Karl [1]

[562] Karl (Emanuel) Albert, seit 1831 regierender König von Sardinien, wurde am 2. Oct. 1798 geboren. Mit ihm kam, nachdem die Hauptlinie des sardin. Hauses mit dem Könige Karl Felix ausgestorben war, die Nebenlinie Savoyen-Carignan auf den Thron. Dieselbe wurde 1656 von dem Prinzen Thomas Franz gestiftet und hatte ansehnliche Besitzungen in Frankreich, welche Karl Emanuel, der Vater des jetzt regierenden Königs, in der franz. Revolution dadurch sich erhielt, daß er das franz. Bürgerrecht annahm. Als 1800 Karl Emanuel starb, folgte ihm sein Sohn Karl Albert in den piemontes. und franz. Besitzungen unter Vormundschaft seiner Mutter, welche sich zum zweiten Male mit dem Fürsten von Montleart vermählte. Da sich die Prinzessin häufig in Dresden aufhielt, so erhielt der Prinz hier zum Theil seine Erziehung, auf welche große Sorgfalt verwendet wurde. Nachdem sich K. 1817 mit Marie Therese, einer Tochter des Großherzogs Ferdinand von Toscana vermählt hatte, lebte er auf seinen Stammgütern in Piemont, ohne an den Staatsgeschäften des Königreichs Sardinien Theil zu nehmen. Im Jahre 1821 brach die piemont. Revolution (s. Sardinien) aus, durch welche der damals regierende König Victor Emanuel genöthigt wurde, am 13. März die Regierung niederzulegen. Er ernannte zu seinem Nachfolger seinen Bruder Karl Felix, und während dieser abwesend war, zum Regenten den Prinzen K. Albert. Dieser war von den Urhebern des Aufstandes schon vor dessen Ausbruch von ihren Absichten in Kenntniß gesetzt worden, nahm nun als Regent die span. Constitution an und setzte eine Junta ein. Karl Felix erklärte jedoch von Modena aus alle seit seines Bruders Abdankung getroffenen Einrichtungen für ungültig, zugleich rückte ein östr. Heer gegen Piemont vor und K. Albert sah sich genöthigt, Turin heimlich zu verlassen und der Regentschaft zu entsagen. Von beiden Seiten wurde nun der Prinz angeklagt; während die revolutionnaire Partei seinem unsichern Benehmen das Mislingen des Unternehmens zuschrieb, wurde ihm vom Könige der Zutritt am Hofe untersagt. Nachdem sich der Prinz einige Zeit zu Florenz aufgehalten hatte, ging er nach Frankreich, machte 1823 im Heere des Herzogs von Angoulême den Feldzug nach Spanien mit und zeichnete sich bei mehren Gelegenheiten, namentlich vor Cadiz, aus. Nach seiner 1824 erfolgten Rückkehr hatten sich die frühern Misverhältnisse mit dem turiner Hofe ausgeglichen, 1829 erhielt er die Ernennung zum Vicekönig der Insel Sardinien und nahm nun seinen Wohnsitz zu Cagliari. Die Folgen der franz. Julirevolution machten sich auch in Savoyen fühlbar, doch gelang es dem Prinzen, durch seine persönliche Gegenwart die Gemüther zu beruhigen. Ebenso wenig gelangen die Pläne einer Verschwörung, welche bald nach seiner im Apr. 1831 erfolgten Thronbesteigung sich verbreitete und die den Zweck gehabt haben soll, den Herzog von Modena, einen Schwiegersohn des verstorbenen Königs Victor Emanuel, auf den Thron zu setzen. K. Albert wurde von der Mehrzahl der Bevölkerung mit Freuden als König empfangen, indem man große Hoffnungen auf Verbesserungen an seine Person knüpfte, welche er zum Theil auch alsbald rechtfertigte. Es wurden ebenso weise als zeitgemäße Veränderungen in der Rechtspflege vorgenommen. Die Anwendung der Todesstrafe wurde beschränkt, die bisher noch üblichen qualvollen Hinrichtungsarten wurden abgeschafft, Rechtsstreitigkeiten, deren Entscheidung bisher dem Könige vorbehalten gewesen war, wurden den Behörden überwiesen, und die Edelleute und Priester blieben nicht länger von den Zollabgaben befreit. Das Heer erhielt eine neue Gestaltung, mehre als unfreisinnig bekannte Minister wurden entlassen und in der Staatsverwaltung wurden Ersparnisse bezweckt. Obschon nun die Wünsche einer großen Anzahl sardin. Unterthanen nach einer auf Volksvertretung gegründeten Verfassung keine Erfüllung fanden, so herrschte doch im Ganzen eine solche Zufriedenheit mit der bestehenden Regierung, daß eine Unternehmung, wie die im Febr. 1834 versuchte, durch welche die Errichtung einer Republik beabsichtigt wurde, keine Beförderung finden konnte, und auch die 1836 auf der Insel Sardinien ausgebrochenen Unruhen haben nicht die beabsichtigten Folgen gehabt, obschon dieselben bezeugen, welche stete Wachsamkeit und Vorsicht der König nöthig hat. K. Albert hat sich hinsichtlich seiner politischen Stellung ganz an Östreich angeschlossen; er hat gegen die Besetzung Algiers durch die Franzosen protestirt und die neue Thronfolge in Spanien nicht anerkannt. (Vgl. Sardinien.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 562.
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