Einheit

[453] Einheit, zunächst jedes außer uns vorhandene oder auch bloß gedachte Ding, das als ein für sich bestehendes Ganzes aufgefaßt werden kann, ferner jedes einzelne unter mehreren gleichartigen oder ungleichartigen Dingen, die man sich zusammen vorstellt. Der Inbegriff mehrerer Einheiten bildet eine Vielheit, die man. wenn man will, ihrerseits auch als E. betrachten kann. Auf dem Begriff der E. beruht alles Zählen und Messen. Hat man eine Menge von Dingen irgend welcher Art, z. B. Apfel von verschiedenen Sorten, so kann man von allen Verschiedenheiten der Sorten und der einzelnen Äpfel absehen und nun entweder den Apfel als C. benutzen (natürliche E.) oder eine bestimmte Menge von Äpfeln, etwa das Schock (künstliche E.); indem man ermittelt, wie viele von den gewählten Einheiten in der gegebenen Menge enthalten sind, bekommt man eine Zahl, die das Maß für die Größe der Menge ist. Man kann aber auch auf die Verschiedenheit der Sorten Rücksicht nehmen und so viele verschiedene Einheiten einführen, als man Sorten hat, also von jeder Sorte einen Apfel oder ein Schock von solchen; die Menge enthält dann so und so viele Einheiten der ersten Art, so und so viele der zweiten etc. (vgl. Komplexe Zahl). Denkt man sich eine unendliche Menge von Dingen, die man unter irgend einem Gesichtspunkt als gleichartig betrachten kann, z. B. alle von je zwei Punkten begrenzten Stücke einer geraden Linie oder alle zwischen je zwei Zeitpunkten liegenden Zeiträume, so kann von Zählen der Dinge nicht die Rede sein, wohl aber kann man, sobald eines dieser Dinge zur E. gewählt ist, jedes andre durch diese E. messen, d.h. angeben, wie viele Einheiten und Teile der E. es enthält (vgl. Größe). In der Praxis pflegt man dabei zur Messung derselben Dinge mehrere Einheiten zu benutzen, nämlich eine Haupteinheit, von der man ausgeht, und gewisse Vielfache und Teile dieser Haupteinheit als Nebeneinheiten. Benutzt man z. B. bei der Zeiteinteilung die Stunde als Haupteinheit, so ist der Tag die E. der ersten höhern Ordnung, die Woche die der zweiten etc., dagegen ist die Minute E. der ersten niedern Ordnung, die Sekunde E. der zweiten etc. – Endlich versteht man unter E. auch die Übereinstimmung oder den Zusammenhang zwischen den Teilen eines Ganzen. So ist in der Logik die E. des Begriffs die Verknüpfung seiner Merkmale zu einer Gesamtvorstellung; in der Kosmologie ist von der E. des Weltganzen die Rede, die man entweder in dem ursachlichen Zusammenhang seiner Teile oder in dem dasselbe beherrschenden Plane sucht; die Ästhetik nennt E. die Übereinstimmung der Teile eines Werkes im Sinne der dasselbe beherrschenden künstlerischen Idee. – Über die Einheiten im Dramas. d. – Im Maß-, Gewichts- und Münzwesen bedeutet E. diejenige Größe, aus der alle übrigen Größen derselben Art abgeleitet werden. Im metrischen System ist das Meter die E. des Längenmaßes, das Liter die E. des Hohlmaßes, das Kilogramm die E. des Gewichts. Eine Rechnungseinheit braucht nicht selber Münze zu sein. Vgl. Elektrische Maßeinheiten. – Taktische E. heißt diejenige Infanterie-, Kavallerie- oder Artillerieabteilung, die taktische Gefechtsaufgaben noch selbständig zu lösen vermag und mit der Kommandostimme beherrscht werden kann, demnach bei den drei Waffen die Kompagnie, Eskadron u. Batterie. Bei der Infanterie galt früher das Bataillon als E., und man berechnet ihre Gefechtsstärke auch heute noch nach Bataillonen. Aber die gesteigerte Feuerwirkung nötigt jetzt zu weiterer Zerlegung geschlossener Bataillone in Kompagnien. – Strategische E. ist ein Truppenverband, dem strategische Aufgaben zufallen können, und der, aus allen Waffen bestehend, selbständig ein Gefecht führen kann. Mit der strategischen E. als einzelnem Gliede rechnet die oberste Heeresleitung. Sie wird im allgemeinen durch die Division gebildet. – Administrative E. ist die Truppenabteilung mit selbständiger Verwaltung (Bataillon,[453] Kavallerieregiment und Artillerieabteilung); ihr ist ein Zahlmeister als Verwaltungsbeamter beigegeben. – Die organische E. liegt der Organisation der Armee zu Grunde, meist des Armeekorps, von dem unter anderm die Mobilmachung geleitet wird.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 453-454.
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