Der Papst

[199] * Der Papst. Ohngeachtet die weltliche Macht des Papstes in den letzten Lebensjahren des unglücklichen Pius VI. so sehr gesunken war, daß dieser als Gefangner der französischen Republik am 29. August 1799 zu Valence starb (s. d. Nachtr. zu dem Art. Pius VI.): so war es doch das päpstliche Ansehen nicht. Man säumte daher auch nicht, Pius VI. einen Nachfolger zu geben; der Kardinal Chiaramonti bestieg am 13. März 1800, unter dem Namen Pius VII. den päpstlichen Stuhl, und hielt am 3. Juli seinen Einzug in Rom. So wie er selbst gleich anfangs darauf bedacht war, den Aufwand an seinem Hofe einzuschränken, die Zahl seiner Bedienten zu vermindern; so suchte man auch von Seiten Frankreichs, seiner geistlichen Gewalt starke Gränzen zu setzen. Am 15. Juli 1801 wurde zwischen ihm und Bonaparten ein Concordat abgeschlossen, solches am 10. September von jenem ratificirt und am 5. April 1802. dem gesetzgehenden Korps zu Paris vorgelegt. Nach demselben sollte die katholische Religion die Religion der großen Mehrheit des französischen Volks, jedoch nicht die herrschende, auch nicht die Staatsreligion sein, sondern die protestantische Religion mit ihr gleiche Rechte und Vorzüge genießen. Bonaparte, als erster Consul sollte binnen 3 Monaten zu den Erzbisthümern (deren Anzahl auf 10 festgesetzt wurde) und den Bisthümern (deren 50 sein sollten) die Erzbischöffe und Bischöffe ernennen, der Papst ihnen die canonische Bestätigung ertheilen und sie darauf den Eid der Treue in die Hände von jenen ablegen. Der Papst hatte deshalb schon am 15. August 1801 ein Breve an die französischen Bischöffe erlassen, ihre Stellen in seine Hände niederzulegen. Durch diese Einrichtung, so wie durch die verringerte Zahl der Erzbischöffe und Bischöffe verlor der Papst zugleich einen großen Theil seiner Einkünfte. Allmählich schienen indeß günstigere Zeiten für den päpstlichen Stuhl einzutreten. In Toulon empfieng man am 11. Januar 1803 das Herz und die Eingeweide Pius VI. mit vielen geistlichen Feierlichkeiten, [199] und in Valence wurden sie feierlich beigesetzt; (s. d. angez. Nachtr.) Pius VII. ernannte am 15. März desselben Jahres einen neuen Heiligen; der Landamman der Helvetischen Republik dʼAffry erklärte dem päpstlichen Stuhle seine Ergebenheit und bat sich am 2. October einen Nuntius für die Schweiz aus; der König von Neapel stellte unter dem 30. Juli 1804 den Jesuiterorden in Neapel und Sicilien wieder her und das päpstliche Breve, diese Wiederherstellung betreffend, wurde am 2. August zu Neapel bekannt gemacht; Bonaparte selbst ließ sich am 2. December von dem Papst krönen; der König von Spanien suchte bei ihm um Einwilligung zur Veräußerung eines Theils der Kirchengüter in Spanien an, die ihm auch Pius VII. am 14. Juni 1805 durch ein besonders Breve zugestand, um Spanien dadurch in seiner dringenden Noth beizustehen; der Kurerzkanzler suchte im Mai 1806 bei ihm um Erlaubniß an, sich den Cardinal Fesch als seinen Coadjutor zu erwählen und erhielt sie. Allein ohngeachtet alle diese Umstände die wieder wachsende Macht des Papstes zu beweisen schienen; so zeigte sich doch bald das Gegentheil. Schon im Mai 1806 besetzten die französischen Truppen die päpstlichen Häfen zu Sinigaglia, Fano, Pesaro; im Januar 1808 rückten sie von Toscana aus in den Kirchenstaat ein und am 2. Februar wurde Rom selbst von ihnen besetzt. Zwar suchte der Papst seine Rechte durch eine öffentliche Protestation zu bewahren; allein am 2. April erfolgte die Vereinigung der päpstlichen Provinzen Urbino, Ancona, Macsrata und Camerino mit dem Königreiche Italien, welche die endliche völlige Auflösung des päpstlichen Staates, so wie der päpstlichen geistlichen Macht schon mit Gewißheit voraussehen ließ.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 199-200.
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