Bonifaz VIII.

[295] Bonifaz VIII., der merkwürdigste unter den neun Päpsten dieses Namens, aus Anagni im Kirchenstaate gebürtig, hieß vor seiner 1294 erfolgten Wahl zum Kirchenoberhaupte Benedict Cajetan und war bereits bei vielen wichtigen Verhandlungen in Frankreich, Spanien und England thätig gewesen. Als Papst suchte er die etwas in Verfall gerathene päpstliche Macht wieder zu dem Ansehen zu erheben, welche sie zu Gregor VII. (s.d.) Zeit behauptete, fand aber bei diesen Bestrebungen vorzüglich an England und Frankreich entschlossene Gegner. Am hartnäckigsten war sein Streit über die durch Philipp den Schönen erfolgte Besteuerung der franz. Geistlichkeit, der B. durch eine Bulle alle Beiträge zu Staatslasten ausdrücklich verbot. Der König kehrte sich aber nicht daran und als B. über Frankreich Bann und Interdict (s.d.) aussprach, legte Philipp Berufung an die Entscheidung eines Conciliums ein und ließ zu Anagni durch seinen von 300 Reitern begleiteten Kanzler Wilh. Nogaret den mit allen Zeichen seiner Würde bekleideten Papst auf dem Thronsessel gefangen nehmen. Seine Schätze wurden dabei geplündert, er selbst gemishandelt und da er eine Vergiftung besorgte, enthielt er sich drei Tage aller Nahrung, bis ihn die Bürger von Anagni befreiten. Allein B. war so angegriffen von der erlittenen Schmach, daß er erkrankte und bald darauf (1303) in Rom starb. B. stiftete 1300 das große katholische Jubiläum und verwandelte die bis dahin einfache päpstliche Krone in eine doppelte.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 295.
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