Franz [1]

[97] Franz von Assisi, oder der h. Franziskus, der Stifter des Franziskanerordens (s. Bettelmönche), geb. 1182 in einer angesehenen Kaufmannsfamilie zu Assisi im Kirchenstaate, widmete sich zuerst der Handlung und empfahl sich vorzüglich durch seinen gewandten Umgang mit den Franzosen, deren Sprache er sehr schnell sprechen lernte. Sein Vater hat ihm deswegen auch erst den Namen Franz beigelegt, da er eigentlich Johann Bernardoni hieß. War auch seine Jugend nicht fern von weltlichen Freuden, so soll er doch auch schon in dieser Zeit durch milde Sinnesart sich ausgezeichnet haben. Im 19. Jahre nahm er an einem kleinen Kriege zwischen Assisi und Perugia Theil, gerieth in Gefangenschaft, und das Ungemach, das er bei dieser Gelegenheit zu tragen hatte, gab ihm zuerst eine schwärmerischreligiöse Richtung. Eine Krankheit, in welcher er wunderbare Träume sah und Stimmen des Himmels vernahm, vollendete seine Umwandlung und er suchte nun in der Einsamkeit unter inbrünstigen Gebeten und Kasteiungen den Umgang mit Engeln und Heiligen. Für Arme und Kranke hegte er grenzenloses Mitleiden, hatte aber oft mit den lockenden Versuchungen des Bösen zu kämpfen. In seiner Vaterstadt hielt man ihn anfangs für wahnsinnig, und sein eigner Vater sagte sich von ihm los, weil ihm F. Tücher genommen und verkauft hatte, um Geld zum Bau einer Kirche zu haben. Bald aber verschafften freiwillig gewählte Armuth, Demuth und Frömmigkeit F. das Ansehen eines Heiligen und milde Spenden zur Wiederherstellung mehrer Kirchen. Neben einer derselben zu Portiuncula verlebte er in einer Hütte zwei Jahre in stiller Zurückgezogenheit, bis ihn plötzlich die Worte Luc. 9, 3. aus seiner Einsamkeit hervortrieben. Mit einer Kutte bekleidet, an die eine Kopfbedeckung von zugespitzter Gestalt (capuccio, Kapuze – daher Capuciner) angenäht war, wie sie die Hirten in Italien bei rauher Witterung gebrauchten, und mit einem Strick umgürtet, trat er als Bußprediger auf. Des F. kleine Hütte zu Portiuncula wurde später, nachdem seine Ordensregel (deren Anhänger sich fratres minores, d.i. geringere oder niedrigere Brüder, nannten) von Honorius III. 1223 die päpstliche Bestätigung erhalten hatte, das Mutterkloster vieler tausend Klöster Italiens, Frankreichs und Spaniens; selbst Frauen wurden zur Ergreifung seiner Lebensart nach dem Beispiele der h. Clara (s.d.) fortgerissen. Eine dritte Regel gab er den büßenden Weltleuten beiderlei Geschlechts, wodurch er [97] den Orden der Tertiarier gründete. F. versuchte sogar den Sultan von Babylon zu bekehren und erbot sich, um die Wahrheit des christlichen Glaubens zu bezeugen, einen brennenden Scheiterhaufen zu besteigen. Aber der Sultan gab dies nicht zu und entließ ihn ehrenvoll. Nachher zog sich F. auf einen Berg in den Apenninen zurück. Hier soll ihm Christus unter der Gestalt eines gekreuzigten Seraphs erschienen sein; auch soll ihm gegen das Ende seines Lebens Christus seine Wunden ohne schmerzhafte Empfindung eingedrückt haben. Wegen jener Erscheinung gab man ihm den Beinamen Seraphicus und seinem Orden den des seraphischen. Am 4. Oct. 1226 erfolgte sein Tod in einer Kirche zu Assisi; nach einer spätern Legende sollen sogar Thiere gern bei ihm verweilt und auf seine Reden gelauscht haben.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 97-98.
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