Garten

[345] Garten, ein umfriedetes Stück Land, auf dem Gewächse mit besonderer Sorgfalt gezogen werden, sei es zu materiellem, sei es zu ästhetischem Genuß; danach unterscheidet man Nutzgarten (Gemüse-, Arznei-, Obst-, Handels-, botanischer oder Versuchsgarten) und Zier-, auch Lustgarten, sei es nun ein Park (s.d.) oder ein kleinerer Hausgarten, der beim Vorherrschen von Blumen auch Blumengarten (s.d.), beim Vorherrschen von Rosen Rosengarten (Rosarium) genannt wird. Letzterer sollte vom Nutzgarten durch eine sichtbare Grenze getrennt sein, weil in diesem nicht immer die Ordnung und Reinlichkeit herrschen werden, die von ersterm stets gefordert werden darf. Zum Hausgarten eignet sich ein in nächster Nähe des Wohnhauses gelegenes, nicht sumpfiges Stück Land mit guter, fruchtbarer Erde, hinlänglich Sonne und Schutz gegen kalte Winde. Die Blumen zeigen ihre Pracht und Lieblichkeit nur, wenn sie, harmonisch geordnet, sich vom grünen Rasen (s.d.) abheben und hier einige nicht oft wiederkehrende Punkte, Gruppen, bilden, die mit Bäumen, Blütensträuchern und einfachen Blattpflanzen abwechseln. Zur Bepflanzung der Blumenbeete liefern ein wertvolles Material die schönblühenden, ausdauernden Stauden. In Ermangelung eines eignen Reservegartens kultiviert man auf den Rabatten des Gemüse- und des Obstgartens auch Blumen, um sie bei Bedarf in den Blumengarten zu versetzen, zu Sträußen u. dgl. abzuschneiden oder für den Samenbau zu pflegen. Der Hausgarten, in seiner vornehmsten Form und reichsten Ausstattung gegenüber den übrigen Teilen eines Parks, mit einem vielgebrauchten englischen Wort auch Pleasure-ground genannt, soll ein abgeschlossenes Bild gewähren voller Ruhe, Einheit und Harmonie, die durch zweckmäßige Verteilung von Licht und Schatten (durch die Bepflanzung) darzustellen sind. Man umgibt den G. mit einer Grenzpflanzung hochwachsender Gehölze, zwischen und vor denen schön blühende Sträucher zur Herstellung des Schlusses als Untergehölz zu verteilen sind, die aber doch die Aussicht auf eine vielleicht vorhandene hübsche Partie der Nachbarschaft nicht verdecken sollen. Um diese Sträucher, die in rigolten Boden zu pflanzen sind, lustig und die Partie geschlossen zu erhalten, werden sie jährlich beschnitten, auch ist der Boden zwischen ihnen im Frühjahr mit dem abgefallenen Laub umzugraben und während des ganzen Jahres von Unkraut rein zu halten. In der Mitte von solchem G. gestattet eine freie Rasenfläche die Anbringung einiger durch schöne Blüten oder Blätter ausgezeichneter Gehölze als Einzelpflanzen; hierher gehören auch die Rosen. Zur Belebung des Bildes dienen ferner die entweder dunkelgrünen oder auch silbergrauen, durch ihren oft pyramidalen Aufbau kontrastierenden Nadelhölzer, einzeln oder in Gruppen gepflanzt, ebenso Laubgehölze mit hängenden Zweigen oder säulenförmigem Wuchs; jedoch dürfen solche auffällige Gestalten nur sparsam vorkommen, weil sie sonst die wünschenswerte Einheit des Bildes stören. Diese unterbreche man auch nicht durch überflüssige Wege. Je nach der Größe des Gartens legt man, außer dem nötigen Fahrweg vom Einfahrtstor, an der Tür des Hauses vorbei nach dem Hofraum zu, nur die nötigsten Promenadenwege (2 m breit) zur Verbindung der Hauptpunkte in langgezogenen, gefälligen Kurven. Die Wege sind fest und trocken einzubauen, die Mitte etwas gewölbt; bei trocknem Untergrund genügt eine Schutt- oder Schlackenschicht von 25 cm Starke und auf dieser ein dünner, aber feucht festgewalzter Überzug von Schlick (Chaussee-Abraum), auf den des gleichmäßigen Aussehens wegen alljährlich lehmhaltiger Kies gestreut wird. Auf dem Rasen sind auch die Blumenbeete anzuordnen, wobei aber jede Überladung zu vermeiden ist, da sonst die Ruhe und Harmonie gestört würden.

Bei der Verwendung der reichblühenden einjährigen Gewächse liegt die Kunst in der geschickten Nebeneinanderstellung der verschiedenen Farben. Rot neben Grün, Gelb neben Violett, Blau neben Orange wird gewöhnlich gut wirken. Wo sich das nicht streng durchführen läßt, verwendet man weiße Blumen als Zwischenpflanzung, da Weiß manche Disharmonie aufhebt. Die Blumenbeete, von möglichst einfacher, runder oder ovaler Form, oder zum Stern vereinigt, werden 0,5 m tief ausgegraben, mit leichter, nahrhafter, doch nicht fetter Gartenerde gefüllt und vor jedesmaligem Bepflanzen mit sandiger, sogen. Mistbeeterde gedüngt, aber nicht zu stark, um nicht das Wachstum auf Kosten des Blühens zu befördern. – Außer einer oder mehreren Sommerlauben im Schatten der Bäume, im kühlsten Teile des Gartens gelegen, bekleidet mit wildem Wein (Ampelopsis), amerikanischem Wein (Vitis odoratissima u. a.), Geißblatt (Caprifolium), Clematis (namentlich den Jackmannschen Hybriden) u. dgl., wird sehr oft die Anlage[345] eines Platzes für Turnen, Spiele, wie Lawn-Tennis u. dgl., nötig werden. Für letztern Zweck muß ein Fachmann herzugezogen werden. In der Nähe einer Großstadt wird man besser darauf verzichten, sein Gemüse im G. selbst zu ziehen, jedoch kann eine kleine regelmäßige Obstanlage und die Bepflanzung aller freien Wandflächen mit Obstformen viel Freude und Nutzen bringen. Literatur und die verschiedenen Gartenstile s. im Art. »Gartenbau«. Über Obst- und Gemüsegarten s. Obstbau und Gemüse, über Baumschulen etc. s. d. Zu wissenschaftlichen Zwecken dienen botanische und dendrologische, pomologische und önologische Gärten (für Weinbau) sowie die Schulgärten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 345-346.
Lizenz:
Faksimiles:
345 | 346
Kategorien: