Kunstgärtnerei hat es namentlich mit der Veredlung der Pflanzen und mit der Zucht ausländischer Gewächse zu thun, und um diese möglich zu machen, mußte man die Einflüsse des Klimas und der Witterung abzuhalten und ein den Pflanzen angemessenes Klima künstlich herzustellen suchen, zu welchem Zwecke man Treibhäuser erbaute. Am weitesten sind, von ihrem ziemlich gleichmäßigen Seeklima begünstigt, in der Kunstgärtnerei die Holländer und Engländer. Einen wissenschaftlichen Zweck verfolgt die Kunstgärtnerei in den botanischen Gärten, welche gegenwärtig bei allen Universitäten zur Benutzung bei Vorlesungen und überhaupt zur Belehrung angelegt sind. Zur Vervollkommnung der Gärtnerei haben namentlich die Gartenbauvereine viel beigetragen, welche theils aus Mitgliedern bestehen, die selbst erfahrene Gärtner sind, theils durch ausgesetzte Preise zu Versuchen und Mittheilungen Veranlassung geben. Zu diesen Gesellschaften gehören die engl. Horticultural society (seit 1805), die schot. Caledonian horticultural society (1809), die franz. Societé d'horticulture (seit 1827) und das Institut hortical (seit 1829), der pomologische Verein in Altenburg (seit 1810), die berliner Gartenbaugesellschaft (seit 1822), der Verein Flora zu Dresden (seit 1828), die Gartenbaugesellschaft in Frauendorf in Baiern u.a., welche meistens Zeitschriften herausgeben, die letzte z.B. die »Allgemeine deutsche Gartenzeitung«, auch Ausstellungen seltener, neuer und besonders vorzüglich gezogener Pflanzen veranstalten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 144.
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