Pappenheim

[402] Pappenheim ist der Name eines reichsgräflichen Geschlechts in Schwaben, welches bei der Auflösung des deutschen Reiches über 600 Jahre das Reichs-Erbmarschallamt, das vornehmste von allen Reichsämtern, besessen hatte. Für den Verlust desselben ward ihm vom wiener Congresse ein Gebiet mit 9000 Bewohnern in dem an Preußen gekommenen Landestheile jenseit des Rheines zuerkannt und von ihm an Preußen gegen Geldentschädigung abgetreten. In Baiern besitzt die Familie das Herrschaftsgericht Pappenheim (31/2 ! M. mit 8600 Einw. und früher eine reichsunmittelbare Grafschaft) und der älteste derselben gehört als erblicher Reichsrath zur Kammer der Reichsräthe. Ein Abkömmling dieses Hauses war der als Feldherr der katholischen Ligue und des Kaisers im dreißigjährigen Kriege gefürchtete Gottfried Heinrich, Graf von P., dessen roher Kriegsmuth für die kais. Partei und den katholischen Glauben, für welchen er fanatisch begeistert war, keine Gefahr scheute und an Grausamkeit gegen die Überwundenen selbst von dem durch die Einnahme von Magdeburg (s.d.), an der auch P. Theil nahm, berüchtigten Tilly nicht übertroffen wurde. Vorher hatte P. als Oberst in der Schlacht bei Prag gekämpft, wo er schwer verwundet wurde, und später mit Hülfe bair. Truppen den Aufstand der Bauern in Oberöstreich zur Behauptung ihrer Glaubensfreiheit gedämpft. Den Verlust der Schlacht bei Breitenfeld schrieb Tilly dem Ungestüm P.'s zu, welcher nachher in Niedersachsen mit Glück wider die Schweden kämpfte und [402] im Nov. 1632, als Wallenstein sich bei Lützen mit Gustav Adolf messen wollte, von Halle her zur Theilnahme an der Schlacht berufen wurde. Er langte jedoch nur mit seinen Reitern noch zu rechter Zeit an, um den Schweden den Sieg schwieriger zu machen, und ward von zwei Musketenkugeln durchbohrt, dem Tode nahe vom Schlachtfelde getragen, wo er sich vorgenommen hatte, wo möglich dem großen Schwedenkönig selbst zu begegnen. Als »der Schmarrhans«, wie P. von seinen Soldaten genannt wurde, vom Tode desselben hörte, befahl er, Wallenstein von ihm zu melden, daß er nun fröhlich sterbe, da jener unversöhnliche Feind seines Glaubens gefallen sei, und verschied am 7. Nov. 1632, dem Tage nach der Schlacht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 402-403.
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