Brocken

[440] Brocken (Mons Bructerus, in der Volkssprache auch Blocksberg genannt), höchste Kuppe des Harzes, 1142 m hoch, liegt auf preußischem Gebiet in der Grafschaft Stolberg-Wernigerode, 850–880 m über der nur 8 km entfernten Ebene von Ilsenburg und ca. 500 m über dem südöstlichen Plateau, und ist der Mittelpunkt des nach ihm genannten Brockengebirges, das die Hauptmasse des Oberharzes bildet. Der B. erhebt sich in Form eines Kugelsegments, jedoch näher dem Nordrande des Gebirgsplateaus als dem Südrand. In seiner Umgebung liegen, zum Brockengebirge gehörig, die Heinrichshöhe (1044 m), der Königsberg (1029 m), der Wurmberg (968 m), die Achtermannshöhe (926 m) etc. Im Brockengebirge nehmen die Oker, Radau, Ecker, Ilse (zur Weser), Holzemme und Bode (zur Elbe) ihren Ursprung. Die Granitmasse des Brockens wird von den Übergangsgebirgen (Tonschiefer und Grauwacke) mantelförmig umlagert. An Erzlagerstätten ist der B. arm, dagegen umgeben den Berg, namentlich im W., ungeheure Torfmoore. Der B. spielt in der Sagenwelt Norddeutschlands eine bedeutende Rolle. Als das Christentum in diese Gegend drang, blieb die Brockenhöhe noch lange der Ort, wo man den alten Göttern im geheimen opferte, und namentlich fand 1. Mai. als dem größten Festtag des alten Glaubens, noch viele Jahre hindurch daselbst ein geheimnisvoller, von den christlichen Priestern als gotteslästerlich verschrieener Kultus statt. Daraus entstand die uralte Sage vom Teufelsspuk auf dieser Höhe, die Veranlassung gab, den B. als Schauplatz der unheimlichsten Feste zu betrachten. Die erste Mainacht (Walpurgis) ward der Hauptfeier gewidmet, und die Besessenen aller Länder trieben dann hier oben ihr Wesen. Nachklänge dieser Feier leben noch als Sage und Märchen im Volke fort.

Außer vielen Fußwegen führen zwei Fahrstraßen vom Fuß des Brockengebirges hinan, eine von Schierke aus dem Bodetal, die andre von Ilsenburg; beide vereinigen sich aber am Fuße des eigentlichen Gipfels. Seit 1898 ist der Berg auch an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Die Brockenbahn (Adhäsionsbahn), 18 km lang, zweigt bei Station Dreiannen-Hohne von der Harzquerbahn (Linie Wernigerode-Nordhausen) ab, führt oberhalb Schierke aufwärts und endet an der Ostseite des Gipfelplateaus. Der Kulm des Berges, auf dem in der Regel vom November bis Juni Schnee liegt, ist eine unebene, baumlose, mit Granitblöcken bedeckte Fläche, auf der ein Gasthaus nebst einem Turm steht, von dem man eine herrliche Rundschau genießt. Jedoch ist der Horizont nur selten ganz rein. In der Nähe des Gasthauses liegen die Teufelskanzel, der Hexenaltar etc., große Granitblöcke, die aus dem Rohen zutage anstehen. Durch seine allen starken Luftbewegungen frei zugängliche Lage am Rande der Tiefebene und durch die Nähe der Region, in der unter gewöhnlichen Verhältnissen der Wasserdampf der Luft sich zu Wolken und Niederschlägen verdichtet, ist der B. ein für meteorologische Beobachtungen wichtiger Punkt und neuerdings mit einem auch im Winter besetzten Observatorium erster Klasse versehen worden. Infolge der niedrigen Temperatur, die im Juli nur 10,7° im Mittel beträgt, und der rauhen Stürme ist der Gipfel unbewaldet, die Vegetation aber interessant durch eine Zahl seltener Pflanzen, wie Anemone alpina, Lichen islandicum, Hieracium alpinum, Geum montanum etc. In einem von der Universität Göttingen hier angelegten Versuchsgarten werden Alpen- und subarktische Pflanzen gezogen. Seltsam ist die Erscheinung des sogen. Brockengespenstes (s.d.). Das Brockenfeld ist eine an die Westseite des Gipfels sich anschließende, 992 m hoch liegende, über 7 km lange, etwa 5 km breite Sumpffläche mit mächtiger Torfbildung, die, mit Moos und Heide bekleidet, mit Felstrümmern übersät ist und die Bode, Oker, Radau und Oder speist. Vgl. Heyse, Zur Geschichte der Brockenreisen (5. Aufl., Harzb. 1891, mit Übersicht der Brockenliteratur); Jacobs, Der B. in Geschichte und Sage (Halle 1878); Aßmann, Winterbilder vom B. (Magdeb. 1884); Pröhle, Brockensagen (das. 1888); Bley, Flora des Brockens (Berl. 1898).[440]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 440-441.
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