Botanische Gärten

[265] Botanische Gärten, Anstalten, in denen Pflanzen aus allen Weltteilen und Klimaten zu wissenschaftlichen und Unterrichtszwecken gezogen werden. Zu Anfang des 14. Jahrh. legte Matthäus Sylvaticus zu Salerno den ersten botanischen Garten an; 1333 ließ Venedig den ersten öffentlichen medizinisch-botanischen Garten einrichten. Später wetteiferten die reichen Städte Italiens in der Anlage von botanischen Gärten. Herzog Alfons von Este ging mit rühmlichem Beispiel voran, und Ferrara erlangte am frühesten in Europa den Ruf, die Pflanzenkultur auf die höchste Stufe der Vervollkommnung erhoben zu haben. Gegründet wurden sodann b. G. in Padua gegen 1533, in Pisa 1544, in Bologna 1568; um dieselbe Zeit waren der botanische Garten in Florenz und der Penettische zu Neapel berühmt. Der älteste botanische Garten in Frankreich wurde zu Montpellier gegen Ende des 16. Jahrh. von Belleval angelegt. In Paris führte 1597 der triviale Zweck, den Stickerinnen der Hofkleider neue Blumenmuster zu liefern, zur Anlegung eines botanischen Gartens, der 1626 auf Betrieb des Leibarztes Guy de la Brosse für den wissenschaftlichen Zweck, sämtliche Pflanzen der Erde in demselben zu ziehen, umgewandelt wurde. In den Niederlanden entstand 1577 auf Bontius' Betrieb der akademische Garten zu Leiden. In Deutschland waren im 16. Jahrh. nur Privatgärten bekannt, als der berühmteste galt der des J. Camerarius in Nürnberg.

Im 17. Jahrh. entstanden der königliche englische Garten in Kew, von der Königin Elisabeth gegründet, der botanische Garten zu Amsterdam, seit 1646 einer der reichsten in Europa; die Gärten zu Leipzig 1580, Breslau 1587, Heidelberg 1597, Gießen 1610, Jena 1629, Kiel 1669, Helmstedt 1683 etc. Während des 18. Jahrh. behaupteten die botanischen Gärten Englands (Kew, Chelsea, Eltham) den ersten Rang. In den Niederlanden machten die botanischen Gärten des Lords Clifford zu Hardecamp bei Haarlem unter K. Linnés Verwaltung Epoche, und gleichzeitig behaupteten in Italien die Gärten zu Turin, Pisa und Florenz, in Spanien der zu Madrid verdientes Ansehen. In der Schweiz gelangte der früher unter Gesner zu Zürich angelegte Garten unter J. J. Römer in Ruf. In Rußland entstanden b. G. in Petersburg 1725, in Dorpat und Wilna; den reichsten aber legte Graf Alexis Rasumowski bei Moskau unter Fischers Aufsicht an. Der botanische Garten zu Kopenhagen unter Hornemann, der zu Upsala unter Thunberg und Wahlenberg und der zu Lund unter Agardh erlangten Berühmtheit. In Deutschland entstanden gegen Ende des 18. Jahrh. sehr viele neue Gärten, und jetzt entbehrt keine deutsche Universität einer solchen Anlage. Außer den Universitätsgärten erlangte vorzüglich der kaiserliche Garten zu Schönbrunn bei Wien unter J. v. Jacquin große Berühmtheit. Unter den großartigen Privatgärten ist vorzüglich der des Fürsten zu Salm-Dyck in Dyck bei Düsseldorf zu bemerken. In neuerer Zeit hat man speziell zur Pflege und zum Studium der Alpenpflanzen (s.d.) auch Filialgärten auf Bergeshöhen angelegt, so z. B. auf dem Brocken im Harz, auf dem Elsässer Belchen in den Vogesen,[265] auf dem Kleinen St. Bernhard, auf dem Schachen und an einigen andern Punkten in den Alpen. Von außereuropäischen botanischen Gärten sind hervorzuheben: in Asien die Gärten zu Kalkutta, zu Madras, zu Peradeniya auf Ceylon, in Buitenzorg auf Java, in Kanton; in Afrika die Gärten am Kap, auf Mauritius, auf Teneriffa; in Amerika der bei Kingston auf Jamaika, der französische in Cayenne, die Gärten zu New York, Philadelphia, Cambridge, Rio de Janeiro und Mexiko; in Australien die zu Sydney, Melbourne, Adelaide. Vgl. Dillenius, Hortus Elthamensis (Leid. 1732); Linné, Hortus Cliffortianus (Amsterd. 1737); Jacquin, Hortus Schoenbrunnensis (1797, 4 Bde.); Aiton, Hortus Kewensis (2. Aufl., Lond. 1810–13); Ventenat, Jardin de Malmaison (Par. 1803); Schrader, Hortus Goettingensis (Götting. 1809); Willdenow, Hortus Berolinensis (Berl. 1800–1809, 2 Bde.); Link, Otto und Klotz, Abbildungen aus dem Berliner Garten (das. 1820–28, 10 Hefte); Link, Hortus regius botanicus Berolinensis (das. 1827–32, 2 Bde.); Salm-Reifferscheidt-Dyck, Hortus Dykensis (Düsseld. 1835); Schlechtendal, Hortus Halensis (Halle 1841). Beschreibungen botanischer Gärten gaben ferner: Schenk für Würzburg (1860), Göppert: Breslau (9. Aufl. 1883), Kolb: München (1867), Willkomm: Dorpat (1873), Rees: Erlangen (1878), Wigand: Marburg (1880), Pfitzer: Heidelberg (1880), Goebel: München (1899); Eichler und Garcke, Jahrbuch des königlichen botanischen Gartens und des botanischen Museums zu Berlin (Berl. 1881–89); Urban, Der königliche botanische Garten und das botanische Museum zu Berlin in den Jahren 1878–1891 (Leipz. 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 265-266.
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